Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zulageberechtigung des einzelnen Gesellschafters
Leitsatz (NV)
Hat eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine nach § 4 b InvZulG 1975 begünstigte Investition vorgenommen, ist nur die Gesellschaft zulageberechtigt; nicht aber sind es die einzelnen Gesellschafter. Das gilt auch für eine Ehegattengesellschaft, es sei denn, es ist eine sog. Innengesellschaft vereinbart worden.
Normenkette
InvZulG 1975 § 4b Abs. 1 S. 2; BGB § 705 ff.
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist von Beruf Bauingenieur. Daneben betreibt er zusammen mit seiner Ehefrau eine Sporthalle.
Der Bau dieser Halle war dem Kläger persönlich im Jahre 1975 auf seinen Antrag hin genehmigt worden. Das Gebäude wurde auf einem Grundstück errichtet, das dem Kläger und seiner Ehefrau gemeinsam gehört. Mit den Bauarbeiten wurde nach den nicht näher begründeten Feststellungen des Finanzgerichts (FG) im Juni 1975 begonnen; die Inbetriebnahme der Sporthalle erfolgte im Februar 1976.
Die erforderlichen Darlehen nahmen die Ehegatten gemeinsam auf. Grundstück, Gebäude und Darlehen wiesen sie in einer Gesellschaftsbilanz aus. Ebenso lautete ein Geschäftskonto auf beide Ehegatten. Nach den Feststellungen des FG soll auch die der Sporthalle angeschlossene Gaststätte vom Kläger und seiner Ehefrau gemeinsam betrieben worden sein, nachdem sie vorübergehend - ebenfalls von beiden Ehegatten zusammen - verpachtet gewesen war. Dementsprechend gab der steuerliche Berater der Ehegatten Steuererklärungen für eine aus ihnen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ab. Die ersten Erklärungen, die Umsatzsteuer- und die Gewerbesteuererklärung für 1975, gingen am 22. März 1977 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) ein.
Bereits zuvor hatte der Kläger - wegen der Errichtung der Sporthalle - selbst Anträge auf Gewährung von Zulagen nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG 1975) gestellt. Die am 31. März 1976 und am 15. Februar 1977 beim FA eingegangenen Formblätter weisen ihn persönlich als Antragsteller aus. Dem ersten Antrag ist ein Begleitschreiben folgenden Inhalts beigefügt:
,,Die momentane schlechte wirtschaftliche Lage zwingt mich, einen 2. Beruf zu wählen bzw. auszuüben.
Auf Grund dieser Sachlage errichtete ich 1975 die Sportanlage und betreibe diese . . .
Meine Einkünfte aus Planungs- und Bauleitungsaufgaben sind seit 1975 so gering, daß ich gezwungen war, eine neue Existenz aufzubauen."
Außerdem legte der Kläger dem FA eine ,,Schlußrechnungs-Aufstellung zur Sporthalle . . . - Bauherr: . . . (Name des Klägers)" vor, die von ihm allein unterschrieben ist.
Das FA gewährte dem Kläger mit Bescheiden vom 8. November 1976 und vom 25. Februar 1977 Investitionszulagen nach § 4 b InvZulG 1975 in Höhe von 18 762,33 DM und 26 227,54 DM.
Im Anschluß an eine im Jahre 1980 durchgeführte Außenprüfung hob das FA diese Bescheide wieder auf und forderte die gewährten Zulagen zurück, weil sie der Kläger nicht für sich persönlich hätte geltend machen dürfen. Anspruchsberechtigt sei nur die GbR, bestehend aus dem Kläger und seiner Ehefrau, gewesen.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
Er macht insbesondere geltend: Die ursprünglichen Bescheide (vom 8. November 1976 und vom 25. Februar 1977) seien bei zutreffender Würdigung des Sachverhalts an die GbR gerichtet gewesen. Zwischen ihm und seiner Ehefrau habe zunächst - ohne daß ein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag vorlag - eine sog. Ehegatten-Innengesellschaft bestanden. Danach sei er, der Kläger, bei Beantragung der Investitionszulagen dem FA gegenüber zu Recht allein aufgetreten. Das Gesellschaftsverhältnis habe sich erst später zu einer auch nach außen auftretenden GbR ,,verdichtet".
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung und die Änderungsbescheide des FA aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß das FA die angefochtenen Aufhebungsbescheide erlassen durfte.
1. Nach § 4 b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1975 wurde in Fällen, in denen die Investition von einer Gesellschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgenommen worden war, die Investitionszulage der Gesellschaft gewährt. Zulageberechtigt war allein die Gesellschaft; nicht aber waren es die einzelnen Gesellschafter (s. z. B. Dankmeyer in Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 12. Aufl., § 4 b InvZulG Anm. 6).
a) Diese Grundsätze sind auch auf den Streitfall anzuwenden. Zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau bestand unbestritten eine GbR i. S. der §§ 705 f. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Ehegatten hatten sich zum gemeinsamen Betrieb der Sporthalle zusammengeschlossen. Sie hatten insbesondere das Grundstück gemeinschaftlich erworben und die erforderlichen Darlehen gemeinsam aufgenommen. Sie habe diese besondere wirtschaftliche Verbundenheit später auch in der Geschäftsbilanz und in den Steuererklärungen für 1975 (also noch für die Errichtungsphase des Betriebs) zum Ausdruck gebracht.
Aufgrund dieser Umstände besteht kein Zweifel, daß der Kläger und seine Ehefrau steuerrechtlich Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG waren. Ihre wirtschaftliche und rechtliche Verbundenheit ging über lediglich tatsächlich bestehende Möglichkeiten der gegenseitigen Einflußnahme (s. hierzu z. B. den Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. September 1985 IV B 51/85, BFHE 144, 432, BStBl II 1986, 10, zur sog. faktischen Mitunternehmerschaft) hinaus. Daran ändert auch nichts der - ohnedies in anderem Zusammenhang - erhobene Einwand des Klägers, es sei kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag geschlossen worden.
b) Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf das Vorliegen einer sog. Innengesellschaft. Für diese Form des gesellschaftlichen Zusammenschlusses ist typisch, daß sich die Partner zwar zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes verpflichtet haben, jedoch nach außen nur einer von ihnen allein und im eigenen Namen auftritt (s. hierzu z. B. Thomas in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 47. Aufl., § 705 Anm. 8 a, mit weiteren Hinweisen). Diese Art der Teilnahme am Rechtsverkehr muß (außerdem) im Gesellschaftsvertrag vereinbart sein (Ulmer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., § 705 Rdnr. 233, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH -).
Daß die Verhältnisse im Streitfall so lagen, behauptet der Kläger erstmals im Revisionsverfahren. Der Senat kann das damit verbundene neue tatsächliche Vorbringen nicht berücksichtigen (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Ungeachtet dessen läßt der eigene Vortrag des Klägers auch eine entsprechende rechtliche Würdigung nicht zu. Denn dieser hat nach seinen Ausführungen zur Begründung der Revision mit seiner Ehefrau keinen ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag geschlossen. Es ist daher schon aus diesem Grunde sehr unwahrscheinlich, daß sich die Ehegatten gleichwohl - wiederum stillschweigend - auf eine vom gesetzlich geregelten Normalfall abweichende Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr verständigt haben sollten. Gegen eine derartige Vereinbarung spricht aber vor allem der Umstand, daß neben dem Kläger offensichtlich auch dessen Ehefrau allein am Rechtsverkehr teilnahm. Denn die Verfahrensrüge des Klägers ist ausdrücklich darauf gestützt, daß die Ehefrau - entgegen den Feststellungen des FG - den mit der Sporthalle verbundenen Gaststättenbetrieb allein angemeldet habe.
Bei dieser Rechts- und Sachlage kann offenbleiben, ob die Ehegatten sich erst später für eine Außengesellschaft entschieden haben, wie der Kläger weiter geltend macht.
2. Da nach alledem die Investitionszulagen nur der aus dem Kläger und seiner Ehefrau (auch nach außen) bestehenden GbR hätten gewährt werden dürfen, waren die Bescheide des FA vom 8. November 1976 und vom 25. Februar 1977 fehlerhaft. Denn diese waren eindeutig an den Kläger als Einzelunternehmer gerichtet.
Der Kläger hatte sich dem FA gegenüber auch als solcher geriert. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, daß das FG dies insbesondere aus dem dem ersten Zulageantrag vom 31. März 1976 beigefügten Begleitschreiben geschlossen hat. Denn dort hatte der Kläger unmißverständlich erklärt, daß er (selbst) eine Sportanlage errichtet habe und diese . . . betreibe.
3. Die die Fehlerhaftigkeit der Zulagenbescheide (vom 8. November 1976 und vom 25. Februar 1977) begründenden Tatsachen sind dem FA erst nach dem Erlaß der betreffenden Bescheide bekanntgeworden. Es war mithin zu deren Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) - zur Anwendung dieser Vorschrift s. § 5 Abs. 5 und § 8 Abs. 1 InvZulG i. d. F. der Bekanntmachung vom 3. Mai 1977 (BGBl I 1977, 669) - grundsätzlich befugt.
Anders als im Fall des Urteils des BFH vom 1. Juni 1979 III R 100/76 (BFHE 128, 293, BStBl II 1979, 609) waren dem FA die gegenüber dem Kläger eine Versagung der Zulagen rechtfertigenden Tatsachen im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung über dessen Anträge (zuletzt am 25. Februar 1977) nicht bekannt. Das FA hat von der Existenz einer zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau bestehenden GbR überhaupt erst durch den Eingang der Umsatzsteuer- und der Gewerbesteuererklärung für 1975 am 22. März 1977 erfahren.
Das FA war auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, von der Befugnis in § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 Gebrauch zu machen. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit das FA seine Ermittlungspflicht verletzt haben sollte (s. hierzu z. B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 173 AO 1977 Tz. 28, mit zahlreichen Hinweisen). Der Kläger hatte dem FA vor Erlaß auch des zweiten Zulagenbescheides nichts mitgeteilt, woraus sich Hinweise auf die fehlende Einzelunternehmerschaft und mithin Anhaltspunkte für zusätzliche Ermittlungen hätten ergeben können.
Unbegründet ist in diesem Zusammenhang schließlich die Rüge der mangelnden Sachaufklärung durch das FG (Verletzung von § 76 FGO). Denn allein aus dem Umstand der Anmeldung des mit der Sporthalle verbundenen Gaststättenbetriebs durch die Ehefrau des Klägers (am 6. Oktober 1976) kann ebenfalls nichts für das Vorhandensein einer in Wirklichkeit bestehenden GbR hergeleitet werden.
4. Im übrigen ist die Verfahrensrüge nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Der Kläger hat insbesondere nicht dargelegt, weshalb er die Gewerbeanmeldung durch seine Ehefrau nicht bereits von sich aus in das FG-Verfahren eingeführt hat. Weiter ist nicht ausgeführt, inwieweit das angefochtene Urteil auf der angeblich ungenügenden Sachverhaltsermittlung beruhen kann (s. hierzu z. B. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 120 Anm. 38, mit weiteren Hinweisen).
5. Billigkeitsgesichtspunkte kann der Senat im gegenwärtigen Verfahren nicht berücksichtigen (vgl. hierzu das BFH-Urteil vom 28. November 1980 VI R 226/77, BFHE 132, 264, BStBl II 1981, 319).
Auch kann offenbleiben, ob die GbR rechtzeitig - noch vor dem 1. Juli 1975 (s. § 4 b Abs. 2 Sätze 1 und 6 InvZulG 1975) - mit den Bauarbeiten begonnen hatte. Nach Aktenlage bestehen hieran Zweifel.
Fundstellen
Haufe-Index 415701 |
BFH/NV 1988, 668 |