Leitsatz (amtlich)
Die Berücksichtigung von in Österreich erlittenen Verlusten gem. Art. 15 Abs. 3 DBA-Österreich (sogenannter negativer Progressionsvorbehalt) kann die Anwendung eines deutschen Steuersatzes von 0 v. H. erfordern und damit zu einer völligen Steuerfreiheit des im Inland zu versteuernden Einkommens führen.
Normenkette
EStG § 32a; DBA AUT Art. 15 Abs. 3
Tatbestand
Die Revisionskläger (Steuerpflichtige) sind Eheleute; sie erzielten im Streitjahr 1965 im Inland ein zu versteuerndes Einkommen von 37 758 DM, dem ein in Österreich erlittener Verlust aus der Beteiligung an einer KG in Höhe von umgerechnet 43 538 DM gegenüberstand. Der Revisionsbeklagte (das FA) berücksichtigte diesen ausländischen Verlust bei der Festsetzung der Einkommensteuer in der Weise, daß er den im Inland zu versteuernden Einkommensbetrag von 37 758 DM um den in der Splittingtabelle enthaltenen allgemeinen Freibetrag von 3 419 DM kürzte und von dem Betrag von 34 339 DM alsdann 19 v. H. (= 6 524 DM) als Steuer errechnete.
Die Klage der Steuerpflichtigen hatte nur zum Teil Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, daß im Ausland erlittene Verluste im Rahmen des Progressionsvorbehalts nur soweit angerechnet werden könnten, bis die Proportionalstufe des Steuertarifs erreicht sei. Dies ergebe sich daraus, daß der Progressionsvorbehalt seinem Wesen nach nur in einem Bereich zur Auswirkung kommen könne, in dem die Steuerprogression bestehe. Der Steuerberechnung müsse daher der Steuersatz zugrunde gelegt werden, der sich für einen zu versteuernden Einkommensbetrag von 16 020 DM ergebe. Da in die Splittingtabelle der allgemeine Freibetrag von 3 419 DM eingearbeitet sei, entspreche die effektive Steuerbelastung bei 16 020 DM nicht dem Proportionalsteuersatz von 19 %. Die Steuer nach der Tabelle aus 16 020 DM (2 404 DM) mache vielmehr rd. 15 % des Betrages von 16 020 DM aus. Auf Grund des Progressionsvorbehalts sei daher der im Inland zu versteuernde Einkommensbetrag der Steuerpflichtigen von 37 758 DM mit 15 % (= 5 663 DM) zu versteuern.
Mit der Revision beantragen die Steuerpflichtigen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuerschuld auf 0 DM festzusetzen. Sie rügen die unrichtige Anwendung des § 32a Abs. 1 EStG sowie des Art. 15 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen und von Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 4. Oktober 1954 - DBA-Österreich - (BStBl I 1955, 370) und tragen zur Begründung ihrer Auffassung insbesondere vor, daß sich die unbeschränkte Steuerpflicht grundsätzlich auf sämtliche Einkünfte erstrecke (§ 1 Abs. 1 Satz 2 EStG). Kraft ausdrücklicher Regelung im DBA-Österreich blieben zwar in Österreich erlittene Verluste außer Ansatz, dies allerdings mit der Einschränkung, daß die einem Vertragsstaat zur Besteuerung überlassenen Einkünfte dem Steuersatz unterworfen werden dürften, der dem Gesamteinkommen der steuerpflichtigen Person entspreche (sogenannter Progressionsvorbehalt). Betrage das Gesamteinkommen infolge Berücksichtigung ausländischer Verluste 0 DM, dann ergebe sich bei Anwendung der Einkommensteuertabelle zu § 32a Abs. 1 EStG eine Steuer von 0 DM, so daß der auf die inländischen Einkünfte anzuwendende Steuersatz 0 v. H. betrage. Wenn der Gesetzgeber in diesen Fällen die Möglichkeit des Absinkens des Steuersatzes auf 0 DM hätte ausschließen wollen, so hätte dies gesetzlich niedergelegt werden müssen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es schließt sich im wesentlichen der Begründung des finanzgerichtlichen Urteils an und weist ergänzend darauf hin, daß Art. 15 Abs. 3 DBA-Österreich eine "Kann-Vorschrift" sei, die die Vertragsstaaten nicht verpflichte, den Progressionsvorbehalt anzuwenden. Könne aber ein Staat auf die Anwendung des Progressionsvorbehalts gänzlich verzichten, so müsse er auch die Möglichkeit haben, den Progressionsvorbehalt nur bei bestimmten Sachverhaltsgruppen anzuwenden (vgl. Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. Januar 1968 - S 1301-21-VB-1 -). Der Verwaltung sei insoweit ein Ermessen eingeräumt, dessen Grenzen aus dem Abkommen im übrigen zu bestimmen seien.
Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 FGO). Auch er hält die Revision für unbegründet. Ein Steuersatz von 0 v. H. sei gleichbedeutend mit dem Wegfall des Steueranspruchs. Ein solches Ergebnis sei aber mit der Systematik der in den Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarten Auf- und Zuteilung des Besteuerungsrechts nicht zu vereinbaren.
Der BdF, der ebenfalls dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 FGO beigetreten ist, hat eine sachliche Stellungnahme nicht abgegeben.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist begründet.
Gemäß Art. 4 Abs. 1 DBA-Österreich darf die Bundesrepublik Deutschland die Einkünfte, die die Steuerpflichtigen als Mitunternehmer aus einem in Österreich betriebenen gewerblichen Unternehmen erzielt haben, nicht der deutschen Besteuerung unterwerfen. Es kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen, ob sich diese Vorschrift auf positive und negative Einkünfte erstreckt (siehe hierzu Beschluß des BFH I B 50/68, I B 3/69 vom 11. März 1970, BFH 98, 427, BStBl II 1970, 569), denn die Steuerpflichtigen begehren selbst nicht die volle Verrechnung des in Österreich erlittenen Verlustes mit ihren deutschen Einkünften, sondern nur die Berücksichtigung dieses Verlustes bei der Bemessung des deutschen Steuersatzes, wobei sie sich zu Recht auf Art. 15 Abs. 3 DBA-Österreich berufen.
Nach dieser Vorschrift kann der Wohnsitzstaat die Steuern von den ihm zur Besteuerung überlassenen Einkünften nach dem Satz erheben, der dem Gesamteinkommen der steuerpflichtigen Person entspricht (sogenannter Progressionsverhalt). Entgegen der Auffassung des FA ist in dieser Regelung nicht die Einräumung eines Verwaltungsermessens zu sehen. Die Bedeutung der Vorschrift geht aber auch über eine bloße Ermächtigung an die Gesetzgeber der Vertragsstaaten hinaus. Der Senat hat mit Urteilen I 29/65 vom 9. November 1966 (BFH 87, 273, BStBl III 1967, 88) zum DBA-Kanada und I R 86/67 vom 11. Oktober 1967 (BFH 90, 74, BStBl III 1967, 729) zum DBA-Niederlande entschieden, daß derartige Abkommensvorschriften mehr als die Ermächtigung zum Erlaß eines Gesetzes darstellen. Eines innerstaatlichen Gesetzes des Inhalts, daß bei der Ermittlung des Steuersatzes für das zur Besteuerung verbleibende Einkommen die von der inländischen Steuer befreiten ausländischen Einkünfte wieder hinzuzurechnen sind, bedarf es nicht. Dies trifft trotz der abweichenden Fassung des DBA-Österreich auch im vorliegenden Falle zu. Die Formulierung in Art. 15 Abs. 3 ("Abs. 1 schließt nicht aus, ...") soll nichts anderes besagen, als daß der deutsche Staat - zwischenstaatlich betrachtet - das Recht hat, die ihm zur Besteuerung überlassenen Einkommensteile nach Maßgabe eines am Gesamteinkommen orientierten Steuersatzes zu besteuern und daß er - innerstaatlich gesehen - von diesem Recht Gebrauch macht (vgl. im Ergebnis auch Erkenntnis des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs Z 162/60 vom 21. Oktober 1960, Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes, Jahrgang 15, 1960, Nr. 2309, S. 670, sowie Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofs, B 274/61 vom 29. März 1962, Sammlung der Erkenntnisse und wichtigsten Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes, 27. Heft, 1962 Nr. 4176, S. 156).
Die deutsche Steuerverwaltung entspricht diesen Grundsätzen nach Abschn. 185 EStR durch entsprechende Anwendung des Abschn. 20 der Richtlinien vom 21. Februar 1957 für die Anwendung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen vom 22. Juli 1954 (BStBl I 1957, 154) einheitlich auf alle Fälle des Progressionsvorbehalts. Nach diesen Richtlinien sind bei der Bemessung des Steuersatzes nicht nur positive ausländische Einkünfte, sondern auch ausländische Verluste zu berücksichtigen (sogenannter negativer Progressionsvorbehalt). Eine solche Auslegung begegnet keinen rechtlichen Bedenken und ist - soweit ersichtlich - auch im Schrifttum nicht umstritten. Zweifel über die zutreffende Auslegung des Progressionsvorbehalts bestehen indes hinsichtlich der Frage, ob durch ausländische Verluste, deren Höhe den Betrag des im Inland zu versteuernden Einkommens erreichen oder übersteigen, der im Inland anzuwendende Steuersatz auf 0 v. H. absinken kann. Während in Schrifttum und Rechtsprechung überwiegend die Auffassung vertreten wird, daß die Anwendung des Progressionsvorbehalts auch ein Absinken des Steuersatzes auf 0 v. H. mit sich bringen könne (vgl. Debatin in Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters 1965 S. 41 [49] - AWD BB 1965, 41 [49] -; Richter in AWD BB 1967, 191, [193]; Winter in AWD BB 1969, 443, [445, 446]; Urteil des FG Düsseldorf, Senate in Köln, VIII 132/68 E vom 26. März 1969, EFG 1969, 404; Urteil des FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, VI 105/67 vom 5. September 1968, EFG 1969, 64; anderer Ansicht: Baranowski in DB 1965, 1972 [1794] und Urteil des FG Düsseldorf V 235/66 E vom 25 Juni 1968, DB 1969, 1533), ist die Finanzverwaltung der Länder der Auffassung, die Anwendung des Progressionsvorbehalts im Bereich der sogenannten Proportionalzone des Einkommensteuertarifs widerspreche dem Wesen des Progressionsvorbehalts (vgl. den koordinierten Erlaß des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 8. Januar 1968, S 1302-21-VB 1, AWD BB 1968, 69).
Die Gegner der Anwendung des Progressionsvorbehalts innerhalb der sogenannten Proportionalzone berufen sich auf den Sinn der Vorschrift. Dieser sei ganz allgemein darin zu sehen, daß Steuerpflichtige mit Einkünften aus verschiedenen Staaten durch die Regelung eines Doppelbesteuerungsabkommens hinsichtlich des Steuersatzes nicht günstiger gestellt werden sollen als solche Steuerpflichtige, die ihr gesamtes Einkommen in ein und demselben Staat zu versteuern haben. Diese Erwägung werde aber bedeutungslos, sofern das zu versteuernde Einkommen ohnehin nur einem proportionalen Steuersatz zu unterwerfen sei. Auch würde durch das Absinken des Steuersatzes auf 0 v. H. bewirkt, daß ausländische Verluste im Ergebnis voll mit inländischen Einkünften saldiert würden. Gerade dies sei aber bei den von der Freistellungsmethode beherrschten Doppelbesteuerungsabkommen von den Vertragspartnern nicht gewollt gewesen, da sich derselbe ausländische Verlust, der den inländischen Steuersatz auf 0 v. H. absinken lasse, unter Umständen im Ausland im Folgejahr nochmals auswirken könne.
Die Befürworter einer uneingeschränkten Anwendung des Progressionsvorbehalts mit der möglichen Folge eines Steuersatzes von 0 v. H. heben dagegen hervor, daß der deutsche Einkommensteuertarif eine Proportionalzone in reiner Form nur im Bereich des Anfangsfreibetrages kenne. Nur dort betrage die Steuer - proportional - 0 v. H.
Der Senat ist nach Abwägung dieser Gesichtspunkte der Auffassung, daß Art. 15 Abs. 3 DBA-Österreich in Verbindung mit der derzeitigen Ausgestaltung des deutschen Einkommensteuertarifs ein durch einen in Österreich erlittenen Verlust bedingtes Absinken des inländischen Steuersatzes auf 0 v. H. zuläßt und gebietet. Art. 15 Abs. 3 DBA-Österreich erlaubt - zwischenstaatlich gesehen - die Erhebung von Steuern "nach dem Satz, der dem Gesamteinkommen entspricht", d. h. - transformiert in innerstaatliches Recht - die Anwendung des Steuertarifs muß so erfolgen, als ob ein Doppelbesteuerungsabkommen nicht vorhanden wäre, der Steuerpflichtige somit mit seinem gesamten Einkommen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2, § 2 Abs. 2 EStG der inländischen Besteuerung unterläge (vgl. BFH-Urteil I 29/65, a. a. O.). Daraus folgt aber die Möglichkeit des Absinkens der prozentualen deutschen Steuerbelastung auf 0 v. H. in den Fällen, in denen ohne Doppelbesteuerungsabkommen infolge Ausgleichs der inländischen Einkünfte mit ausländischen Verlusten eine Einkommensteuer nicht zu erheben wäre.
Der Einwand, der Progressionsvorbehalt wirke nicht in der Proportionalzone, greift demgegenüber nicht durch. Der Wortlaut des Abkommens nimmt eine Unterscheidung zwischen proportionalem und progressivem Bereich des Steuersatzes nicht vor, sondern stellt auf den unter Zugrundelegung des Gesamteinkommens anzuwendenden Steuersatz ab. Richtig ist zwar, daß die Vorschrift nur unter Berücksichtigung eines progressiv gestalteten Steuersatzes der Vertragsstaaten verständlich ist; denn die getroffene Regelung wäre gegenstandslos, wenn - auch ohne Bestehen eines Doppelbesteuerungsabkommens - auf das Gesamteinkommen jeweils derselbe Steuersatz anzuwenden wäre wie auf die der inländischen Besteuerung überlassenen Einkommensteile. Gleichwohl rechtfertigt diese Überlegung nicht die vom FA für den vorliegenden Fall gezogene Folgerung; denn die deutsche Einkommensteuer ist, sofern das zu versteuernde Einkommen den Anfangsfreibetrag übersteigt, nicht proportional gestaltet. Nur im Bereich des Anfangsfreibetrages (Nullbereich) steht sie in einem ständig gleichbleibenden Verhältnis zur Höhe des zu versteuernden Einkommens. Bis zur Grenze dieses Bereichs wächst der Steuersatz nicht, sondern bleibt 0 v. H. Wird diese Grenze überschritten, so beginnt der Steuersatz zu wachsen. Dies geschieht - entgegen einer häufig vertretenen Auffassung - nicht proportional zum Gesamteinkommen, sondern progressiv. Zwar wird jeder Einkommenszuwachs zunächst bis zur Grenze von 8 009 DM (bei Anwendung der Splittingtabelle 16 019 DM) gleichbleibend mit 19 v. H. besteuert, weshalb dieser Bereich weithin als Proportionalzone bezeichnet wird. Das bedeutet jedoch, bezogen auf das Gesamteinkommen, angesichts der Auswirkung des Nullbereichs ein ständiges Anwachsen der prozentualen Steuerbelastung, je mehr sich die Höhe des Gesamteinkommens von der Grenze des Nullbereichs entfernt (siehe im einzelnen Berechnung und graphische Darstellung bei Winter, a. a. O.). Da Art. 15 Abs. 3 DBA-Österreich nicht auf die steuerliche Belastung des durch ausländische Einkünfte bedingten Einkommenszuwachses, sondern auf das Gesamteinkommen abstellt (so im Ergebnis auch Erkenntnis des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs Z 183/64 vom 27. Mai 1964, AWD BB 1965, 358; Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes Bd. 19 1964, Nr. 3091, S. 412), muß sich diese Regelung auch in den Fällen auswirken, in denen die ausländischen Einkünfte nur eine Veränderung des Gesamteinkommens innerhalb der sogenannten Proportionalzone zur Folge haben. Dies kann, sofern ausländische Verluste das Gesamteinkommen bis in den Nullbereich vermindern, zu einem Steuersatz von 0 v. H. führen.
Diese Rechtsfolge entspricht dem Sinn des in nahezu allen von der Freistellungsmethode beherrschten Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarten Progressionsvorbehalts. Durch den Progressionsvorbehalt soll sichergestellt werden, daß die Besteuerung nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit, die im Ertragsteuerrecht der meisten Staaten unter anderem durch progressive Gestaltung des Steuertarifs bewirkt wird, durch den Abschluß des Doppelbesteuerungsabkommens unberührt bleibt. Die gesamte Steuerkraft soll erfaßt werden (vgl. den koordinierten Erlaß der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. August 1957, BStBl II 1957, 135). Die Verteilung von Einkunftsquellen auf verschiedene Staaten soll sich auf den Steuersatz nicht auswirken. Dieser Wille der vertragschließenden Staaten gebietet es, die prozentuale Steuerbelastung auf 0 zu vermindern, sofern sich die Ertragskraft des Steuerpflichtigen infolge von Verlusten - mögen diese auch aus der deutschen Besteuerung kraft Doppelbesteuerungsabkommens ausgeschieden sein - auf den Betrag verringert, für den das deutsche Einkommensteuerrecht eine Steuerbelastung von 0 v. H. vorsieht.
Demgegenüber kann nicht ins Gewicht fallen, daß auf diese Weise im Ergebnis eine Saldierung inländischer Gewinne mit ausländischen Verlusten vorgenommen wird. Geht man mit dem FA davon aus, daß eine Verrechnung ausländischer Verluste mit inländischen Gewinnen nach den Doppelbesteuerungsabkommen unzulässig ist, so besagt dies noch nicht, daß der ausländische Verlust, der auch die im Inland zu beachtende Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erheblich vermindern kann, nicht eine Reduzierung oder sogar Nullstellung des inländischen Steuersatzes herbeiführen dürfte. Auch kann nicht berücksichtigt werden, daß derselbe Auslandsverlust, der den inländischen Steuersatz gegebenenfalls auf 0 v. H. herabgemindert hat, im Folgejahr im Ausland zur Neutralisierung eines gleichhohen Gewinns im Wege des Verlustabzugs herangezogen werden könnte; denn dieser Verlustabzug im Folgejahr würde auf den deutschen Steuersatz ohne Auswirkung bleiben. Für die Bemessung des inländischen Steuersatzes im Folgejahr wäre vielmehr das Gesamteinkommen dieses Jahres ohne Berücksichtigung des ausländischen Vorjahresverlustes maßgebend, soweit dieser sich im Inland hinsichtlich des Steuersatzes bereits ausgewirkt hat.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall bestätigt im Ergebnis die von den Steuerpflichtigen vorgetragene Rechtsauffassung. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und die Einkommensteuer unter Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids auf 0 DM festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 69079 |
BStBl II 1970, 660 |
BFHE 1970, 367 |
NJW 1971, 339 |