Leitsatz (amtlich)
1. Kupferbarren und Kupferkathoden stellen gleichermaßen Kupfer - wenn auch in verschiedenen Erscheinungsformen - dar. Sie sind daher im Rahmen der Vorschrift des § 8 UStDB 1951 austauschfähige Stoffe.
2. Soweit ein Unternehmer sich darauf beschränkt, Auftrag und Material an andere Unternehmer weiterzugeben und sich selbst im übrigen in keiner Weise an der Durchführung des Auftrags beteiligt, ist er als Händler anzusehen, auf den § 8 UStDB 1951 keine Anwendung findet.
2. Stellen zwei Firmen zur Durchführung gegenseitig erteilter Aufträge sich Material nicht zur Verfügung, sondern verarbeiten sie vielmehr jeweils eigenes Material und verrechnen sie dieses über sogenannte Materialkonten, so liegt ein Sonderfall der Leistung im Sinne des § 8 UStDB 1951 nicht vor, auch wenn die Firmen sich gegenseitig für die Durchführung der Aufträge Werklöhne berechnen.
2. Werkleistungen im Sinne des § 8 UStDB 1951 für einen außerhalb des Reichsgebiets ansässigen Auftraggeber sind erst nach ihrer Einbeziehung in § 27 UStDB 1951 durch die 8. Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl I 1957, 6, BStBl I 1957, 131) mit Wirkung vom 1. Januar 1957 von der Umsatzsteuer befreit.
Normenkette
UStDB 1951 §§ 8, 27
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) betreibt ein Halbzeugwerk der Nichteisenmetallindustrie. Sie stellt aus rohem NE-Metall u. a. Rohre, Bleche, Bänder, Profile und Drähte (sogenanntes Halbzeug) her. Das Material wird zum erheblichen Teil von den Kunden beschafft, jedoch mit dem Lagermaterial der Steuerpflichtigen und mit dem Material anderer Kunden vermischt, so daß die Materialidentität nicht gewahrt ist.
Streitig ist, ob es sich bei zwei verschiedenen Sachverhalten, von denen der erste wiederum in zwei Varianten verwirklicht wurde (siehe unter II 1a und b und unter 2) umsatzsteuerrechtlich jeweils um Sonderfälle der Leistung im Sinne des § 8 UStDB 1951 handelt und ob in einem dritten Falle (siehe unter II 3) Werkleistungen im Sinne des § 8 UStDB 1951 für einen außerhalb des Bundesgebietes ansässigen Auftraggeber als Lohnveredelungsverkehr für ausländische Rechnung gemäß § 27 UStDB 1951 umsatzsteuerfrei sind.
Das FA hat auf Grund einer Betriebsprüfung die ursprünglichen Umsatzsteuerbescheide 1954 bis 1957 durch Bescheid vom 29. November 1960 entsprechend den Prüfungsfeststellungen berichtigt und bei den erstmaligen Veranlagungen der Umsatzsteuer 1958 und 1959 durch Bescheide vom gleichen Tage die Umsatzsteuer ebenfalls entsprechend diesen Feststellungen festgesetzt. Dabei verneinte es in den Fällen II 1 und 2 jeweils das Vorliegen eines Sonderfalles der Leistung im Sinne des § 8 UStDB 1951 und versagte im Falle II 3 die Steuerfreiheit nach § 27 UStDB 1951. Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben erfolglos. Auch die Berufung (jetzt Klage), in der die Vorinstanz die verschiedenen Verfahren miteinander verband, hatte keinen Erfolg.
Mit der Rechtsbeschwerde (jetzt Revision) rügt die Steuerpflichtige mangelnde Sachaufklärung sowie die Verletzung materiellen Rechts. Sie vertritt erneut die Auffassung, daß es sich in den Fällen II 1 und 2 um Sonderfälle von Leistungen im Sinne des § 8 UStDB 1951 handele und daß ihr im Falle II 3 die Steuerfreiheit nach § 27 UStDB 1951 zustehe.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
I.
Die Verfahrensrüge der Steuerpflichtigen greift nicht durch. Eine unzulängliche Sachaufklärung durch die Vorinstanz ist nicht erkennbar.
II.
In materieller Hinsicht ist die Revision insoweit begründet, als es sich um den im nachfolgenden unter 1a geschilderten Sachverhalt handelt.
1. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat die Steuerpflichtige in den Jahren 1955 bis 1959 von Auftraggebern, die mit ihr Umarbeitungsgeschäfte abgeschlossen hatten, Kupferdrahtbarren als Material zur Herstellung von Kupferdraht erhalten. Die Abrechnung des Materials zwischen der Steuerpflichtigen und ihren Auftraggebern erfolgte im Wege des Kontokorrents auf sogenannte Materialkonten. Kupferdrahtbarren wurden jedoch im Betrieb der Steuerpflichtigen nicht verarbeitet.
a) Den überwiegenden Teil der Kupferdrahtbarren tauschte die Steuerpflichtige bei ihren Materiallieferanten (Kupferhütten) gegen Kupferkathoden um und stellte aus diesen den von ihren Auftraggebern bestellten Draht her. Wegen des geringeren Wertes der Kathoden gewährten die Materiallieferanten der Steuerpflichtigen einen Wertausgleich;
b) die Steuerpflichtige ließ einen (geringen) Teil der Kupferdrahtbarren bei anderen Halbzeugwerken zu Kupferdraht verarbeiten. Diese Unternehmen gaben den hergestellten Draht an die Steuerpflichtige, die ihn wiederum an ihre Auftraggeber weitergab.
Die Vorinstanz vertrat ebenso wie das FA die Auffassung, in beiden Fällen handele es sich jeweils um Lieferungen von Halbzeug durch die Steuerpflichtige im Rahmen eines Tausches mit Baraufgabe und nicht um Sonderfälle von Leistungen im Sinne des § 8 UStDB 1951. Da die Steuerpflichtige in ihrem Betriebe nicht aus Kupferdrahtbarren Draht herzustellen pflege, sei eine der Voraussetzungen des § 8 UStDB 1951 nicht erfüllt. Im Falle a) komme die Vorschrift des § 8 UStDB deswegen nicht zur Anwendung, weil die Kupferdrahtbarren von der Steuerpflichtigen bei ihrem Materiallieferanten gegen Kupferkathoden gewinnbringend ausgetauscht worden seien; wenn es der Steuerpflichtigen nicht gleichgültig gewesen sei, ob sie von ihren Auftraggebern Drahtbarren oder Kathoden erhalte und aus wirtschaftlichen Gründen Drahtbarren nicht verarbeitet habe, so könne die Gleichartigkeit des ausgetauschten Materials nicht bejaht werden. Im Falle b) müsse die Steuerpflichtige wie ein Händler angesehen werden, auf den die Vorschrift des § 8 UStDB 1951 ihrer Zweckbestimmung nach keine Anwendung finde.
Die Steuerpflichtige meint, das FG habe bei der Beurteilung der vorstehenden Sachverhalte (ebenso wie bei der Beurteilung des Sachverhalts unter 2) den wirtschaftlichen Gehalt der Vorgänge nicht erkannt und verweist hierzu auf das Gutachten des BFH I D 1/59 U vom 26. August 1960 (BFH 72, 78, BStBl III 1961, 31). Halbzeugwerke von der Art der Steuerpflichtigen müßten aus einer Reihe von wirtschaftlichen Gründen, insbesondere im Hinblick auf die starken Preisschwankungen, denen die NE-Metalle unterliegen und die die Beteiligten aus ihren gegenseitigen Beziehungen nach Möglichkeit auszuschalten bestrebt sind, in ihrem geschäftlichen Denken und Handeln scharf zwischen ihren fabrikatorischen Aufgaben einerseits und der Metallbeschaffung andererseits unterscheiden. Bei den Umarbeitungsgeschäften werde das sogenannte Deckungsgeschäft hinsichtlich des benötigten Materials durch den Kunden vorgenommen. In diesen Fällen schuldet das Werk nur einen Arbeitserfolg. Das Entgelt trage dementsprechend die Merkmale eines Werklohnes. Wenn das FG in diesen Fällen umsatzsteuerrechtlich jeweils einen Tausch mit Baraufgabe gesehen habe, so sei es rechtsirrtümlich davon ausgegangen, daß wirtschaftlich ein sogenanntes Vollpreisgeschäft vorliege, bei dem das Deckungsgeschäft hinsichtlich des benötigten Metalls von der Steuerpflichtigen vorgenommen werde.
Die Steuerpflichtige sei auch technisch in der Lage, die erhaltenen Drahtbarren zu zerkleinern, einzuschmelzen und sodann zu Drähten zu verarbeiten. Solchenfalls brauche die Steuerpflichtige die Drahtbarren weder bei anderen Unternehmern zu Draht verarbeiten zu lassen noch gegen Kupferkathoden einzutauschen. Würde die Steuerpflichtige sich so verhalten, läge zweifelsfrei ein Anwendungsfall des § 8 UStDB 1951 vor. Ein solches Verhalten sei aber wirtschaftlich unsinnig, da Kathodenkupfer ein Vorprodukt der Drahtbarren sei, aus dem die Drahtbarren durch Einschmelzen hergestellt worden seien. Der in den Drahtbarren gegenüber ihrem Vorprodukt enthaltene Mehrwert würde in diesem Falle vernichtet; außerdem würden für das Zerkleinern und Einschmelzen neue Kosten entstehen. Es könne aber nicht angenommen werden, daß der Steuergesetzgeber ein wirtschaftlich so unvernünftiges Ergebnis mit seinen Vorschriften habe erreichen wollen.
Im übrigen seien Kupferdrahtbarren gleichermaßen wie Kupferkathoden Kupfer; lediglich die Erscheinungsform sei eine andere. Es müsse daher davon ausgegangen werden, daß die Steuerpflichtige in ihrem Unternehmen aus Kupfer Draht herzustellen pflegt. Im Hinblick auf den Sachverhalt a) weist die Steuerpflichtige unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats V 181/58 vom 10. Dezember 1959 (StRK, Umsatzsteuergesetz, § 7 Abs. 3, Rechtsspruch 67) darauf hin, daß im vorliegenden Fall lediglich neue Metalle einer Zustandsform mit solchen einer anderen Zustandsform ausgetauscht wurden; dies sei aber gegenüber den in dem genannten Urteil zugelassenen Austauschmöglichkeiten ein Weniger und könne daher der Anwendung des § 8 UStDB 1951 nicht im Wege stehen.
Der Senat teilt die Auffassung der Steuerpflichtigen, daß es sich bei den oben unter a) geschilderten Sachverhalten umsatzsteuerrechtlich um Sonderfälle der Leistung im Sinne des § 8 UStDB 1951 handelt.
Nach dieser Vorschrift gilt die Leistung eines Unternehmers als Werkleistung, wenn er seinem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstandes übergeben hat, anstelle des herzustellenden Gegenstandes einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, überläßt und das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffes und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird. Unstreitig ging das wirtschaftliche Wollen der Beteiligten dahin, den Preis des zu verarbeitenden Materials aus ihren gegenseitigen Beziehungen auszuschalten. Dementsprechend war auch unstreitig das Entgelt, das die Steuerpflichtige für den Kupferdraht erhielt, nach Art eines Werklohnes berechnet. Es kann der Vorinstanz nicht zugestimmt werden, wenn sie ausführt, für die Anwendung des § 8 UStDB 1951 fehle es an der Voraussetzung, daß die Steuerpflichtige die den Auftraggebern überlassenen Gegenstände (Kupferdrähte) in ihrem Unternehmen nicht aus solchen Stoffen herzustellen pflege, wie sie ihr von ihren Auftraggebern überlassen worden sind (Kupferbarren); die Steuerpflichtige pflege in ihrem Unternehmen vielmehr Kupferdraht nicht aus Kupferdrahtbarren, sondern aus Kupferkathoden herzustellen. Zutreffend weist die Steuerpflichtige darauf hin, daß die Vorinstanz hierbei die von der Rechtsprechung im Rahmen des § 8 UStDB 1951 entwickelten Auslegungsgrundsätze im Hinblick auf das angelieferte Material nicht gebührend berücksichtigt habe. Hiernach steht es bereits nach allgemeinen Grundsätzen der Anwendung des § 8 UStDB 1951 nicht entgegen, wenn anstelle des angelieferten Materials solches unterschiedlicher Qualität verarbeitet wird (Urteil des BFH V 280/60 U vom 25. Juli 1963, BFH 77, 342, BStBl III 1963, 444). Darüber hinaus hat der Senat aber unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse auf dem NE-Metallsektor im Rahmen des § 8 UStDB 1951 den Austausch von Neumetall und Altmetall zugelassen (Urteil des BFH V 116/52 U vom 17. September 1953, BFH 58, 147, BStBl III 1953, 347) und § 8 UStDB 1951 auch dann für anwendbar gehalten, wenn der Unternehmer die angelieferten Altmetalle auf Neumetalle verhütten läßt und als solche einsetzt, so regenerierte Metalle mehrerer Auftraggeber miteinander oder mit aus Erzen gewonnenen Neumetallen oder mit nicht regenerierten Altmetallen vermischt oder nicht regenerierte Altmetalle des Auftraggebers mit dessen Neumetallen oder mit von anderen Auftraggebern übergebenen Neumetallen oder mit eigenen Neumetallen vermischt (Urteil des BFH V 181/58 vom 10. Dezember 1959, a. a. O.). Solchenfalls kann aber der Austausch von Kupferbarren gegen Kupferkathoden, die - wie die Steuerpflichtige zutreffend ausführt - beide gleichermaßen Kupfer, wenn auch in verschiedenen Erscheinungsformen, darstellen, der Anwendung des § 8 UStDB 1951 nicht entgegenstehen. Daß die Steuerpflichtige bei diesem Austausch von einem Dritten einen Wertausgleich von DM ... je Tonne erhält, steht dieser Beurteilung nicht entgegen, weil dieser Ausgleich das Verhältnis zwischen den Auftraggebern und der Steuerpflichtigen nicht beeinflußt und insbesondere die Vereinbarung eines echten Werklohnes unberührt läßt.
Soweit die Steuerpflichtige daher den unter a) geschilderten Sachverhalt verwirklicht hat, handelt es sich um Sonderfälle der Leistung im Sinne des § 8 UStDB 1951. Insoweit hat daher die Revision Erfolg.
Der Vorentscheidung ist jedoch zuzustimmen, wenn sie, soweit die Steuerpflichtige den unter b) geschilderten Sachverhalt verwirklicht hat, die Anwendung des § 8 UStDB 1951 verneint hat. Unbeschadet der Tatsache, daß die Steuerpflichtige als Metallwerk in ihrem Grundcharakter ein herstellendes Unternehmen darstellt, ist es zutreffend, wenn die Vorinstanz die Steuerpflichtige, soweit diese die Kupferdrahtbarren bei anderen Halbzeugwerken verarbeiten ließ und selbst in keiner Weise an der Verarbeitung beteiligt war, als Händler angesehen hat, für den die Vorschrift des § 8 UStDB 1951 nach ihrer Zweckbestimmung nicht vorgesehen ist. Der Senat vermag der Steuerpflichtigen nicht zu folgen, wenn diese darauf hinweist, daß es für die Frage, ob ein Unternehmer als Hersteller oder als Händler im Sinne des § 8 UStDB 1951 anzusehen sei, allein auf die Grundstruktur des Unternehmens ankomme. Der Senat hat bereits in dem Urteil V 32/57 U vom 10. September 1959 (BFH 69, 469, BStBl III 1959, 435) ausgeführt, daß ein Unternehmer unbeschadet des Umfangs seiner sonstigen Fabrikation wie ein Händler anzusehen ist, wenn er z. B. gerade die im Streit befangenen Gegenstände nicht herstellt. Im vorliegenden Fall hat die Steuerpflichtige die Kupferdrähte nicht hergestellt und sich auch an der Herstellung nicht beteiligt. Sie hat sich lediglich darauf beschränkt, den Auftrag ihrerseits wiederum unter Anlieferung von Material weiterzugeben. Hier hat sich die Steuerpflichtige unbeschadet der Tatsache, daß auch in diesen Fällen das Entgelt nach Art eines Werklohnes berechnet war, wie ein Händler betätigt, der sich ebenfalls allein auf die Weitergabe von Auftrag und Material beschränkt. In solchen Fällen, in denen sich die Steuerpflichtige an der Herstellung überhaupt nicht beteiligt hat, kann aber § 8 UStDB 1951 seiner Zweckbestimmung entsprechend weder unmittelbar noch auf dem Umwege über eine Zurechnung einer Bearbeitung oder Verarbeitung nach § 12 Abs. 2 UStDB 1951 angewandt werden.
Die Frage, wie zu entscheiden wäre, wenn die Steuerpflichtige bei der Weitergabe der Kupferbarren an die anderen Halbzeugwerke die Identität des Stoffes gewahrt hätte und diese Halbzeugwerke ebenfalls jeweils gerade das für einen bestimmten Auftrag angelieferte Material verarbeitet hätten, die Auftraggeber also jeweils Kupferdraht außer den von ihnen der Steuerpflichtigen überlassenen Stoffen erhalten hätten, kann dahingestellt bleiben, da die angelieferten Kupferdrahtbarren unstreitig von der Steuerpflichtigen mit eigenen Beständen und den Drahtbarren anderer Auftraggeber vermischt worden sind und auch die anderen Halbzeugwerke in der Regel der Steuerpflichtigen Kupferdraht überlassen haben, der nicht aus dem von ihr angelieferten Material stammte. Solchenfalls hat der Senat aber stets das Vorliegen einer Werkleistung verneint (Urteile V 209/60 vom 9. April 1963, StRK, Umsatzsteuergesetz, § 11, Rechtsspruch 6 unter Nr. 2, und V 103/65 vom 15. Dezember 1966, BFH 87, 579, BStBl III 1967, 235).
Soweit die Steuerpflichtige ausführt, daß ein wirtschaftlich vernünftiges Verhalten im vorliegenden Falle zu einer höheren Besteuerung führe, ist darauf hinzuweisen, daß es keinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach das jeweils wirtschaftlich vernünftige Verhalten zu einer günstigeren Besteuerung führen müsse.
Aus dem Gutachten des BFH I D 1/59 U vom 26. August 1960 (a. a. O.) kann für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des vorstehenden Sachverhalts nichts entnommen werden.
2. Die Steuerpflichtige stand in Geschäftsverbindung mit der Firma X-AG. Beide Firmen stellten im wesentlichen die gleichen Halbzeuge her. Bei Engpässen in der Produktion halfen sich die Firmen gegenseitig aus, indem die Steuerpflichtige für die X-AG Kupferrohre und die X-AG für die Steuerpflichtige Kupferband herstellte. In den Streitjahren 1957 bis 1959 stellten sich beide Firmen für diese Produktion gegenseitig kein Umarbeitungsmaterial zur Verfügung. Jede der Firmen verarbeitete vielmehr eigenes Material, das auf sogenannten Metallkonten verrechnet wurde und berechnete der anderen für die Umarbeitung jeweils einen Werklohn.
Auch in diesen Fällen ist die Vorinstanz ebenso wie das FA der Auffassung, daß es sich jeweils um einen Tausch mit Baraufgabe handele, während die Steuerpflichtige auch diese Sachverhalte als Sonderfälle von Leistungen im Sinne des § 8 UStDB 1951 behandelt wissen will. Sie ist der Meinung, auch soweit sie Kupferrohre für die X-AG herstelle, werde das sogenannte Dekkungsgeschäft hinsichtlich des Kupfers nicht von ihr, sondern von der X-AG bzw. deren Auftraggebern gemacht. Auch sei das beiderseitige wirtschaftliche Interesse im Rahmen des gegenseitigen Leistungsaustauschs lediglich auf eine Arbeitsleistung gerichtet. Gegen die rechtliche Beurteilung des FG spreche auch die historische Entwicklung des Verhältnisses zwischen den beteiligten Firmen: Vor dem Jahre 1957 hätten sich die beiden Firmen gegenseitig die jeweils erforderlichen Kupfermengen überlassen. Der Übergang zu dem wirtschaftlich vernünftigeren Verrechnungsverfahren könne nicht zu einer ungünstigeren Besteuerung führen.
Die Revision hat insoweit keinen Erfolg.
Es ist dem FG zuzustimmen, wenn es ausführt, daß in den hier zu beurteilenden Fällen keine der beiden Firmen der anderen Firma einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstandes übergeben hat, wie es § 8 UStDB 1951 zwingend vorschreibt. Der Senat teilt auch aus den vom FG angeführten Gründen dessen Auffassung, daß durch bloße Buchungsvorgänge oder durch Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses im Sinne des § 930 BGB die Übergabe des Stoffes im Sinne des § 8 UStDB 1951 nicht ersetzt werden kann. Bei unvoreingenommener Betrachtung des wirtschaftlichen Ablaufs kann auch nicht angenommen werden, daß der Wille der Parteien lediglich auf die Ausführung von Arbeitsleistungen gerichtet war. Das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten war vielmehr - wie die Steuerpflichtige auch zugibt - darauf gerichtet, bei Engpässen in der eigenen Produktion von der anderen Firma Bänder bzw. Rohre zu erhalten. Es ist der Steuerpflichtigen einzuräumen, daß in Zweifelsfällen auch die Frage, wer das Deckungsgeschäft hinsichtlich des Materials abgeschlossen hat, von Bedeutung dafür sein kann, ob es sich um einen Sonderfall der Leistung im Sinne des § 8 UStDB 1951 handelt. Die Frage ist jedoch dann für die Beurteilung ohne Bedeutung, wenn zwingende Voraussetzungen des § 8 UStDB 1951 nicht erfüllt sind. Soweit die Steuerpflichtige in ihrer rechtlichen Beurteilung zu einem anderen Ergebnis kommt, hat sie dabei weniger den in den Streitjahren verwirklichten Sachverhalt als vielmehr die früheren Verhältnisse und deren Weiterentwicklung im Auge. Nicht die früheren Verhältnisse, sondern der in den Streitjahren verwirklichte Sachverhalt unterliegt aber der rechtlichen Beurteilung, wobei auch hier zu bemerken ist, daß die jeweils günstigste wirtschaftliche Gestaltung nicht zwingend auch zu der für die Steuerpflichtige günstigsten umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung führen muß.
3. In den Jahren 1954 bis 1956 führten außerhalb des Bundesgebietes ansässige Auftraggeber Metallabfälle ein und übergaben diese der Steuerpflichtigen zur Umarbeitung auf Halbzeugteile. Die eingeführten Metallabfälle wurden im Unternehmen der Steuerpflichtigen mit ihren Lagerbeständen vermischt. Die den ausländischen Auftraggebern überlassenen Halbzeugteile waren daher nicht aus dem von den Auftraggebern hingegebenen Material hergestellt. Das Entgelt für die Umarbeitung war nach Art eines Werklohnes berechnet.
Die Steuerpflichtige behandelte diese Geschäfte als Lohnveredelungsverkehr für ausländische Rechnung und nahm für diese Umsätze Steuerfreiheit gemäß § 27 UStDB 1951 in der in den Streitjahren geltenden Fassung in Anspruch.
Das FA und auch die Vorinstanz sind der Auffassung, die Steuerfreiheit könne nicht gewährt werden, weil es sich bei den strittigen Umsätzen um Werkleistungen im Sinne des § 8 UStDB 1951 gehandelt habe, diese aber erst mit Wirkung vom 1. Januar 1957 durch die 8. USt-ÄndVO vom 7. Februar 1957 (BGBl I 1957, 6, BStBl I 1957, 131) in die Steuerbefreiung des § 27 UStDB 1951 einbezogen worden seien. Die Steuerpflichtige ist der Auffassung, die vorgenannte Änderung des § 27 UStDB 1951 habe nur klarstellenden Charakter gehabt, da die Steuerfreiheit für Lohnveredelung älter sei als der § 27 UStDB 1951 und schon seit dem 1. Januar 1925 gelte. Auch könne Halbzeug unter Wahrung der Materialidentität nicht hergestellt werden. Dem Gesetzgeber könne jedoch nicht unterstellt werden, daß er einen Sachverhalt habe begünstigen wollen, dessen Verwirklichung schlechthin unmöglich sei. Im übrigen sei die vor dem 1. Januar 1957 geltende Fassung dem Zollrecht entnommen, das in entsprechenden Fällen bei vertretbaren Sachen ebenfalls keinen entscheidenden Wert auf die Materialidentität lege.
Der Steuerpflichtigen kann nicht gefolgt werden.
Nach dem Wortlaut des § 27 UStDB 1951 in der in den Streitjahren geltenden Fassung lag eine (steuerfreie) Lohnveredelung für ausländische Rechnung vor, wenn ein Gegenstand zur Veredelung im Werklohn für einen außerhalb des Reichsgebiets ansässigen Auftraggeber in das Inland gelangte und nach der Veredlung wieder in das Ausland zurückgelangte. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift war daher ein Austausch des zu veredelnden Gegenstandes gegen einen anderen unzulässig. Aus dem Einführungserlaß des BdF vom 1. August 1951 - IV S 4015-18/51 - (BStBl I, 1951, 429), in dem ausgeführt wird, daß nach der Neuregelung nunmehr der Gesamtlohnveredlungsverkehr für ausländische Rechnung von der Umsatzsteuer befreit sei, kann nichts anderes entnommen werden. Dieser Erlaß ist ergangen zu der Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 29. Juni 1951 (BGBl I 1951, 418), durch welche die bis dahin geltende Beschränkung der Steuerfreiheit bei Lohnveredlungen für ausländische Rechnung auf bestimmte Gegenstände und Bearbeitungen (vgl. § 26 UStDB vom 23. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt I 1938 S. 1935, RStBl 1939, 8) auf alle Waren und sämtliche Bearbeitungen ausgedehnt wurde. Unverändert geblieben ist jedoch auch nach der Verordnung vom 29. Juni 1951 (a. a. O.) die Voraussetzung, daß der zu veredelnde Gegenstand ins Inland und nach seiner Veredlung wieder ins Ausland gelangen muß. Es ist zutreffend, daß schon vor dem Inkrafttreten des § 27 UStDB 1951 und des § 26 UStDB 1938 im Umsatzsteuerrecht Befreiungsvorschriften für die Lohnveredlung für ausländische Rechnung, insbesondere für die Lohnveredlung von NE-Metallen enthalten waren, und daß der Begriff der Lohnveredlung dem Zollrecht entnommen ist (vgl. Popitz-Kloß-Grabower, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl. S. 516/517). Indessen kann hieraus nichts für die Auffassung der Steuerpflichtigen entnommen werden, daß die zu veredelnde Ware ohne Verlust der Steuerfreiheit ausgetauscht werden und ein Ersatzgut gestellt werden könnte. Wie sich gerade auch aus den von der Steuerpflichtigen zitierten Bemerkungen in dem Kommentar zum Zollgesetz von Siegert (§ 16 Bemerkung 7 S. 69 ff.) ergibt, mußte ursprünglich auch bei den Veredlungsverkehren des Zollrechts "die Nämlichkeit der ausgehenden mit den eingeführten Waren gewahrt werden". Erst durch das Gesetz zur Änderung des Zolltarifgesetzes und des Mineralölsteuergesetzes (3. Zolländerungsgesetz) vom 9. August 1956 (BGBl I 1956, 735) wurde die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, in Auflockerung des Nämlichkeitsgrundsatzes unter bestimmten Voraussetzungen statt des veredelten Zollgutes eine gleiche Ware des freien Verkehrs auszuführen (§ 16 Abs. 4 Satz 2 des Zollgesetzes - ZG -). Im Umsatzsteuerrecht wurde diese Möglichkeit unter den den besonderen Gegebenheiten dieses Rechtsgebietes entsprechenden Voraussetzungen durch die oben bezeichnete 8. UStÄndVO geschaffen. Schließlich kann weder dem oben genannten Gutachten des BFH I D 1/59 U noch der in diesem Gutachten erwähnten Stellungnahme des deutschen Industrie- und Handelstages entnommen werden, daß es für ein Halbzeugwerk ausgeschlossen wäre, das von einem Auftraggeber angelieferte Material unter grundsätzlicher Wahrung der Materialidentität zu Halbzeug für diesen Auftraggeber zu verarbeiten. Lediglich das bei den einzelnen Bearbeitungsvorgängen anfallende Abfallmaterial (sogenannte Kreislaufmaterial) muß hiernach zwangsläufig auch im Rahmen der Durchführung anderer Aufträge verwendet werden. Wie zu entscheiden wäre, wenn die Steuerpflichtige jeweils grundsätzlich das von ihren Auftraggebern angelieferte Material verarbeitet und lediglich insoweit die Materialidentität nicht gewahrt hätte, als sogenanntes Kreislaufmaterial eingesetzt werden mußte, hat der Senat im vorliegenden Fall nicht zu prüfen.
III.
Im Hinblick auf die unzutreffende Beurteilung des Sachverhalts unter II 1a durch die Vorinstanz und den Umstand, daß das finanzgerichtliche Urteil keine tatsächlichen Feststellungen enthält, die es dem Senat ermöglichen, die Umsatzsteuer neu zu berechnen, war die Vorentscheidung in vollem Umfange aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Dieses wird unter Abänderung der Einspruchsentscheidungen vom 24. Januar und 5. Februar 1962 sowie der Umsatzsteuerbescheide vom 29. November 1960 die Umsatzsteuer für die Jahre 1955 bis 1959 nach Ermittlung der erforderlichen Zahlen entsprechend den vorstehenden Ausführungen neu festzusetzen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 68582 |
BStBl II 1969, 508 |
BFHE 1969, 515 |