Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Zinsen eines Gesellschafter-Darlehens an eine US-Limited Partnership
Leitsatz (NV)
Die von einer limited partnership in den USA an ihre im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter gezahlten Darlehenszinsen sind nicht durch das DBA-USA 1956/65 von der deutschen Besteuerung ausgenommen.
Normenkette
DBA USA 1956/65 Art. 2 Abs. 1 Buchst. f.; DBA USA 1956/65 Art. 2 Abs. 1 Buchst. III Abs. 1 S. 2; DBA USA 1956/65 Art. 2 Abs. 5; DBA USA 1956/65 Art. 7 Abs. 1; DBA USA 1956/65 Art. 15 Abs. 1 Buchst. b Nr. 1aa; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 48 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
1. Die Klägerin ist eine limited partnership (LP) nach dem Recht des US-Bundesstaats Connecticut. Limited partner sind drei im Inland wohnhafte natürliche Personen. General partner ist eine US-Kapitalgesellschaft, die vom Vater der limited partner beherrscht wird. Die Klägerin bietet das typische Erscheinungsbild einer deutschen GmbH & Co. KG.
Die im Inland wohnenden Gesellschafter hatten der LP in den Jahren 1980 bis 1982 der Klägerin Darlehen gewährt und dafür Zinsen erhalten. Das FA erließ Gewinnfeststellungsbescheide gegen die Klägerin, in denen es die Zinseinnahmen als im Inland steuerpflichtig behandelte.
2. Das FG hat die Klage abgewiesen. Es führte aus, daß die Zinsen in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) steuerpflichtig seien, da sie nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika in der Fassung des Protokolls vom 17. September 1965 (BGBl II 1966, 745, BStBl I 1966, 865) - DBA-USA - in USA steuerbefreit seien.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision Verletzung des Art. XV Abs. 1 Buchst. b Nr. 1 Doppelbuchst. aa DBA-USA.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
A. Die Klägerin war als Personengesellschaft - vertreten durch ihre zur Geschäftsführung berechtigte persönlich haftende Gesellschafterin - berechtigt, gegen die Feststellungsbescheide Klage zu erheben (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO).
B. 1. Die Beigeladenen (limited partner) unterliegen wegen ihres inländischen Wohnsitzes in den Streitjahren 1980 bis 1982 der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - 1981/1983). Die unbeschränkte Steuerpflicht umfaßt alle Einkünfte i. S. des § 2 EStG unabhängig davon, ob der Besteuerungstatbestand im Inland oder im Ausland verwirklicht worden ist (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz EStG; Hellwig in Littmann / Bitz / Meincke, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 1 Rz. 20).
2. Die von den Beigeladenen zu beanspruchenden Zinsen sind Teil des im Gewinnfeststellungsbescheid festzustellenden Gewinns der Klägerin (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
a) Die Beigeladenen sind an der Klägerin als limited partner beteiligt. Eine limited partnership nach dem Recht des US-Staates Connecticut entspricht nach den für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen des FG einer deutschen Kommanditgesellschaft (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. November 1983 I R 120/79, BFHE 140, 493, BStBl II 1984, 468). Die Rechtsstellung der limited partner entspricht der Stellung von Kommanditisten. Erhält der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, von der Gesellschaft Darlehensvergütungen, so handelt es sich grundsätzlich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Voraussetzung ist allerdings, daß die Gesellschaft gewerblich tätig ist (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 1973 I R 191/72, BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260; jetzt ausdrücklich: § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG 1985). Diese Voraussetzung ist jedoch im Streitfall erfüllt, da die Klägerin als Produktions- und Vertriebsgesellschaft tätig ist.
b) Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG enthält keine Beschränkung auf Einkünfte aus inländischen Personengesellschaften. Sie ist deshalb auch auf die Beteiligung an ausländischen Mitunternehmerschaften anzuwenden (vgl. BFH-Urteil vom 13. September 1989 I R 117/87, BFHE 158, 340, BStBl II 1990, 57; vgl. auch Otto H. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 1983, S. 221).
C. Die Einkünfte sind nicht nach Art. XV Abs. 1 Buchst. b Nr. 1, aa) DBA-USA von der deutschen Besteuerung ausgenommen.
1. Nach Art. XV Abs. 1 Buchst. b Nr. 1, aa) DBA-USA werden Einkünfte aus Quellen in den USA von der deutschen Besteuerung ausgenommen, wenn sie nach dem DBA in den USA nicht steuerbefreit sind. Eine Steuerbefreiung in der Bundesrepublik hängt somit davon ab, ob den USA ein Besteuerungsrecht für die Einkünfte nach dem Abkommen zusteht.
2. Ein Besteuerungsrecht der USA für die Zinseinkünfte der Beigeladenen besteht nach dem Abkommen nicht.
Die Zinseinkünfte sind gemäß Art. VII Abs. 1 DBA-USA von der Besteuerung durch die USA befreit, da sie von natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Bundesrepublik bezogen wurden.
a) Das FG hat die Zinseinkünfte der Beigeladenen zutreffend als ,,Zinsen" i. S. des Art. VII Abs. 1 DBA-USA qualifiziert. Der Begriff der Zinsen ist im Abkommen zwar nicht definiert. Es muß sich aber um eine Vergütung für die Überlassung von Kapital im Rahmen eines ,,Gläubiger-Schuldner-Verhältnisses" handeln. Das ergibt sich aus der Verwendung der Worte ,,oder anderen Schuldverpflichtungen" in Art. VII Abs. 1 DBA-USA. Eine derartige Schuldverpflichtung liegt vor. Die Klägerin hat der limited partnership ein Darlehen gewährt, das zu einer zivilrechtlichen Schuldverpflichtung der limited partnership führte. Ob eine ,,Schuldverpflichtung" i. S. des Abkommens vorliegt, ist nicht nach Art. II Abs. 1 Buchst. f DBA-USA zu beurteilen. Auch wenn die Beteiligung der Klägerin an der limited partnership gemäß dieser Vorschrift als ,,deutsches Unternehmen" gilt, schließt das nicht aus, daß zwischen einer Personengesellschaft amerikanischen Rechts und einem ihrer Gesellschafter eine ,,Schuldverpflichtung" besteht.
b) Der Qualifikation als ,,Zinsen" steht nicht entgegen, daß die Einnahmen der Beigeladenen nach deutschem Steuerrecht Teil ihres Anteils am Gewerbegewinn der Klägerin darstellen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Zwar sind gemäß Art. II Abs. 2 DBA-USA die im Abkommen nicht definierten Begriffe nach nationalem Recht auszulegen. Das gilt jedoch nur, soweit sich aus dem ,,Zusammenhang" (des Abkommens) ,,nicht etwas anderes ergibt". Der abkommensrechtliche Begriff des ,,gewerblichen Gewinns" umfaßt gemäß ausdrücklicher Einschränkung des Begriffs in Art. III Abs. 5 DBA-USA nicht die Zinseinkünfte des Art. VII Abs. 1 und 2 DBA-USA. Diese im Abkommen selbst enthaltene Begriffsabgrenzung löst - vorbehaltlich des Art. VII Abs. 3 DBA-USA - Zinsen für die Anwendung des Abkommens aus gewerblichen Gewinnen heraus. Diese Abgrenzung ist für die Auslegung des Zinsbegriffs im Abkommen auch dann vorrangig, wenn dieser Begriff im Abkommen nicht ausdrücklich definiert ist.
3. Die Steuerbefreiung der Zinsen in den USA wird nicht durch Art. III Abs. 1 Satz 2 DBA-USA ausgeschlossen.
Nach dieser Vorschrift kann der Betriebsstätten-Staat auch Gewinne des Stammhauses aus Quellen im Betriebsstätten-Staat besteuern, soweit sie aus Geschäften mit Dritten erwachsen, die der Tätigkeit der Betriebsstätte ,,artgleich" sind (sog. ,,eingeschränkte Attraktivkraft" der Betriebsstätte). Die Vorschrift ist auch auf Gewinne von Gesellschaftern einer Personengesellschaft anzuwenden, da deren Beteiligungen nach den insoweit zutreffenden Ausführungen der Klägerin wie Betriebsstätten anzusehen sind (vgl. Art. II Abs. 1 Buchst. e und f DBA-USA; Korn / Debatin, Doppelbesteuerung, Art. III DBA-USA Anm. 2 b). Die Darlehensgewährungen waren jedoch keine der Tätigkeit der Klägerin ,,artgleiche" Geschäfte. Die Klägerin ist ein Produktions- und Handelsunternehmen. Die Zinsen resultieren hingegen aus Geldgeschäften (Kreditgewährung). Sie wurden im übrigen nicht von dritten Personen, sondern von der Betriebsstätte (= Personengesellschaft) gezahlt.
4. Auch Art. VII Abs. 3 DBA-USA steht der Steuerbefreiung der Zinsen gemäß Art. VII Abs. 1 DBA-USA nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung sind die Absätze 1 und 2 des Art. VII DBA-USA nicht anwendbar, wenn ,,die Forderung, für welche die Zinsen gezahlt werden, tatsächlich" zu einer Betriebsstätte des Empfängers in den USA gehört.
a) Das FG hat zu Recht eine ,,tatsächliche Zugehörigkeit" der Darlehensforderungen zu den von den Beigeladenen unterhaltenen Betriebsstätten (siehe oben Abschnitt C 3) verneint.
b) Durch den ,,Betriebsstättenvorbehalt" des Art. VII Abs. 3 DBA-USA sollen Erträge aus Wirtschaftsgütern, die von der Betriebsstätte genutzt werden und zu ihrem Betriebsergebnis beigetragen haben, dem Betriebsstätten-Staat zur Besteuerung zugewiesen werden. Bei Kreditgewährungen ist dabei nicht entscheidend, ob das darlehensweise überlassene Kapital in der Betriebsstätte genutzt wird, sondern ob die Darlehens-Forderung ,,tatsächlich" zur Betriebsstätte gehört. Das Stammrecht, für das die Zinsen gezahlt werden, muß zum Vermögen der Betriebsstätte gehören (vgl. K. Vogel, DBA, Kommentar, Vor Art. 10-12 Rz. 24). Das ist nicht der Fall, da die Darlehen nicht aus Mitteln der Klägerin gewährt, sondern ihr als Fremdkapital überlassen wurden.
c) Die Forderungen gehören nicht etwa deshalb ,,tatsächlich" zur Betriebsstätte, weil nach den Grundsätzen des § 15 EStG die Darlehensforderungen als Sonderbetriebsvermögen der beigeladenen limited partner anzusehen sind. Diese steuerrechtlichen Grundsätze des nationalen Rechts sind rechtlicher Art und können nicht mit tatsächlicher Zugehörigkeit i. S. des Abkommens gleichgesetzt werden. Die nach deutschem Steuerrecht gebotene Behandlung als notwendiges Sonderbetriebsvermögen steht in untrennbarem Zusammenhang mit der Behandlung der Darlehenserträge als gewerbliche Einnahmen im Rahmen der Personengesellschaft. Diese Einheit von Gewinnanteil und Sondervergütungen (z. B. Zinsen) nach inländischem Steuerrecht ist im Abkommen aufgelöst durch die Bestimmung des Art. III Abs. 5 DBA-USA, der Zinsen aus dem Gewerbegewinn grundsätzlich herauslöst.
d) Auch das Verständigungsmemorandum vom 18. Oktober 1965 zum Revisionsprotokoll zum DBA-USA vom 17. September 1965 (Steuererlasse in Karteiform - StEK - Doppelbesteuerung USA Nr. 15) führt zu keiner anderen Beurteilung. Dabei kann dahinstehen, ob das Verständigungsmemorandum insoweit eine zutreffende Auslegung des Abkommens enthält. In jedem Falle sind die im Memorandum angeführten Voraussetzungen ,,tatsächlicher Zugehörigkeit" nicht erfüllt.
Nach Nr. 3 des Memorandums gehört ein Wirtschaftsgut (die Darlehensforderung) dann ,,tatsächlich" zum Vermögen einer Betriebsstätte, wenn
a) es in der Betriebsstätte gehalten wird,
b) es zu dem Zweck gehalten wird, die Tätigkeit der Betriebsstätte zu fördern oder
c) die Tätigkeit der Betriebsstätte wesentlich zur Erzielung dieser Einkünfte beigetragen hat.
aa) Aus der Bilanzierung der Klägerin ist zu entnehmen, daß die Klägerin die Darlehen nicht als von ihr ,,gehaltenes" Aktivvermögen, sondern als Verbindlichkeiten angesehen und behandelt hat. Die Darlehen wurden danach nicht ,,in der Betriebsstätte gehalten". Besteht zivilrechtlich eine Verbindlichkeit der Personengesellschaft, so wird die dieser Verbindlichkeit entsprechende Forderung nicht vom Schuldner ,,gehalten".
bb) Die Forderungen wurden ferner von den Beigeladenen nicht zu dem Zweck gehalten, die Geschäftstätigkeit ihrer Betriebsstätten (Klägerin) zu fördern. Zwar haben die beigeladenen limited partner die Darlehen u. a. gewährt, um die Geschäftstätigkeit der Klägerin zu fördern. Würde jedoch dieser Umstand bereits ausreichen, um die Darlehen als ,,tatsächlich zur Betriebsstätte" gehörig anzusehen, wären die einer Personengesellschaft von ihren Gesellschaftern gewährten Darlehen stets Betriebsstättenvermögen. Die darauf entfallenden Darlehenszinsen wären stets Bestandteil des Betriebsstättengewinns. Das sollte durch Art. III Abs. 5 i. V. m. Art. VII Abs. 1 bis 3 DBA-USA gerade ausgeschlossen werden.
cc) Schließlich hat auch die Betriebsstätte nicht ,,wesentlich zur Erzielung der Einkünfte" (Zinsen) beigetragen. Diese Voraussetzung wäre nur erfüllt, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Nutzung des Kapitals und der Zinszahlung bestünde (vgl. zum gleichlautenden Art. 11 Abs. 3 DBA-Schweiz: Flick / Wassermeyer / Becker, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Kommentar, Art. 11 Rz. 65). Das ist jedoch nicht der Fall. Es besteht allenfalls ein allgemeiner wirtschaftlicher Zusammenhang.
e) Die tatsächlichen Feststellungen des FG geben keinen Anlaß zu der Annahme, daß die Darlehensforderungen der Beigeladenen zivilrechtlich für die Klägerin Eigenkapital waren (vgl. für die Zuführung von Fremdkapital an eine ausländische Tochter-Kapitalgesellschaft: BFH-Urteil vom 30. Mai 1990 I R 97/88, BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875). Nur in diesem Fall könnten die dann nicht mehr als Darlehensforderungen zu qualifizierenden Ansprüche der Beigeladenen ,,tatsächlich" zum Betriebsstättenvermögen gehören und damit ein Besteuerungsrecht der USA gemäß Art. VII Abs. 3 DBA-USA auslösen.
Fundstellen
Haufe-Index 417654 |
BFH/NV 1992, 385 |