Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweise bei einer Ausfuhrlieferung
Leitsatz (NV)
1. Beleg- und Buchnachweise sind materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung.
2. Aufzeichnungen des Unternehmers über Ausfuhrlieferungen erbringen den Nachweis für die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nur, wenn sie inhaltlich zutreffen.
Normenkette
UStG 1980 § 6 Abs. 1, 4; UStDV 1980 §§ 10, 13
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Gebrauchtwagenhändlerin, lieferte im Streitjahr 1989 elf Fahrzeuge an Käufer, die eine Postfach-Anschrift in Ghana angegeben hatten. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig und durch die Hafenspedition bescheinigt worden, daß die Fahrzeuge durch die von den Käufern beauftragten Hafenspediteure in das Außengebiet versendet worden sind. Anfragen beim örtlichen Einwohnermeldeamt und beim Ausländer-Zentralregister des Bundesverwaltungsamts in Köln ergaben, daß die Käufer weder im Streitjahr noch später in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) behördlich gemeldet waren.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) verweigerte für diese Lieferungen die von der Klägerin beanspruchte Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen mit der Begründung, es stehe nicht fest, ob es sich bei den Käufern um außengebietliche Abnehmer gehandelt habe. Zweifel seien begründet, weil auf der -- später berichtigten -- Ausfuhrbescheinigung für das Fahrzeug 1 ursprünglich eine Versendung im Auftrag "des Herrn A in Hamburg" vermerkt worden sei. Die Klägerin habe die Reisepässe der Käufer nicht abgelichtet und sich keine ausreichende Gewißheit über den ausschließlichen Wohnsitz der Käufer im Ausland verschafft. Ein Buchnachweis verlange den klaren und eindeutigen Nachweis des ausländischen Wohnsitzes. Dieser werde durch die Angabe eines Postfachs der Abnehmer nicht geführt.
Außerdem unterwarf das FA Kosten von 480 DM für private Telefongespräche als Eigenverbrauch der Besteuerung.
Den Einspruch der Klägerin wies das FA zurück. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es sah den Tatbestand der Steuerbefreiung durch Ausfuhrlieferung als erfüllt an. Hierzu führte es aus: Die vorhandenen Ausfuhr- und Buchnachweise genügten den Anforderungen. Die Klägerin habe den Ausfuhrnachweis durch Konnossemente oder Spediteurbescheinigungen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck geführt. Der Ausfuhrnachweis erstrecke sich nicht auf die Ansässigkeit des Abnehmers. Aufgrund der weiteren Angaben (Residenz im Hause einer Firma und Postfachanschriften) folgerte das FG, daß die Abnehmer in den jeweiligen Bestimmungsorten in Afrika wohnten und dort -- zwecks Abholung der Fahrzeuge nach Schiffsankunft -- erreichbar gewesen seien. Die Klägerin habe, so führte das FG weiter aus, auch den Buchnachweis erbracht und die Anschrift des jeweiligen Käufers aufgezeichnet. Dafür sei unschädlich, daß sie die Wohnung nicht mittels Straßennamen und Hausnummer schriftlich festgehalten habe. Sie habe die Sollvoraussetzungen durch die Aufzeichnung der Postfachanschriften und durch die ergänzenden amtlichen Auskünfte geführt, wonach die Käufer nicht in Hamburg und nicht bundesweit sonstwo gemeldet waren. Demgegenüber seien Angaben über Straßennamen und Hausnummern der Auslandwohnsitze nicht leicht nachprüfbar, wenn ausländische Pässe -- wie im Streitfall -- solche Angaben nicht enthielten. Die Meldeauskünfte seien angefertigten Paßkopien vorzuziehen.
Die nicht mit Umsatzsteuer belasteten Kosten für private Telefongespräche dürften nicht zur Eigenverbrauchsbesteuerung herangezogen werden.
Auf Beschwerde des FA hat das FG die Revision zugelassen. Das FA begründet die Revision mit der Verletzung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980. Rechtsfehlerhaft habe, so führt das FA u. a. aus, das FG den Buchnachweis als erbracht angesehen. Die Klägerin habe das gewerberechtlich vorgeschriebene Gebrauchtwagenbuch nicht vorgelegt. Sie habe den Buchnachweis nicht nachholen können, sondern hätte unmittelbar nach Ausführung des Umsatzes diesen in der Buchführung erfassen müssen.
Die private Nutzung des Telefons stelle im anteiligen Umfang der Grundgebühr Eigenverbrauch dar. Ein objektiver Aufteilungsmaßstab sei insoweit nicht vorhanden.
Das FA beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung.
Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorentscheidung hält den Revisionsangriffen stand.
1. Das FG hat die Lieferungen der Fahrzeuge zutreffend als steuerfreie Ausfuhrlieferungen beurteilt. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferungen sind erfüllt und von der Klägerin nachgewiesen worden.
a) Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1980 liegt eine Ausfuhrlieferung vor, wenn der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Außengebiet befördert oder versendet hat und wenn er ein außengebietlicher Abnehmer ist. Außengebietlicher Abnehmer ist, wer seinen Wohnort oder Sitz im Außengebiet (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980) hat. Diese Voraussetzungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 4 Satz 1 UStG 1980). Der Unternehmer muß durch Belege den Nachweis führen, daß der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Außengebiet befördert oder versendet hat (§ 6 Abs. 4 Satz 2 UStG 1980, § 8 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung -- UStDV -- 1980). Außerdem muß er die Voraussetzungen der Steuerbefreiung buchmäßig nachweisen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 UStG 1980, § 13 Abs. 1 Satz 1 UStDV 1980).
Alle diese Voraussetzungen sind von der Klägerin erfüllt worden.
b) Das FG hat festgestellt, daß die Fahrzeuge von den außengebietlichen Abnehmern in das Außengebiet versendet worden sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1980), was übrigens sogar unstreitig ist. Daß die Abnehmer ihren Wohnort im Außengebiet hatten und deshalb als außengebietliche Abnehmer (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980) zu beurteilen sind, hat das FG nach Würdigung der ermittelten Umstände gefolgert. Es ist aufgrund der Postanschriften der Abnehmer in Ghana, unter denen diese zwecks Abholung der Fahrzeuge erreichbar waren, aufgrund der Auskünfte des Inhalts, daß sie in der Bundesrepublik nicht gemeldet waren, und aufgrund des Hinweises auf eine Residenz im Hause einer Firma zu der tatsächlichen Feststellung gelangt, die Abnehmer hätten einen Wohnsitz im Außengebiet. Das Revisionsgericht ist an diese schlüssigen, nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen gebunden.
c) Soweit das FG die als materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zu beurteilenden Beleg- und Buchnachweise als geführt angesehen hat, ist die Entscheidung ebenfalls zutreffend.
aa) Der Ausfuhrnachweis in Versendungsfällen soll nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV 1980 durch einen Versendungsbeleg, insbesondere durch Konnossement, oder nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV 1980 durch einen sonstigen handelsüblichen Beleg, z. B. durch eine Bescheinigung des beauftragten Spediteurs geführt werden.
Die Klägerin hat die Versendungen durch Konnossemente und Spediteurbescheinigungen nachgewiesen.
bb) Die Klägerin hat ferner die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferungen durch Buchnachweis belegt (§ 6 Abs. 4 UStG 1980, § 13 Abs. 1 Satz 1 UStDV 1980). Dies ist in der gehörigen Form geschehen, wonach die Voraussetzungen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein müssen (§ 6 Abs. 4 UStG 1980, § 13 Abs. 1 Satz 2 UStDV 1980).
Der Darlegung des FA, daß die Klägerin Aufzeichnungen erst verspätet angefertigt habe, weil von ihr kein Gebrauchtwagenbuch geführt worden sei, liegt keine vom FG getroffene Feststellung zugrunde. Die diesbezüglichen Ausführungen des FA bleiben daher als nachträgliches tatsächliches Vorbringen unberücksichtigt.
Die Aufzeichnungen des Unternehmers über Ausfuhrlieferungen in seiner Buchführung erbringen den Nachweis nur, wenn sie inhaltlich zutreffen. In dieser Hinsicht kann der Unternehmer bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem FG weitere Beweismittel -- auch solche, die für die Feststellung des Wohnorts des Abnehmers bedeutsam sind -- zu den Büchern nehmen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 14. Dezember 1994 XI R 70/93, BFHE 176, 494).
Die Aufzeichnungen der Klägerin über Namen und Postanschriften ihrer Abnehmer im Zusammenhang mit den Versendungsbelegen und den schriftlichen Auskünften der Meldebehörden reichen aus, um Gewißheit über das Vorliegen der Steuerbefreiungsvoraussetzungen aus der Buchführung zu ergeben.
Nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1980 soll der Lieferer regelmäßig die "Anschrift" des Abnehmers aufzeichnen. Die Anschrift gibt an, wo jemand -- vor allem postalisch -- erreichbar ist. Sie wird regelmäßig mit den entsprechenden Daten für die Wohnung identisch sein, was aber nicht stets der Fall zu sein braucht. Mittels der Anschrift können Zweifel am alleinigen Wohnsitz des Abnehmers im Außengebiet beseitigt werden. Die Verbindung mit Abnehmern, die im Außengebiet wohnen, ist ohnehin nur über die Anschrift möglich. Dies gilt insbesondere für Abnehmer in Ländern, in denen schriftliche Mitteilungen den Empfänger nicht in der Wohnung, sondern z. B. über ein Postfach zu erreichen pflegen.
Welche anderen, verläßlicheren Aufzeichnungen die Klägerin über die Wohnung der Abnehmer hätte machen können, hat das FA nicht anzugeben vermocht. Es hat auch nicht dargetan, daß die von ihm geforderten Angaben aus Reisepässen beweiskräftiger sind als die von der Klägerin aufgezeichneten Daten. Demzufolge kann der Klägerin nicht vorgeworfen werden, daß sie die Reisepässe ihrer Abnehmer nicht abgelichtet hat.
Die Klägerin hat Zweifel an der Richtigkeit der buchmäßigen Aufzeichnungen, aus denen sich auf eine Wohnung der Abnehmer im Außengebiet schließen läßt, durch die schriftlichen behördlichen Bescheinigungen beseitigt, nach denen die Abnehmer nicht in der Bundesrepublik gemeldet waren. Die Würdigung des FG, daß aus den Aufzeichnungen der Klägerin in Verbindung mit den ergänzenden und erhellenden Beweismitteln die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zu ersehen sind, ist nachvollziehbar. Sie ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze. Sie ist deshalb für das Revisionsgericht bindend (vgl. zur Überprüfung der Beweiswürdigung BFH- Urteil vom 13. Januar 1987 VII R 10/84, unter 2. b, BFH/NV 1987, 728).
2. Das FG hat die Nutzung der Telefonanlage, soweit deren Anschaffung und Unterhaltung nicht mit Umsatzsteuer belastet war, im Betrieb der Klägerin zutreffend nicht als Eigenverbrauch durch Gegenstandsverwendung oder durch Leistungsentnahme (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980) beurteilt. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BFH-Urteile vom 17. Februar 1994 V R 17/91, BFH/NV 1995, 351; vom 23. September 1993 V R 87/89, BFHE 172, 546, BStBl II 1994, 200; Umsatzsteuer-Rundschau 1994, 41), an der er festhält. Maßgebend dafür ist, daß Leistungsbezüge für private Telefongespräche nicht für das Unternehmen stattfinden und entsprechende Dienstleistungen demgemäß nicht aus dem Unternehmen entnommen werden können. Dies gilt auch für die Nutzung der Teilnehmereinrichtungen (einer der Deutschen Bundespost gehörenden Telefonanlage) für Privatgespräche. Wie der Senat dargelegt hat, steht das UStG 1980 der Aufteilung einer Nutzung eines unteilbaren Gegenstandes nicht entgegen, soweit dabei zu beurteilen ist, in welchem Umfang die Nutzung "für das Unternehmen" und in welchem Umfang die Nutzung nicht für das Unternehmen in Anspruch genommen wird (vgl. dazu § 9 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980). In dem zu schätzenden Umfang der privaten Verwendung ist die Nutzung nicht "für" das Unternehmen beansprucht worden. Sie kann folglich nicht für Zwecke außerhalb des Unternehmens verwendet werden.
Die gegen die Schätzung von der Klägerin vorgebrachten Angriffe haben keinen Erfolg. Die Klägerin bedient sich zur Bestimmung des Umfangs der Eigenverbrauchsbesteuerung selbst einer Schätzung.
Fundstellen