Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, inwieweit Filmschauspieler als Arbeitnehmer anzusehen sind und ihre Vergütungen demnach der Lohnsummensteuer unterliegen.
Normenkette
GewStG §§ 23-24; EStG § 19; LStDV § 1
Tatbestand
Die beschwerdeführende Firma stellt kurze Kultur- und Werbefilme sowie Werbefunkbänder her. Sie befaßt sich auch mit der Synchronisation von Wochenschauen und Filmen.
Streitig ist die Höhe der Lohnsumme als Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer, die die Firma für das Rechnungsjahr 1954 als Lohnsummensteuer zu entrichten hat.
Das Finanzamt hat dem Steuermeßbescheid für das Rechnungsjahr 1954 vom 31. August 1955 abweichend von der Steuererklärung der Firma auch die Vergütungen zugrunde gelegt, die die Firma an die Schauspieler und Sprecher gezahlt hatte, die von ihr nur von Fall zu Fall an einzelnen Tagen gegen eine feste Vergütung beschäftigt worden waren.
Die Firma vertrat demgegenüber den Standpunkt, diese Vergütungen seien auf Grund von Werkverträgen gezahlt worden und könnten daher nicht der Lohnsumme zugerechnet werden. Sie stelle nur kurze Filme und Filmsynchronisierungen her. Die künstlerisch mitwirkenden Kräfte seien durchschnittlich erheblich unter fünf Tagen beschäftigt, meistenteils nur stundenweise. Sie würden nur von Fall zu Fall unter Abschluß jeweils besonderer Verträge engagiert, wobei sie (die Firma) sich hinsichtlich des Zeitpunktes nach den Künstlern richten müsse. Ein Entgelt erhielten die Künstler nur dann, wenn der gewünschte Erfolg erreicht worden sei. In keinem Fall werde eine bestimmte Arbeitszeit gefordert oder sei die Gage von der tatsächlichen Arbeitszeit abhängig. Zweck und Ziel sei die Herstellung eines Arbeitserfolges. Bei der Produktion von Werbefunkbändern, die vom Rundfunk ausgestrahlt würden, entspreche die Tätigkeit des Sprechers genau der Tätigkeit eines Sprechers beim Rundfunk.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat der Berufung teilweise stattgegeben.
Arbeitnehmer im Sinne des § 24 GewStG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 LStDV seien Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt seien und die aus diesem Dienstverhältnis Arbeitslohn bezögen. Ein Dienstverhältnis liege nach § 1 Abs. 3 LStDV vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schulde. Dagegen sei nach § 1 Abs. 4 LStDV nicht Arbeitnehmer, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit gegen Entgelt ausführe (umsatzsteuerpflichtige Entgelte). In dem Urteil VI A 601/30 vom 16. April 1930 (RStBl 1930 S. 481) habe der Reichsfinanzhof bei Filmkünstlern, die für eine Woche gegen Tagesgage verpflichtet gewesen seien, die Arbeitnehmereigenschaft bejaht, da sie für eine bestimmte Zeit über ihre Arbeitskraft verfügt hätten. Andererseits habe die Rechtsprechung bei von Fall zu Fall für den Rundfunk tätigen Schauspielern Selbständigkeit angenommen mit der Begründung, daß kein Dienst-, sondern ein Werkvertrag vorliege, das heißt ein Arbeitserfolg geschuldet werde (Urteil des Reichsfinanzhofs V 204/39 vom 3. November 1939, RStBl 1940 S. 136, Slg. Bd. 47 S. 341, und Urteil des Bundesfinanzhofs V 146/52 vom 9. Juli 1953, Deutsche Steuer-Rundschau 1953 S. 505).
Nach diesen Grundsätzen sei im vorliegenden Fall bei den Schauspielern, die bei der Synchronisation von Firmen mitgewirkt hätten, die Arbeitnehmereigenschaft zu verneinen. Sie erhielten für ihre Mitwirkung eine Pauschale, dessen Höhe nicht von der Dauer ihrer Inanspruchnahme abhängig sei. Sie bräuchten sich nicht für eine bestimmte Vertragsdauer bereitzuhalten, da die technischen Möglichkeiten es erlaubten, jede Stimme für sich aufzunehmen. Es sei daher durchaus möglich, daß die Firma sich danach richte, wann ein Schauspieler, der den zu sprechenden Text vorher zugesandt erhalte, zur Aufnahme bereit sei. Bei der Aufnahme hänge es von den Fähigkeiten des Schauspielers ab, wie oft der Vorgang wiederholt werden müsse, bis Bild und Ton übereinstimmten. Die Vergütungen an die bei der Synchronisation mitwirkenden Schauspieler seien daher als Erfolgshonorare und nicht als Arbeitsentgelte anzusehen. Das gleiche müsse für die Mitwirkung von Schauspielern bei der Herstellung von Werbefunkbändern gelten.
Der Firma könne jedoch darin nicht gefolgt werden, daß die Mitwirkung der Schauspieler bei der Herstellung kurzer Kultur- und Werbefilme die Selbständigkeit der mitwirkenden Künstler nicht aufhebe. Wenn Bild und Ton, Handlung und Sprache aufgenommen würden und ein Film neu geschaffen werde, sei es notwendig, daß die Schauspieler gemeinsam agierten. Zweifel daran, daß die Schauspieler ihre Arbeitskraft dem Filmhersteller zur Verfügung stellten und in seinen Betrieb eingeordnet seien, könnten höchstens auftreten, soweit es sich um die Mitwirkung von Spitzendarstellern von hohem künstlerischen Rang an der Herstellung eines künstlerisch bedeutsamen Filmes handle. Hier könnten Fälle denkbar sein, in denen die Vertragsgestaltung die Annahme eines Dienstverhältnisses zwischen dem Künstler und dem Filmhersteller ausschließe (Urteil des Reichsfinanzhofs V 61/40 vom 25. April 1941, RStBl 1941 S. 392, Slg. Bd. 50 S. 177). Im übrigen habe auch der Bundesfinanzhof auf Filmvertrag angestellte Personen als Arbeitnehmer angesehen (Urteil VI 16/54 vom 20. September 1957, Deutsche Steuer-Zeitung B 1958 S. 99 und "Der Betrieb" 1958 S. 213).
Gegen das Urteil des Finanzgerichts hat sowohl der Vorsteher des Finanzamts als auch die Firma Rb. eingelegt, die wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen war.
Der Vorsteher des Finanzamts hat beantragt, auch die bei der Synchronisation von Filmen und bei der Herstellung von Werbefunkbändern mitwirkenden Schauspieler als Arbeitnehmer zu behandeln. Der Schauspieler schulde auch in diesen Fällen nur eine Leistung, nämlich eine Sprachleistung. Er arbeite auch hierbei nicht unter eigener Arbeits- und Zeiteinteilung und eigener Arbeitsgestaltung, sondern unterliege der Aufsicht des Geschäftsherrn und sei in dessen Betrieb eingegliedert; denn zur Synchronisation wie zur Filmherstellung gehöre ein ganzer Arbeitsstab. Der Regisseur habe die technische und künstlerische Leitung. Nach seiner künstlerischen Auffassung hätten sich die Schauspieler zu richten; er gebe an, wie die Leistung zu erbringen sei und wann sie zum Erfolg geführt habe.
Die Tatsache des Bezugs eines Pauschalhonorars reiche zur Annahme der Selbständigkeit nicht aus. Auch die Filmdarsteller, die das Finanzgericht als nichtselbständig behandelt habe, hätten, wie in der Filmbranche allgemein üblich, ein Pauschalhonorar bezogen. Wenn auch einige Merkmale für Selbständigkeit sprächen, so sei doch nach dem Gesamtbild des zwischen den Beteiligten bestehenden Verhältnisses Arbeitnehmereigenschaft gegeben.
Die Firma hat in ihrer Rb. im wesentlichen geltend gemacht, das Finanzgericht habe die bei der Herstellung der Kurzfilme beschäftigten Schauspieler zu Unrecht als Arbeitnehmer angesehen. Es handle sich um kurze Kultur- und Werbefilme mit einer geringen Zahl von Mitwirkenden, bei denen praktisch jeder Schauspieler eine Hauptrolle spiele. Es könne daher keine Rede davon sein, daß sich die Schauspieler, unter denen auch Spitzenkräfte seien, unter Aufgabe ihrer Verfügungsfreiheit über ihre Arbeitskraft in den Betrieb der Firma im Sinne der Steuerrechtsprechung eingliederten. Sie seien durch ihre Mitwirkung im Hinblick auf die kurzen Drehzeiten in ihrer künstlerischen Bewegungsfreiheit nicht beengt. Da es sich bei der Art der Filme nur um Hauptrollen handle, schulde jeder Schauspieler nicht lediglich eine Arbeitsleistung, sondern einen Arbeitserfolg.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rbn. ergibt folgendes:
In sachlicher Hinsicht hat das Finanzgericht mit Recht für die Frage, inwieweit die hier in Betracht kommenden Schauspieler Arbeitnehmer im Sinne der §§ 23 und 24 GewStG sind, auf die Begriffsbestimmung in § 1 LStDV abgestellt. Wenn es hiernach die bei der Herstellung der Filme mitwirkenden Schauspieler als Arbeitnehmer angesehen hat, so ist dies nicht zu beanstanden. Nach der vom Finanzgericht angeführten Rechtsprechung ist die Arbeitnehmereigenschaft von Filmschauspielern grundsätzlich zu bejahen. Dies gilt jedenfalls für die Mitwirkung bei der Aufnahme von Filmen. Hier ist der einzelne Schauspieler im Zusammenspiel mit den anderen Beteiligten Schauspielern weitgehend in den Organismus der Filmproduktion eingegliedert. Ort und Zeit seiner Tätigkeit werden wesentlich von dem filmproduzierenden Unternehmen bestimmt; auf die Dauer der Filmtätigkeit kann es dabei nicht entscheidend ankommen. Der Senat ist der Auffassung, daß auch bei Spitzenschauspielern grundsätzlich keine andere Beurteilung geboten ist. Das Urteil des Reichsfinanzhofs V 61/40 vom 25. April 1941 (a. a. O.) hat einen Einzelfall betroffen und darf nicht verallgemeinert werden. Es hat, wie die Begründung erkennen läßt, auf die besondere Vertragsgestaltung mit der für die Mitwirkung bei der Filmproduktion gewonnenen bedeutenden Sängerin abgestellt.
Soweit es sich um die Synchronisation von Filmen und die Herstellung von Werbefunkbändern handelt, hat das Finanzgericht keine so feste Eingliederung des einzelnen Schauspielers in den Organismus der Firma angenommen, daß daraus dessen Unselbständigkeit zu folgern wäre. Der Senat tritt dem Finanzgericht auch hierin bei. Bei der Art dieser Tätigkeit besteht insbesondere keine so starke zeitliche Abhängigkeit des mitwirkenden Schauspielers als bei der Aufnahme ganzer Filme. Wenn das Finanzgericht angenommen hat, daß die für die Synchronisation gezahlte Vergütung als Erfolgshonorar anzusehen sei, so wird dies durch den Akteninhalt bestätigt. In den von der Firma verwendeten Vertragsvordrucken findet sich die Bedingung, daß sie sich den Rücktritt vorbehält, falls sich bei der Aufnahme herausstellt, daß der Schauspieler den technischen Anforderungen des Synchronsprechers nicht gewachsen ist. Dies spricht dafür, daß es sich bei den für die Mitwirkung bei der Synchronisation getroffenen Vereinbarungen nicht um Dienstverträge, sondern um Werkverträge handelt.
Nach alledem waren beide Rbn. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 410676 |
BStBl III 1963, 95 |
BFHE 1963, 266 |
BFHE 76, 266 |