Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Erlaß lediglich von einem Gläubiger ausgesprochen, der erkennbar an der Fortsetzung seiner Geschäftsbeziehungen zu dem Schuldner besonders interessiert ist, spricht das in der Regel gegen ein Handeln in Sanierungsabsicht.
2. Ist Motiv für das Handeln des Gläubigers nicht die Sanierung des Schuldners, sondern die Übernahme des Schuldners, liegen die Voraussetzungen des § 3 Nr.66 EStG nicht vor.
Orientierungssatz
1. Unter einer Sanierung sind Maßnahmen zu verstehen, die geeignet sind, ein Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Es muß eine bestimmte Maßnahme aller oder einzelner Gläubiger zugrunde liegen, die sich im Wege eines allgemeinen Akkords, eines Vergleichs oder einzelner Vereinbarungen als ein Erlaß i.S. des § 397 BGB darstellt. Ausführungen und BFH-Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns im einzelnen.
2. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt nicht, daß das Gericht den Beteiligten die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte zuvor anzudeuten hat (vgl. BFH-Urteil vom 25.2.1976 I R 77/74).
Normenkette
EStG § 3 Nr. 66; FGO § 96 Abs. 2; BGB § 397
Verfahrensgang
FG des Saarlandes (Entscheidung vom 05.10.1984; Aktenzeichen I 128/83) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren zu je 50 v.H. als Kommanditisten an der ehemaligen X GmbH & Co. KG (künftig: KG) beteiligt. Persönlich haftender Gesellschafter war die Y GmbH (künftig: GmbH), die ebenfalls von den Klägern beherrscht wurde. Unternehmensgegenstand war die Herstellung, der Vertrieb und die Montage von Rolläden, Jalousien, Kunststoffenstern und ähnlichen Gegenständen.
Ab dem Wirtschaftsjahr 1970/71 verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der KG. Sie wies bis Ende 1974 Verluste in Höhe von rd. 1 432 000 DM aus.
Am 24.Juli 1975 schlossen die Kläger und die GmbH einerseits und der Hauptlieferant der KG, die Firma HD, einen Vertrag. Unter I dieses Vertrages räumten die Kläger HD ein bis zum 31.Dezember 1979 ausübbares Erwerbsrecht an ihren Kommanditbeteiligungen ein. Bei Ausübung des Erwerbsrechts sollten die Kommanditbeteiligungen zum Stichtag mit dinglicher Wirkung auf HD übergehen (I i des Vertrages). Für den Fall einer schuldhaften Vereitelung des Erwerbsrechts oder seiner Durchführung verpflichteten sich die Kläger zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von mindestens 500 000 DM (I n des Vertrages). HD war berechtigt, alle Rechte aus dem Erwerbsrecht auf eine von ihr bestimmte Rechtsperson zu übertragen (I p des Vertrages).
Unter II des Vertrages verpflichteten sich die Kläger, bei der GmbH jeweils bis zu zwei Geschäftsführer zu bestellen, die HD vorschlägt, und andere die Geschäftsführung des Unternehmens betreffende Verhaltensmaßregeln einzuhalten. III b des Vertrages enthielt u.a. die folgende Vereinbarung:
"HD verpflichtet sich, Verluste, die nach dem 31.12.1974 aus dem laufenden
Geschäft der KG entstehen, durch Zinsgutschriften oder in anderer Weise
auszugleichen. Diese Zusage von HD kann mit einer Frist von drei Monaten
zum Monatsende gekündigt werden; in diesem Falle ist nur noch der Verlust
aus dem laufenden Geschäft auszugleichen, der bis zum Kündigungstermin
entsteht. Mit Ablauf der Kündigungsfrist entfallen die Verpflichtungen der
Eheleute Z gemäß II. Die Zuwendungen von HD an die KG gemäß diesem Absatz
sind aus späteren Gewinnen auszugleichen; HD hat also Anspruch auf Zahlung
der entsprechenden Beträge aus zukünftigen Gewinnen. Verluste, die durch
irgendeine Einstellung oder Liquidierung des Geschäftsbetriebes oder eines
Teiles desselben entstehen, braucht HD nicht auszugleichen; ..."
Im Fall der Ausübung des Erwerbsrechts sollte sich der Kaufpreis der Anteile um die Beträge mindern, die HD zum Ausgleich von Verlusten nach dem 31.Dezember 1974 aufgewandt hatte (I e des Vertrages).
Ein entsprechendes Erwerbsrecht an sämtlichen Geschäftsanteilen der GmbH räumten die Kläger HD mit notariellem Vertrag vom selben Tag ein. Die Ausübung dieses Rechts war an die des Erwerbsrechtes bezüglich der Kommanditanteile geknüpft.
Auf Grund dieser Vereinbarungen hat HD im Jahr 1976 Verluste der KG aus 1975 in Höhe von 975 798 DM und aus 1976 in Höhe von 482 670 DM, im Jahr 1977 in Höhe von 865 452 DM und im Jahr 1978 in Höhe von 1 476 126 DM ausgeglichen. Die Verlustübernahme in 1977 und 1978 erfolgte im wesentlichen in der Weise, daß HD Wechsel der KG einlöste, und in 1978 auch in der Weise, daß HD auf Forderungen aus Warenlieferungen in Höhe von 100 143 DM verzichtete. Auf Grund dieser Verlustübernahmen wies die KG außerordentliche Erträge aus.
Zum 31.Dezember 1978 stellte die KG ihren Geschäftsbetrieb ein und verkaufte mit Zustimmung von HD ihr Aktivvermögen durch notariellen Vertrag vom 11.Dezember 1978 an die in der Gründung befindliche "S-GmbH". Der Kaufpreis wurde durch Übernahme von im einzelnen bezeichneten Verbindlichkeiten der KG beglichen. Die Verbindlichkeiten aus dem Vertrag vom 24.Juli 1975 mit HD wurden nicht übernommen. Nach dieser Vermögensübertragung an die S-GmbH wurden die KG und die GmbH liquidiert und am 9.Oktober 1979 bzw. am 29.April 1981 im Handelsregister gelöscht.
Die Kläger sind der Auffassung, daß die von HD übernommenen Fehlbeträge (1977: 865 452 DM, 1978: 1 476 126 DM) als steuerfreie Sanierungsgewinne festzustellen und anteilig auf die Kläger zu verteilen seien. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sieht in den Fehlbeträgen steuerpflichtige Einnahmen. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 62 auszugsweise abgedruckt.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG habe den Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt, den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und bei seiner Entscheidung gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen. In materieller Hinsicht seien § 3 Nr.66, §§ 4, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unrichtig angewandt worden.
Das FG habe zu Unrecht die sog. Sanierungsabsicht verneint. Ein rein altruistisches Handeln des Gläubigers sei nicht erforderlich. Die Absicht, eine Forderung zu retten oder --wie im Streitfall-- den Bestand eines wichtigen Abnehmers zu sichern, stehe einem Handeln in Sanierungsabsicht nicht entgegen. Die gegenteilige Auffassung des FG beruhe auf einer Überspannung des Tatbestandsmerkmals "Sanierungsabsicht". Die Absicht, Gesellschafter eines notleidenden Unternehmens zu werden, setze notwendigerweise voraus, daß die eingeleiteten Maßnahmen zu einer Sanierung des Unternehmens führen und daß sie in Sanierungsabsicht getroffen werden. Sanierung sei ein tatsächlicher Vorgang. Sie verliere ihren Charakter als Sanierung nicht dadurch, daß der "Sanierer" mit seinem Sanierungsbeitrag einer Rechtspflicht nachkomme.
Das FG habe die Verträge zwischen der KG und GmbH einerseits und HD andererseits unrichtig gewürdigt. HD stelle Vormaterialien für Jalousien und Rolläden her. Bestandteil des Marketingkonzepts von HD sei, nicht selbst als Produzent des Endprodukts aufzutreten und es auch nicht selbst in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreiben. Deshalb sei es nie die Absicht von HD gewesen, sich die KG einzuverleiben. Andernfalls hätte HD die KG bereits im Jahr 1975, spätestens aber im Jahr 1978 selbst übernommen, anstatt die Verlustübernahmeverpflichtung zu kündigen und die Übernahme der KG durch die S-GmbH zuzulassen. HD habe gegenüber der S-GmbH eine Werthaltigkeitsgarantie für die von der KG übernommenen Forderungen gegeben und mit der S-GmbH einen üblichen Herstellervertrag geschlossen. Daß HD nicht die Absicht hatte, die KG zu übernehmen und deren Geschäft selbst zu betreiben, sei offensichtlich auch die Auffassung des Betriebsprüfers gewesen.
Unrichtig sei auch die Auffassung des FG, § 3 Nr.66 EStG sei nicht in Fällen anzuwenden, in denen der Schuldner dadurch entlastet wird, daß ein Dritter dessen Verbindlichkeiten aufkauft und nicht geltend macht. Der Wortlaut des § 3 Nr.66 EStG kenne keine Unterscheidung zwischen "eigenen" und "fremden" Forderungen. Überdies habe HD zu keinem Zeitpunkt Forderungen Dritter gegenüber der KG aufgekauft. Bei den Wechselverbindlichkeiten sei Bezogener in jedem Fall die KG gewesen.
Hilfsweise machen die Kläger geltend, das FG hätte von seinem Standpunkt aus HD als wirtschaftlichen Mitinhaber der KG behandeln müssen. Dies hätte zur Folge gehabt, daß der Erlaß der Forderungen bei der KG nicht zu einer Vermögensmehrung i.S. der §§ 4 und 5 EStG geführt hätte.
Die Kläger beantragen, das FG-Urteil aufzuheben und die übernommenen Fehlbeträge (1977: 865 452 DM, 1978: 1 476 126 DM) als steuerfreie Sanierungsgewinne festzustellen und anteilig zu verteilen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es hält die Verfahrensrügen für unbegründet. Das FG sei zutreffend davon ausgegangen, daß § 3 Nr.66 EStG im Streitfall nicht anwendbar sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß die Voraussetzungen des § 3 Nr.66 EStG im Streitfall nicht gegeben sind.
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Kläger als Gesellschafter der inzwischen erloschenen KG klagebefugt waren.
2. Die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Das FG hat den Klägern nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör versagt.
Die Kläger tragen hierzu vor, in dem Verfahren vor dem FG sei das Merkmal der Sanierungsabsicht nicht streitig gewesen. Erörtert seien nur die Punkte "Forderungserlaß" und "Sanierungseignung". Das FG hätte deshalb einen Hinweis geben müssen, wenn es das Merkmal Sanierungsabsicht für zweifelhaft ansah.
Nach § 96 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) darf ein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll die Beteiligten aber auch in rechtlicher Hinsicht vor Überraschungen schützen. Eine umfassende Erörterung ist jedoch nicht erforderlich. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt nicht, daß das Gericht den Beteiligten die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte zuvor anzudeuten hat (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.Februar 1976 I R 77/74, BFHE 118, 361, BStBl II 1976, 431 mit weiteren Nachweisen).
Das FG hat also keinen Verfahrensfehler begangen, wenn es die Kläger nicht ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hat, daß es das Merkmal der Sanierungsabsicht für zweifelhaft hält. Der Einwand der Kläger kann auch deshalb nicht überzeugen, weil sie später im Schriftsatz vom 6.August 1985 in Erwiderung von Ausführungen des FA vorgetragen haben, der Vertreter der Kläger hätte in der mündlichen Verhandlung vor dem FG ausgeführt, das Merkmal der Sanierungsabsicht sei unzweifelhaft gegeben.
b) Auch die übrigen von den Klägern geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch. Der Senat sieht insoweit gemäß Art.1 Nr.8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) von einer Begründung ab.
3. Nach § 3 Nr.66 EStG sind Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, daß Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, von der Einkommensteuer befreit.
Der Begriff der Sanierung ist gesetzlich nicht festgelegt. Nach der Rechtsprechung sind unter einer Sanierung Maßnahmen zu verstehen, die geeignet sind, ein Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (BFH-Urteil vom 22.April 1964 I 62/61 U, BFHE 79, 382, BStBl III 1964, 370 mit weiteren Nachweisen). Es muß eine bestimmte Maßnahme aller oder einzelner Gläubiger zugrunde liegen, die zwar an keine Form gebunden ist, sich aber im Wege eines allgemeinen Akkords, eines Vergleichs oder einzelner Vereinbarungen als ein Erlaß i.S. des § 397 BGB darstellt (BFH-Urteil vom 26.November 1980 I R 22/77, BFHE 132, 72, BStBl II 1981, 181).
Die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns setzt im einzelnen voraus, daß das Unternehmen sanierungsbedürftig ist, daß die Schuld oder die Schulden ganz oder teilweise erlassen werden, daß die Gläubiger in der Absicht handeln, die geschäftliche und finanzielle Gesundung des Schuldners herbeizuführen, und daß der Schulderlaß geeignet ist, das sanierungsbedürftige Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Fehlt nur eine dieser Voraussetzungen, ist das Vorliegen eines steuerfreien Sanierungsgewinns zu verneinen (BFH-Urteile vom 22.November 1983 VIII R 14/81, BFHE 140, 521, BStBl II 1984, 472, mit weiteren Nachweisen; vom 22.Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20.Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493).
Begünstigt ist nach dem Gesetz allein der Erlaß bereits zugunsten des Gläubigers bestehender Ansprüche. Die Rechtsprechung hat den Erlaß bereits aufgelaufener Zinsen, nicht aber die Ermäßigung des Zinssatzes für die Zukunft als steuerbegünstigte Sanierungsmaßnahme angesehen (Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 21.Dezember 1937 I 326/37, RStBl 1938, 239). Auch die Aufhebung eines für den Steuerpflichtigen nachteiligen Lieferungsvertrages wird nicht zu den steuerbegünstigten Sanierungsmaßnahmen gerechnet (RFH-Urteil vom 10.Dezember 1930 VI A 793/30, RStBl 1931, 195). Auch die Zubilligung einer Preiserhöhung gegenüber einem notleidenden Schuldner führt nicht zu einem steuerbefreiten Sanierungsgewinn (BFH-Urteil vom 31.Januar 1985 IV R 149/82, BFHE 143, 267, BStBl II 1985, 365). In der Gewährung eines Zuschusses wird ebenfalls keine steuerbegünstigte Sanierungsmaßnahme gesehen (BFH in BFHE 143, 267, BStBl II 1985, 365 m.w.N.). Zwar mag eine durch solche Maßnahmen bewirkte Gewinnerhöhung nicht auf eine entsprechende steuerliche Leistungsfähigkeit hindeuten. Dies gilt aber nicht mit der gleichen Gewißheit wie für den Schulderlaß als typische Maßnahme zur Abwehr der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung und damit des Konkurses des Leistungspflichtigen. Die steuerliche Begünstigung des Schulderlasses kann daher nicht auf weitere Stützungsmaßnahmen der Gläubiger ausgedehnt werden. In dieser auf sachlichen Gründen beruhenden Differenzierung liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (BFH in BFHE 143, 267, BStBl II 1985, 365).
4. Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Seine Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
Die Rechtsauffassung des FG, daß im Streitfall HD nicht in Sanierungsabsicht, sondern in Übernahmeabsicht gehandelt hat, ist nicht zu beanstanden.
Sprechen sämtliche Gläubiger durch einen allgemeinen Akkord einen Erlaß oder Teilerlaß der Schulden aus, wird im allgemeinen davon ausgegangen werden können, daß die Maßnahmen zum Zweck der Sanierung des Unternehmens getroffen werden und daß die Gläubiger in Sanierungsabsicht handeln. Werden Schulden nur von einzelnen oder gar nur von einem Gläubiger erlassen, ist näher zu prüfen, ob der Erlaß in Sanierungsabsicht erfolgt ist. Wird der Erlaß lediglich von einem Gläubiger ausgesprochen, der erkennbar an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen zu dem Schuldner besonders interessiert ist, spricht das in der Regel gegen ein Handeln in Sanierungsabsicht. Hierauf hat der BFH bereits mehrfach hingewiesen (Urteile in BFHE 132, 72, 75, BStBl II 1981, 181; in BFHE 140, 521, 525, BStBl II 1984, 472).
Im Streitfall kommen Besonderheiten hinzu, die das FG mit Recht in seine Prüfung, ob Sanierungsabsicht bestand, einbezogen hat. Für den Verlustausgleich der KG ließ sich HD ein Erwerbsrecht an den Gesellschaftsanteilen der Kläger und Geschäftsführungsbefugnisse in der KG und GmbH einräumen. Auf Grund dieser Gestaltung, die über die übliche Sicherung von Gläubigeransprüchen hinausgeht, kam das FG zu der Überzeugung, Motiv für das Handeln von HD sei nicht die Sanierung der KG gewesen, sondern dominierender Anlaß die Absicht der Übernahme der KG. Diese Beurteilung läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Auslegung der Verträge durch das FG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, daß das FG mangels anderer Anhaltspunkte von den schriftlich niedergelegten Vereinbarungen ausgegangen ist.
Das Erwerbsrecht ist von HD zwar nicht ausgeübt worden. Es war aber Grundlage für die Abwicklung der KG, für den Verkauf des Aktivvermögens der KG an die S-GmbH und damit auch für das Fortbestehen einer Absatzmöglichkeit für Produkte von HD. Die Existenz des Erwerbsrechts kann bei der Würdigung der Rechtsbeziehungen zwischen HD und der KG nicht außer acht gelassen werden. Die getroffenen Vereinbarungen begründeten die Chance für den Erwerb des Unternehmens der KG. Diese Tatsache ist auch bei Würdigung der späteren Maßnahmen (Verlustausgleich durch Begleichung von Wechselschulden, Erlaß einer Warenlieferungsforderung in Höhe von 100 143 DM, Verzicht auf Erstattung der Verlustausgleichsbeträge durch die Kläger anläßlich der Übertragung des Vermögens der KG auf die S-GmbH) von ausschlaggebendem Gewicht. Dabei spielt keine entscheidende Rolle, ob HD, worauf die Kläger besonders abstellen, die KG nicht selbst übernehmen, sondern lediglich Absatzchancen für die eigenen Produkte behalten wollte. Denn HD konnte den Wert des Erwerbsrechts auch durch Weitergabe an Dritte wirtschaftlich realisieren, wie dies später durch den Vertrag mit der S-GmbH geschehen ist. Unter derartigen Umständen ist die Absicht der Sanierung eines Schuldners, wie das FG mit Recht ausgeführt hat, soweit zurückgedrängt, daß sie nicht mehr entscheidend ins Gewicht fällt und die Voraussetzungen des § 3 Nr.66 EStG nicht mehr gegeben sind.
5. Eine anderweitige Feststellung der Gewinne ist auch nicht auf Grund des Hilfsantrags der Kläger möglich. HD war nicht Gesellschafter der KG. Das Anwartschaftsrecht auf Erwerb der Anteile der KG bewirkte vor Ausübung des Anwartschaftsrechts nicht, daß HD als Gesellschafter der KG zu behandeln ist. Eine derartige Rechtsposition verschaffte HD auch nicht seine wirtschaftlich starke Stellung gegenüber der KG.
Fundstellen
Haufe-Index 62531 |
BFH/NV 1989, 32 |
BStBl II 1989, 711 |
BFHE 157, 51 |
BFHE 1990, 51 |
BB 1989, 2022-2023 (LT1-2) |
DB 1989, 1704-1705 (LT) |
HFR 1989, 532 (LT) |