Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Treuhänderschaft; Klage gegen einen Steuerbescheid ohne Einspruchseinlegung
Leitsatz (NV)
1. § 159 AO 1977 regelt nur die persönliche Zurechnung der in dieser Vorschrift genannten Vermögensgegenstände, nicht aber, ob damit verbundene Vermögensmehrungen als steuerpflichtige Einnahmen zu beurteilen sind.
2. Eine Klage gegen einen Steuerbescheid in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung ist nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen, wenn sie nicht nur gegen die Einspruchsentscheidung gerichtet ist und der Kläger keinen Einspruch eingelegt hatte.
Normenkette
AO 1977 § 159; FGO § 44 Abs. 1, § 119 Nr. 6, § 120 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) waren verheiratet. Sie wurden in den Jahren 1976 bis 1978 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
Der Kläger war in den Jahren 1976 bis 1978 unter anderem als Baubetreuer tätig. Er ermittelte seine Gewinne nach § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er war Mitglied einer Schweizer Loge.
Anläßlich einer Außenprüfung für die Jahre 1974 bis 1979 stellte der Prüfer folgende Einzahlungen auf Konten des Klägers fest, für deren Herkunft der Kläger keine Unterlagen oder sonstigen Nachweise vorlegte:
a) Am 14. Januar 1975 wurden 40 000 DM und am 18. Februar 1975 30 000 DM bar auf ein Festgeldkonto des Klägers bei der A-Bank einbezahlt.
b) Am 28. Februar 1978 wurden weitere 30 000 DM auf ein Festgeldkonto des Klägers bei der D-Bank einbezahlt. Dieser Betrag wurde ab 1. Juni 1978 für einen Sparbrief bei der B-Bank von 50 000 DM verwendet. Die restlichen 20 000 DM stammten in Höhe von 17 425 DM von einem Sparkonto des Klägers bei der B-Bank (Sparbuch) und in Höhe von 2 575 DM von einem Sparbrief des Klägers.
c) Auf das genannte Sparbuch des Klägers wurden in unregelmäßigen Zeitabständen und in unregelmäßiger Höhe Einzahlungen geleistet. Dabei handelt es sich mit Ausnahme von drei Scheckeinreichungen im September 1975 um Bareinzahlungen in fast ausschließlich glatten Beträgen zwischen 2 000 DM und 10 000 DM (einmal 17 000 DM).
Nach Auskunft des Klägers gegenüber dem Betriebsprüfer handelte es sich bei sämtlichen Beträgen um Gelder eines Logenbruders, des in der Schweiz wohnenden Zahntechnikers R, die dem Kläger im Hinblick auf die beabsichtigte Gründung einer Dentallabor-GmbH in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) sowie des hier günstigeren Zinsniveaus treuhänderisch zur Anlage auf deutschen Banken übergeben worden seien. Schriftliche Vereinbarungen seien nicht getroffen worden, da zu dem Logenbruder ein besonderes Vertrauensverhältnis bestünde.
Mangels Nachweises behandelte der Prüfer die Bankeinzahlungen als nicht versteuerte Betriebseinnahmen des Klägers aus der Baubetreuung. Außerdem behandelte der Prüfer die Zinsen aus der Anlage dieser Beträge als Kapitaleinnahmen. Dem folgend führte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) Berichtigungsveranlagungen für 1976 bis 1978 durch. Die vom Steuerberater des Klägers ,,namens und auftrags meines obigen Mandanten", des Klägers, eingelegten Einsprüche gegen die geänderten Steuerbescheide blieben erfolglos. Sie wurden durch an beide Kläger gerichtete Einspruchsentscheidung im wesentlichen als unbegründet zurückgewiesen.
Auf die Klage hob das Finanzgericht (FG) die Einspruchsentscheidung gegenüber der Kläger auf und wies die Klage im übrigen als unbegründet ab. Durch während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheid vom 21. November 1983 hatte das FA die Einkommensteuer 1977 herabgesetzt. Die Kläger hatten den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht.
Zur Begründung führte das FG aus, der Kläger habe die behauptete Treuhänderschaft nicht nachgewiesen. Er habe zwar mit der Benennung und Stellung des Zeugen R seiner Mitwirkungspflicht i. S. des § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977), nicht aber den Nachweisanforderungen des § 159 AO 1977 genügt.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung der §§ 96, 76, 119 Nr. 6 und § 81 der Finanzgerichtsordnung (FGO), ferner des § 159 AO 1977.Sie beantragen sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die angefochtenen Bescheide sowie die Einspruchsentscheidung abzuändern und die Einkommensteuer ohne Zurechnung der treuhänderisch gehaltenen Beträge festzusetzen, hilfsweise, den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, den Revisionsantrag des Klägers als unzulässig zu verwerfen, soweit er auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in der Sache selbst gerichtet ist, im übrigen den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA beantragt ferner, die Anträge der Klägerin als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet.
1. Die Revision ist nicht - wie das FA meint - mangels ordnungsmäßiger Revisionsbegründung (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO) unzulässig, soweit der Kläger eine Entscheidung des BFH in der Sache selbst begehrt.
Der BFH kann nur dann in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache spruchreif ist, d. h., wenn die vom FG festgestellten Tatsachen eine abschließende rechtliche Beurteilung der Rechtssache ermöglichen. Der Kläger hat zwar objektiv in seiner Revisionsbegründung keine Gründe dafür dargelegt, daß die Sache in diesem Sinne spruchreif ist. Denn er hat seine Revision lediglich darauf gestützt, daß das FG Vorschriften über das Verfahren und die freie Beweiswürdigung verletzt habe. Aus der Verbindung dieses Vorbringens mit dem Hauptantrag des Klägers ergibt sich aber, daß er - rechtsirrig - davon ausgeht, bereits eine Verletzung jener Vorschriften führe zur Spruchreife. Aus dieser Sicht bedurfte es keiner weiteren Begründung des Hauptantrags. Für die Ordnungsmäßigkeit der Revisionsbegründung ist es nicht erforderlich, daß die Angriffe der Revision auf in jeder Hinsicht zutreffenden rechtlichen Erwägungen beruhen.
2. Die Revision des Klägers ist auch begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
a) Das FG ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß die Guthaben auf den Spar- und Festgeldkonten dem Kläger nach § 159 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 zuzurechnen sind.
aa) Die Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 FGO) des FG, der Kläger habe nicht i. S. des § 159 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 nachgewiesen, wem die Guthaben gehören, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Ergebnis der Beweiswürdigung, das das FG eingehend dargelegt und begründet hat, verstößt weder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, noch beruht es auf einer Verletzung der Verfahrensordnung (Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 118 FGO Tz. 10; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. 1987, § 118 Rdnr. 23 m. w. N.).
Das FG hat nicht gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen, indem es - wie der Kläger einwendet - ,,Umstände, die für und gegen die Treuhändereigenschaft des Klägers sprechen, ungleichgewichtig abgehandelt hat". Bei der Würdigung der Beweise dürfen zwar nicht einzelne Gesichtspunkte willkürlich herausgegriffen werden; es müssen vielmehr alle Umstände gewürdigt werden. Daraus folgt aber nicht, daß das Gericht jedem Umstand dasselbe Gewicht bei der Entscheidungsfindung einräumen und in seinem Urteil in gleichem Umfang abhandeln müßte. Vielmehr kommt dem Gericht eine einen gewissen Beurteilungsspielraum einräumende Entschließungsfreiheit zu (Tipke/Kruse, a.a.O., § 96 Tz. 2). Das FG konnte und durfte deshalb nach seiner Überzeugung die Umstände als besonders gewichtig erachten, die gegen den Nachweis der Treuhänderschaft sprechen.
Das FG hat ebenso die Umstände gewürdigt, die für die behauptete Treuhandschaft sprechen, nämlich daß das FA die genaue Herkunft der Beträge nicht klären konnte und daß auch die Aussage des Zeugen R dies nahelegte. Es hat diesen Gesichtspunkten bei der Begründung seiner Entscheidung geringeren Raum zugemessen, weil es die Umstände, die gegen die Treuhand sprechen, für zahlreicher und bedeutender hielt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Würdigung des FG, es erscheine wenig glaubhaft, daß ein Eigenkapitalanteil von 180 000 DM bereits mehr als fünf Jahre vor der damit zu finanzierenden Maßnahme fortlaufend in Teilbeträgen angespart werde, verstößt nicht - wie der Kläger meint - gegen Erfahrungssätze. Es gibt keinen Erfahrungssatz, daß ein solches Verhalten üblich wäre. Ebensowenig verstößt die Würdigung der unterschiedlichen formalen Abwicklung des behaupteten Treuhandgeschäfts einerseits sowie des Darlehens im Jahr 1981 andererseits gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Das FG hat zutreffend hervorgehoben, daß nicht nur der schriftlich niedergelegte Darlehensvertrag aus dem Jahr 1981, sondern ebenso das behauptete Treuhandverhältnis finanzielle Angelegenheiten darstellen. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn bei dieser Sachlage das FG keine einleuchtende Begründung für die unterschiedliche formelle Behandlung von Treuhandgeldern einerseits und Darlehen andererseits zu erkennen vermochte. Ebensowenig vermag der Einwand, der Kläger habe wohl dem Darlehen, nicht aber den Treuhandgeldern steuerliche Bedeutung beigemessen und deshalb auf Nachweise bei den Treuhandgeldern verzichtet, die Würdigung des FG zu erschüttern. Es mußte nicht davon ausgehen, daß der Kläger annahm, daß Zinsen nur als Betriebsausgaben, nicht aber als steuerpflichtige Einnahmen erheblich sind.
In gleicher Weise durfte es das FG hinsichtlich der Rückzahlung der angeblichen Treuhandgelder als unwahrscheinlich ansehen, daß der Kläger trotz der inzwischen erkannten steuerlichen Bedeutung eines Belegnachweises die Rückzahlung ohne einen solchen vorgenommen hätte. Diese Würdigung ist zumindest möglich und verstößt damit nicht gegen Denkgesetze.
Der Entscheidung des FG fehlt es nicht deshalb an den Gründen i. S. des § 119 Nr. 6 FGO, weil das FG nicht im einzelnen ermittelt hat, wie hoch der eingetretene Zinsverlust durch die behauptete verzögerte Anlage der Geldbeträge des R war und inwieweit ein solcher Verlust durch die bessere Verzinsung in Deutschland wieder ausgeglichen wurde. Ein Fall des § 119 Nr. 6 FGO ist vor allem dann gegeben, wenn überhaupt jede Begründung fehlt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rdnr. 23 m. w. N.). Die Begründungspflicht bedeutet aber nicht, daß jedes Vorbringen der Beteiligten oder jede Möglichkeit des Sachverhalts im einzelnen erörtert werden muß.
Das FG hat auch sonst nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Von einer Begründung sieht der erkennende Senat gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) ab.
bb) Das FG hat somit zu Recht bestätigt, daß das FA die Bankguthaben dem Kläger als eigene zugerechnet hat, weil der Kläger seine Treuhänderschaft auf Verlangen des FA nicht nachgewiesen hat. Eine Ausnahme von dieser gemäß § 159 Abs. 1 AO 1977 regelmäßigen Zurechnung war weder vorgetragen noch erkennbar. Zutreffend hat das FG die Rechtmäßigkeit der Zurechnung im Klageverfahren gegen die Steuerbescheide überprüft, die durch das Verlangen vorbereitet wurden (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1988 I R 67/84, BFHE 154, 5, BStBl II 1988, 927).
b) Das FG hat nicht festgestellt, daß die auf die Spar- und Festgeldkonten eingezahlten Gelder bzw. die damit verbundene Vermögensmehrung durch den Gewerbebetrieb des Klägers veranlaßt war. Nur dann stellen sie gewerbliche Betriebseinnahmen dar (vgl. Schmidt / Heinicke, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl. 1989, § 4 Anm. 80). Diese Folge läßt sich nicht - wovon das FG anscheinend ausgeht - dem § 159 AO 1977 entnehmen. Die Vorschrift regelt ausweislich ihres Wortlautes nur die persönliche Zurechnung, nicht aber, ob Vermögensmehrungen als steuerpflichtige Einnahmen zu beurteilen sind. Ebensowenig besteht ein Erfahrungssatz dahingehend, daß hohe und im einzelnen nicht aufgeklärte Einzahlungen auf private Bankkonten nur aus nicht gebuchten betrieblichen Einnahmen stammen können (vgl. BFH-Urteil vom 28. Mai 1986 I R 265/83, BFHE 147, 105, BStBl II 1986, 732). Das FG wird deshalb noch in freier Überzeugungsbildung darüber zu befinden haben, ob die mit den streitigen Geldzuflüssen verbundenen Vermögensmehrungen durch einen Gewerbebetrieb des Klägers veranlaßt waren oder mit einer anderen Einkunftsart i. S. des § 2 Abs. 1 EStG zusammenhängen (BFH-Urteil vom 13. November 1985 I R 7/85, BFH/NV 1986, 638). Da der Kläger seinen gewerblichen Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 5 Abs. 1 EStG ermittelt, wird das FG überdies die periodengerechte Zuordnung der Vermögensmehrungen zu prüfen haben. Es kann dabei nicht ohne weiteres auf die Geldzuflüsse abgestellt werden. Dies gilt namentlich für die Einzahlungen am 14. Januar und 18. Februar 1975.
Allerdings ist es nicht zu beanstanden, daß das FG die Zinserträge aus den dem Kläger zuzurechnenden Bankguthaben als einkommensteuerpflichtige Einnahmen angesehen hat. Zinsen aus (sonstigen) Kapitalforderungen sind zumindest als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 3 EStG).
B. Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Die Revision der Klägerin war deshalb als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Die Klägerin ist durch das Urteil des FG beschwert, da es hinter ihrem Antrag zurückgeblieben ist, die Steuerbescheide hinsichtlich der streitigen Kapitaleinkünfte und Betriebseinnahmen zu ihren Gunsten zu ändern. Denn die Klägerin hatte ihren Klageantrag nicht auf eine isolierte Anfechtung der Einspruchsentscheidung beschränkt.
Entgegen der Auffassung des FA ist die Revisionsbegründung der Klägerin ordnungsgemäß i. S. des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO. Die Klägerin mußte sich schon deshalb nicht dagegen wenden, daß das FG die Einspruchsentscheidung ihr gegenüber aufgehoben hat, weil die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wurde.
2. Die Klage der Klägerin ist unzulässig, weil sie gegen die angefochtenen Steuerbescheide keinen außergerichtlichen Rechtsbehelf eingelegt hat.
a) Nach § 44 Abs. 1 FGO ist die Klage grundsätzlich nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Der Wortlaut der Vorschrift verlangt demnach nicht nur, daß das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren erfolglos geblieben ist, sondern ebenfalls, daß zuvor ein außergerichtlicher Rechtsbehelf eingelegt wurde. Dies folgt auch aus dem die Grundvorschrift des § 44 Abs. 1 FGO ergänzenden § 46 FGO, der seinem Wortlaut nach ebenfalls davon ausgeht, daß überhaupt ein außergerichtlicher Rechtsbehelf eingelegt wurde. Die Auslegung, daß § 44 Abs. 1 FGO die Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs voraussetzt, steht mit Sinn und Zweck der Vorschrift in Einklang. Zweck des § 44 Abs. 1 FGO ist es u. a., die FG zu entlasten. Ein Steuerpflichtiger soll deshalb gerichtlichen Rechtsschutz erst in Anspruch nehmen können, nachdem er die Überprüfung des angegriffenen Verwaltungsaktes in dem dafür vorgesehenen außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren herbeigeführt hat. Diesem Erfordernis wird er nur gerecht, wenn er einen außergerichtlichen Rechtsbehelf eingelegt und damit die Voraussetzungen für die Einleitung des Rechtsbehelfsverfahrens geschaffen hat.
Im Streitfall hat die Klägerin keinen außergerichtlichen Rechtsbehelf gegen die angegriffenen Steuerbescheide eingelegt. Es reicht dafür nicht, daß der Ehemann der Klägerin die im Wege der Zusammenveranlagung ergangenen Steuerbescheide mit dem Einspruch angefochten hat (BFH-Urteil vom 27. November 1984 VIII R 73/82, BFHE 143, 32, BStBl II 1985, 296). Zusammenveranlagungsbescheide sind zusammengefaßte Bescheide (§ 155 Abs. 3 AO 1977), die jeder Betroffene für sich anfechten muß. Daran fehlt es aber im Falle der Klägerin. Ebensowenig wird die Einlegung des Einspruchs durch die Klägerin dadurch ersetzt, daß das FA ihr gegenüber eine Einspruchsentscheidung in der Sache erlassen hat.
Die Klage der Klägerin ist deshalb abzuweisen. Die Abweisung hat nicht als unbegründet wegen Bestandskraft der angefochtenen Bescheide (so Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. 1987, § 44 Rdnr. 18 i. V. m. Rdnr. 16; FG Berlin, Urteil vom 5. November 1985 V 33/83, Entscheidungen der Finanzgerichte 1986, 412; offengelassen in BFH-Urteilen in BFHE 143, 32, BStBl II 1985, 296; vom 27. Januar 1989 III B 130/88, BFH/NV 1989, 767, und vom 1. August 1989 IX R 17/86, BFH/NV 1990, 94), sondern als unzulässig zu erfolgen. Der Senat weicht damit nicht von der ständigen Rechtsprechung ab, wonach die Klage als unbegründet abzuweisen ist, wenn der außergerichtliche Rechtsbehelf wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen wurde (grundlegend BFH-Urteil vom 24. Juli 1984 VII R 122/80, BFHE 141, 470, BStBl II 1984, 791). Denn im Streitfall wurde der Einspruch nicht verspätet, sondern überhaupt nicht eingelegt.
b) Die Klage der Klägerin ist auch unzulässig, soweit sie gegen den während des finanzgerichtlichen Verfahrens geänderten Einkommensteuerbescheid für 1977 gerichtet ist. Dieser Bescheid konnte trotz Antrags der Klägerin nicht gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens werden, weil die Klage gegen den ursprünglichen Bescheid die Sachurteilsvoraussetzungen des § 44 Abs. 1 FGO nicht erfüllte (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1986 IV R 184/84, BFHE 148, 422, BStBl II 1987, 303). § 68 FGO dispensiert den Rechtsuchenden nur im Hinblick auf den Änderungsbescheid von der vorherigen Durchführung des außergerichtlichen Vorverfahrens.
Es ist ohne Belang, daß das FG die Klage der Klägerin in Sachen Einkommensteuer 1977 anstatt als unzulässig als unbegründet abgewiesen hat, denn die Entscheidung selbst stellt sich als richtig dar (§ 126 Abs. 4 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 416974 |
BFH/NV 1991, 75 |