Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen eines Geistlichen für Fachbücher und Mikrofilme von Predigerhandschriften sind Kosten der beruflichen Weiterbildung und darum Werbungskosten, ohne daß es darauf ankommt, ob die Ausgaben der Höhe nach "üblich" oder "angemessen" sind.
Ausgaben eines Steuerpflichtigen zur Fortbildung im ausgeübten Beruf sind Werbungskosten, auch wenn der Steuerpflichtige dadurch zugleich sein Ziel eines Berufswechsels fördert.
Normenkette
EStG §§ 9, 12 Nr. 1, § 19/1; LStDV § 20/2
Tatbestand
Der Bg. ist seit 1961 Universitätsdozent für katholische Theologie. Er war im Streitjahr 1958 Regens eines bischöflichen Knabenseminars. Streitig ist, ob er Aufwendungen von 4.121,69 DM für theologische Fachbücher, Fachzeitschriften und Mikrofilme von Predigerhandschriften als Werbungskosten bei seien Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen kann.
Das Finanzamt versagte den Abzug, weil diese Aufwendungen nicht im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Bg. als Regens des bischöflichen Knabenseminars gestanden, sondern dem Erwerb der Lehrberechtigung an einer Hochschule (venia legendi) gedient hätten. Solche Kosten seien keine Kosten der Fortbildung im bereits ausgeübten Beruf, sondern Kosten einer (erstmaligen) Berufsausbildung.
Das Finanzgericht gab dem Bg. recht und führte aus, die Mikrofilme, Fachbücher und Fachzeitschriften hätten auf keinen Fall der persönlichen Lebensführung des Bg. gedient. Die Kosten könnten nur Werbungskosten, und zwar Fortbildungskosten, sein.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts hatte keinen Erfolg.
Werbungskosten sind alle Aufwendungen eines Arbeitnehmers, die durch den Beruf veranlaßt sind, soweit es sich nicht um Kosten der Lebenshaltung im Sinne von § 12 Ziff. 1 EStG handelt (Urteil des Senats VI 79/60 S vom 2. März 1962, BStBl 1962 III S. 192, Slg. Bd. 74 S. 513). Die Kosten der Ausbildung für einen Beruf gehören zu den einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigungsfähigen Kosten der privaten Lebensführung im Sinne von § 12 Ziff. 1 EStG. Dasselbe gilt von Aufwendungen, die ein bereits im Berufsleben stehender Steuerpflichtiger macht, um seine Lebensstellung durch den übergang in einen anderen Beruf zu verbessern. Deshalb sind z. B. Studienkosten für einen Steuerinspektor, der nebenbei an einer Universität Rechtswissenschaft studiert, oder die Kosten des Doktorats keine Werbungskosten (Urteile des Bundesfinanzhofs VI 110/62 U vom 24. August 1962, BStBl 1962 III S. 488, Slg. Bd. 75 S. 606; IV 28/52 U vom 6. März 1952, BStBl 1952 III S. 280, Slg. Bd. 56 S. 730; VI 7/56 U vom 20. September 1957, BStBl 1957 III S. 424, Slg. Bd. 65 S. 498). Auf der anderen Seite gehören aber Beträge, die ein Steuerpflichtiger zur Fortbildung in dem bereits ausgeübten Beruf aufwendet, zu den Werbungskosten im Sinne von § 9 EStG, weil sie der Erhaltung und regelmäßig auch der Erhöhung der Einnahmen aus dem ausgeübten Beruf dienen. Die Abgrenzung von Ausbildungs- und Fortbildungskosten ist allerdings oft schwierig. Der Senat hat aber bereits wiederholt darauf hingewiesen, daß es auch im öffentlichen Interesse liege, das Streben nach Verbesserung der beruflichen Leistungen zu fördern und deshalb den steuerlichen Begriff "Fortbildungskosten" nicht zu eng zu fassen (vgl. zuletzt Urteil VI 249/62 U vom 15. März 1963, BStBl 1963 III S. 298). Wie der Senat ferner in den Urteilen VI 39/56 U vom 5. Juli 1957 (BStBl 1957 III S. 328, Slg. Bd. 65 S. 246) und VI 128/62 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 9 Sätze 1 und 2, Rechtsspruch 197) ausgeführt hat, steht es Arbeitnehmern grundsätzlich frei, welche Aufwendungen sie für ihre Fortbildung im ausgeübten Beruf machen wollen, sofern diese Aufwendungen nicht ausschließlich oder in wesentlichem Umfang auch die Lebenshaltung berühren.
Das Finanzgericht hat nach diesen Rechtsgrundsätzen die Aufwendungen des Bg. für Fachbücher, Zeitschriften und Mikrofilme zutreffend als Werbungskosten anerkannt. Dem Finanzgericht ist darin beizutreten, daß Ausgaben dieser Art keinen Zusammenhang mit der persönlichen Lebenshaltung des Bg. haben können, sondern ausschließlich den Beruf angehen. Dem Bg. stand es als Geistlichem frei, zu bestimmen, in welchem Maß er Fachbücher usw. anschaffen wollte. Darauf, ob er dabei die Grenzen des "Erforderlichen" oder "üblichen" überschritt, kommt es nicht an. Bei Aufwendungen, die, wie hier, ausschließlich den Beruf angehen, scheidet eine derartige Prüfung aus (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 117/56 U vom 10. Mai 1957, BStBl 1957 III S. 230, Slg. Bd. 64 S. 613).
Der Vorsteher des Finanzamts meint, die Aufwendungen hätten einem künftigen Berufswechsel gedient, weil der Bg. eine Dozentur angestrebt habe; seine Aufwendungen seien Ausbildungskosten gewesen und darum als Kosten der Lebenshaltung gemäß § 12 Ziff. 1 EStG steuerlich nicht abzugsfähig. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen. Auch wenn der Bg. nicht eine Professur erstrebt hätte, sondern nur irgendeine Tätigkeit als Geistlicher hätte ausüben wollen, hätte er nach den obigen Grundsätzen frei bestimmen können, in welchem Umfang er Aufwendungen zu seiner theologischen Fortbildung machte. Daß aber der Bg. mit den Ausgaben für seine theologische Weiterbildung zugleich sein Ziel förderte, eine theologische Professur zu bekommen, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Der Senat braucht unter diesen Umständen nicht abschließend zu der Frage Stellung zu nehmen, ob nicht bei einem Vollakademiker, der ein akademisches Lehramt auf seinem Fachgebiet erstrebt, überhaupt alle darauf gerichteten sachlichen Aufwendungen als Kosten der Berufsfortbildung Werbungskosten sind.
Fundstellen
Haufe-Index 410864 |
BStBl III 1963, 435 |
BFHE 1964, 313 |
BFHE 77, 313 |