Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung einer Gesellschaft als Erwerberin eines Grundstücks an ein Bebauungskonzept - einheitlicher Erwerbsgegenstand
Leitsatz (NV)
1. Ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang des Gebäudeerrichtungsvertrages mit dem Grundstückskaufvertrag kann auch dann bestehen, wenn der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages in seiner Entscheidung über das Ob und Wie einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war.
2. Sind die Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht nur untereinander, sondern auch im Verhältnis zu einem Dritten auf die Verfolgung eines bestimmten Gesellschaftszwecks festgelegt und insoweit an ein Vertragswerk gebunden, wirkt die derart bestehende Bindung der Gesellschafter auf die Entscheidungsmöglichkeiten der Gesellschaft ein, denn die Gesellschaft kann in diesen Fällen nicht mehr Entscheidungsfreiheit haben als die Gesamtheit ihrer Geselschafter.
Normenkette
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die P-GmbH & Co. KG (P-KG) plante auf einem in X gelegenen Grundstück, welches im Eigentum eines Dritten stand, die Errichtung eines Gebäudes mit 10 Wohneinheiten. Hierzu sollte die noch zu gründende Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), das Grundstück zu einem bestimmten Preis erwerben und unter Einschaltung der P-KG als Geschäftsbesorgerin die zur Errichtung und Finanzierung des Gesamtprojekts erforderlichen Verträge abschließen. Nach einem von der P-KG herausgegebenen Prospekt, der der Anwerbung von Personen dienen sollte, die als Gesellschafter der Klägerin beizutreten bereit waren, sollten die Gesamtinvestitionen ... DM betragen, u.zw. sollten für den Erwerb des Grundstücks ... DM, an Bau- und Baunebenkosten ... DM sowie an Werbungskosten ohne Damnum ... DM aufgewendet werden. Diese Kosten sollten in Höhe von ... DM fremdfinanziert und in Höhe von ... DM durch Eigenkapital, welches von den zukünftigen Gesellschaftern der Klägerin aufzubringen war, gedeckt werden.
Interessenten, die Gesellschafter der Klägerin werden und sich an dem Bebauungsprojekt beteiligen wollten, wurde von der P-KG ein notariell beurkundetes Angebot auf Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrages vom 20. Oktober 1983 zugeleitet. Dem Angebot waren Mustertexte der von der P-KG für die Klägerin abzuschließenden Verträge beigefügt. Der das Angebot Annehmende beauftragte die P-KG zur Vorbereitung und Durchführung des Bauvorhabens unwiderruflich, den Gesellschaftsvertrag der Klägerin, den Grundstückskaufvertrag, einen Architekten- und Ingenieurvertrag, einen Baubewachungsvertrag, einen Baubetreuungsvertrag, einen Finanzierungsvertrag, den WBK-Bearbeitungsvertrag, einen Mittelverwendungsvertrag, einen Steuerberatungsvertrag, einen Mietgarantie- und Vermietungsvertrag, einen Vertrag über Projektkonzeption sowie einen Generalunternehmervertrag (Bauleistungsvertrag) abzuschließen. Der Abschluß dieser Verträge sollte jedoch von einem entsprechenden Beschluß der konstituierenden Gesellschafterversammlung abhängen. Von dem in der konstituierenden Gesellschafterversammlung festgelegten Inhalt der Verträge sollte die P-KG nur abweichen dürfen, wenn sie dies im Interesse des Gesellschafters oder der Gesellschaft für erforderlich hält. Sie war insoweit berechtigt, Verträge zu ändern, Willenserklärungen zurückzunehmen und erneut abzugeben, soweit sich hierdurch der Gesamtaufwand des einzelnen Gesellschafters nicht wesentlich erhöht oder verringert. Klarstellend wurde darauf hingewiesen, daß die von der P-KG abzuschließenden Verträge unabhängig voneinander wirkam werden sollten und daß es zur steuerlichen Anerkennung der Bauherreneigenschaft eines eindeutigen Aufbaubeschlusses durch die Gesellschafterversammlung bedürfe.
Mit der Annahme dieses Angebots sollte der Beitrittswillige gegenüber der P-KG verpflichtet sein, den von der P-KG vorformulierten Gesellschaftsvertrag der Klägerin mit der Maßgabe abzuschließen, daß auch den anderen Gesellschaftern ein Anspruch auf Eingehung des Gesellschaftsverhältnisses zustehen sollte.
Das Angebot konnte nur in notariell beurkundeter und von der P-KG vorformulierter Form angenommen werden, insbesondere mußten die beitretenden Gesellschafter mit der Annahme des Angebots der P-KG in umfassender Weise eine unwiderrufliche Vollmacht erteilen, ihre Rechte und Interessen im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb und der Beteiligung an der Klägerin wahrzunehmen, zu begründen und zu erfüllen, insbesondere alle im Geschäftsbesorgungsvertrag genannten Verträge abzuschließen. Der Annehmende verpflichtete sich ferner zur Zahlung eines bestimmten Eigenkapitalanteils, mit dem eine nach 10 000stel Anteilen bemessene Beteiligung an der Klägerin erworben wurde. Dieser Gesellschaftsanteil sollte dem Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung in dem noch zu errichtenden Objekt entsprechen. Im Falle der Auflösung der Klägerin sollte dem Gesellschafter ein Anspruch auf Übereignung dieser Eigentumswohnung zustehen.
In der Zeit vom 8. November bis 27. Dezember 1983 nahmen 14 Kapitalanleger das Angebot der P-KG an. Am 19. Dezember 1983 wurde von der P-KG in Vollmacht der bis dahin beigetretenen Gesellschafter der Gesellschaftsvertrag der Klägerin unterzeichnet. Zweck der Gesellschaft sollte danach der Erwerb, die Planung, die Bebauung und Verwaltung des Grundstücks in X sein. Die P-KG wurde mit der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft (Klägerin) beauftragt; sie sollte ferner berechtigt und verpflichtet sein, die den Gesellschaftern bekannten Verträge abzuschließen. Die Gesellschafterversammlung sollte u.a. über die endgültige Planung und Durchführung des Bauvorhabens beschließen.
Am 23. Dezember 1983 schloß die P-KG für die Klägerin einen Kaufvertrag über das Grundstück ab. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von ... DM vereinbart. Ein Teilbetrag von ... DM sollte als Erstattung für vom Veräußerer bereits erbrachte Bauleistungen gezahlt werden.
Die erste Gesellschafterversammlung fand am 27. Dezember 1983 statt; daran nahmen vier Gesellschafter persönlich teil, während zehn Gesellschafter von der P-KG vertreten wurden. Es wurde u.a. ein Beschluß wegen der Beauftragung der P-KG zum Abschluß mehrerer der vorgesehenen Verträge gefaßt. Im einzelnen kam es am 28. Dezember 1983 zum Abschluß eines Architekten- und Ingenieurvertrages mit den Herren A und B, eines Baubewachungsvertrages mit der P-KG, eines Baubetreuungsvertrages mit der P-KG, eines Finanzierungsvertrages mit Herrn C, eines WBK-Bearbeitungsvertrages mit der P-KG, eines Mittelverwendungsvertrages mit Rechtsanwalt D, eines Steuerberatungsvertrages mit Steuerberater E, eines Mietgarantie- und Vermietungsvertrages mit der P-KG und eines Vertrages über Projektkonzeptionen mit der P-KG. Am 10. Februar 1984 kam es zum Abschluß eines Generalunternehmervertrages mit der Firma F.
Der Klägerin sind aufgrund der von der P-KG auftragsgemäß eingegangenen Verpflichtungen u.a. folgende Aufwendungen entstanden:
Kaufpreis Grundstück ... DM
Baukosten einschließlich
bereits erbrachter Leistungen
des Grundstücksverkäufers ... DM
14% Mehrwertsteuer ... DM
Zwischenfinanzierung
(Beschaffung) ... DM
Zwischenfinanzierungs-
kosten ... DM
Zwischenfinanzierungs-
bürgschaft ... DM
Finanzierungs-
überwachung ... DM
Gebühren für Zinsgarantie ... DM
Gebühr für Beschaffung
der Landesbürgschaft ... DM
WBK-Bearbeitung, -Garantie ... DM
Geschäftsbesorgung ... DM
Mittelverwendung ... DM
Konzeptionskosten ... DM
Gebühr für Baubewachung ... DM
Vertriebskosten ... DM
Gebühr für Baubetreuung ... DM
Mietgarantie ... DM
Erstvermietung ... DM
insgesamt ... DM
Die Verträge enthalten keine Regelungen, wonach bei Nichtinanspruchnahme einzelner Leistungen eine Befreiung von der Leistungspflicht sowie bei Zurückbleiben des Effektivaufwandes für die einzelne Leistung hinter dem kalkulierten Aufwand eine Minderung derselben eintreten sollte.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) beurteilte die Verträge als einheitliches Vertragswerk und sah als Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück im bebauten Zustand an. Er setzte durch Bescheid vom 15. Februar 1984 nach einer Gegenleistung von ... DM zunächst vorläufig Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin in Höhe von ... DM fest. In der Einspruchsentscheidung vom 30. Dezember 1987 erhöhte das FA die Steuer auf ... DM. Bei der Ermittlung der Gegenleistung ging es dabei von dem Gesamtaufwand der Klägerin in Höhe von ...DM aus und zog - im Bescheid an den Grundstücksveräußerer bereits berücksichtigte - ... DM ab.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage, mit der die Klägerin eine Ermäßigung der Grunderwerbsteuer auf ... DM begehrt hat, stattgegeben. Gegenstand des Erwerbsvorgangs der Klägerin sei das Grundstück in dem Zustand, in dem es sich im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages befunden habe. Soweit der Bundesfinanzhof (BFH) nach seiner neueren Rechtsprechung den Gegenstand des Erwerbsvorgangs objektiv unter Berücksichtigung aller Umstände bestimme, teile das FG diese Auffassung nicht. Dahinstehen könne deshalb die Frage, ob der BFH diese Rechtsprechung wegen der Besonderheiten in der Fallgestaltung überhaupt auf den Streitfall anwenden würde. Auch nach der älteren Initiatoren-Rechtsprechung komme eine Besteuerung, wie sie vom FA vorgenommen worden sei, nicht in Betracht. Es könnte nicht festgestellt werden, daß der P-KG das Grundstück vom Grundstücksveräußerer an die Hand gegeben worden und der Grundstücksveräußerer in das Projekt eingebunden gewesen sei. Ein Zwang zum Abschluß aller Verträge sei nicht gegenüber der grunderwerbsteuerlich selbständigen Klägerin, sondern gegenüber ihren Gesellschaftern bei deren Beitritt zur Klägerin ausgeübt worden, der seinerseits nicht der Grunderwerbsteuer unterliege. Der Klägerin hätte das Grundstück unter Umständen auch nicht einseitig wieder entzogen werden können. Es komme deshalb auch nicht mehr darauf an, welche Gestaltungsmöglichkeiten der Klägerin zwischen ihrer Gründung und dem Abschluß der Verträge verblieben seien und ob die erste Gesellschafterversammlung als bloß deklaratorisch abgetan werden könne.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA unrichtige Anwendung der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 und 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1983 (GrEStG). Das FG habe den Begriff des Gegenstandes des Erwerbsvorgangs verkannt. Es weiche insoweit, wie es in seinem Urteil ausdrücklich feststelle, von der Rechtsprechung des BFH ab. Die Klägerin sei bereits im Zeitpunkt ihrer Gründung am 19. Dezember 1983 und somit vor Abschluß des Grundstückskaufvertrages hinsichtlich der von der P-KG entwickelten Bebauung gebunden gewesen. Sie habe deshalb nur das in bestimmter Weise bebaute Grundstück erwerben können. Der Vorbehalt der Beschlußfassung durch die erste Gesellschafterversammlung laufe leer angesichts des Umstandes, daß die P-KG jederzeit berechtigt gewesen sei, Abweichungen von den Musterverträgen wieder aufzuheben.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet, sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend prüfen zu können, ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs der Klägerin das Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude ist.
1. Der Grundstückskaufvertrag vom 23. Dezember 1983 ist ein Rechtsvorgang, der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 der Grunderwerbsteuer unterliegt. Die Steuer dafür bemißt sich nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG 1983). Zur Gegenleistung gehört bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983).
Für den Umfang der Bemessungsgrundlage ist entscheidend, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. Juni 1988 II R 258/85, BFHE 154, 149, BStBl II 1988, 898; vom 24. Januar 1990 II R 94/87, BFHE 160, 284, 287, BStBl II 1990, 590; vom 5. Februar 1992 II R 110/88, BFHE 166, 402, BStBl II 1992, 357 sowie - zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1940 - BFH-Urteil vom 11. März 1981 II R 77/78, BFHE 133, 230, 231, BStBl II 1981, 537 m.w.N.); denn Gegenstand der auf die Grundstücksübereignung abzielenden Vereinbarungen kann das Grundstück in dem Zustand sein, den es im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hat, oder in einem (künftigen) Zustand, in den es erst zu versetzen ist.
Der für den Umfang der Gegenleistung maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird nicht nur bestimmt durch das den Übereignungsanspruch begründende Rechtsgeschäft selbst, sondern - ggf. - auch durch mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen, die insgesamt zu dem Erfolg führen, daß der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält (BFH-Urteile vom 18. Oktober 1989 II R 143/87, BFHE 158, 477, BStBl II 1990, 183, und II R 85/87, BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181 sowie in BFHE 160, 284, BStBl II 1990, 590, und BFHE 166, 402, BStBl II 1992, 357). Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles zu ermitteln. Die dabei zu beachtenden Auslegungsregeln hat das FG verkannt.
Sind, wie im Streitfall, vom Erwerber (Klägerin) mit je unterschiedlichen Vertragspartnern Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über die Errichtung eines Gebäudes abgeschlossen worden, so ist zu prüfen, ob die mehreren Verträge darauf abzielen, dem Erwerber ein Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen (objektiver enger sachlicher Zusammenhang). Maßgebend ist der Gesamtinhalt der Verträge unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -, BFH-Urteil vom 4. Mai 1983 II R 6/82, BFHE 138, 480, BStBl II 1983, 609, und BFH-Beschluß vom 18. September 1985 II B 24-29/85, BFHE 144, 280, BStBl II 1985, 627).
Ein solcher objektiver enger sachlicher Zusammenhang des Gebäudeerrichtungsvertrages mit dem Grundstückskaufvertrag kann nach der Rechtsprechung des Senats in den Fällen, in denen - wie im Streitfall - der Abschluß der zur Errichtung des Gebäudes erforderlichen Verträge zeitlich erst kurz nach dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages erfolgt, dann bestehen, wenn der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages in seiner Entscheidung über das Ob und Wie einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war. Eine derartige Einschränkung der sonst für einen Grundstückserwerber bestehenden Entscheidungsfreiheit kann sich aus vorherigen Absprachen oder aus faktischen Zwängen ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 1991 II R 133/87, BFHE 164, 117, BStBl II 1991, 532).
Treten auf der Veräußererseite mehrere Personen auf, so hält es der Senat für das Vorliegen eines engen sachlichen Zusammenhangs zwischen den Verträgen ferner für notwendig, aber auch für ausreichend, daß diese aufgrund einer vertraglichen Abrede bei der Veräußerung zusammenarbeiten und durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluß aller Verträge (Übereignung des Grundstücks und Errichtung des Gebäudes) hinzielen (BFH-Urteil vom 14. März 1990 II R 169/87, BFH/NV1991, 263). Der Abschluß eines schriftlichen Vertrages ist nicht erforderlich.
2. Im Streitfall war die Klägerin zwar im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages am 23. Dezember 1983 hinsichtlich der Bebauung des Grundstücks zivilrechtlich noch nicht gebunden. Gleichwohl war die Klägerin nach den Gesamtumständen bereits zu diesem Zeitpunkt faktisch auf die Bebauung des Grundstücks in der von der P-KG vorgegebenen Art und Weise festgelegt.
Diese faktische Bindung der Klägerin an das Bebauungskonzept der P-KG ergibt sich vor allem daraus, daß sich die beitrittswilligen Gesellschafter gegenüber der P-KG, die den Zugang zur Klägerin regeln konnte, vor Gründung der Klägerin und damit auch vor dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages mit dem gesamten Vertrags- Bebauungs- und Finanzierungskonzept einverstanden erklären mußten. Diese konnten nämlich nur dann Gesellschafter der Klägerin werden, wenn sie zuvor bereit waren, der P-KG in umfassender Weise eine unwiderrufliche Vollmacht zu erteilen, ihre Rechte und Interessen im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb und der Beteiligung an der Klägerin wahrzunehmen, zu begründen und zu erfüllen, insbesondere alle im Geschäftsbesorgungsvertrag genannten Verträge abzuschließen. Die beitretenden Gesellschafter waren ferner aufgrund des von der P-KG vorformulierten Gesellschaftsvertrages auf einen bestimmten Gesellschaftszweck sowie auf ein ganz bestimmtes, von der P-KG vorgegebenes Investitionsvolumen, welches dem von ihr ermittelten Gesamtaufwand für das Projekt entsprach, festgelegt und zur Zahlung von bestimmten Einlagen verpflichtet, die der Höhe nach insgesamt dem von der P-KG vorausberechneten und von der Klägerin aufzubringenden Eigenkapital entsprachen. Diese von allen beitrittswilligen Gesellschaftern der Gesellschaft der P-KG gegenüber vor der Gründung der Klägerin eingegangenen Verpflichtungen bewirkten, daß auch die Klägerin selbst an das Bebauungskonzept der P-KG gebunden war. Sind nämlich die Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht nur untereinander, sondern auch im Verhältnis zu einem Dritten auf die Verfolgung eines bestimmten Gesellschaftszwecks festgelegt und insoweit auch an ein Vertragswerk gebunden, wirkt die derart bestehende Bindung der Gesellschafter auf die Entscheidungsmöglichkeiten der Gesellschaft ein, denn die Gesellschaft kann in diesen Fällen nicht mehr Entscheidungsfreiheit haben, als die Gesamtheit ihrer Gesellschafter.
An dieser Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die Entscheidung über die Bebauung des Grundstücks und über den Abschluß der einzelnen Verträge noch der Gesellschafterversammlung vorbehalten sein sollte, denn praktische Auswirkungen auf die Bindung der Klägerin an das von der P-KG entwickelte Vertrags- und Bebauungskonzept konnte dies wegen der Bindungen aller Gesellschafter der Klägerin gegenüber der P-KG an das Gesamtkonzept nicht haben. Angesichts der gleichmäßigen Einbindung aller Gesellschafter sowie der bis ins Detail ausgearbeiteten Planung war ein dem Gesamtkonzept der P-KG widersprechendes Abstimmungsverhalten der Gesellschafter ausgeschlossen. Zudem war die P-KG als Geschäftsführerin der Klägerin prinzipiell berechtigt, von den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung abzuweichen, wenn sie dies im Interesse der Gesellschafter oder der Gesellschaft für erforderlich hielt und sich hierdurch der Gesamtaufwand des einzelnen Gesellschafters nicht wesentlich erhöhte oder verringerte. Dem Vorbehalt der Beschlußfassung durch die Gesellschafterversammlung kommt demnach nur deklaratorische Bedeutung zu (vgl. Senatsentscheidungen vom 20. Dezember 1989 II R 31/88, BFHE 159, 260, BStBl II 1990, 234, und vom 17. Juni 1992 II R 71/89 BFH/NV 1993, 195).
Da die Klägerin aufgrund der von den Gesellschaftern der P-KG gegenüber eingegangenen Verpflichtungen an das in allen Einzelheiten vorgeplante Gesamtkonzept der P-KG gebunden war, war sie im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages am 23. Dezember 1983 auch nicht mehr frei hinsichtlich des Ob und des Wie der Bebauung des Grundstücks.
3. Das FG-Urteil enthält jedoch keine ausreichenden Feststellungen und Würdigungen tatsächlicher Art dazu, ob ein abgestimmtes Verhalten auf der Veräußererseite (Grundstücksverkäufer und P-KG bzw. deren Gesellschafter oder Geschäftsführer) vorgelegen hat, das darauf gerichtet war, der Klägerin als einheitlichen Leistungsgegenstand das Grundstück einschließlich der Bebauung zu verschaffen. Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob zwischen den Beteiligten vertragliche Absprachen in schriftlicher Form bestanden. Entgegen der Auffassung des FG ist es auch nicht erforderlich, daß die Initiatoren des Projekts eine Rechtsstellung erlangt haben, die grunderwerbsteuerrechtlich als Verwertungsbefugnis i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 angesehen werden müßte. Vielmehr reicht tatsächliches, einvernehmliches Zusammenwirken in der Weise aus, daß sich der Grundstückseigentümer mit dem Initiator über den Verkauf des Grundstücks an eine oder mehrere Personen, die ihm von Initiator präsentiert werden, einig geworden ist und im übrigen die Aktivitäten des Initiators hinsichtlich der Vermarktung und Bebauung des Grundstücks hinnimmt.
Im Streitfall sprechen zwar die Umstände dafür, daß der Verkäufer des Grundstücks bereits in der Vorplanungsphase gegenüber der P-KG seine Bereitschaft erklärt hat, sein Grundstück für das von der P-KG entwickelte Projekt zur Verfügung zu stellen, insbesondere dieses auf Anforderung durch die P-KG zu einem bereits feststehenden Kaufpreis an einen von der P-KG zu benennenden Erwerber zu veräußern und sich einer anderweitigen Verfügung über das Grundstück zu enthalten. Denn ohne eine solche Zusage wäre es der P-KG kaum möglich gewesen, eine detaillierte Planung für das Grundstück unter Einbeziehung der bereits vom Grundstücksveräußerer begonnenen Bebauung aufzustellen. Es wird kaum anzunehmen sein, die P-KG habe ohne Sicherstellung der Verkaufsbereitschaft des Grundstückseigentümers die erheblichen Planungs- und Projektvorlaufkosten aufgewendet, für das Bebauungsprojekt öffentlich geworben und sich als Auftragnehmerin gegenüber den Gesellschaftern verpflichtet, den Grundstückskaufvertrag unter den bereits zuvor mitgeteilten Bedingungen (Kaufpreis, Haftungsbeschränkung hinsichtlich der einzelnen Gesellschafter) abzuschließen. Gleichwohl ist der Senat aber daran gehindert durchzuerkennen, weil es allein Aufgabe des FG ist, den Sachverhalt abschließend festzustellen und zu würdigen. Dies hat das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
Fundstellen
Haufe-Index 419354 |
BFH/NV 1994, 339 |