Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Anerkennung von Aufwendungen eines Beamten als Werbungskosten, wenn der Arbeitgeber hierzu einen Zuschuß zahlt (Kosten für das Motorrad eines Revierförsters).
Bei einem Forstbediensteten gehören die Aufwendungen für Jagdhunde grundsätzlich zu den Werbungskosten. Soweit in dem Urteil des Bundesfinanzhofs VI 349/57 U vom 7. November 1958 (BStBl 1959 III S. 9, Slg. Bd. 68 S. 22) eine gegenteilige Auffassung vertreten wird, wird hieran nicht festgehalten.
Normenkette
EStG § 9/5, § 9/1/6, § 12 Nr. 1; LStDV § 20/2/3; LStDV § 20/2/4
Tatbestand
Streitig ist, ob bei den Arbeitseinkünften des als Revierförster im Staatsdienst tätigen Bg. Aufwendungen für berufliche Fahrten mit einem eigenen Motorrad und für das Halten von Jagdhunden als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Das Finanzamt hat diese für die Jahre 1954 und 1955 abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Die Berufung führte zur Gewährung von lohnsteuerfreien Beträgen für beide Jahre, und zwar von 778 DM für 1954 und 748 DM für 1955. Das Finanzgericht hat ausgeführt, der Bg. sei in beiden Jahren je etwa 3800 km mit seinem Motorrad gefahren; davon entfielen etwa 3/4 auf Berufsfahrten. Sein Arbeitgeber verneine grundsätzlich die Notwendigkeit einer beruflichen Fahrzeughaltung für Revierförster und gebe deshalb, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine Beihilfen zur Anschaffung von Kraftfahrzeugen. Er erkenne aber an, daß die Benutzung privater Kraftfahrzeuge für die Dienstausübung nützlich sei und gewähre deshalb bei dienstlicher Verwendung von privaten Kraftfahrzeugen Pauschalentschädigungen. Der Bg. habe demgemäß monatlich 25 DM für die Benutzung seines Motorrades erhalten. Der Bundesfinanzhof lehne allerdings die Berücksichtigung von Aufwendungen eines Beamten als Werbungskosten ab, wenn die vorgesetzte Behörde die dienstlich erwachsenen Aufwendungen nicht in voller Höhe ersetze. Dieser Auffassung könne nicht gefolgt werden. Es müsse genügen, wenn das Motorrad die Berufsausübung erleichtere. Es gehe auch nicht an, eine Steuerermäßigung deshalb zu versagen, weil die Kosten eigentlich von dem öffentlichen Dienstherrn zu übernehmen seien. Die auf die Streitjahre entfallenden anteiligen Anschaffungskosten und die Unterhaltskosten des Motorrades seien demgemäß, soweit sie nicht durch die von der Behörde erhaltenen Zuschüsse gedeckt seien, bei der Besteuerung als Werbungskosten zu berücksichtigen. Hinsichtlich der zwei Teckel des Bg. sei davon auszugehen, daß er sie ausschließlich für den Forstdienst gehalten habe. Die Forstverwaltung habe ein dienstliches Bedürfnis für beide Hunde bejaht. Da die für die Hunde geltend gemachten Aufwendungen mit insgesamt 240 DM im Jahr auch der Höhe nach zu Bedenken keinen Anlaß gäben, seien sie in voller Höhe als Werbungskosten anzuerkennen.
Der Vorsteher des Finanzamts wendet sich mit seiner Rb. im wesentlichen dagegen, daß das Finanzgericht die Kraftfahrzeugkosten und die Aufwendungen für die beiden Hunde als Werbungskosten berücksichtigt hat. Die für die Dienstgänge des Bg. im Revier durch die Benutzung des Motorrades entstandenen Kosten lägen zwar im Interesse seiner vorgesetzten Behörde. Diese erkenne jedoch die Benutzung von Fahrzeugen grundsätzlich nicht als notwendig an und weise sogar auf Nachteile hin, die die Benutzung eines Kraftfahrzeugs bei Reviergängen mit sich bringe. Sie habe dem Bg. aber trotzdem eine Pauschalentschädigung von 300 DM jährlich gezahlt. Sowohl die Kosten für das Motorrad als auch die für die beiden Hunde seien durch den Forstdienst veranlaßt. Infolgedessen habe der Arbeitgeber auch für sie aufzukommen. Wenn er sie mangels verfügbarer Mittel nicht übernehme, dürfe dies nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zur steuerlichen Berücksichtigung als Werbungskosten führen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 633/54 U vom 10. März 1955, BStBl 1955 III S. 131, Slg. Bd. 60 S. 343). Im übrigen habe das Finanzgericht die Nutzungsdauer des Motorrades mit nur drei Jahren angenommen; sie betrage aber mindestens fünf Jahre, zumal die Zahl der vom Bg. gefahrenen Kilometer gering gewesen sei. Das Finanzgericht habe die Erhaltungskosten in der Vorentscheidung ohne Nachweis mit 600 DM zugrunde gelegt und zusätzlich noch die Kraftfahrzeugversicherung mit 57 DM abgesetzt. Bei der geringen Zahl der gefahrenen Kilometer hätten die Ausgaben für Betriebsstoff und die 27,60 DM betragende Kraftfahrzeugsteuer höchstens einen Betrag von 100 DM ausgemacht. Wenn der Bg. höhere Aufwendungen für das Motorrad gehabt hätte als die von seiner Behörde für beide Jahre erhaltenen Zahlungen von 225 DM und 300 DM, müßten ihm erhebliche Reparaturkosten entstanden sein, die er jedoch nicht nachgewiesen habe. Das Finanzgericht habe insoweit den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Ferner sei zu beachten, daß bei einem Arbeitnehmer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 20 LStDV 11 Pf für jeden Kilometer berücksichtigt würden. Dieser Satz sei nicht niedrig bemessen. Da der Bg. fast den gleichen Betrag erhalten habe, müsse angenommen werden, daß die Aufwendungen für das Motorrad durch die gezahlte Vergütung abgegolten seien. Das Finanzgericht habe schließlich auch die Jagdscheingebühr, den Beitrag zur Kreisjägerschaft und die Jagdwaffenunterhaltungskosten als Werbungskosten anerkannt, ohne zu berücksichtigen, daß der Bg. wie alle staatlichen Forstbeamten eine Jagdaufwandsentschädigung von jährlich 30 DM erhalten habe, durch die unter anderem diese Aufwendungen abgegolten seien. Auch hinsichtlich der Kosten für die Hunde erscheine die Vorentscheidung unzutreffend, da für das Halten geprüfter Gebrauchshunde monatliche Beihilfen gewährt werden könnten, die der Bg. jedoch nicht beantragt habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Werbungskosten sind bei einem Arbeitnehmer nach § 9 EStG alle Aufwendungen, die er zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung seiner Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit macht. Welche Aufwendungen er zur Erreichung dieses Zweckes für erforderlich hält, kann er grundsätzlich selbst bestimmen. Die Arbeitnehmer stehen insoweit nicht anders als Gewerbetreibende und andere Steuerpflichtige, bei denen im Rahmen der Einkunftsermittlung Betriebsausgaben gewinnmindernd berücksichtigt werden. Aus der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse, insbesondere aber aus der Abgrenzung gegenüber den Kosten der privaten Lebensführung, können sich bei den Werbungskosten der Arbeitnehmer ebenso wie bei den Betriebsausgaben gewisse Einschränkungen der Abzugsfähigkeit ergeben. Eine derartige Beschränkung der Abzugsfähigkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn bei öffentlich Bediensteten der Arbeitgeber für den Ersatz der aus unmittelbarem dienstlichen Anlaß entstehenden Aufwendungen seiner Arbeitnehmer eine gesetzliche oder verwaltungsmäßige Regelung über den Ersatz dieser Aufwendungen getroffen hat. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber regelmäßig geprüft, ob und in welcher Höhe derartige Aufwendungen im dienstlichen Interesse anfallen. Leistet er seinen Arbeitnehmern für ihre dienstlichen Aufwendungen Ersatz, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß dadurch die gesamten dienstlich veranlaßten Mehraufwendungen gedeckt werden. Diese Auffassung hat der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung, insbesondere für die bei Dienstreisen entstehenden Mehraufwendungen der im öffentlichen Dienst stehenden Arbeitnehmer, vertreten (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1715/32 vom 20. September 1933, RStBl 1933 S. 1255; Urteil des Bundesfinanzhofs IV 215/53 U vom 17. Dezember 1953, BStBl 1954 III S. 76, Slg. Bd. 58 S. 428). Dieser Grundsatz gilt aber für alle aus unmittelbarem dienstlichen Anlaß entstehenden Aufwendungen von Beamten oder im öffentlichen Dienst stehenden Angestellten (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 349/57 U vom 7. November 1958, BStBl 1959 III S. 9, Slg. Bd. 68 S. 22). Besonderheiten des Einzelfalles können Ausnahmen von diesem Grundsatz als notwendig erscheinen lassen. Im Streitfall besteht hinsichtlich der vom Bg. geltend gemachten Aufwendungen für sein Motorrad jedoch kein Anlaß zu einer Durchbrechung dieses Grundsatzes. Die Forstverwaltung hat grundsätzlich die Notwendigkeit einer beruflichen Fahrzeughaltung für Revierförster verneint und sie auch nur in begrenztem Umfang als nützlich bezeichnet. Unter diesen Umständen muß angenommen werden, daß die dem Bg. vorgesetzte Behörde bei der Festsetzung des Pauschbetrages von 25 DM monatlich geprüft hat, in welchem Umfang eine dienstliche Verwendung des Motorrades durch den Bg. zweckmäßig und wahrscheinlich war und auf welchen Betrag sich die dadurch entstandenen Kosten beliefen.
Nach der Darstellung des Finanzamts reicht der dem Bg. von der Forstverwaltung gezahlte Pauschbetrag aus, um die vom Bg. für dienstliche Zwecke gemachten Aufwendungen zu decken. Der Senat hat gegen diese Ausführungen des Finanzamts keine Bedenken. Bei dieser Sachlage handelt es sich allenfalls darum, ob die vorgesetzte Behörde des Bg. das Ausmaß der nach ihrer Auffassung für die dienstliche Verwendung des Motorrades erforderlichen Kosten in einer angemessenen Höhe zugrunde gelegt hat. Diese Frage ist jedoch beamten- und besoldungsrechtlicher Natur. Für eine steuerliche Berücksichtigung einer etwa zu niedrigen Erstattung ist unter den gegebenen Umständen jedenfalls kein Raum.
Anders ist die Rechtslage hinsichtlich der vom Bg. als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für die beiden Teckel. Daß ein Hund bei einem Revierförster zu den Arbeitsmitteln zu rechnen ist, muß bejaht werden. Dies wird insbesondere dadurch bestätigt, daß die vorgesetzte Behörde des Bg. wünscht, daß ihre Forstbeamten Hunde halten, die bei der Jagd verwendet werden können. Es steht im Streitfall auch fest, daß die beiden Hunde des Bg. für die Jagdausübung geeignet sind. Da es sich danach bei den Aufwendungen für die beiden Hunde um solche für Arbeitsmittel des Bg. handelt, scheidet eine Zurechnung der streitigen Beträge zur privaten Lebenshaltung aus. § 12 Ziff. 1 EStG steht demnach der steuerlichen Berücksichtigung dieser Aufwendungen im Rahmen der Werbungskosten nicht entgegen.
Der Bg. hat keinen Versuch unternommen, um von der Forstverwaltung eine Beihilfe für seine Hunde zu erhalten. Er hat es offenbar unterlassen, einen diesbezüglichen Antrag zu stellen, weil er keine Aussicht auf Genehmigung gehabt hätte; denn aus den Akten geht hervor, daß von dem Arbeitgeber des Bg. Beihilfen nur in Ausnahmefällen für das Halten größerer Hunde gewährt werden. Der Sachverhalt unterscheidet sich von dem des oben angeführten Urteils VI 349/57 U dadurch, daß in jenem Fall ein Forstmeister eine Beihilfe für das Halten eines Jagdhundes erhielt und die Höhe der Beihilfe nach der Leistungsfähigkeit und Verwendbarkeit des Hundes bemessen war. Die inzwischen zutage getretenen Verschiedenheiten der Regelungen über die Beihilfegewährung für das Halten von Jagdhunden durch Forstbedienstete in den einzelnen Ländern des Bundesgebietes lassen im Interesse einer gleichmäßigen steuerlichen Behandlung aller Fälle eine überprüfung der in dem Urteil VI 349/57 U gemachten Ausführungen geboten erscheinen. Bei nochmaliger Prüfung dieser Frage ist der Senat zu dem Ergebnis gekommen, daß ihre Entscheidung nicht auf das Gebiet des Besoldungsrechts verlagert werden kann. Der Senat hat nunmehr keine Bedenken, in übereinstimmung mit der Vorentscheidung, die Aufwendungen für die zur Jagdausübung gehaltenen Hunde, wenn sie als Arbeitsmittel der Forstbediensteten anzusehen sind, bei diesen grundsätzlich als Werbungskosten anzuerkennen. Diese rechtliche Beurteilung kann jedoch nur für Hunde gelten, die ausschließlich oder doch ganz überwiegend zum Zwecke der Jagdausübung gehalten werden. Anders wäre es zum Beispiel zu beurteilen, wenn ein Forstbediensteter Hunde zur Zucht hält und diese erst in zweiter Linie zur Jagd verwendet. In diesen Fällen wäre in der Regel in der Hundehaltung eine gewerbliche Betätigung zu erblicken. Eine steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen für die Hunde käme dann bei der Einkunftsart nichtselbständige Arbeit nicht in Betracht.
Da der Senat hinsichtlich der Aufwendungen für das Motorrad der Vorentscheidung nicht folgt, ist diese aufzuheben. Ob dann noch ein Freibetrag bei der Lohnsteuer gewährt werden kann, ist zweifelhaft. Es erscheint geboten, die Sache an das Finanzgericht zur nochmaligen Entscheidung zurückzuverweisen. Dieses wird erforderlichenfalls noch zu den Ausführungen Stellung zu nehmen haben, die der Vorsteher des Finanzamts in der Rb. hinsichtlich der Abgeltung der Jagdscheingebühr, des Beitrags zur Kreisjägerschaft und der Jagdwaffenunterhaltungskosten durch die gezahlte Jagdaufwandsentschädigung gemacht hat.
Fundstellen
Haufe-Index 409610 |
BStBl III 1960, 163 |
BFHE 1960, 435 |
BFHE 70, 435 |