Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwendung von Nutzungsmöglichkeiten eines Kapitals (sog. "Zinsschenkung") als freigebige Zuwendung; Schenkungsteuerbarkeit unbenannter Zuwendungen
Leitsatz (NV)
1. Gegenstand einer freigebigen Zuwendung i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 kann nicht nur die Vermögenssubstanz, sondern auch die Gewährung eines Vermögensgebrauchs (einer Nutzungsmöglichkeit) sein. Dabei ist ohne Belang, ob die Gebrauchs- bzw. Nutzungsmöglichkeit (z. B. durch einen Nießbrauch) "verdinglicht" wird oder lediglich auf einem obligatorischen Rechtsverhältnis (z. B. auf einem Darlehensvertrag) beruht. Der Verzicht auf die zum Vermögen des Darlehensgebers gehörende Nutzungsmöglichkeit führt bei diesem -- sofern sie objektiv unentgeltlich erfolgt -- zu einer Vermögensminderung und beim Darlehensnehmer zu einer entsprechenden Vermögensmehrung (Anschluß an BFH-Urteil in BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631).
2. Unbenannte (ehebedingte) Zuwendungen unterliegen im Regelfall der Schenkungsteuer. Sie sind nicht deswegen von der Schenkungsteuer ausgenommen, weil sie nach herrschender zivilrechtlicher Auffassung nicht als Schenkungen i. S. der §§ 516 ff. BGB angesehen werden. Die objektive Unentgeltlichkeit einer unbenannten Zuwendung kann nicht allein deswegen in Abrede gestellt werden, weil ihr besondere ehebezogene Motive zugrunde liegen, etwa dahingehend, daß die Zuwendung "dem Ausgleich für geleistete Mitarbeit" des bedachten Ehegatten oder dessen "angemessener Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens" dienen soll (Anschluß an das BFH-Urteil in BStBl II 1994, 366).
Normenkette
ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 516 ff., § 607
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr Ehemann sind seit 1954 verheiratet. Sie leben seither im Güterstand der Gütertrennung. Sie haben drei Kinder, geboren 1956, 1957 und 1960. Seit November 1974 ist die Klägerin voll berufstätig. Der Ehemann der Klägerin nahm bereits in den Jahren 1963 bis 1968 hier nicht mehr interessierende Schenkungen an die Klägerin vor. Mit Wirkung ab 31. Dezember 1972 räumte er ihr schenkweise eine mitunternehmerische Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil ein (Anteil am Einheitswert des Betriebsvermögens: 26 707 DM). Im Jahr 1973 schenkte er ihr ferner das Grundstück X in Y (Einheitswert: 60 000 DM). Am 1. Januar 1981 erhöhte er schenkweise die Unterbeteiligung der Klägerin an seinem Personengesellschaftsanteil um nominell 450 000 DM (darauf entfallender Anteil am Einheitswert des Betriebsvermögens: 539 906 DM).
Ab dem Jahr 1974 bebaute die Klägerin das Grundstück X mit einem Wohn- und Geschäftshaus. Sie finanzierte die Bebauung zum Teil mit Bankkrediten und teils mit Mitteln ihres Ehemannes.
Am 31. Dezember 1976 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann einen Darlehensvertrag, in dem es u. a. heißt:"
1. Frau ... (Klägerin) ist Eigentümerin des Grundstücks X, bebaut mit einem Wohn- und Geschäftshaus. Herr ... (Ehemann) hat seiner Ehefrau für den Zweck der Errichtung des Gebäudes bis zum 31. 12. 1976 insgesamt 556 500 DM ... zur Verfügung gestellt.
Frau ... (Klägerin) bekennt, ihrem Ehemann nach dem Stande vom 31. 12. 1976 556 500 DM als Darlehen zu schulden.
2. Herr ... (Ehemann) verpflichtet sich, seiner Ehefrau für den Zweck der Tilgung der für die Errichtung des Gebäudes verwandten Fremdmittel weitere Beträge nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Verfügung zu stellen. Jährlich am Ende des Jahres wird ermittelt, welchen Betrag Herr ... (Ehemann) zugeschossen hat. Die Eheleute sind sich einig, daß dieser Betrag als Darlehen geschuldet wird.
...
3. Die Darlehensgewährung erfolgt unentgeltlich ... ".
Nach den Feststellungen des Außenprüfers betrug die unverzinsliche Darlehensforderung des Ehemannes gegen die Klägerin am 31. Dezember 1982 2 259 188 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) sah in der Gewährung des zinslosen Darlehens in den Jahren 1974 bis 1982 eine freigebige Zuwendung i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaft- und Schenkung steuergesetzes (ErbStG) 1974. Er ermittelte den steuerpflichtigen Erwerb für die Gewährung des zinslosen Darlehens mit 517 110 DM, wobei er einen Zinssatz von 5,5 % zugrundelegte.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Januar 1989 setzte das FA unter Berücksichtigung der Ende 1972 und 1973 erfolgten Vorschenkungen (§ 14 ErbStG 1974) die Schenkungsteuer auf 24 766 DM fest. In einem weiteren, ebenfalls angefochtenen Bescheid vom selben Tag setzte das FA für die -- unstreitige -- Schenkung der Unterbeteiligung im Wert von 539 906 DM im Jahr 1981 Schenkungsteuer in Höhe von 60 135 DM fest. Dabei berücksichtigte es die Schenkungen aus den Jahren 1972 und 1973 (zusammen: 86 707 DM) und die streitige "Zinsschenkung" in Höhe von 517 110 DM (vgl. oben) als "Vorschenkungen".
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, den Schenkungsteuerbescheid über 24 766 DM ersatzlos aufzuheben und die in dem weiteren Schenkungsteuerbescheid über 60 135 DM festgesetzte Steuer mit der Maßgabe herabzusetzen, daß der dem ersten angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Vorgang nicht als Vorschenkung berücksichtigt werde. Die Klägerin vertrat die Auffassung, in dem Zinsverzicht liege keine Schenkung.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Zuwendung der der Klägerin von ihrem Ehemann gewährten Nutzungsmöglichkeiten in bezug auf das unverzinsliche Darlehen stellt eine freigebige Zuwendung i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 an die Klägerin dar.
1. Die Zuwendung erfüllt den objektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974. Nach dieser Bestimmung gilt als Schenkung unter Lebenden "jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird". Der objektive Tatbestand der freigebigen Zuwendung verlangt daher, daß die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt; sie muß (objektiv) unentgeltlich sein.
a) Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 12. Juli 1979 II R 26/78 (BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631) ausgeführt hat, kann Gegenstand einer freigebigen Zuwendung i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959 (jetzt: § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974) nicht nur die Vermögenssubstanz, sondern auch die Gewährung eines Vermögensgebrauchs (einer Nutzungsmöglichkeit) sein. Dabei ist ohne Belang, ob die Gebrauchs- bzw. Nutzungsüberlassung (z. B. durch einen Nießbrauch) "verdinglicht" wird oder lediglich auf einem obligatorischen Rechtsverhältnis (z. B. -- wie hier -- einem Darlehensvertrag) beruht. Der Verzicht auf die zum Vermögen des Darlehensgebers gehörende Nutzungsmöglichkeit führe bei diesem -- sofern sie objektiv unentgeltlich erfolge -- zu einer Vermögensminderung und beim Darlehensnehmer zu einer entsprechenden Vermögensmehrung (objektiven Bereicherung).
An diesen Grundsätzen hält der Senat fest. Die dagegen von der Klägerin erhobenen Einwände greifen nicht durch: Soweit die Klägerin meint, sie sei durch die Gewährung des zinslosen Darlehens nicht bereichert worden (sie habe allenfalls Aufwendungen erspart) und ihr Ehemann sei auch nicht entreichert worden (er habe allenfalls auf eine Verdienstmöglichkeit verzichtet), kann ihr nicht gefolgt werden. Wie der Senat in BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631 zutreffend ausgeführt hat, besteht die Minderung des Vermögens des Zuwendenden darin, daß er sich eines Ertrages begibt, den er bei verkehrsüblichem Verhalten gezogen hätte. Der Verzicht auf die zum Vermögen des Darlehensgebers gehörende Nutzungsmöglichkeit ist eine Vermögensminderung (Senat in BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631, rechte Spalte, unter 1. a). Ebenso ist der Empfänger objektiv bereichert, "und zwar unabhängig davon, ob er ohnehin einen Kredit in Anspruch genommen hätte, weil ihm dank des Verzichts des Zuwendenden auf die übliche Nutzungsmöglichkeit diese nunmehr zeitlich zusteht" (Senatsurteil in BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631, 632, linke Spalte, unter 1. c).
Zu Unrecht verneint die Klägerin die Steuerbarkeit der streitigen Zuwendung mit der Erwägung, zivilrechtlich liege in der unentgeltlichen Überlassung einer Kapitalsumme nicht eine Schenkung i. S. des § 516 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), sondern ein (zinsloses) Darlehen i. S. des § 607 BGB. Die zivilrechtliche Streitfrage, ob und inwieweit die unentgeltliche Gewährung von Gebrauchsvorteilen bzw. Nutzungsmöglichkeiten unter den Schenkungstatbestand (§ 516 BGB) fällt oder ausschließlich als (zinsloses) Darlehen, Leihe usw. anzusehen ist, kann für die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung dahinstehen (vgl. auch unter II. 2. c, letzter Absatz). Denn in der unentgeltlichen Gewährung eines zinslosen Darlehens liegt jedenfalls eine sonstige freigebige Zuwendung i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 (vgl. auch Meincke, Erbschaftsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 7 Rdnr. 9).
b) Die Zuwendung der durch das unverzinsliche Darlehen gewährten Nutzungsvorteile erfolgte objektiv unentgeltlich.
Nach der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung und der herrschenden Zivilrechtslehre, denen grundsätzlich auch für das Schenkungsteuerrecht zu folgen ist, "ist der Erwerb eines zugewendeten Gegenstandes, auf den kein Rechtsanspruch besteht, unentgeltlich, wenn er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers. Dabei kommen als rechtliche Abhängigkeit, welche die Unentgeltlichkeit ausschließt und die Entgeltlichkeit begründet, Verknüpfungen sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrages als auch durch Setzung einer Bedingung oder eines entsprechenden Rechtszwecks in Betracht" (Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 27. November 1991 IV ZR 164/90, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1992, 564, m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen erfolgte die hier zu beurteilende Zuwendung objektiv unentgeltlich. Die Klägerin hatte auf diese Leistung weder einen Rechtsanspruch noch war die Zuwendung ihres Ehemannes im o. g. Sinne -- d. h. synallagmatisch, konditional oder kausal -- mit einer Gegenlei stung der Klägerin verknüpft.
aa) Eine Gegenleistung im vorgenannten Sinne kann zunächst nicht mit der Erwägung begründet werden, daß die Klägerin in Zukunft (weiterhin) unentgeltlich den gemeinsamen Haushalt führe. Denn solche unentgeltlichen Tätigkeiten des mit der Zuwendung bedachten Ehegatten können schon deshalb keine Gegenleistungen für eine Zuwendung des anderen Ehegatten sein, weil es sich dabei um ohnehin dem anderen Ehegatten geschuldete Beiträge zum Familienunterhalt handelt (vgl. §§ 1360, 1360 a BGB), die nach § 1360 b BGB im Zweifel auch dann nicht zu vergüten sind, wenn sie über das übliche Maß hinaus gehen (BGH-Urteil in NJW 1992, 564, re. Sp. f.).
bb) Aus denselben Gründen kann eine Gegenleistung für die Zuwendung des Ehemannes auch nicht darin gesehen werden, daß die Klägerin die unter a) beschriebenen unentgeltlichen Leistungen (einschließlich der Erziehung und Betreuung der gemeinsamen Kinder) in der Vergangenheit (während eines langen Zeitraums) erbracht hat. Zwar ist nicht zu verkennen, daß der Zuwendung des Ehemannes angesichts dieser "Vorleistungen" der Klägerin (zugleich) der Charakter einer Anerkennung (Belohnung) zukommen konnte. Jedoch würde es sich dabei nicht um die Bezahlung (Entlohnung) von Leistungen handeln, nämlich um die für den Geschäftsverkehr bestimmte Ebene, auf der Leistung und Gegenleistung rechtlich miteinander verknüpft werden. Vielmehr wäre in derartiger Anerkennung eine Haltung des Ehemannes zu sehen, die den Schenker einer belohnenden (remuneratorischen) Schenkung kennzeichnet (BGH-Urteil in NJW 1992, 564, 565).
cc) Eine (objektive) Entgeltlichkeit der streitigen Zuwendung kann auch nicht auf die Erwägung gestützt werden, mit ihr sei der Ehemann der Klägerin seiner Verpflichtung zum Vorsorgeunterhalt nachgekommen.
Einen ausdrücklich geregelten Anspruch auf Vorsorgeunterhalt sieht das Gesetz nur für den geschiedenen und -- nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens -- für den getrenntlebenden Ehegatten vor (vgl. § 1578 Abs. 3, § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Regelungen gewähren dem begünstigten Ehegatten einen -- zweck gebundenen -- Anspruch auf Versicherungsbeiträge, primär zur gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. z. B. Wacke in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch -- MünchKomm -- 3. Aufl., § 1361 Rdnr. 23, und Richter in MünchKomm, § 1578 Rdnr. 43 ff.).
Der Senat kann offenlassen, ob ein entsprechender Anspruch auf Vorsorgeunterhalt gemäß § 1360 BGB auch bei intakter Ehe besteht. Jedenfalls deckt ein evtl. bestehender Anspruch des bedachten Ehegatten auf Vorsorgeunterhalt nicht die bereits gegenwärtige Übertragung von Vermögensgegenständen oder die gegenwärtige Überlassung von Kapitalnutzungsmöglichkeiten ab.
dd) Die (objektive) "Entgeltlichkeit" der Leistung des Ehemannes kann auch nicht darauf gestützt werden, daß eine sog. unbenannte ("ehebedingte", "ehebezogene") Zuwendung an die Klägerin vorgelegen habe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind Zuwendungen unter Ehegatten in der Regel nicht als Schenkungen i. S. der §§ 516 ff. BGB, sondern als "unbenannte Zuwendungen" zu qualifizieren. Eine unbenannte (ehebedingte) Zuwendung ist nach der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung anzunehmen, wenn der Leistung die Vorstellung oder Erwartung des zuwendenden Ehegatten zugrundeliegt, daß die Ehe Bestand haben werde, oder wenn die Zuwendung (sonst) um der Ehe willen oder als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird und darin ihre Geschäftsgrundlage hat (vgl. z. B. BGH-Urteil in NJW 1992, 564, re. Sp., m. w. N.). Dazu gehören nicht nur solche Leistungen, die sich als "Ausgleich für geleistete Mitarbeit oder als angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens" erweisen (vgl. Senatsurteil vom 28. November 1984 II R 133/83, BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159). Vielmehr rechnen hierzu auch diejenigen Zuwendungen, "die ein Ehegatte dem anderen im Interesse einer haftungsmäßig günstigen Organisation des Familienvermögens, etwa durch dessen Verlagerung auf den betrieblich nicht haftenden Ehegatten macht" (BGH-Urteil vom 17. Januar 1990 XII ZR 1/89, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht -- FamRZ -- 1990, 600, 601) oder deren Zweck ganz allgemein auf die "Vermögensbildung in der Hand des begünstigten Ehegatten" gerichtet ist (BGH-Urteil vom 15. Februar 1989 IV b ZR 105/87, FamRZ 1989, 599, 600). Angesichts dieses weiten Verständnisses vom Begriff der "unbenannten Zuwendung" besteht im Streitfall kein Zweifel, daß die Leistung des Ehemannes der Klägerin nach den zivilrechtlichen Grundsätzen über die unbenannte Zuwendung zu behandeln wäre.
Daraus folgt jedoch nicht, daß die streitige Zuwendung des Ehemannes der Klägerin an diese (objektiv) entgeltlich erfolgte. Die Tatsache, daß eine bestimmte Leistung bürgerlich-rechtlich nach den Grundsätzen der unbenannten Zuwendung zu behandeln ist, besagt nicht, daß für die Zuwendung ein (ihre Entgeltlichkeit begründender) Rechtsgrund besteht. Der Begriff "unbenannte Zuwendung" stellt lediglich eine besondere Bezeichnung für Zuwendungen im Rahmen der Ehe dar. Allein mit der Feststellung, daß sich eine bestimmte Leistung als "unbenannte Zuwendung" im oben beschriebenen weiten Sinne erweist, ist daher für die Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974, namentlich für die Beurteilung der objektiven Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Zuwendung, nichts gewonnen. Die objektive Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Zuwendung beurteilt sich vielmehr ausschließlich nach den oben (II. 1. b, vor aa) dargelegten Grundsätzen. Für die Frage der (Un-)Entgeltlichkeit der unbenannten Zuwendung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Leistung des Ehemannes eine "angemessene Beteiligung der Klägerin an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens" bewirken sollte und bewirkt hat. Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159 hierzu einen anderen Standpunkt eingenommen hat, hält er daran nicht mehr fest.
Zwar liegt -- wie schon dargelegt -- einer unbenannten Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde, daß die Ehe bzw. eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde. Diese ehebezogene Motivationslage (Geschäftsgrundlage) bildet jedoch keine "causa" (keinen Rechtsgrund) im Sinne des Vertragsrechts, die einen (eigenständigen) Leistungsanspruch begründet. Sie bildet vielmehr lediglich einen -- im Falle der Scheidung u. U. entfallenden -- Rechtsgrund (eine "causa" im weiteren Sinne) für das "Behaltendürfen" einer ohne Rechtspflicht erbrachten unbenannten Zuwendung. Die Ehe als solche kann ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung nur solche Leistungsansprüche "begründen", zu denen die Ehegatten bereits kraft Gesetzes (z. B. gemäß § 1360 BGB) verpflichtet sind. Die Begründung darüber hinausgehender Ansprüche bedarf einer besonderen -- vertraglichen -- Grundlage (ausführlich Sandweg, NJW 1989, 1965, 1967, re. Sp. f., m. w. N.). Niemand ist also nur deswegen zur Übertragung von Teilen seines Vermögens bzw. Nutzungsvorteilen auf seinen Ehegatten verpflichtet, weil eine Ehe (eheliche Lebensgemeinschaft) besteht. Eine völlig andere Frage ist es, ob und unter welchen Voraussetzungen der durch eine freigebige (d. h. ohne rechtliche Verpflichtung erbrachte) Zuwendung begünstigte Ehegatte den Zuwendungsgegenstand bzw. dessen Wert auf Verlangen des Zuwender-Ehegatten wieder "herausgeben" muß.
Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die für das Ehegüterrecht zuständigen Senate des BGH bisweilen angenommen haben, unbenannte Zuwendungen seien nicht als unentgeltliche anzusehen (vgl. z. B. BGH-Urteile vom 24. März 1983 IX ZR 62/82, BGHZ 87, 145, 146, und vom 5. Oktober 1988 IV b ZR 52/87, FamRZ 1989, 147, 149). Die diesen Urteilen zugrundeliegenden Fälle betrafen ausschließlich vermögensrechtliche Streitigkeiten in Ehescheidungssachen, also Sachverhalte, in denen es allein um einen sachgerechten Interessenausgleich im Verhältnis der (geschiedenen) Ehegatten untereinander ging. In diesem ehegatteninternen Konfliktbereich hielt es der BGH für sinnvoll und notwendig, Zuwendungen unter Ehegatten während der intakten Ehe im Regelfall nicht als unentgeltliche Verfügungen i. S. der §§ 516 ff. BGB zu qualifizieren, um sie insbesondere den regelmäßig "nicht passenden" (BGH-Urteil vom 7. Januar 1972 IV ZR 231/69, NJW 1972, 580), weil zu engen und starren Vorschriften der §§ 528, 530 BGB zu entziehen und um sie in den (umfassenden) güterrechtlichen Ausgleich (vgl. z. B. §§ 1372 ff. BGB) einbeziehen und/oder dem auf § 242 BGB basierenden Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, das Raum für eine billige Abwägung der Umstände des Einzelfalles bietet, unterstellen zu können (grundlegend: BGH-Urteil in NJW 1972, 580).
Diese auf die besondere eherechtliche Konfliktlage für den Bereich der §§ 516 ff. BGB abstellende Interpretation des Begriffs der (Un-)Entgeltlichkeit ist für die steuerrechtliche Auslegung des objektiven Tatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 nicht maßgebend. Das folgt bereits daraus, daß jeder gesetzliche Tatbestand aus sich selbst heraus -- nach seiner eigenen, spezifischen Teleologie -- auszulegen ist. Dies gilt schon innerhalb des Normengefüges des BGB und des übrigen Zivilrechts. So hat der BGH unbenannte Zuwendungen namentlich dort als unentgeltliche Leistungen qualifiziert, wo die Lösung von Interessenkonflikten zwischen den Ehegatten bzw. einem von ihnen einerseits und dritten Personen andererseits geboten war (vgl. BGH-Urteile in NJW 1992, 564, betreffend "beeinträchtigende Schenkungen" i. S. von § 2287 BGB; in BGHZ 71, 61, betreffend die "Schenkungsanfechtung" nach § 32 Nr. 2 der Konkursordnung -- KO --; vom 28. Februar 1991 IX ZR 74/90, NJW 1991, 1610, betreffend "Schenkungsanfechtung" nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Anfechtungsgesetzes -- AnfG --). Um so mehr gilt dies dann, wenn -- wie hier -- die Auslegung von Tatbestandsmerkmalen in solchen Gesetzen in Betracht kommt, die ganz verschiedenen Teilrechtsordnungen (hier: Zivilrecht, dort: Steuerrecht) angehören.
2. Die hier zu beurteilende Zuwendung des Ehemannes der Klägerin erfüllt auch den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung der (einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit. Ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht ("animus donandi") ist nicht erforderlich (Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 5. März 1980 II R 148/76, BFHE 130, 179, BStBl II 1980, 402, 403; vom 10. September 1986 II R 81/84, BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80, 81; vom 27. April 1988 II R 53/82, BFH/NV 1989, 168, 169; vom 1. Juli 1992 II R 70/88, BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921, 923, und vom 1. Juli 1992 II R 12/90, BFHE 168, 390, BStBl II 1992, 925, 927).
Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewußt ist, daß er seine Leistung ohne Verpflichtung (und sei es auch nur in bezug auf eine Naturalobligation) und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem Gemeinschaftszweck) erbringt (vgl. z. B. BFH-Urteile in BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921, 923, und in BFHE 168, 390, BStBl II 1992, 925, 927; Mößlang, Neue Wirtschafts-Briefe -- NWB -- Fach 10, S. 479, 480). Anders ausgedrückt ist der Wille zur Unentgeltlichkeit dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewußtsein handelt, zu der Vermögenshingabe bzw. Hingabe von Nutzungsmöglichkeiten (Gebrauchsvorteilen) weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten.
a) Der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 entfällt daher, wenn der Zuwendende seine Leistung -- wenn auch irrtümlich -- als entgeltliche ansieht, wenn er also annimmt, entweder zu seiner Leistung rechtlich verpflichtet zu sein oder dafür eine Gegenleistung im oben beschriebenen Sinne zu erhalten. Allerdings schließt nicht jeder Irrtum des Zuwendenden über die Unentgeltlichkeit den subjektiven Tatbestand der freigebigen Zuwendung aus. Bei der "(Un-)Entgeltlichkeit" handelt es sich um einen komplexen normativen ("wertausfüllungsbedürftigen") Begriff, dessen exakter Sinngehalt sich nur durch umfangreiche und komplizierte rechtliche Wertungen und Subsumtionen erschließt. Für die zutreffende -- irrtumsausschließende -- Vorstellung des Zuwendenden von dem Begriff der (Un-)Entgeltlichkeit genügt es, wenn er dessen rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt "nach Laienart" zutreffend erfaßt ("Parallelwertung in der Laiensphäre"; vgl. Mößlang in NWB, Fach 10, S. 479, 480); eine exakte juristische Subsumtion ist nicht erforderlich.
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist davon auszugehen, daß der Ehemann der Klägerin in dem Bewußtsein der (objektiven) Unentgeltlichkeit seiner Zuwendung handelte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist der "Wille zur Unentgeltlichkeit" auf der Grundlage der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen festzustellen (vgl. z. B. BFH-Urteile in BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631, 632; in BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80, 81; in BFH/NV 1989, 168, 169; Schulze-Osterloh, Steuer und Wirtschaft -- StuW -- 1977, 122, 135).
Der Ehemann der Klägerin kannte sämtliche Tatsachen, aufgrund deren seine Zuwendung als objektiv unentgeltliche zu qualifizieren war. Sofern er dennoch -- infolge fehlerhafter juristischer Wertungen -- gemeint haben sollte, zu der Zuwendung rechtlich (und nicht nur sittlich) verpflichtet zu sein oder für seine Zuwendung eine damit synallagmatisch, konditional oder kausal verknüpfte Gegenleistung zu erhalten, wäre dies ein "nach den Maßstäben des Verkehrsüblichen" unbeachtlicher Subsumtionsirrtum.
c) Die Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung läßt sich auch nicht mit der von Meincke (a.a.O., 9. Aufl., § 7 Rdnr. 82; ihm folgend Klein-Blenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, 1992, S. 109 ff., 119 f.) vertretenen Ansicht in Frage stellen, der "Wille zur Freigebigkeit" i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 erfordere neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" auch den "Willen zur schenkweisen Zuwendung". Denn ein solches zusätzliches Willensmerkmal läßt sich § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 auch im Auslegungswege nicht entnehmen.
Meincke (a.a.O.) wäre nur dann zu folgen, wenn die Auslegung des subjektiven Tatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 ergäbe, daß dieser bis auf das Erfordernis der vertraglichen Einigung über die Unentgeltlichkeit mit dem subjektiven Tatbestand des § 516 Abs. 1 BGB identisch wäre, anders ausgedrückt, wenn der (einseitige) Wille zur Freigebigkeit alle Merkmale einer Schenkungsofferte i. S. des § 516 Abs. 1 BGB umfassen müßte. Dies ist indessen zu verneinen; denn eine solche Sichtweise widerspräche nicht nur dem Willen des (historischen) Gesetzgebers, sondern auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Die Auffassung Meinckes (a.a.O.) liefe im Ergebnis darauf hinaus, daß die unbenannten Zuwendungen von der Schenkungsbesteuerung ausgenommen wären, weil sie nach der Rechtsprechung des BGH und der herrschenden Zivilrechtslehre nicht den subjektiven Tatbestand des § 516 Abs. 1 BGB erfüllen. Angesichts des weiten Verständnisses vom Begriff der "unbenannten Zuwendung" in der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung (vgl. unter II.1. b, dd, 2. Absatz) hätte dies zur Folge, daß nahezu alle objektiv unentgeltlichen Zuwendungen unter Ehegatten schenkungsteuerfrei wären. Dies entspräche jedoch nicht dem Willen des (historischen) Gesetzgebers. Den Gesetzgebern der Vorläufer des hier einschlägigen ErbStG 1974 war die erst später entwickelte Rechtsfigur der unbenannten Zuwendung unbekannt. Auch bei Erlaß des ErbStG 1974 hatte sich dieses Rechtsinstitut noch nicht etabliert, wurde nur vereinzelt diskutiert und war noch nicht -- jedenfalls nicht in seinem späteren Bedeutungsgehalt -- in das Bewußtsein des Gesetzgebers getreten. Dementsprechend ging der Gesetzgeber des ErbStG 1974 davon aus, daß "nach geltendem Recht auch die Schenkungen zwischen Ehegatten (worunter nach damaligem Verständnis eben auch die unbenannten Zuwendungen zu fassen waren) steuerpflichtig (seien)" (BTDrucks. VI/3418, S. 64).
Daß der Gesetzgeber des ErbStG 1974 eine weitgehende Herausnahme der objektiv unentgeltlichen Ehegattenzuwendungen aus der Schenkungsbesteuerung nicht beabsichtigte, belegt auch § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974. Mit Recht ist in der Literatur darauf hingewiesen worden, daß die Begründung der Gütergemeinschaft "eigentlich ein Musterbeispiel für eine ehebedingte Zuwendung (sei)", da gerade ein solcher Ehevertrag in besonderem Maße der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft diene (Schotten, NJW 1990, 2841, 2848). Auch aus der Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1974 läßt sich folgern, daß der Gesetzgeber die unbenannten Zuwendungen im Grundsatz für steuerbar hielt (vgl. auch Gebel, Deutsche Steuer- Zeitung -- DStZ -- 1993, 451, 455).
Hinzu kommt, daß es für die Frage, ob eine unentgeltliche Zuwendung den (objektiven und) subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 erfüllt, weder entscheidend darauf ankommt, welches bürgerlich- rechtliche "Vertragskleid" (welchen Vertragstyp) die Beteiligten für die unentgeltliche Zuwendung gewählt haben bzw. wählen mußten, noch ob in bezug auf die unentgeltliche Zuwendung überhaupt eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten zustandegekommen ist. So spielt es -- wie gerade der vorliegende Fall zeigt -- für das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 namentlich keine Rolle, ob Geber und Empfänger der unentgeltlichen Zuwendung anstelle eines (wegen des Zuwendungsgegenstandes nicht in Betracht kommenden) Schenkungsvertrages i. S. des § 516 Abs. 1 BGB einen (unentgeltlichen) Darlehensvertrag oder Leihvertrag geschlossen haben. Ebensowenig kann es deshalb von Belang sein, ob die Beteiligten im Hinblick auf einen besonderen, den Schenkungstatbestand überlagernden Zweck der unentgeltlichen Zuwendung bzw. angesichts der spezifischen eherechtlichen Motivationslage die unentgeltliche Zuwendung statt in einen Schenkungsvertrag i. S. des § 516 Abs. 1 BGB in einen Vertrag über eine unbenannte Zuwendung -- d. h. in einen "familienrechtlichen Vertrag eigener Art" -- "eingebettet" haben (so zutreffend Gebel, DStZ 1993, 451, 458). Diese -- für das Zivilrecht und dessen Rechtsfolgen bedeutsamen -- vertragstypologischen Einordnungen vermögen nichts daran zu ändern, "daß die für eine sonstige freigebige Zuwendung erforderlichen Willensmomente einschließlich der für das Bewußtsein der Unentgeltlichkeit notwendigen Kenntnisse beim Zuwendenden vorhanden sind" (Gebel, DStZ 1993, 451, 458).
Fundstellen
Haufe-Index 419882 |
BFH/NV 1995, 70 |