Leitsatz (amtlich)
Ein abgeschlossenes Appartement in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim, das aus mindestens einem Zimmer, Bad und WC, Flur und Loggia mit einer Gesamtwohnfläche von mehr als 20 qm besteht und das eine Küchenkombination, bestehend aus Spüle, mit Warm- und Kaltwasser, Kühlschrank und zwei eingebauten Elektrokochplatten aufweist, ist eine Wohnung im Sinn des § 5 Abs. 2 GrStG.
Normenkette
GrStG 1973 § 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Eigentümer des Wohnstifts X. Er ist von der Körperschaftsteuerstelle des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA -) als gemeinnützig anerkannt worden, weil er vorwiegend mildtätigen Zwecken dient. In dem in den Jahren 1966/67 fertiggestellten Wohnstift befinden sich neben einigen Drei-Zimmer-Appartements zu je etwa 72 qm zahlreiche Ein- und Zwei-Zimmer-Appartements in der Größe von etwa 20,25 qm bzw. 30 qm (Ein-Zimmer-Appartements) und 46 qm (Zwei-Zimmer-Appartements). Einige Doppel-Appartements im Erdgeschoß des Gebäudeteiles "Block-West" weisen eine Grundfläche von etwa 56 qm auf. Die einzelnen Appartements bestehen aus einem bis drei Zimmern, Bad und WC, Flur und Loggia. Sie sind von den Hausfluren durch eine abschließbare Tür zu erreichen. In ihnen befindet sich jeweils eine etwa 0,5 qm große sog. Kochnische mit einer Küchenkombination, bestehend aus Spüle mit Warm- und Kaltwasser, Ausguß, Kühlschrank und zwei Elektrokochplatten. Im vollen Pensionspreis ist das Mittagessen enthalten, das die Stiftsbewohner in einem gemeinschaftlichen Speisesaal einnehmen. Das Frühstück nimmt nur ein Teil der Stiftsinsassen im Speisesaal ein. Die übrigen bereiten sich das Frühstück in ihren Appartements zu. Für das Abendessen sorgen die Stiftsbewohner regelmäßig selbst.
Das FA hatte auf den 1. Januar 1974 mit berichtigtem Nachfeststellungsbescheid einen Einheitswert festgestellt, wobei es nur die gewerblich genutzten Räume erfaßte und für das Grundstück die Artfeststellung "Geschäftsgrundstück" traf. Im Dezember 1977 erließ es einen vorläufigen Wert- und Artfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1977, mit dem es den Einheitswert auf ... DM feststellte und den Steuermeßbetrag dementsprechend auf ... DM festsetzte. Der Bescheid enthielt den Vermerk, das Gebäude sei mit seinen Appartements gemäß § 5 Abs. 2 des Grundsteuergesetzes (GrStG) steuerpflichtig und bewertungsrechtlich zu erfassen. Die Verkehrsflächen (Flure, Keller usw.) von insgesamt 3 890 qm seien mit dem Wertansatz der Wohnungen und Gemeinschaftsräume abgegolten. Die sakralen Räume (Hauskapelle) seien gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG grundsteuerfrei und im Einheitswert nicht erfaßt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 1978 erhöhte das FA zwar den Einheitswert, ermäßigte aber den Grundsteuermeßbetrag auf ... DM, indem es Grundsteuervergünstigung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG) gewährte. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Artfeststellung als Mietwohngrundstück hielt das FA in der Einspruchsentscheidung aufrecht.
Die Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) sind die streitbefangenen Appartements Wohnräume im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG und damit grundsteuerfrei. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 GrStG sah das FG als nicht gegeben an. Den Charakter der Ein-Zimmer-Appartements als Wohnung hielt es bereits im Hinblick auf die geringe Wohnfläche für zweifelhaft. Nach Ansicht des FG stellen die einzelnen Appartements jedenfalls deshalb keine Wohnungen im Sinn des § 5 Abs. 2 GrStG dar, weil in keinem Fall eine Küche oder auch nur ein Raum mit Kochgelegenheit (Kochnische) vorhanden sei. Ein Raum könne nur dann als Küche bzw. als Raum mit Kochgelegenheit angesehen werden, wenn er so ausgestaltet und ausgestattet sei, daß er die Funktion als Kochraum auch bei ständiger Nutzung uneingeschränkt erfüllen könne. Dies setze regelmäßig u. a. voraus, daß der fragliche Raum als Aufenthaltsraum durch Fenster ausreichend belichtet und belüftet sei. Im Streitfall fehle aber eine selbständige Lüftungsmöglichkeit. Die sog. Kochnischen könnten nur jeweils über das bzw. die Fenster des Wohnraums belüftet werden, mit dem sie in räumlichem Zusammenhang stehen. Der Luftaustausch zwischen dem durch Fenster belüftbaren angrenzenden Wohnraum und der Nische werde überdies durch die bauliche Gestaltung des Wohnraums erschwert. Wegen der unzureichenden Ent- und Belüftungsmöglichkeiten sei es auf die Dauer nicht möglich, Hauptmahlzeiten zu kochen und damit in den Appartements einen selbständigen Haushalt zu führen. Hinzu komme, daß in den sog. Kochnischen und in dem jeweils angrenzenden Raum eine Arbeitsplatte für die Herrichtung von Speisen nicht vorhanden sei. Die vorhandenen fest eingebauten beiden Kochplatten sind nach Auffassung des FG hauptsächlich zum Anwärmen von Wasser (z. B. Kochen von Tee und Kaffee) bestimmt und geeignet und lassen allenfalls die Zubereitung von Nebenmahlzeiten zu, weil wegen des Fehlens eines Herdes mit einer Backröhre die Möglichkeit des Backens und Bratens nicht bestehe. Darüber hinaus war das FG der Auffassung, daß auch die Gemeinschaftsräume grundsteuerbefreit seien.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 5 Abs. 2 GrStG. Es ist der Auffassung, das FG habe sich zu Unrecht auf die Bayerische Bauordnung berufen. Danach sei nur für gute Belüftung zu sorgen. Im Streitfall würden aber die vorhandenen Belüftungsmöglichkeiten ausreichen. Die für Küchen bzw. Kochnischen in Ein- und Zwei-Familien-Häusern maßgeblichen Grundsätze könnten nicht bei Wohnungen der vorliegenden Art angewendet werden. Entgegen der Auffassung des FG seien die Bewohner der Appartements in der Lage, auch Mittagsmahlzeiten zuzubereiten. Das Vorhandensein eines Herdes mit Backröhre sei nicht unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer Wohnung. Gerade in Appartement-Wohnungen fehlten sie häufig. Darüber hinaus wiesen Wohnungen in sog. Appartement-Häusern regelmäßig geringere Wohnflächen als Wohnungen in Ein- und Zwei-Familien-Häusern auf. Vergleichbare Kleinwohnungen seien auch in X nachweisbar. Da es sich im Streitfall um abgeschlossene Wohnungen handele, komme es nicht darauf an, ob tatsächlich ein Haushalt geführt werde und ob eine Küche eingerichtet sei. Das FA ist schließlich der Auffassung, daß die Freistellung auch nicht mit sozialen Gesichtspunkten begründet werden könne.
Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweien, hilfsweise, zumindest die Gemeinschaftsräume zu befreien. Er macht geltend, der Schwerpunkt des Wohnstifts liege nicht in der Gewährung von Wohnmöglichkeit, sondern in der Betreuung und Pflege. Das Durchschnittsalter der Heimbewohner betrage 80,5 Jahre. Mehr als zwei Drittel aller Stiftsbewohner seien nicht nur vorübergehend auf fremde Hilfe angewiesen. Entgegen der Auffassung des FA seien die Räume nicht abgeschlossen; denn die Etagendamen hätten jederzeit Zutritt zu den einzelnen Appartements. In einem Wohnraum von 20 qm Wohnfläche könne ein Haushalt nicht geführt werden. Überdies sei wegen der fehlenden Be- und Entlüftungsmöglichkeiten ein Garkochen von Speisen unmöglich. Das Lüften über die Fenster sei gerade für ältere Menschen gesundheitsschädlich. Darüber hinaus fehlten auch die einer Haushaltsführung entsprechenden Vorkehrungen, wie beispielsweise eine Arbeitsplatte zum Zurichten der Speisen. Die vorhandenen Einrichtungen dienten lediglich der Warmhaltung von Speisen sowie der Zubereitung von Tee und Kaffee. Die Führung eines Haushalts sei damit tatsächlich unmöglich. Hinzu komme, daß gerade alte Menschen sich länger in den Wohnräumen aufhalten, so daß ein Kochen im üblichen Sinn wegen der damit verbundenen Geruchsbelästigungen unzumutbar sei. Der Kläger macht schließlich geltend, das Wohnstift entspreche den Anforderungen des Heimgesetzes. Hieraus seien auch für die Grundsteuer Folgerungen zu ziehen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
1. a) Die streitbefangenen Appartements sind nicht schon deshalb von der Grundsteuer befreit, weil der Kläger nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen Zwecken dient (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG 1973) und der Grundbesitz unmittelbar für diese Zwecke verwendet wird. Dient nämlich Grundbesitz - wie im Streitfall die Appartements - zugleich Wohnzwecken, so ist er kraft ausdrücklicher Regelung in § 5 Abs. 1 GrStG grundsätzlich grundsteuerpflichtig, und zwar ohne Rücksicht darauf, von wem und zu welchem Zweck er benutzt wird. Ausgenommen sind lediglich die in § 5 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 GrStG aufgeführten Gemeinschaftsunterkünfte und (Wohn-)Räume. Hierzu gehören zwar auch Wohnräume unter der Voraussetzung, daß der steuerbegünstigte Zweck im Sinn des § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 3 oder 4 GrStG nur durch ihre Überlassung erreicht werden kann (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG). Wohnungen sind jedoch kraft ausdrücklicher Regelung in § 5 Abs. 2 GrStG stets steuerpflichtig. Der Gesetzgeber hat dabei keine Einschränkungen hinsichtlich einer bestimmten Art der Nutzung gemacht. Wohnungen sind daher selbst dann nicht von der Grundsteuer befreit, wenn ihre Überlassung gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient. Der Gesetzgeber hat damit eine eindeutige Entscheidung dahin getroffen, daß - abgesehen von den Wohnungen im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrStG (Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener) - bei einer Mehrheit von Räumen, die den Begriff der Wohnung erfüllt, stets das Überwiegen des Wohnzweckes anzunehmen und Grundsteuerpflicht gegeben ist. Diese eindeutige Regelung erlaubt es nicht, Wohnungen, die eine gemeinnützige Körperschaft an sozial schwache Bevölkerungskreise und/oder hilfsbedürftige Personen vermietet, mit Rücksicht auf den gemeinnützigen oder mildtätigen Zweck, von der Grundsteuer freizustellen. Ob eine Grundsteuerbefreiung in Fällen der vorliegenden Art sozialpolitisch wünschenswert wäre, unterliegt nicht der Beurteilung durch den Senat.
b) Die Finanzverwaltung hat zwar § 5 Nr. 3 GrStG 1951, der mit § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG 1973 vergleichbar ist, unter bestimmten Voraussetzungen auch in den Fällen angewendet, in denen Stiftsinsassen in Wohnstiften der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und der ihnen als Mitglieder angeschlossenen Körperschaften und Personenvereinigungen zwar nicht ein einzelner Wohnraum, sondern eine Wohneinheit von ein oder zwei Zimmern mit Nebengelaß überlassen wurde (Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 18. Februar 1957 an den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband e. V. in Frankfurt - IV-C/1 - L 1105, abgedruckt in: Der Betrieb - DB - 1957, 494). Hierauf kann sich der Kläger jedoch nicht mit Erfolg berufen, und zwar unabhängig davon, ob diese Verwaltungsanweisung mit § 5 Nr. 3 GrStG 1951 in Einklang stand. Entscheidend ist, daß in dem im Streitfall anzuwendenden GrStG 1973 im Unterschied zum GrStG 1951 mit § 5 Abs. 2 eine ausdrückliche gesetzliche Regelung enthalten ist, wonach Wohnungen stets grundsteuerpflichtig sind.
2. Bei den streitbefangenen Appartements handelt es sich entgegen der Auffassung des FG nicht um Wohnräume im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG, sondern um Wohnungen (§ 5 Abs. 2 GrStG).
Das GrStG erläutert den Begriff der Wohnung nicht. In Abschn. 24 Abs. 2 der Grundsteuer-Richtlinien (GrStR) 1974 ist dazu bestimmt, daß als Wohnung einzelne oder mehrere Räume anzusehen seien, die zur Führung eines Haushalts geeignet und zu diesem Zweck jeweils mit Küche oder Kochgelegenheit, Wasserversorgung und Toilette ausgestattet sind, wobei regelmäßig ein erkennbarer Abschluß der Wohnung vorhanden sein müsse.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Bewertungsrecht ist unter einer Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, daß sie die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen (vgl. insbesondere Urteil vom 24. November 1978 III R 81/76, BFHE 126, 565, BStBl II 1979, 255). In gleicher Weise ist grundsätzlich auch der Begriff Wohnung im Sinne des § 5 Abs. 2 GrStG auszulegen.
3. Die Entscheidung im Streitfall erfordert nicht, abschließend zu erörtern, welche Voraussetzungen im einzelnen gegeben sein müssen, um eine Mehrheit von Räumen als Wohnung im Sinne des § 5 Abs. 2 GrStG ansehen zu können. Bezogen auf den dem Streitfall zugrunde liegenden Sachverhalt läßt der Begriff Wohnung die Auslegung zu, daß ein abgeschlossenes Appartement, das sich in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim mit Gemeinschaftsverpflegung befindet, jedenfalls dann noch eine Wohnung darstellt, wenn es - wie im Streitfall - aus mindestens einem Zimmer, Bad und WC, Flur und Loggia mit einer Gesamtwohnfläche von mehr als 20 qm besteht und es eine Küchenkombination, bestehend aus Spüle mit Warm- und Kaltwasser, Kühlschrank und zwei eingebauten Elektrokochplatten aufweist. Bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen ist eine Haushaltsführung in einem Altenheim oder Altenwohnheim auf Dauer möglich.
Diese Auslegung des Senats entspricht dem Gesamtplan des Gesetzes, auch Grundbesitz, der für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird, der zugleich aber Wohnzwecken dient, nur ausnahmsweise von der Grundsteuer zu befreien. Daß der Gesetzgeber den Rahmen der Befreiung eng gezogen wissen wollte, ergibt sich u. a. daraus, daß selbst Bereitschaftsräume, die gerade keine Wohnungen im Sinne des § 5 Abs. 2 GrStG sind und gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 GrStG grundsätzlich nicht der Grundsteuer unterliegen, immer dann nicht grundsteuerbefreit sind, wenn sie zugleich die Wohnung des Inhabers darstellen.
a) Ob in einer Mehrheit von Räumen die Führung eines selbständigen Haushalts möglich ist, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung (vgl. BFHE 126, 565, BStBl II 1979, 255). Das Bild einer Wohnung nach der Verkehrsauffassung wird aber wesentlich auch durch die örtlichen Verhältnisse mitbestimmt. Deshalb hat der erkennende Senat beispielsweise an die Größe von Wohnungen in Gebäuden in Wochenendgrundstücken geringere Anforderungen gestellt als an Wohnungen in sonstigen Wohngebäuden (Urteil vom 25. Mai 1979 III R 101/77, BFHE 128, 263, BStBl II 1979, 542). Ebenso können an eine Wohnung in einem Altenheim oder Altenwohnheim nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an eine Wohnung in einem Ein- oder Zweifamilienhaus. Der Haushalt, der in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim geführt wird, kann nicht mit einem solchen verglichen werden, wie er üblicherweise in einem Ein- oder Zweifamilienhaus geführt wird. Den Heimbewohnern steht die Gemeinschaftsverpflegung zur Verfügung mit der Folge, daß die Haushaltsführung allgemein in der Weise eingeschränkt ist, daß die Hauptmahlzeiten regelmäßig nicht mehr in der Wohnung selbst zubereitet werden. Dementsprechend sind nach der Verkehrsauffassung auch geringere Anforderungen an Größe und Ausstattung einer Wohnung in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim zu stellen. Die Anforderungen werden durch die eingeschränkte Haushaltsführung bestimmt. Mit Rücksicht darauf, daß die Hauptmahlzeiten nicht mehr in den Appartements selbst zubereitet werden, ist es daher entgegen der Auffassung des FG nicht erforderlich, daß ein Herd mit Backröhre und eine eigene Arbeitsplatte vorhanden sind. Ebenso hält der Senat die Belüftung des Zimmers über das Fenster für noch ausreichend. Entgegen der Auffassung des FG sind insoweit die Vorschriften der Bayerischen Bauordnung nicht einschlägig. Für Altenwohnungen und Wohnungen in Altenwohnheimen galten eigene Planungsempfehlungen, die teilweise andere Regelungen enthalten als das II. WoBauG und die Bauordnungen der Länder (vgl. dazu die Planungsempfehlungen des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 26. Februar 1973, Bundesanzeiger 1973 Nr. 49, 5). Aber auch diese Empfehlungen bilden nur einen Anhaltspunkt und sind jeweils im Zusammenhang mit anderen die Verkehrsanschauung bestimmenden Faktoren zu würdigen. Das gleiche gilt hinsichtlich der Regelungen in der Verordnung über bauliche Mindestanforderungen für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (HeimMindBauV) vom 27. Januar 1978 (BGBl I 1978, 189). Im übrigen galten bzw. gelten die Planungsempfehlungen und die HeimMindBauV nur für künftige Bauten.
Bei den Ein-Zimmer-Appartements ist ferner unerheblich, daß sie nur eine Wohnfläche von etwa 20,25 qm bzw. 30 qm aufweisen. Nach der Verkehrsauffassung sind nämlich an die Größe von Wohnungen in Altenwohnheimen bzw. Altenheimen geringere Anforderungen zu stellen als an solche in sonstigen Wohngebäuden. In Altenwohnheimen und Altenheimen sind im allgemeinen geringere Wohnflächen üblich als beispielsweise in einem Ein- oder Zweifamilienhaus.
b) Die Appartements im Wohnstift des Klägers sind nicht deshalb als Wohnräume im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG anzusehen, weil die sogenannten Etagendamen jederzeit Zutritt zu den Appartements haben. Abgesehen davon, daß dies regelmäßig im Interesse der Bewohner liegen dürfte, kommt es entscheidend darauf an, daß fremde Dritte grundsätzlich nicht ohne Zustimmung der Wohnungsinhaber die Appartements betreten können. Ebensowenig ist entscheidend, ob möglicherweise eine beschränkte Zugangsmöglichkeit zum Wohnstift besteht.
Auf die Grundsteuerpflicht der streitbefangenen Appartements ist es ferner ohne Einfluß, daß das Wohnstift in den Anwendungsbereich des Heimgesetzes vom 7. August 1974 (BGBl I 1974, 1873) einbezogen ist (vgl. Troll, Grundsteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 5 Rdnr. 7).
Die Wohnungen können schließlich nicht deshalb von der Grundsteuer befreit werden, weil sie nach dem Vorbringen des Klägers auch an sozial schwache Bevölkerungskreise vermietet werden. Es ist nicht Sache der Gemeinden, durch Verzicht auf die Grundsteuer die Mietpreisgestaltung und damit auch den Pensionspreis zugunsten der Stiftsbewohner zu beeinflussen (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache VI/3418, 81 zu § 5).
4. Da das FG von einer anderen Auffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.
5. Entgegen der Auffassung des FA sind jedoch die Gemeinschaftsräume grundsteuerbefreit. Sie dienen dem Betrieb des Wohnstifts als solchem. Sie sind keine Zubehörräume zu den Appartements. Dies wird insbesondere durch die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse verdeutlicht. Die Gemeinschaftsräume sind, da sie zum satzungsgemäßen Zweck eines als gemeinnützig anerkannten Wohnstifts genutzt werden, von der Grundsteuer befreit (vgl. Troll, a. a. O.). Diese Grundsteuerbefreiung wirkt sich jedoch im Streitfall nur hinsichtlich der Einheitswertfeststellung, nicht jedoch bei der Grundsteuer aus.
a) Gemäß § 19 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes (BewG) i. d. F. des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung erfolgen Feststellungen nach den Absätzen 1 bis 3 nur, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Unterliegt eine wirtschaftliche Einheit nur mit einem Teil der Besteuerung, so ist nur für diesen Teil ein Einheitswert festzustellen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26. September 1980 III R 67/78, BFHE 131, 524, BStBl II 1981, 208). Im Streitfall war daher entgegen der Auffassung des FA ein Einheitswert nicht für die gesamte wirtschaftliche Einheit, sondern nur für den Grundbesitz mit Ausnahme der Gemeinschaftsräume festzustellen. Insoweit kann die Revision keinen Erfolg haben.
Das FG hat jedoch - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - keine Feststellungen darüber getroffen, inwieweit der vom FA als "gemeinschaftliche Flächen" bezeichnete Grundbesitz tatsächlich als Gemeinschafts- und Bereitschaftsräume (vgl. § 5 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 GrStG) steuerbefreiten Zwecken dient. Das FG wird die erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
b) Hinsichtlich der Grundsteuer bedarf es jedoch einer Zurückverweisung der Sache an das FG nicht; denn selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, daß die gesamte, vom FA in der Einspruchsentscheidung aufgeführte Fläche der "Gemeinschafts- und Bereitschaftsräume" von 6 189 qm grundsteuerbefreit ist, verbleibt es bei dem vom FA festgesetzten Grundsteuermeßbetrag von ... DM.
Die Sache ist insoweit spruchreif. Nach den vorstehenden Ausführungen war die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 74361 |
BStBl II 1982, 671 |
BFHE 1983, 293 |