Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzleistung als Herstellungskosten eines Gebäudeausbaus; Anwaltskosten
Leitsatz (NV)
1. Schadensersatz wegen Rücktritts vom Erwerb eines Fertighauses kann entsprechend den Grundsätzen für vergebliche Planungsaufwendungen zu den Herstellungskosten für den Ausbau eines auf demselben Grundstück schon vorhandenen Wohngebäudes gehören (Anschluß u. a. an BFH-Urteil vom 8. April 1986 IX R 82/82, BFH/NV 1986, 528).
2. Anwaltskosten teilen als Folgekosten das rechtliche Schicksal der Zahlung, um die gestritten wurde (ständige Rechtsprechung).
Normenkette
EStG §§ 7, 9, 21
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine Ehefrau wurden im Streitjahr (1983) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
Im Jahr 1982 plante der Kläger, auf seinem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück ein Fertighaus der Firma X zu errichten, um hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Nachdem er zu der Auffassung gekommen war, das geplante Haus eigne sich nicht für ihn, trat er von dem Vertrag zurück und baute statt dessen sein schon bestehendes Haus aus. Er zahlte an die Firma X im Streitjahr als "Schadensersatz bei Vertragsrücktritt" ... DM. Anwaltskosten trug er in Höhe von ... DM.
Der Kläger erklärte für das Streitjahr als Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück einen Mietwert der selbstgenutzten Wohnung sowie vereinnahmte Miete aus der Einliegerwohnung und als Werbungskosten u. a. den an die Firma X gezahlten Betrag von ... DM zzgl. der Anwaltskosten.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) setzte für das Streitjahr in der Einspruchsentscheidung einen Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... DM an. Das FA berücksichtigte dabei den Mietwert der selbstgenutzten Wohnung mit ... DM und lehnte den Abzug der Zahlungen an die Firma X nebst Anwalts kosten von insgesamt ... DM als Werbungskosten ab. Die Absetzungen für Abnutzung (AfA) bemaß es nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit 5 v. H.
Das Finanzgericht (FG) erhöhte den Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung antragsgemäß auf ... DM. Es ließ den Betrag von ... DM zum Werbungskostenabzug zu und minderte den Mietwert der selbstgenutzten Wohnung auf den übereinstimmenden Antrag der Beteiligten auf ... DM.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG und des § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Es wendet sich gegen den Werbungskostenabzug von ... DM mit der Begründung, die Aufwendungen hätten nicht der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gedient.
In dem während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid vom 27. Mai 1994 berücksichtigte das FA die gemäß § 32 Abs. 8 Satz 1 EStG 1983/1985 i. d. F. des § 54 Abs. 1 EStG, Art. 1 Nr. 18 des Steueränderungsgesetzes 1991 rückwirkend erhöhten Kinderfreibeträge, beließ den Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unverändert bei ... DM, ermittelte ein zu versteuerndes Einkommen von ... DM und setzte die Einkommensteuer auf ... DM fest. Der Kläger hat den Änderungsbescheid gemäß §§ 68, 121 Satz 1, 123 Satz 2 FGO zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur teilweisen Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
I. Der während des Revisionsverfahrens erlassene Änderungsbescheid wurde auf den rechtzeitig gestellten Antrag des Klägers Gegenstand des Verfahrens (§§ 68, 121 Satz 1, § 123 Satz 2 FGO). Die Klage richtet sich nunmehr gegen diesen Bescheid. Aufgrund des Antrags des Klägers, die Revision zurückzuweisen, steht fest, daß er auch nach der rückwirkenden Erhöhung der Kinderfreibeträge nach wie vor sein bisheriges Begehren in der Sache unverändert weiterverfolgt. Dieses Begehren ist zulässig (Senatsurteile vom 27. Oktober 1992 IX R 152/89, BFHE 170, 57, BStBl II 1993, 589; vom 16. Februar 1993 IX R 63/88, BFHE 170, 543, BStBl II 1993, 659).
II. Die Vorentscheidung verletzt § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Das FG hat den an die Firma X gezahlten Betrag und die Anwaltskosten rechtsfehlerhaft als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt. Diese Aufwendungen sind Herstellungskosten und können daher nur im Wege der AfA abgesetzt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i. V. m. § 7 EStG).
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gehören die Kosten einer früheren, nicht verwirklichten Planung (vergebliche Planungskosten) grundsätzlich zu den Herstellungskosten eines auf demselben Grundstück errichteten Gebäudes (Urteile vom 6. März 1975 IV R 146/70, BFHE 115, 438, BStBl II 1975, 574; vom 11. März 1976 IV R 176/72, BFHE 119, 240, BStBl II 1976, 614; vom 29. November 1983 VIII R 96/81, BFHE 140, 208, BStBl II 1984, 303; vom 29. November 1983 VIII R 173/81, BFHE 140, 212, BStBl II 1984, 306; vom 8. April 1986 IX R 82/82, BFH/NV 1986, 528). Vergebliche Planungskosten gehören nur dann nicht zu den Herstellungskosten des Gebäudes, wenn es sich bei dem ursprünglich geplanten Gebäude und dem bei dem tatsächlich errichteten Gebäude nach Zweck und Bauart um zwei völlig verschiedene Bauwerke handelt und wenn daher die erste Planung in keiner Weise der Errichtung des neuen Gebäudes dient, wie z. B. bei der Errichtung eines Fabrikgebäudes anstelle eines ursprünglich geplanten Wohngebäudes (BFH-Urteile in BFHE 140, 208, BStBl II 1984, 303; in BFHE 140, 212, BStBl II 1984, 306; in BFH/NV 1986, 528). Diese Auffassung beruht auf der Überlegung, daß bei gleichem Zweck und bei gleicher Bauart des ursprünglich geplanten und des später errichteten Bauwerks grundsätzlich auch die Kosten der ursprünglichen Planung wertbestimmend in das neue Gebäude eingehen (BFH-Urteile vom 9. September 1980 VIII R 44/78, BFHE 131, 479, BStBl II 1981, 418; in BFHE 140, 208, BStBl II 1984, 303; in BFH/NV 1986, 528).
Im Streitfall handelt es sich bei dem ursprünglich geplanten Fertighaus und bei dem dann ausgebauten Wohnhaus nicht um völlig verschiedene Bauwerke. Der Kläger verfolgte mit dem Ausbau des bereits bestehenden Hauses die Zwecke weiter, denen zunächst das Fertighaus dienen sollte. Fertigbauweise und konventionelle Bauweise sind keine völlig verschiedenen Bauarten im vorstehend dargelegten Sinn (Senatsurteil in BFH/NV 1986, 528).
2. Aufgrund dessen kann der Abzug der strittigen Aufwendungen von ... DM als Werbungskosten entgegen der Aufassung des FA nicht mit der Begründung versagt werden, der Kläger habe bei der Zahlung nicht mehr beabsichtigt, aus dem Fertighaus Einkünfte zu erzielen. Denn der Kläger verfolgte seine Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück zu erzielen, weiter, indem er als Ersatz für das zunächst geplante Fertighaus das auf demselben Grundstück bereits bestehende Haus ausbaute. Der vorliegende Sachverhalt läßt sich nicht mit dem Fall vergleichen, daß ein zunächst geplantes Bauvorhaben aufgegeben wird und später auf einem anderen Grundstück ein Gebäude errichtet wird (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1983 VIII R 160/82, BFHE 140, 216, BStBl II 1984, 307).
3. Die Anwaltskosten teilen als Folge kosten das rechtliche Schicksal der Zahlung an die Firma X (Senatsurteile vom 1. Dezember 1987 IX R 134/83, BFHE 152, 237, BStBl II 1988, 431; vom 31. März 1992 IX R 164/87, BFHE 168, 104, BStBl II 1992, 805).
Fundstellen
Haufe-Index 64993 |
BFH/NV 1995, 382 |