Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhung eines Betriebsaufgabegewinns durch Zahlungen aufgrund einer Nachforderungsklausel
Leitsatz (amtlich)
Wird bei der Veräußerung landwirtschaftlich genutzter Flächen im Rahmen einer Betriebsaufgabe eine nachträgliche Kaufpreiserhöhung für den Fall vereinbart, dass die Flächen Bauland werden, so erhöht die Nachzahlung den steuerbegünstigten Aufgabegewinn im Kalenderjahr der Betriebsaufgabe.
Normenkette
AO 1977 § 164 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG 1990 §§ 14, 16 Abs. 2, 3 Sätze 1-2
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 04.12.2002; Aktenzeichen 12 K 605/98) |
Tatbestand
A. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die im Streitjahr (1993) zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger bewirtschaftete bis zum 30. Juni 1993 einen landwirtschaftlichen Betrieb, den er zum 1. Juli 1993 an die Klägerin verpachtete. Mit Schreiben vom 15. September 1993 erklärte er dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) gegenüber die Betriebsaufgabe mit Wirkung vom 30. Juni 1993.
Zuvor hatte er durch notariellen Vertrag vom 8. Juni 1993 eine zum Betriebsvermögen gehörende Teilfläche von 7,1988 ha zum Preis von 2 035 000 DM verkauft. Dabei gingen die Vertragsbeteiligten davon aus, dass wenigstens Teile der veräußerten Flurstücke (ca. 3,8900 ha) im zu erstellenden Bebauungsplan als Baugelände ausgewiesen würden und dass die übrigen nicht als Bauland auszuweisenden Flächen zukünftig einmal ebenfalls einer baulichen Nutzung zugeführt werden könnten. Für diesen Fall verpflichtete sich die Erwerberin, "den sich aufgrund der Nutzungsänderung aus heutiger Sicht ergebenden Mehrwert auszugleichen". Die rechnerische Ermittlung dieses Mehrwerts wurde in § 5 des notariellen Vertrags vom 8. Juni 1993 verbindlich geregelt.
Bereits im Oktober 1994 konkretisierte sich die Bebauungsmöglichkeit der ursprünglich nicht als Bauland ausgewiesenen Flächen. Unter Bezugnahme auf § 5 des Kaufvertrages vom 8. Juni 1993 ermittelten die Vertragspartner in der notariellen Urkunde vom 7. Oktober 1994 für eine Fläche von 2,7400 ha einen Ausgleichsbetrag von 1 315 200 DM, der dem Kläger zusätzlich gezahlt wurde. Nach einer Betriebsprüfung bezog das FA diesen Betrag bei Ermittlung des Aufgabegewinns für das Streitjahr mit ein und änderte den unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden, bereits mehrfach geänderten Einkommensteuerbescheid 1993 entsprechend.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bezog sich im Wesentlichen auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und führte ergänzend aus, die einvernehmliche Erhöhung des Veräußerungspreises aufgrund der vereinbarten Nachforderungsklausel sei ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) und wirke auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück.
Mit ihrer dagegen gerichteten Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Sie tragen vor:
1. Das angefochtene Urteil sei in zweifacher Hinsicht nicht mit Entscheidungsgründen versehen und verstoße damit sowohl gegen § 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als auch gegen § 105 Abs. 5 FGO. Der Hinweis auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. September 2000 X R 148/97 (BFHE 193, 129, BStBl II 2001, 641) und die wörtliche Übernahme von Teilen der Begründung daraus seien eine unzulässige begründungsersetzende Verweisung, die zu einem Verfahrensfehler nach § 119 Nr. 6 FGO führe. Auch die Verweisung auf die Einspruchsentscheidung sei unzulässig, weil das FG dadurch ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen habe. Erst im Klageverfahren sei vorgetragen worden, dass es an einem Kausalzusammenhang zwischen der Aufstellung des Bebauungsplans und dem ursprünglichen Veräußerungsgeschäft gefehlt habe. Das habe daher im Einspruchsverfahren noch nicht berücksichtigt werden können.
Schließlich habe das FG den Akteninhalt unzureichend gewürdigt und dadurch seine Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 FGO verletzt. Obwohl die Grundstücksfläche Nr. 9/10 (richtig 9/4) 3,3589 ha umfasse, sei der Ausgleichsbetrag von 48 DM/qm nur für eine Teilfläche von 2,74 ha gezahlt worden. Da aber hinsichtlich der Flächendifferenz von 0,6189 ha auf Ausgleichsansprüche verzichtet worden sei, könne der Vorgang nicht als Kaufpreisanpassung, sondern nur als eigenständiger Erwerbsvorgang gewürdigt werden.
2. Die Vorentscheidung sei auch materiell-rechtlich fehlerhaft, denn die nachträgliche Berücksichtigung nach § 175 AO 1977 und § 16 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- setze zwingend das Bestehen einer Forderung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe voraus. Zu Unrecht sei das FG von einem einheitlichen Veräußerungsvorgang ausgegangen und habe den entgeltlich vereinbarten "Rechtsverzicht" außer Acht gelassen, der vollständig isoliert vom Kaufvertrag zu sehen sei. Aus dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92 (BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897) und der danach ergangenen Rechtsprechung (z.B. Senatsurteil vom 10. Februar 1994 IV R 37/92, BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564) folge, dass ein rückwirkendes Ereignis nur dann anzunehmen sei, wenn im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe eine Forderung bestanden habe. Nach zivil- und bilanzrechtlichen Grundsätzen habe die zwischen den Parteien vereinbarte Nachforderungsklausel aber keine Forderung begründet, deren spätere "Realisierung" zu einer nachträglichen Änderung des Betriebsaufgabegewinns hätte führen können.
Da der Anspruch auf Ausgleich des Mehrwerts unter der aufschiebenden Bedingung entstanden sei, dass die fragliche Fläche als Bauland ausgewiesen werde, sei mit dem Kaufvertrag vom 8. Juni 1993 lediglich ein Anwartschaftsrecht auf Wertausgleich entstanden, das nicht zu einem Schuldverhältnis zwischen den Beteiligten geführt habe. Eine Erfassung dieses Anwartschaftsrechts würde im Übrigen gegen das Realisations- und Imparitätsprinzip verstoßen, denn grundsätzlich seien Forderungen und Schulden nur in dem Umfang auszuweisen, als jeder Beteiligte nur Zug um Zug gegen Leistung eines anderen verpflichtet sei. In diesem Zusammenhang sei das FG rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass § 16 Abs. 2 EStG als spezialgesetzlicher Regelung Vorrang vor den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zukomme. Im Streitfall sei der vereinbarte Kaufpreis nicht nachträglich geändert, sondern es sei ein Anwartschaftsrecht begründet worden, das in keinem Zusammenhang zur Vereinbarung des Kaufpreises stehe, und das als aufschiebend bedingte Forderung nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht aktivierungsfähig sei (BFH-Urteil vom 26. April 1995 I R 92/94, BFHE 177, 444, BStBl II 1995, 594).
Nach alledem sei der Mehrwertbetrag auf Grund der Vereinbarung vom 7. Oktober 1994 bei Eintritt der Bedingung gezahlt worden. Da sie, die Kläger, hierauf keinen Einfluss hätten nehmen können, sei die Zahlung der nicht steuerbaren Vermögenssphäre zuzuordnen (BFH-Urteil vom 1. April 1998 X R 150/95, BFHE 186, 70, BStBl II 1998, 569). Eine spätere Änderung der baurechtlichen Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks infolge eines zuvor nicht bekannten Sinneswandels der Gemeinde könne nicht auf den Betriebsaufgabezeitpunkt zurückwirken (Senatsurteil vom 2. März 1989 IV R 201/85, BFH/NV 1990, 88). Die rückwirkende Änderung des Betriebsaufgabegewinns könne schließlich auch nicht von der zeitlichen Nähe des Eintritts der Bedingung abhängen; denn wäre der Bebauungsplan erst zu einem viel späteren Zeitpunkt aufgestellt worden, so wäre eine Behandlung als Privatvermögen unumgänglich gewesen. Auch im Streitfall sei die Nachzahlung so spät erfolgt, dass sie schon deshalb nicht mehr der Betriebsaufgabe zugeordnet werden könne, weil der für die Betriebsaufgabe erforderliche kurze Zeitraum überschritten sei (BFH-Urteil vom 26. April 2001 IV R 14/00, BFHE 195, 290, BStBl II 2001, 798).
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 1993 den Veräußerungsgewinn um 1 315 200 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das angefochtene Urteil des FG verstößt weder gegen formelles noch gegen materielles Recht.
I. Die Vorentscheidung ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Weder die gerügten Begründungsmängel noch der geltend gemachte Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz liegen vor.
1. Das Urteil des FG ist mit Gründen versehen.
a) Zu Unrecht beruft sich die Revision auf den Verfahrensmangel einer begründungsersetzenden Bezugnahme, weil das FG in den Entscheidungsgründen auf das Urteil des BFH in BFHE 193, 129, BStBl II 2001, 641 hingewiesen hat. Dieser Hinweis ist keine an Stelle von Entscheidungsgründen aufgenommene Verweisung auf die Gründe eines anderen Urteils, die nur dann unschädlich ist, wenn die Beteiligten von diesen Entscheidungsgründen hinreichend Kenntnis nehmen können; sei es, dass dieses Urteil als Anlage beigefügt oder zuvor in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden ist (s. dazu BFH-Urteil vom 14. Mai 1992 V R 96/90, BFHE 168, 306, BStBl II 1992, 1040 zu II.2.b der Gründe). Vielmehr handelt es sich um ein übliches Zitat, das allenfalls als begründungsergänzende Bezugnahme die vorangestellte Aussage zur Rückbeziehung der Kaufpreiserhöhung belegen soll.
b) Entgegen der Auffassung der Kläger folgt aber auch aus dem Umstand, dass sich das FG Formulierungen aus den Gründen der zitierten Entscheidung des BFH in BFHE 193, 129, BStBl II 2001, 641 zu Eigen gemacht hat, kein Begründungsmangel. Die Wiedergabe der Entscheidungsgründe dient der Mitteilung der wesentlichen rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die getroffene Entscheidung maßgeblich waren. Ein Fehlen von Entscheidungsgründen i.S. des § 119 Nr. 6 FGO liegt deshalb nur vor, wenn den Beteiligten die Grundlage entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Diese Prüfungsmöglichkeit der Beteiligten wird aber nicht dadurch eingeschränkt, dass sich ein Gericht der Formulierungen anderer Entscheidungen bedient. Jedenfalls kann aus einer solchen Übernahme einzelner Passagen der Urteilsbegründung in anderen Verfahren nicht geschlossen werden, das Gericht habe keine eigenständigen rechtlichen Erwägungen angestellt.
c) Schließlich ist auch die in den Gründen der Vorentscheidung enthaltene Verweisung auf die Einspruchsentscheidung des FA vom 3. September 1998 verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Die Kläger meinen, dem FG sei die Begründungserleichterung des § 105 Abs. 5 FGO deshalb verwehrt gewesen, weil sich die Einspruchsentscheidung noch nicht mit dem im Klageverfahren vorgetragenen Argument des fehlenden Kausalzusammenhangs zwischen der Veräußerung und der Kaufpreiserhöhung auseinander gesetzt habe; insoweit fehlten daher die Entscheidungsgründe, weil das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen habe.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Denn einmal handelt es sich bei der Berufung auf den fehlenden Kausalzusammenhang nicht um ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel, wie es vom erkennenden Senat in seiner Entscheidung vom 23. April 1998 IV R 30/97 (BFHE 186, 120, BStBl II 1998, 626) mit dem Vorbringen zur Höhe eines Veräußerungsgewinns zu beurteilen war, sondern lediglich um die Äußerung einer Rechtsansicht. Zum anderen aber hatte sich das FA in seiner Einspruchsentscheidung sehr wohl bereits mit diesem Vorbringen der Kläger auseinander gesetzt und (auf S. 5) ausgeführt, die "gegenteilige Auffassung …, nach der der nachträgliche Eintritt des vertraglich ausbedungenen Ereignisses ein rechtlich selbständiges und somit isoliert zu betrachtendes Ereignis" darstelle, "das nicht auf die ursprüngliche Veräußerung" zurückwirke, finde "weder in der Rechtsprechung noch im tatsächlich verwirklichten Sachverhalt eine Stütze".
2. Der von den Klägern gerügte Verfahrensverstoß im erstinstanzlichen Verfahren wegen Verletzung der Amtsermittlungspflicht (vgl. § 76 FGO) ist nicht erkennbar. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
II. Das Urteil des FG hat auch materiell-rechtlich Bestand. Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Erhöhung des Veräußerungspreises aufgrund der vereinbarten Nachforderungsklausel bei Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns zu berücksichtigen ist. Dies folgt indessen nicht aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977, sondern aus § 164 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 und unmittelbar aus § 14 i.V.m. § 16 Abs. 2 und 3 Sätze 1 und 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG a.F., jetzt: § 16 Abs. 3 Satz 6 EStG). Gleichwohl ist die zu § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 ergangene Rechtsprechung des Großen Senats des BFH im Beschluss in BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897 auch im Streitfall --hier zur Bestimmung des "Veräußerungspreises" (s. unten Nr. 2 a und b)-- zu berücksichtigen.
1. Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, dass dem Kläger mit der Verpachtung seines Betriebs (an die Klägerin) das sog. Verpächterwahlrecht mit der Möglichkeit der Betriebsfortführung oder jederzeitigen Erklärung der Betriebsaufgabe zustand. Zwar hat der Kläger die Betriebsaufgabe nach den Feststellungen des FG auf den 30. Juni 1993 erklärt, den Betrieb aber erst zum 1. Juli 1993 verpachtet, so dass die Betriebsaufgabeerklärung auch erst zum 1. Juli 1993 wirksam werden konnte. Für den Streitfall ist dies jedoch ohne Bedeutung, weil der Betriebsaufgabegewinn nicht einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr, sondern nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG dem Kalenderjahr hinzuzurechnen ist, in dem er entstanden ist.
Übereinstimmend haben die Beteiligten auch den Gewinn aus der Veräußerung der landwirtschaftlichen Flächen dem Aufgabegewinn hinzugerechnet. Daran könnten Zweifel bestehen, weil das von der Rechtsprechung geschaffene Verpächterwahlrecht (grundlegend Urteil des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124) von einer durch bloße Erklärung bewirkten Betriebsaufgabe uno actu ausgeht. Der Kläger hätte daher mit einer vorgezogenen Veräußerung einzelner Flächen, ungeachtet dessen, ob es sich dabei um wesentliche oder unwesentliche Betriebsgrundlagen handelte, einen laufenden Gewinn erzielt, um dann einen verkleinerten Betrieb zu verpachten. Der Senat wäre jedoch an einer Neuberechnung des Aufgabegewinns aufgrund des revisionsrechtlichen Verböserungsverbots gehindert, das es dem Revisionsgericht untersagt, die Rechtsstellung des Revisionsführers, wie sie sich auf Grund des FG-Urteils ergibt, zu seinen Ungunsten zu ändern (Senatsurteile vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179 unter 3. der Gründe, und vom 20. Januar 2005 IV R 22/03, BFHE 209, 108, BStBl II 2005, 559 unter 5. der Gründe).
2. Geht der Senat daher mit den Beteiligten davon aus, dass der Gewinn aus der Veräußerung der beiden Flächen Teil des begünstigten Aufgabegewinns ist, so hat das FA diesen Gewinn zutreffend um den Betrag erhöht, der dem Kläger auf Grund der Nachforderungsklausel gezahlt wurde.
a) Nach § 14 i.V.m. § 16 Abs. 2 und 3 Sätze 1 und 2 EStG a.F. gilt als Veräußerung auch die Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, wobei die Veräußerungspreise anzusetzen sind, wenn einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Betriebsaufgabe veräußert werden. Während der Begriff des Veräußerungsgewinns gesetzlich definiert ist (§ 16 Abs. 2 EStG), bestimmt das Gesetz den Begriff "Veräußerungspreis" nicht näher; er bedarf deshalb der Auslegung.
Nach Auffassung des Senats stimmen die Begriffe des Veräußerungspreises in § 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 2 (heute Satz 6) EStG a.F. überein. Zwar bezieht sich der Begriff des Veräußerungspreises nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG a.F. nur auf einzelne Wirtschaftsgüter, die im Rahmen der Betriebsaufgabe veräußert werden. Die Übereinstimmung der Begriffe folgt indes bereits aus der Gleichstellungsfiktion des Aufgabegewinns mit dem Veräußerungsgewinn. Danach ist unter dem Begriff des Veräußerungspreises der tatsächlich erzielte Erlös zu verstehen (BFH-Beschluss in BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897 unter C.II.2 der Gründe).
b) Wie der BFH im Beschluss in BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897 ausgeführt hat, ist nach dem Wortsinn als Veräußerungspreis der Preis zu verstehen, den der Veräußerer tatsächlich erzielt. Die vom Großen Senat des BFH zur Betriebsveräußerung angeführten, für diese Auslegung sprechenden Gründe (s. hierzu BFH-Beschluss in BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897 unter C.II.2.b der Gründe), treffen in gleicher Weise auf die Betriebsaufgabe zu. Soweit daher im Rahmen einer Betriebsaufgabe eine Veräußerung stattfindet, kann auch insoweit nur der tatsächlich erzielte Gewinn Anknüpfungspunkt einer begünstigten Besteuerung sein.
Nicht anders als bei einer Betriebsveräußerung erfordert dies auch bei einer Veräußerung im Rahmen einer Betriebsaufgabe, später eintretende Veränderungen beim ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreis solange und soweit materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt hat. Dabei ist es unerheblich, welche Gründe für die Minderung oder Erhöhung des Erlöses maßgebend waren (BFH-Beschluss in BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, a.a.O.).
Spätere Veränderungen des Veräußerungspreises wirken danach steuerrechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück. Der Vorgang ist damit noch dem betrieblichen Bereich zuzuordnen. Mithin ist es nicht entscheidungserheblich, ob eine auf der Veräußerung eines dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsguts beruhende Kaufpreisforderung auch weiterhin Betriebsvermögen des Veräußerers bleibt oder ob sie dessen Privatvermögen wird, ggf. unter welchen Voraussetzungen, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt.
c) Für den Streitfall folgt daraus, dass die Erhöhung des Veräußerungspreises für eine der veräußerten Flächen auf Grund der vereinbarten Nachforderungsklausel den in den Aufgabegewinn einzubeziehenden Veräußerungsgewinn für das Wirtschaftsgut erhöht. Diese Auffassung zur Auswirkung einer Nachforderungsklausel wird --allerdings für den Fall der Betriebsveräußerung-- auch im Schrifttum einhellig vertreten und als hinreichender Grund für die Änderung bestandskräftiger Bescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 gesehen (Bordewin, Finanz-Rundschau --FR-- 1994, 555, 559; Hörger/Rapp in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 16 Rn 111 a.E.; Kobor in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Anm. 346; Reiß in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 16 Rdnr. E 91; Schmidt/Wacker, EStG, 25. Aufl., § 16 Rz 386; Stahl in Korn, § 16 EStG Rz. 232). Für die im Streitfall erfolgte Änderung nach § 164 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AO 1977 gilt dies umso mehr.
3. Die Einwendungen der Kläger dagegen erweisen sich als unbegründet.
a) Insbesondere ist es unbeachtlich, ob im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe tatsächlich eine aktivierungsfähige Forderung auf Zahlung des erhöhten Kaufpreises bestanden hat. Bei der Aufgabe- oder Veräußerungsbilanz sind die Regeln der laufenden Bilanzierung, vor allem die zur periodengerechten Gewinnermittlung entwickelten Grundsätze, ohne Bedeutung (BFH-Urteile vom 3. Juli 1991 X R 163-164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802, 805 zu 2.e der Gründe, und vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637 unter II.2 der Gründe). Damit kann auch dem Einwand, die hier vertretene Auffassung verstoße gegen das Realisations- und Imparitätsprinzip, nicht gefolgt werden. Der Große Senat des BFH hat hierzu bemerkt, dass den Bestimmungen des § 16 EStG als spezialgesetzlicher Regelung über die Ermittlung des Veräußerungsgewinns Vorrang vor den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zukommt (BFH-Beschluss in BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897 unter C.II.3 der Gründe).
b) Zu Unrecht berufen sich die Kläger auch auf das Urteil des BFH in BFHE 186, 70, BStBl II 1998, 569, wonach der gemeine Wert eines Grundstücks, der zur Ermittlung eines Aufgabegewinns gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG "im Zeitpunkt der Aufgabe" anzusetzen ist, durch einen später auftretenden Altlastenverdacht nicht gemindert wird und dieser Verdacht daher auch kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 sein kann. Im Streitfall geht es nicht um die Frage, welchen Einfluss eine zuvor nicht absehbare, spätere Änderung der Verhältnisse auf den bei der Betriebsaufgabe anzusetzenden gemeinen Wert eines Wirtschaftsguts haben kann, sondern um die Bestimmung des Veräußerungspreises für ein Grundstück auf Grund einer Nachforderungsklausel. Maßgebend dafür ist eine zweckgerichtete Auslegung des Begriffs des Veräußerungspreises i.S. des § 16 Abs. 2 und 3 EStG, die nicht ohne weiteres auf den Begriff des gemeinen Werts zu übertragen ist. Nichts anderes gilt für die Bezugnahme auf das Urteil des Senats in BFH/NV 1990, 88, das zudem vor der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897 ergangen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1585735 |
BFH/NV 2006, 2198 |
BStBl II 2006, 906 |
BFHE 2007, 550 |
BFHE 214, 550 |
BB 2006, 2345 |
DB 2006, 2439 |
DStRE 2006, 1482 |
DStZ 2006, 750 |
DStZ 2007, 122 |
HFR 2007, 35 |