Leitsatz (amtlich)
Hat der Ehegatte eines Gesellschafters einer Personengesellschaft dieser ein Darlehen gegeben, so kann die Gesellschaft ihre Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens bei der Einheitswertfeststellung ihres Betriebsvermögens als Schuld abziehen. Die gegenteilige Auffassung des RFH im Urteil III 117/41 vom 2. Oktober 1941 (RStBl 1942, 21) ist durch die Entwicklung der Verhältnisse überholt und steht mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Frage der Ehegattenbesteuerung nicht in Einklang.
Normenkette
BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 2; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 24; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 75
Tatbestand
Die Revisionsbeklagte (Klägerin und Steuerpflichtige, im folgenden Steuerpflichtige genannt) betreibt in der Rechtsform einer KG eine Weberei. In dem berichtigten Einheitswertbescheid des Betriebsvermögens der KG auf den 1. Januar 1963, dem endgültigen Fortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1964 und in dem nach § 94 AO berichtigten Fortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1965 hatte das FA (Beklagter und Revisionskläger) den Einheitswert jeweils in zwei Punkten abweichend von der Vermögensaufstellung der Steuerpflichtigen festgestellt. Das FA hatte vorausgezahlte Versicherungsprämien für Kraftfahrzeug-, Betriebshaftpflicht-, Betriebsfeuer-, Musterkoffer- und Gebäudebrandversicherung sowie bei der Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1963 einen vorausgezahlten Handelskammerbeitrag 1963 dem Betriebsvermögen hinzugerechnet und auf der Passivseite eine Darlehnsschuld gegenüber der Ehefrau des geschäftsführenden Gesellschafters A im Hinblick auf § 24 Nr. 1 BewG nicht zum Abzug zugelassen. Das FA vertrat hierbei die Auffassung, daß durch die Vorauszahlung der Versicherungsbeiträge ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut geschaffen werde. Das jeweils bewertungsfähige Wirtschaftsgut bestehe in der Gewährung von Versicherungsschutz für einen bestimmten Zeitabschnitt. Ein Erwerber des Betriebs "kaufe" den Versicherungsschutz vom Veräußerer, dem dieser die Rechte aus dem Versicherungsvertrag übertrage. Die Nichtabzugsfähigkeit des Ehegatten-Darlehens bei der Einheitswertfeststellung der KG entspreche der derzeitigen Rechtslage (§ 24 Nr. 1 BewG).
Mit der Sprungklage machte die Steuerpflichtige geltend, die vorausbezahlten Versicherungsbeiträge stellten kein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut dar. Die Nichtzulassung des Abzugs des Ehegatten-Darlehens beim Betriebsvermögen der KG sei nicht gerechtfertigt, § 24 BewG verstoße insoweit gegen Art. 3 GG.
Die Sprungklage hatte teilweise Erfolg. Hinsichtlich der Erhöhung des Vermögens um die streitigen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten billigte das FG die vom FA vertretene Auffassung. Bei den Versicherungsverträgen handle es sich um schwebende Geschäfte, bei denen der eine Teil voraus geleistet habe und ein Ausgleich noch nicht stattgefunden habe. Dem Vorauszahlenden stehe der Anspruch auf Versicherungsschutz zu. Dieser Anspruch sei bewertungsfähig. Das werde bei der Kraftfahrzeugversicherung besonders deutlich. Hier könne durch Abmeldung des versicherten Fahrzeugs der Versicherungsvertrag sogar vorzeitig beendet und die für die Zeit nach der Abmeldung vorausentrichtete Prämie von der Versicherung zurückverlangt werden. Diese Rechtsauffassung entspreche auch der Rechtsprechung des BFH in den Urteilen III 347/60 U vom 17. Januar 1964 (BFH 79, 1, BStBl III 1964, 234) und III 142/61 U vom 14. Februar 1964 (BFH 79, 85, BStBl III 1964, 264, 266 linke Spalte). Die Ansprüche aus den Vorauszahlungen auf die Versicherungsprämien seien auch nicht aufschiebend bedingt im Sinne des § 4 BewG.
Hinsichtlich der Darlehnsforderung der Ehefrau des Gesellschafters A müsse zwischen dieser Forderung des Ehegatten und der Darlehnsschuld der Gesellschaft unterschieden werden. Die Darlehnsforderung des Ehegatten des Gesellschafters gehöre nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft. Es handle sich nicht um ein Wirtschaftsgut, das dem Betrieb der Gesellschaft diene. Die Darlehnsforderung des Ehegatten des Gesellschafters könne deshalb nicht als Betriebsvermögen der Gesellschaft behandelt werden. Hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Darlehnsschuld bei der KG müsse zwar in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung davon ausgegangen werden, daß Schulden dann nicht zum Abzug zugelassen werden könnten, wenn sie gegenüber einem Gesellschafter der Personengesellschaft beständen. Der Ehegatte eines Gesellschafters stehe aber dem Gesellschafter nicht gleich. Der Ehegatte des Gesellschafters sei nicht Mitunternehmer des Betriebs und werde vom Gesetzgeber auch nicht als solcher behandelt. Zwar habe der RFH den Grundsatz, daß es zwischen einer Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter weder Forderungen noch Schulden gebe, ausgedehnt und Ehegatten hinsichtlich ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen zur Gesellschaft ebenso behandelt wie die Gesellschafter selbst (RFH-Entscheidung III 117/41 vom 2. Oktober 1941, RStBl 1942, 21). Der Grund für diese Rechtsprechung habe in der im Vermögensteuerrecht vorgeschriebenen Zusammenfassung der nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu einer steuerlichen Einheit gelegen und "der in der Geschichte und im Wesen der deutschen Ehe begründeten persönlichen und wirtschaftlichen Gemeinschaft der Ehegatten" entsprochen. Diese Auffassung sei durch die Entwicklung der Verhältnisse überholt. Wie sich aus der Entscheidung des BVerfG 1 BvL 4/54 vom 17. Januar 1957 (BStBl I 1957, 193) zu § 26 EStG 1951 und aus späteren Entscheidungen des BVerfG ergebe, dürfte ein Steuerpflichtiger steuerlich nicht deshalb schlechtergestellt werden, weil er verheiratet sei. Das ergebe sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Wortlaut des § 24 Nr. 1 BewG zwinge auch nicht zu der vom FA vorgenommenen Auslegung. Das FA könne sich zwar auf das Urteil des RFH I A 496/27 vom 10. Januar 1928 (RStBl 1928, 58) stützen. Dort habe es sich aber um die Behandlung einer Darlehnsverbindlichkeit des Einzelunternehmers gegenüber seiner Ehefrau gehandelt, während es sich im vorliegenden Streitfall um die Darlehnsschuld einer Gesellschaft gegenüber dem Ehegatten eines Gesellschafters handle. Die Vorschrift des § 24 Nr. 1 BewG behandle unmittelbar nur die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten zueinander. Die Einbeziehung von Wirtschaftsgütern eines Gesellschafter-Ehegatten in den Einheitswert des Betriebsvermögens der Gesellschaft sei aber lediglich eine Folge hiervon. Es sei aber schon zweifelhaft, ob diese Folgewirkung seinerzeit mit der vom RFH gegebenen Begründung auch auf Schulden der Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter-Ehegatten hätte erstreckt werden können. Schulden und Forderungen eines Einzelunternehmers gegenüber sich selbst seien undenkbar. Es sei aber nicht nur bürgerlich-rechtlich, sondern auch steuerlich bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens anerkannt, daß Forderungen und Schulden zwischen einer Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter bestehen könnten. Jedenfalls entspreche die Auffassung des RFH nicht mehr den heutigen Anschauungen und sei mit Art. 3 GG wie auch mit Art. 6 GG nicht vereinbar. Die Nichtanerkennung der Schuld des Gesellschafter-Ehegatten habe zur Folge, daß sich der Einheitswert des Betriebsvermögens der Personengesellschaft entsprechend erhöhe. Da der Einheitswert des Betriebsvermögens die Grundlage für die Gewerbesteuermeßbeträge nach dem Gewerbekapital bilde, ergebe sich für diese Gesellschaft grundsätzlich eine höhere Gewerbesteuer als für eine Gesellschaft, bei der eine Betriebsschuld gegenüber Fremden bestehe. Zwar müßten auch Schulden gegenüber Fremden unter Umständen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG als sogenannte Dauerschulden wieder hinzugerechnet werden, so daß hierdurch eine gleichhohe Gewerbesteuer ausgelöst werden könne; dies müsse aber außer Betracht bleiben, weil nicht jede Schuld als Dauerschuld anzusehen sei. Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des § 24 Nr. 1 BewG würden die gleichen Überlegungen Platz greifen, die das BVerfG im Urteil 1 BvL 32/57 vom 24. Januar 1962 (BStBl I 1962, 492) veranlaßt hätten, die Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG für verfassungswidrig zu erklären. Es komme noch hinzu, daß § 24 Nr. 1 BewG nur für Ehegatten gelte, die bei der Vermögensteuer zusammenveranlagt werden. Ein einleuchtender und sachlicher Grund dafür, zwischen zusammenveranlagten und getrennt veranlagten Ehegatten in der Weise zu differenzieren, daß die nachteilige Auslegung des § 24 Nr. 1 BewG bei der Gewerbesteuer nur zusammenveranlagte Gesellschafter-Ehegatten treffen solle, sei nicht vorhanden.
Der Anteil des einzelnen Gesellschafters am Einheitswert des Betriebsvermögens bilde außerdem die Grundlage für die Vermögensteuer der Gesellschafter. Auch hier könne es sich zum Nachteil auswirken, wenn Darlehnsschulden gegenüber den Ehegatten eines Gesellschafters bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht berücksichtigt worden seien und deshalb der Anteil des Ehegatten des Darlehnsgebers entsprechend erhöht worden sei. Daß hierdurch eine Benachteiligung zusammenveranlagter Personen gegeben sei, ergebe sich auch aus Abschn. 69a VStR 1969. Es könne dahingestellt bleiben, ob es zulässig sei, im Verwaltungsweg eine derartige Regelung zu treffen, um verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 24 Nr. 1 BewG auszuräumen. Im Streitfall brauche das FG jedoch nicht dazu Stellung zu nehmen, ob und inwieweit § 24 Nr. 1 BewG verfassungswidrig sei oder nicht, da es im vorliegenden Fall möglich sei, die Vorschrift in verfassungskonformer Weise auszulegen. Da nämlich § 24 Nr. 1 BewG nur hinsichtlich der positiven Wirtschaftsgüter eine ausdrückliche Regelung bringe, stehe sie dem allein verfassungsgerechten Abzug einer betrieblichen Darlehnsschuld einer Gesellschaft gegenüber dem Ehegatten eines Gesellschafters bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens der Gesellschaft nicht entgegen.
Der hiernach gebotene Schuldenabzug könne sich aber in voller Höhe nur auf den 1. Januar 1964 und 1. Januar 1965 auswirken. Bei der Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1963 sei dagegen zu beachten, daß Gegenstand der Klage ein nach § 222 AO berichtigter Bescheid sei. Der ursprüngliche Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1963 sei bei Erlaß des Berichtigungsbescheids nach § 222 AO bereits rechtskräftig gewesen. Die Steuerpflichtige habe ihre Klage ausdrücklich als Anfechtungsklage bezeichnet und Herabsetzung der Einheitswerte beantragt. Bezüglich des Einheitswerts auf den 1. Januar 1963 könne aber das FG der Steuerpflichtigen nur soviel zusprechen, als im Rahmen des § 42 Abs. 1 FGO statthaft sei. Das bedeute, daß es nur den Berichtigungsbescheid aufheben könne mit der Folge, daß der ursprüngliche Einheitswertbescheid wieder in Kraft trete. Die Aufhebung sei geboten, weil die von der Betriebsprüfung zuungunsten der Steuerpflichtigen festgestellten neuen Tatsachen ohne Rücksicht darauf, ob sie von einigem Gewicht seien oder nicht, keine höhere Einheitswertfeststellung rechtfertigen, da sie bei weitem durch die begründeten Einwendungen gegen die auf Nichtzulassung des Schuldabzugs aus dem Darlehen des Gesellschafter-Ehegatten übertroffen würden. Das FG hob daher den berichtigten Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1963 auf und setzte die Einheitswerte auf den 1. Januar 1964 und 1965 um die streitigen Darlehnsschulden herab.
Die Revision des FA richtet sich gegen den vom FG zugelassenen Abzug des Ehegatten-Darlehens als Schuld beim Betriebsvermögen der KG. Die rechtliche Beurteilung der Vorschrift des § 24 Nr. 1 BewG durch das FG, so führt das FA aus, sei unzutreffend. Die Vorschrift sei auch mit dem GG vereinbar, wie der BFH wiederholt entschieden habe. Bei der Gewerbesteuer träten keine nachteiligen Folgen ein, da nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG bei einem Darlehnsabzug das Darlehen dem Gewerbekapital als sogenannte Dauerschuld wieder zuzurechnen sei. Soweit sich bei der Vermögensteuer eine Benachteiligung ergeben könne, werde diese Folge durch die im Abschn. 69a VStR 1963 vorgesehene Behandlung abgewendet. Das FA beantragt daher, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einheitswerte des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1963, 1964 und 1965 wiederherzustellen und der Steuerpflichtigen die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Soweit die Vorinstanz die vorausbezahlte Versicherungsprämie für Kraftfahrzeug-, Betriebshaftpflicht-, Betriebsfeuer-, Musterkoffer- und Gebäudebrandversicherung sowie bei der Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1963 einen vorausgezahlten Handelskammerbeitrag 1963 dem Betriebsvermögen hinzugerechnet hat, tritt der Senat dieser Rechtsauffassung bei.
Das FG hat auch die Darlehnsschuld der Steuerpflichtigen gegenüber der Ehefrau des geschäftsführenden Gesellschafters A bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens der KG im Ergebnis zu Recht zum Abzug zugelassen. Allerdings vermag sich der erkennende Senat der rechtlichen Beurteilung durch die Vorinstanz nicht in vollem Umfange anzuschließen. Das FG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß die Darlehns forderung der Ehefrau des Gesellschafters selbst kein positives Wirtschaftsgut der Personengesellschaft ist. Das sind vielmehr nur das hingegebene Geld oder die mit diesem Geld angeschafften Wirtschaftsgüter. Die Darlehnsforderung des Ehegatten des Gesellschafters kann deshalb nicht als Betriebsvermögen der Gesellschaft behandelt werden.
Ob die Darlehnsschuld der Gesellschaft gegenüber dem Ehegatten des Gesellschafters abzugsfähig ist, ist nach den allgemeinen Grundsätzen des Bewertungsrechts (§ 62 Abs. 1 BewG) und nach den von der Rechtsprechung hierzu aufgestellten Grundsätzen zu entscheiden. Nach § 62 Abs. 1 BewG können Schulden, die mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, vom Rohvermögen abgezogen werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt, da es sich bei der Darlehnsaufnahme um einen betrieblichen Vorgang der Gesellschaft handelte und eine rechtliche Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens besteht. Der Abzug dieser Schuld kann nicht nach § 24 Nr. 1 BewG versagt werden, und zwar aus folgender Überlegung:
Auszugehen ist von dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit, wie er in § 2 Abs. 1 BewG normiert ist. § 2 Abs. 2 BewG enthält hierzu die rechtlichen Voraussetzungen. Danach kommen mehrere Wirtschaftsgüter unter der Voraussetzung des Abs. 1 nur insoweit als eine wirtschaftliche Einheit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören. § 24 Nr. 1 BewG stellt eine Ausnahme zu § 2 Abs. 2, nicht zu § 2 Abs. 1 BewG dar. § 24 Nr. 1 BewG besagt, daß die Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 2 Abs. 1 BewG nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß sie zum Teil dem einen und zum Teil dem anderen Ehegatten gehören, wenn die Ehegatten zur Vermögensteuer zusammenveranlagt werden. Die Anwendung des § 24 Nr. 1 BewG setzt damit zunächst voraus, daß die sachlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BewG für die Zusammenfassung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit gegeben sind. Durch die Darlehnshingabe geht das hingegebene Geld in das Vermögen der Gesellschaft über. Insoweit ergibt sich kein besonderes Zurechnungsproblem aus der Sicht der Eigentumsverhältnisse. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß dieses Geld, das nun im Eigentum der Gesellschaft steht, Teil des Betriebsvermögens der Gesellschaft ist. Mit der Hingabe des Geldes entsteht aber aufgrund des Darlehnsvertrags eine Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber dem darlehnsgewährenden Gesellschafterehegatten, das erhaltene Geld zurückzuerstatten (§ 607 BGB). Diese Schuld wäre nur dann nicht abzugsfähig, wenn das Schuldverhältnis als Ganzes zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören würde. Diese Folgerung kann aber aus § 2 Abs. 1 BewG nicht, zumindest nicht zwingend gezogen werden. Zwar können nach der Rechtsprechung Schulden dann nicht zum Abzug zugelassen werden, wenn sie gegenüber einem Gesellschafter der Personengesellschaft bestehen. Das ergibt sich daraus, daß bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens die einzelnen Gesellschafter aufgrund der sogenannten Bilanzbündeltheorie als Betriebsinhaber behandelt werden (siehe BFH-Entscheidungen III 255/60 U vom 10. April 1964, BFH 79, 334, BStBl III 1964, 354, und III 14/52 U vom 23. Januar 1953, BFH 57, 177, BStBl III 1953, 70). Das BVerfG hat diese Grundsätze der Bilanzbündeltheorie neuerdings in seiner Entscheidung 1 BvR 457/66 vom 15. Juli 1969 (Der Betrieb 1969 S. 1441) als mit den Grundsätzen des GG vereinbar erklärt. Der RFH hat allerdings in der Entscheidung III 117/41 vom 2. Oktober 1941 (a. a. O.) diesen Grundsatz, daß es zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern weder Forderungen noch Schulden gibt, ausgedehnt und Ehegatten hinsichtlich ihrer vermögensrechtlichen Beziehung zur Gesellschaft ebenso behandelt, wie die Gesellschafter selbst. Der erkennende Senat hält an dieser Rechtsprechung nicht fest. Der RFH hatte seine Entscheidung im wesentlichen darauf gestützt, daß die Zusammenfassung der nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu einer steuerlichen Einheit "der in der Geschichte und im Wesen der deutschen Ehe begründeten persönlichen und wirtschaftlichen Gemeinschaft der Ehegatten" entspreche; es würde dem Zweck und der wirtschaftlichen Bedeutung der Steuergesetze sowie der Volksanschauung widersprechen, wenn man in solchen Fällen zu einer steuerlich für den Pflichtigen günstigen Beurteilung kommen wolle. Wie die Vorinstanz zutreffend hierzu ausführt, sind die Grundsätze dieses Urteils durch die Entwicklung der Verhältnisse überholt, wie sich insbesondere aus den Entscheidungen des BVerfG 1 BvL 4/54 vom 17. Januar 1957 (a. a. O.) zu § 26 EStG und 1 BvL 32/57 vom 24. Januar 1962 (a. a. O.) zu § 8 Nr. 5 GewStG ergibt. Das BVerfG hat hier ausdrücklich ausgeführt, es liege auf der Hand, daß bei einer rein abgabenrechtlichen Bestimmung die Anknüpfung an den Ehestand nicht in der Natur der Sache liege, wie etwa im Familienrecht. Hieraus folgt, daß der Ehegatte des Gesellschafters im Hinblick auf seine vermögensrechtlichen Beziehungen zur Gesellschaft nicht dem Gesellschafter gleichgestellt werden kann.
Geht man von dieser, der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung Rechnung tragenden Beurteilung aus, so ist zwar die Schuld aufgrund der Darlehnsgewährung ein sogenanntes negatives Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens der Gesellschaft, die Forderung der Ehefrau des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft kann aber nicht als Wirtschaftsgut der Gesellschaft behandelt werden. Eine andere Beurteilung ist auch nicht aus § 24 Nr. 1 BewG herzuleiten, da diese Vorschrift nur die Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit regelt, wenn diese Wirtschaftsgüter zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten gehören unter der weiteren Voraussetzung, daß das Vermögen der Ehegatten zusammenzurechnen ist.
Der Abzug der Schuld kann auch nicht im Hinblick auf § 75 BewG (= § 119 BewG 1965) versagt werden. Diese Vorschrift steht in dem Abschnitt über das sonstige Vermögen. Sie kann weder mittelbar noch unmittelbar auf die Vorschriften über die Einheitsbewertung (§§ 20 bis 66 BewG = §§ 19 bis 109 BewG 1965) angewendet werden. Im übrigen hat diese Vorschrift, die nur die Zusammenrechnung des Vermögens von Ehegatten für die Zwecke der Ermittlung des Gesamtvermögens regelt, nicht zwingend zur Folge, daß die Ehegatten in ihren gegenseitigen Beziehungen zueinander als eine Person behandelt werden müssen.
Bei dieser Rechtslage braucht auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 24 Nr. 1 BewG nicht eingegangen zu werden.
Nach alledem hat das FG die Schuld der Gesellschaft aus dem Darlehnsvertrag mit dem Ehegatten ihres Gesellschafters zu Recht zum Abzug zugelassen. Die Revision gegen die Vorentscheidung kann daher keinen Erfolg haben (§ 126 Abs. 4 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 68881 |
BStBl II 1970, 197 |
BFHE 1970, 561 |