Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 28.11.2001) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 28. November 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßigen Betruges” in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts Erfolg.
Nach den Feststellungen beantragte in drei Fällen die gesondert verfolgte Roswitha E. oder – im Fall II. 1 der Urteilsgründe – eine andere Person bei der Deutschen Telekom unter falschen Namen Telefonanschlüsse in der Absicht, die anfallenden Telefongebühren nicht zu bezahlen. Nach Freischaltung der Anschlüsse betrieb sie zusammen mit anderen Personen in drei Wohnungen jeweils eine „Telefonstube”, in der „Telefonisten” Telefongespräche vom Libanon in die ganze Welt gegen Bezahlung vermittelten. Die nicht bezahlten Telefonrechnungen der Deutschen Telekom AG betragen 252.000 DM, ca. 50.547 DM und ca. 55.440 DM. Der Angeklagte, der sich eine laufende Einnahmequelle verschaffen wollte, war in Kenntnis der genauen Tatumstände in den „Telefonstuben” als „Telefonist” eingesetzt und erhielt für seine Tätigkeit pro Tag 150 DM.
Die Strafkammer geht ohne weitere Prüfung davon aus, der Angeklagte habe in allen drei Fällen als Mittäter einen Betrug begangen. Ob ein Tatbeteiligter als Mittäter eine Tat begeht, ist nach den gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für die Beurteilung können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so daß Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr., vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 14). Die Strafkammer hat nicht festgestellt, daß der Angeklagte einen Telefonanschluß selbst beantragt oder beim Betrieb der „Telefonstuben” eine leitende Funktion ausgeübt hat. In allen Fällen ist er erst nach der Freischaltung der Telefonanschlüsse und damit nach Vollendung des jeweiligen Betruges tätig geworden. Die Aufgabe eines „Telefonisten” war im Gesamtgeschehen von einer eher untergeordneten Bedeutung, was sich auch an der – gemessen an den eingetretenen Schäden sowie den von den Hauptverantwortlichen erzielten Gewinnen – relativ geringen Entlohnung zeigt. Genauere Feststellungen darüber, an wie vielen Tagen der Angeklagte als „Telefonist” gearbeitet hat, konnten nicht getroffen werden. Angesichts der bislang festgestellten Beteiligung des Angeklagten versteht sich die Annahme von Mittäterschaft somit nicht von selbst, zumal beim Eintritt in das Gesamtgeschehen nach Vollendung des Betruges und Ausüben einer eher untergeordneten Rolle die Annahme von Beihilfe nahe liegt (vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 5; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 25 Rdn. 9).
Da das Landgericht zu der erforderlichen Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe keine Erwägungen angestellt hat und der Senat nicht ausschließen kann, daß in einer neuen Verhandlung noch tragfähige Feststellungen für Mittäterschaft getroffen werden können, war das Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der neue Tatrichter hat auch Gelegenheit zur Prüfung, ob sich der Angeklagte wegen bandenmäßigen Betrugs (§ 263 Abs. 5 StGB) oder Beihilfe dazu strafbar gemacht hat.
Unterschriften
Tolksdorf, Rissing-van Saan, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Miebach ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Tolksdorf, Pfister, von Lienen
Fundstellen
Haufe-Index 2559818 |
NStZ 2002, 482 |
wistra 2002, 255 |
PStR 2002, 9 |
Kriminalistik 2002, 588 |