Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertgrenzen für einen besonders schweren Fall von Steuerhinterziehung
Leitsatz (redaktionell)
Ein besonders schwerer Fall von Steuerhinterziehung liegt vor, wenn der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat, etwa bei Steuererstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle, Kettengeschäfte oder durch Einschaltung von sog. Serviceunternehmen, ab einem Betrag von 50.000 EUR. Wurden die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, z. B. durch Nichterklärung eines Teils der Umsätze, liegt die Wertgrenze zum großen Ausmaß bei 100.000 EUR.
Normenkette
AO § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 12.11.2010) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. November 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Ergänzend bemerkt der Senat:
Ab einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 EUR sind Steuern in großem Maße verkürzt bzw. im großen Ausmaß nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO), wenn der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat, etwa bei Steuererstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle, Kettengeschäfte oder durch Einschaltung von sog. Serviceunternehmen. Beschränkt sich das Verhalten des Täters dagegen darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen – wie hier durch Nichterklärung eines Teils der Umsätze –, liegt die Wertgrenze zum großen Ausmaß bei 100.000 EUR (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08 –, Rn. 38, 39, BGHSt 53, 71, 85). Die Strafkammer ist zwar zunächst unzutreffend von der 50.000 EUR-Grenze ausgegangen. Hierauf beruht das Urteil jedoch nicht. Die Strafkammer hat nämlich gleichwohl bei den entsprechenden Taten keine besonders schweren Fälle i.S.v. § 370 Abs. 3 AO angenommen. Der Senat vermag auszuschließen, dass das Landgericht bei Vermeidung des Irrtums mildere Einzelstrafen und eine noch mildere Gesamtstrafe verhängt hätte.
Unterschriften
Nack, Wahl, Hebenstreit, Graf, Jäger
Fundstellen
BFH/NV 2011, 1820 |
wistra 2011, 396 |
AO-StB 2012, 23 |
NJW-Spezial 2011, 538 |