Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungsbeginn für Schadenersatzansprüche gegen einen Steuerberater wegen Nichtgewährung einer Investitionszulage
Leitsatz (redaktionell)
1. In Fällen von Schadensersatzansprüchen wegen des Verlustes von Subventionsansprüchen richtet sich der Verjährungsbeginn für den Ersatzanspruch nicht nach dem für das Steuerfestsetzungsverfahren geltenden Grundsatz, daß die Verjährung erst mit der Bekanntgabe des Bescheides des Finanzamtes beginnt, in dem sich der durch den Steuerberater verursachte steuerliche Nachteil niederschlägt.
2. Die Investitionszulage ist eine Subvention, die nicht in der Form einer steuerlichen Entlastung, sondern in Gestalt eines direkten Leistungsanspruchs gegen den Staat gewährt wird. Der Verlust eines derartigen Subventionsanspruchs wirkt sich demgemäß nicht erst in einem belastenden – und sei es auch nur durch den Verlust eines Steuervorteils beeinflußten – staatlichen Hoheitsakt aus, sondern beeinträchtigt die Vermögenslage des an sich Berechtigten unmittelbar, sobald feststeht, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der Zulage nicht erfüllt werden können. Ab diesem Zeitpunkt beginnt daher die dreijährige Verjährungsfrist des § 68 StBerG.
Normenkette
StBerG § 68; BGB §§ 276, 278
Verfahrensgang
OLG Köln (Urteil vom 22.06.1995; Aktenzeichen 12 U 212/94) |
LG Köln (Urteil vom 01.12.1994; Aktenzeichen 2 O 131/94) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Juni 1995 wird nicht angenommen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Streitwert: 73.279,32 DM
Gründe
Die Sache wirft keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf und ist richtig entschieden (§ 554 b ZPO).
Das Berufungsgericht hat in der Frage des Verjährungsbeginns zu Recht nicht die Rechtsprechung des Senats herangezogen, nach der die Verjährung des Ersatzanspruchs gegen einen Steuerberater, der steuerliche Nachteile seines Mandanten verschuldet hat, erst mit Bekanntgabe des Bescheids des Finanzamts beginnt, in dem sich der Nachteil niederschlägt. Diese Rechtsprechung beruht darauf, daß bis zum Erlaß des Steuerbescheids oftmals noch ungewiß ist, ob die Finanzbehörde einen steuerrechtlich bedeutsamen Sachverhalt aufdeckt, ob sie bestimmte Tatbestände aufgreift und welche Rechtsfolgen sie daraus zieht (BGHZ 119, 69, 72). Wegen der der Finanzverwaltung jedenfalls tatsächlich zur Verfügung stehenden Beurteilungs- und gelegentlich auch Ermessensspielräume konkretisiert sich der öffentlich-rechtliche, den Steuerpflichtigen belastende Steueranspruch in einer den Schaden begründenden Weise erst mit dem Erlaß des Steuerbescheids (vgl. Senatsurt. v. 11. Mai 1995 – IX ZR 140/94, NJW 1995, 2108 = BGHZ 129, 386). Diese das Steuerfestsetzungsverfahren kennzeichnenden Umstände sind in einem Fall wie dem vorliegenden nicht in vergleichbarem Ausmaß vorhanden. Bei der Investitionszulage handelt es sich um eine Subvention, die nicht in der Form einer steuerlichen Entlastung, sondern in Gestalt eines direkten Leistungsanspruchs gegen den Staat gewährt wird. Daß darüber das Finanzamt und nicht eine andere Verwaltungsbehörde entscheidet, hängt damit zusammen, daß die Subventionsvoraussetzungen teilweise von steuerrechtlich relevanten Merkmalen abhängen; dies macht die Angelegenheit aber nicht zu einem Steuerverfahren. Der Verlust eines derartigen Subventionsanspruchs wirkt sich nicht erst in einem belastenden – und sei es auch nur durch den Verlust eines Steuervorteils beeinflußten – staatlichen Hoheitsakt aus, sondern beeinträchtigt die Vermögenslage des an sich Berechtigten unmittelbar, sobald feststeht, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der Zulage nicht erfüllt sind und nicht mehr erfüllt werden können. Freilich muß, sofern ein Antrag gestellt wird, die zuständige Behörde hierüber erst noch entscheiden. Aber daß es auf diese Entscheidung für die Schadensentstehung nicht maßgeblich ankommen kann, zeigt schon der Fall, daß wegen – vom Berater schuldhaft verursachten – Nichtvorliegens der Voraussetzungen ein Antrag gar nicht erst gestellt wird. Die etwa zu treffende Entscheidung hat auch nicht die umfassende Beurteilung eines komplizierten, von vielen anderen steuerlich erheblichen Umständen beeinflußten Tatbestands zum Gegenstand, sondern bezieht sich auf einen von verhältnismäßig einfach zu beurteilenden, nicht ermessensbedingten Voraussetzungen abhängigen Leistungsanspruch gegen den Staat.
Auch hierbei können allerdings rechtliche Zweifelsfragen auftreten. Das zeigt im Streitfall die erst vom Finanzgericht entschiedene und für das hier anzuwendende Gesetz verneinte Frage, ob der Antrag, wie es der Kläger am 29. September 1983 in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Investitionszulagegesetz 1969 (BFH BStBl. II 1977, 782, 783 m.w.N.; vgl. dazu den Nichtanwendungserlaß des Bundesministers der Finanzen v. 4. November 1977, BStBl. I 1977, 550) getan hatte, insgesamt im voraus für ein sich über mehrere Jahre erstreckendes Investitionsvorhaben gestellt werden kann. Solche rein rechtlichen Auslegungsfragen rechtfertigen es jedoch nicht, bis zu einer Entscheidung durch die zuständige Verwaltungsbehörde ein bloßes, für den Verjährungsbeginn nicht ausreichendes Schadensrisiko anzunehmen. Auch die Möglichkeit, einen durch Versäumung der Antragsfrist verlorengegangenen Anspruch mit Hilfe eines Wiedereinsetzungsantrags doch noch zu verwirklichen, rechtfertigt es nicht, die Schadensentstehung als auf den Zeitpunkt der Entscheidung hierüber hinausgeschoben anzusehen (vgl. auch OLG Karlsruhe MDR 1990, 336, 337). Die mit dem Fristablauf eingetretene Verschlechterung der Vermögenslage hängt nicht davon ab, ob der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird (BGHZ 100, 228, 231; Senatsurt. v. 14. Juli 1994, aaO S. 2824).
Fundstellen