Entscheidungsstichwort (Thema)
Alleinvermieterstellung des Erwerbers einer zusammen mit einem nach der Umwandlung im Gemeinschaftseigentum stehenden Nebenraum vermieteten Eigentumswohnung
Leitsatz (amtlich)
Der Erwerber einer vermieteten Eigentumswohnung ist alleiniger Vermieter, wenn die Wohnung nach Überlassung an den Mieter in Wohnungseigentum umgewandelt worden ist und zusammen mit der Wohnung ein Kellerraum vermietet ist, der nach der Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer steht.
Normenkette
BGB § 571 Abs. 1
Verfahrensgang
KG Berlin |
LG Berlin |
AG Berlin-Charlottenburg |
Gründe
I.
Der Kläger ist Eigentümer einer an den Beklagten vermieteten Eigentumswohnung. Den Mietvertrag schloß der Beklagte im Jahre 1988 mit der BB KG. Diese war damals Eigentümerin des Hauses, in welchem sich zahlreiche weitere vermietete Wohnungen befinden. Nachdem die C-GmbH das Eigentum am Hausgrundstück erworben hatte, erklärte sie gegenüber dem Grundbuchamt die Teilung des Eigentums am Grundstück in der Weise, daß sie mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen verband. Dies wurde im Juni 1990 ins Grundbuch eingetragen. In der Folgezeit wurden die Eigentumswohnungen verkauft. Die an den Beklagten vermietete, in der Teilungserklärung mit der Nr. 27 bezeichnete Wohnung kaufte der Kläger. Seine Eintragung als Eigentümer im Grundbuch erfolgte im September 1992. Der vom Beklagten mit der Wohnung angemietete Kellerraum zählt nach der Teilungserklärung, ebenso wie die übrigen Kellerräume des Hauses, zum Gemeinschaftseigentum.
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung rückständigen Mietzinses und auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen sowie Beschädigungen der Mietsache gerichtete Klage als unbegründet abgewiesen. Es ist der Ansicht, der Kläger sei für die geltend gemachten Ansprüche nicht aktivlegitimiert. Die Sachlegitimation stehe ihm nur zusammen mit der Wohnungseigentümergemeinschaft des Hauses zu, in welchem sich die Wohnung des Klägers befinde. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch den Verkauf der Eigentumswohnungen seien die einzelnen Eigentümer nach § 571 Abs. 1 BGB Mitvermieter der an den Beklagten vermieteten Wohnung geworden, weil der mitvermietete Kellerraum im Gemeinschaftseigentum stehe und das Mietverhältnis hinsichtlich Wohnung und Keller ein einheitliches Ganzes sei.
Der Kläger hat das amtsgerichtliche Urteil mit der Berufung angefochten. Das Landgericht hält den Beklagten jedenfalls für verpflichtet, rückständigen Mietzins zu zahlen. Soweit der Kläger Schadensersatz wegen Beschädigungen der Mietsache fordere, bedürfe es noch einer Beweisaufnahme. Der Rechtsfrage, ob der Kläger für die behaupteten Ansprüche aktivlegitimiert sei, kommt nach Ansicht des Berufungsgerichts grundsätzliche Bedeutung zu.
Das Landgericht hat deshalb dem Kammergericht folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
„Ist der Wohnungseigentümer alleiniger Vermieter und deshalb allein aktivlegitimiert, von dem Mieter Schadensersatz aus positiver Forderungsverletzung und rückständigen Mietzins zu verlangen, obwohl die Wohnung nach Überlassung an den Mieter in Wohnungseigentum umgewandelt worden ist und zusammen mit der Wohnung ein Keller vermietet ist, der nach der Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer steht?”
Der 8. Zivilsenat des Kammergerichts möchte die ihm vorgelegte Rechtsfrage bejahen. Er sieht sich jedoch durch die Beschlüsse des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. April 1993 (24 W 1092/93, OLGZ 94, 20 = WuM 1993, 423 f) und des Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Juli 1996 (2 Wx 20/96, WuM 1996, 637 f = ZMR 1996, 614 f) gehindert, diese Rechtsansicht seiner Entscheidung zugrunde zu legen. In diesen in Rechtskraft erwachsenen Entscheidungen wird der gegenteilige Standpunkt vertreten und ausgeführt, nach § 571 Abs. 1 BGB würde beim Verkauf einer vermieteten Eigentumswohnung die Eigentümergemeinschaft in das Mietverhältnis mit eintreten, wenn und soweit der teilende Grundstückseigentümer an einen Wohnungsmieter auch Räume mitvermietet hat, die nach der Umwandlung im gemeinschaftlichen Eigentum stehen.
Der 8. Zivilsenat des Kammergerichts hat deshalb mit Beschluß vom 1. Oktober 1998 – 8 RE-Miet 7241/97 – dem BGH folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:
- „Ist der Erwerber einer vermieteten Eigentumswohnung alleiniger Vermieter, wenn die Wohnung nach Überlassung an den Mieter in Wohnungseigentum umgewandelt worden ist und zusammen mit der Wohnung ein Kellerraum vermietet ist, der nach der Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer steht?
Für den Fall der Verneinung der Frage 1:
Ist der Erwerber der Eigentumswohnung gleichwohl allein aktivlegitimiert, von dem Mieter Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt positiver Forderungsverletzung und rückständigen Mietzins zu verlangen?”
II.
Die Vorlage an den Bundesgerichtshof ist zulässig (§ 541 ZPO).
1. Die Vorlagefrage stellt sich in einem Rechtsstreit über Wohnraum, den das Landgericht als Berufungsgericht zu entscheiden hat (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
2. Die Vorlagefrage ist für das Verfahren beim Landgericht entscheidungserheblich.
Ist der Kläger nicht als alleiniger Vermieter anzusehen, weil sich der dem Beklagten mit überlassene Keller im Gemeinschaftseigentum sämtlicher Wohnungseigentümer befindet, ist die Klage von vornherein abzuweisen. Der Kläger ist dann nur zusammen mit den anderen Wohnungseigentümern Inhaber der Ansprüche, die auf rückständigen Mietzins und auf Schadensersatz wegen Beschädigungen der Mietsache gerichtet sind. Ist der Kläger hingegen hinsichtlich der Ansprüche aus dem Mietverhältnis allein aktivlegitimiert, ist seiner Berufung wegen des Mietzinsanspruchs ohne weiteres stattzugeben. Im übrigen steht der Umstand, daß es, wenn die Frage der Aktivlegitimation zugunsten des Klägers geklärt ist, zu den Schadensersatzansprüchen wegen der Schäden des Mietgegenstandes noch einer Beweisaufnahme bedarf, der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage auch insoweit nicht entgegen (Senat, BGHZ 101, 244, 249 f m.w.Nachw.).
3. Die Vorlage der Rechtsfrage durch den 8. Zivilsenat des Kammergerichts ist zu Recht erfolgt (§ 541 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Das Gericht will vom Beschluß des Kammergerichts – 24. Zivilsenat – vom 14. April 1993 - 24 W 1092/93 = WuM 1993, 423 f ebenso abweichen wie vom Beschluß des Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Juni 1996 - 2 Wx 20/96, WuM 1996, 637 f. Gegen die Zulässigkeit der Vorlage spricht nicht, daß das Kammergericht – 8. Zivilsenat – von Entscheidungen abweichen will, die nicht als Rechtsentscheide ergangen sind (Senat, BGHZ 89, 275, 279; 136, 314, 321).
III.
Der Senat beantwortet die Vorlagefrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.
1. Dabei wird nicht verkannt, daß der Wortlaut des § 571 Abs. 1 BGB und der Grundsatz der Einheitlichkeit eines Mietverhältnisses es nahelegen, in einschlägigen Fällen anzunehmen, die Gesamtheit der Wohnungseigentümer sei Vermieter der Eigentumswohnung geworden.
Nach § 580 BGB gilt die Vorschrift des § 571 Abs. 1 BGB auch für die Miete von Räumen. Deshalb beansprucht § 571 Abs. 1 BGB nach seinem Wortlaut auch dann Geltung, wenn ein mitvermieteter Kellerraum nach der Teilungserklärung (§ 5 Abs. 3 WEG) – anders als in dem vom Gesetz vorgesehenen Regelfall (§ 1 Abs. 3 WEG) – im gemeinschaftlichen Eigentum nach § 1 Abs. 5 WEG steht und Dritte damit verbundenes Sondereigentum (§ 1 Abs. 2 oder 3 WEG) erwerben. Denn der Erwerber erlangt neben seinem Sondereigentum entsprechende Eigentumsanteile an allen Räumen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen. Jeder Erwerber erwirbt mithin auch Miteigentum nach § 1008 BGB an einem vermieteten Kellerraum, sofern dieser nur im gemeinschaftlichen Eigentum steht. Kauft daher – nach Umwandlung in Wohnungseigentum – ein Erwerber eine vermietete Eigentumswohnung (notwendigerweise) zusammen mit einem entsprechenden Anteil an gemeinschaftlichem Eigentum, so ist der Tatbestand des § 571 Abs. 1 BGB erfüllt. Eine wörtliche Anwendung der Vorschrift hätte zur Folge, daß in einschlägigen Fällen hinsichtlich der im Sondereigentum stehenden Wohnung der Käufer Vermieter würde, hinsichtlich der im gemeinschaftlichen Eigentum mitvermieteten (Keller-)Räume indessen mit dem Erwerber die Gesamtheit der Wohnungseigentümer. Eine solche Zerlegung in zwei verschiedene Mietverhältnisse verstößt jedoch gegen den anerkannten Grundsatz der Einheitlichkeit eines Mietverhältnisses (zu diesem Grundsatz vgl. RGZ 124, 195, 198; BayObLG, Beschluß vom 12. Dezember 1990, NJW-RR 1991, 651 unter b) aa); Sternel MDR 1997, 315, 316). Eine in Rechtsprechung und Schrifttum weit verbreitete Auffassung nimmt daher jedenfalls in Fällen, in denen die Wohnungseigentümer sondereigentumsfähige Bestandteile des Gebäudes in gemeinschaftliches Eigentum überführt haben, eine Vermieterstellung der Wohnungseigentümergemeinschaft für das gesamte Mietverhältnis an (OLG Hamburg, Beschluß vom 18. Juli 1996 aaO unter 2; OLG Celle, Beschluß vom 11. Oktober 1995, WuM 1996, 222 unter II 2 a; LG Hamburg, Beschluß vom 16. Februar 1994, WuM 1994, 539 f und Urteil vom 19. November 1996, WuM 1997, 47 unter 2 und 3; AG Köln, Urteil vom 21. Januar 1986, WuM 1986, 109; Beuermann WuM 1995, 5, 6 f; Heile in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., 1999, Kap. II Rdnr. 862; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., 1999, § 571 BGB Rdnr. 8; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., 1988, I 49).
2. Diese Vervielfältigung der Vermieterstellung führt nicht nur für die Wohnungseigentümer, sondern auch für die Mieter zu einem höchst umständlich zu verwaltenden Mietverhältnis; bei einer Vielzahl von Wohnungseigentümern kann das auch zu einer völligen Blockade führen (Weitemeyer NZM 1998, 169, 175). Es treten unter anderem folgende Erschwernisse ein: Der Mietzins steht der Eigentümergemeinschaft nur als Bruchteilsgemeinschaft nach § 741 BGB gemeinschaftlich als Mitgläubiger nach § 432 BGB zu. Damit kann der einzelne Vermieter nur Zahlung an die Gemeinschaft verlangen; die Zahlung des Mietzinses durch den Mieter an nur einen Vermieter (etwa an den Erwerber der gemieteten Wohnung) befreit den Mieter nicht. Sämtliche auf das Mietverhältnis bezogene Willenserklärungen (z.B. Kündigungen, Abänderungen der Höhe des Mietzinses, Mitteilungen von Modernisierungsmaßnahmen nach § 541 b BGB) können die Vermieter im Außenverhältnis nur gemeinschaftlich abgeben. Damit werden Gemeinschaftsbeschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft zur internen Willensbildung auf der Vermieterseite in einer Vielzahl von Fällen erforderlich.
Die damit verbundenen Probleme werden bei Eigentumswohnanlagen mit häufig wechselnden Wohnungseigentümern noch verstärkt. In vielen Fällen werden Wohnungseigentümer und Mieter mit der Frage überfordert sein, wer zur Zeit Vertragspartner auf der Vermieterseite ist.
3. Im Schrifttum wird mehr und mehr auf die in der Praxis auftauchenden Schwierigkeiten aufmerksam gemacht (Teitge ZMR 1987, 281 ff; Sternel MDR 1997, 315 ff; Weitemeyer NZM 1998, 169, 174), die Umwandlung zu Eigentumswohnungen gar als „Umwandlungsfalle” bezeichnet (Beuermann WuM 1995, 5 ff).
Es ist auch zu berücksichtigen, daß die Komplizierung der Mietverhältnisse verkaufter Eigentumswohnungen sich nicht auf die Fälle beschränken würde, in denen ein zusätzlicher Raum mitvermietet wurde, der lediglich aufgrund einer Vereinbarung der Wohnungeigentümer im gemeinschaftlichen Eigentum steht. In vielen Eigentumswohnungsanlagen stehen den Bewohnern Gemeinschaftseinrichtungen wie Fahrstuhl, Waschküche, Trockenraum, Dachboden, Fahrradabstellraum oder Spielplätze zur Mitbenutzung zur Verfügung. Solche Gemeinschaftseinrichtungen gehören in der Regel ebenso zum gemeinschaftlichen Eigentum wie der Eingangsbereich einer Wohnanlage, deren Treppenhaus und Flure. Der Mietvertrag berechtigt den Mieter, diese Gemeinschaftseinrichtungen und Gebäudeteile zu benutzen. Nach § 571 Abs. 1 BGB und dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses müßte deshalb folgerichtig in allen Fällen des Vorhandenseins gemeinschaftlichen Eigentums der Verkauf einer Eigentumswohnung nach Umwandlung zur Vervielfältigung auf der Vermieterseite führen (so Teitge ZMR 1987, 281 f; Weitemeyer NZM 1998, 169, 173).
4. Rechtsprechung und Schrifttum suchen nach Wegen, den Verkauf einer Eigentumswohnung von den oben aufgeführten für den Rechtsverkehr schwer erträglichen Rechtsfolgen freizustellen.
a) Sternel (MDR 1997, 315, 316) befürwortet eine teleologische Reduktion der Regelung in § 571 Abs. 1 BGB. Er schlägt vor, das Tatbestandsmerkmal „Überlassen” auf die Einräumung von Alleinbesitz zu reduzieren. Dadurch würde sich der Kreis der Vermieter auf diejenigen Personen beschränken, die dem Mieter den Alleinbesitz am Sondereigentum vermitteln. Grundsätzlich würden damit andere Eigentümer von Wohnungen nicht deshalb Mitvermieter, weil sie Miteigentumsanteile an Gemeinschaftseinrichtungen innehaben, die der Mieter lediglich mitzunutzen befugt ist.
Wie Sternel (aaO) einräumt, bietet dieser Weg keine Lösung für Fallgestaltungen, in denen – wie vorliegend – dem Mieter Alleinbesitz an im Gemeinschaftseigentum stehendem Raum überlassen wurde. Sternel empfiehlt deshalb, bei künftigen Umwandlungen in Wohnungseigentum darauf zu achten, daß das Sondereigentum an der einzelnen Wohnung das jeweilige Mietobjekt in seinem gesamten Bestand umfaßt. Dies kann sich allerdings nicht auf die sogenannten Altfälle auswirken, in denen Umwandlung und Verkauf bereits erfolgt sind. Zudem kann die Begründung von Sondereigentum an Nebenräumen daran scheitern, daß es an einer Abgeschlossenheit (§ 3 Abs. 2 Satz 1 WEG) fehlt (Greiner ZMR 1999, 246 f).
b) Der vorlegende 8. Zivilsenat des Kammergerichts will den Anwendungsbereich von § 571 Abs. 1 BGB auf den vollständigen Eigentumserwerb eines Grundstücks oder Raumes (§ 580 BGB) beschränken und meint, auf die Veräußerung eines Miteigentumsanteils sei die Bestimmung nicht zugeschnitten. Als Ausnahmevorschrift greife § 571 Abs. 1 BGB nicht ein, wenn nur ein ideeller Miteigentumsanteil am vermieteten Grundstück bzw. am vermieteten Raum veräußert werde.
In dieser Allgemeinheit vermag der Senat dem Ansatz des Kammergerichts nicht zu folgen. Es besteht kein Bedürfnis danach, sämtliche Fälle der Übertragung von Miteigentum aus dem Anwendungsbereich von § 571 Abs. 1 BGB auszuklammern. Abgesehen davon ist das Recht des Miteigentümers nach Bruchteilen kein Sonderrecht, sondern seinem Wesen nach dem Sacheigentum gleichartig; es ist Eigentum, auf das alle Vorschriften über das Alleineigentum anwendbar sind (BGHZ 36, 365, 368).
5. Gleichwohl sieht der Senat die sachgerechte Lösung in einer nur eingeschränkten Anwendung der Bestimmung des § 571 Abs. 1 BGB.
a) Die Vorschrift enthält eine Durchbrechung des allgemeinen schuldrechtlichen Grundsatzes, daß Rechte und Pflichten nur zwischen den am Schuldverhältnis beteiligten Personen entstehen (Senat, BGHZ 107, 315, 320). Sie stellt eine Ausnahmeregelung dar, die dem Mietverhältnis für den Fall der Veräußerung des Mietgrundstücks insoweit eine gleichsam dingliche Wirkung beilegt, indem sie mit dem Übergang des Eigentums an dem vom Veräußerer vermieteten Grundstück auf den Erwerber auch die Vermieterrechte und -pflichten auf diesen übergehen läßt. Bei den Vorarbeiten zum BGB war die Norm nicht unumstritten. Im Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches war noch die gegenteilige Regelung („Kauf bricht Miete”) verankert. Im Rahmen der Beratungen der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs einigte man sich auf den Satz „Kauf bricht nicht Miete” (Prot. II S. 137 - 141). Grund dafür war, daß in den Rechtsgebieten, in welchen dieser Grundsatz bestehendes Recht war, insbesondere in den Gebieten des preußischen Allgemeinen Landrechts und des rheinisch-französischen Rechts, „… der entgegengesetzte Grundsatz des Entwurfs von der Bevölkerung und den maßgebenden Interessenkreisen als ein so schwerer Eingriff in das herrschende Rechtsbewußtsein empfunden worden sei, daß es nicht räthlich erscheine, denselben aufrechtzuerhalten.” Es galt, den Mieter vor „Austreibung” durch den Käufer zu schützen.
Die Vorschrift bezweckt mithin den Schutz des Mieters und Pächters (so auch Palandt/Putzo, BGB, 58. Aufl., § 571 Rdnr. 1). Sie wurde dazu geschaffen, einer Schlechterstellung des Mieters durch den Verkauf des Mietobjekts vorzubeugen; es ist nicht Sinn der Vorschrift, das Mietverhältnis insgesamt zu verändern oder gar aus rein formellen Gründen unnötig kompliziert zu gestalten. Als Ausnahmevorschrift ist § 571 Abs. 1 BGB eng auszulegen (Senat, BGHZ 107, 315, 320).
b) Hiervon ausgehend ist § 571 Abs. 1 BGB anzuwenden, soweit der mit ihm bezweckte Mieterschutz dies erfordert. Das heißt nicht, wie der 8. Zivilsenat des Kammergerichts meint, daß generell die Übertragung von Miteigentum durch § 571 Abs. 1 BGB nicht erfaßt wird. Wohl aber bedeutet dies, daß bei der Veräußerung von Wohn- oder Teileigentum sich die Wirkung der Bestimmung hierauf beschränkt und keine Anwendung auf die (notwendige) Mitveräußerung der mit dem Sondereigentum verbundenen Anteile am Gemeinschaftseigentum findet. Letzteres hat für den Schutz des Mieters keine Bedeutung. Verlangt ein Wohnungseigentümer die Herausgabe eines im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Raumes – hier des kraft besonderer Vereinbarung im Gemeinschaftseigentum stehenden Kellerraumes –, kann sich der Mieter gemäß § 986 BGB auf sein Recht zum Besitz berufen. Mängel des mitangemieteten im Gemeinschaftseigentum befindlichen Raumes kann der Mieter ebenso wie Mängel der Eigentumswohnung selbst nach § 537 BGB dem Erwerber und alleinigen Vermieter gegenüber geltend machen.
c) Bei dieser eingeschränkten Anwendung des § 571 Abs. 1 BGB erlangt der Erwerber des Sondereigentums die (alleinige) Vermieterstellung auch insoweit, als der Mieter Räume oder Gemeinschaftseinrichtungen aufgrund des Mietvertrages in Allein- oder Mitbesitz hat. Diese Erstreckung folgt aus dem oben genannten Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses (ebenso im Ergebnis, allerdings ohne Begründung: Palandt/Putzo, BGB, 54. Aufl., § 571 Rn. 6; Köhler/Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 4. Aufl., § 17 Rn. 25; Weitnauer/Lüke, WEG, 8. Aufl., Anh. § 13 Rn. 6; wohl auch Pick in B/P/M § 3 Rn. 17).
6. Ein Eingehen auf die zweite Vorlagefrage erübrigt sich, nachdem der Senat die Vorlagefrage zu 1) bejaht.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers, Dr. Wolst
Fundstellen
BGHZ |
BGHZ, 239 |
DB 1999, 1596 |
NJW 1999, 2177 |
BGHR |
BauR 2000, 152 |
EBE/BGH 1999, 230 |
NJW-RR 1999, 1313 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 1731 |
ZMR 1999, 546 |
ZfIR 1999, 526 |
DNotZ 1999, 1002 |
JZ 2000, 258 |
MDR 1999, 985 |
WuM 1999, 390 |
ZWE 2000, 26 |
OLG-Rspr. 1999, 3 |