Leitsatz (amtlich)
Zur Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß beim Vertrieb von Kommanditanteilen an einer Publikums-KG.
Normenkette
BGB §§ 276, 278; HGB § 161
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Urteil vom 20.09.1988) |
LG Mainz (Urteil vom 21.11.1986) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 20. September 1988 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 21. November 1986 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen auch die Kosten der Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagten zu 2 und 3 sind die Initiatoren und persönlich haftenden Gesellschafter der B. KG (B.). Es handelt sich um eine als geschlossener Immobilienfonds konzipierte und gestaltete Publikums-KG. Die Kommanditbeteiligungen am B. werden von der Beklagten zu 1 als steuerbegünstigte Kapitalanlage angeboten und vertrieben.
Der Kläger, der schon vorher die ebenfalls von der Beklagten zu 1 vertriebenen R. (R.) gezeichnet hatte, trat am 14./29. Dezember 1983 dem B. mit einer Kommanditeinlage von 200.000 DM bei. Mit seinem Hauptantrag begehrt er von den Beklagten als Gesamtschuldnern Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 200.000 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung seines Kommanditanteils aus den Gesichtspunkten des Verschuldens bei Vertragsschluß und der Prospekthaftung. Bei den Vertragsverhandlungen, die zur Zeichnung des Kommanditanteils führten, habe ihm der Zeuge H. zurechenbar für alle Beklagten ausdrücklich zugesichert, die Anteile am B. könnten ähnlich wie die bis dahin von ihm gezeichneten Anteile an den R., insbesondere dem R., nach zwei Jahren zu 85 % ihres Nominalwertes zurückverkauft werden. Diese Zusicherung sei unrichtig gewesen. Zudem sei der Emissionsprospekt fehlerhaft und unvollständig gewesen. Die Beklagten tragen vor, ein Rückverkauf nach zwei Jahren sei vertraglich nicht festgelegt worden. Erklärungen des Zeugen H. könnten ihnen nicht zugerechnet werden, der Emissionsprospekt sei nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung antragsgemäß stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage in der Berufungsinstanz nach Wiederholung der Beweisaufnahme abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger in erster Linie Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Oberlandesgerichts und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Gegen die im Revisionsverhandlungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertretene Beklagte zu 1 ergeht diese Entscheidung durch Versäumnisurteil, §§ 331, 557 ZPO (vgl. BGHZ 37, 79).
1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Zeuge H. den Kläger damit geworben, die Anteile an dem von der Beklagten zu 1 vertriebenen B. könnten ähnlich wie die bis dahin von dem Kläger bevorzugten R. nach Ablauf einer Spekulationsfrist von zwei Jahren zu 85 % ihres Nominalwertes zurückveräußert werden. Mit diesen Erklärungen habe sich der Zeuge an die Werbevorgaben der Beklagten zu 1, wie sie im einzelnen aus deren Rundschreiben an ihre Vertreter vom 2. und 6. Dezember 1983 ersichtlich seien, gehalten. Der bezeichneten Veräußerungsmöglichkeit sei, wie das Berufungsgericht u.a. aus dem Berechnungsbeispiel der Beklagten zu 1 folgert, das ausdrücklich nach zwei Jahren einen Veräußerungserlös in Höhe von 85 % des Nominalwertes ausweist, bei den Verhandlungen mit dem Kläger besondere Bedeutung beigemessen worden. Dennoch verneint das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus Verschulden bei Vertragsschluß mit der Begründung, der bei den Vertragsverhandlungen vorliegende Emissionsprospekt sehe keine Rückkaufsverpflichtung oder -garantie der Beklagten zu 1 vor; auch der Zeuge H. habe die Übernahme einer Rechtspflicht zum Rückkauf nicht zugesichert und überdies klargestellt, daß eine förmliche Rücknahmegarantie schon aus steuerlichen Gründen nicht abgegeben werden könne. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts schöpfen, wie die Revision mit Erfolg rügt, den nach der Beweisaufnahme im wesentlichen unstreitig gewordenen Sachverhalt, den auch das Berufungsgericht zugrunde legt, in rechtlicher Hinsicht nicht hinreichend aus. Das Berufungsgericht verkennt, daß es für die Haftung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß nicht darauf ankommt, ob dem Kläger eine rechtlich bindende Zusicherung erteilt worden ist, die Beklagte zu 1 werde die Anteile nach Ablauf einer zweijährigen Spekulationsfrist von ihm zurückkaufen. Die Haftung der Beklagten aus diesem rechtlichen Gesichtspunkt ist vielmehr bereits dann begründet, wenn der Kläger aufgrund der ihm gegenüber bei den Vertragsverhandlungen abgegebenen, den Beklagten zurechenbaren Erklärungen darauf vertrauen durfte, er erwerbe mit den von ihm gezeichneten Anteilen an dem B. eine Anlage, bei der die kurzfristige Wiederverkäuflichkeit aufgrund der konzeptionellen Ausgestaltung dieses Investitionsmodells in gleicher Weise wirtschaftlich gesichert sei wie bei den bisher von ihm erworbenen Anteilen an dem R. Die Voraussetzungen für eine solche Haftung sind, wie der Senat selber entscheiden kann, weil es dazu keiner ergänzenden tatrichterlichen Feststellungen bedarf, im vorliegenden Fall erfüllt.
3. Die Aufklärungspflicht im Rahmen von Vertragsverhandlungen erstreckt sich auf alle Umstände, die für den Kaufentschluß des anderen Teils erkennbar von wesentlicher Bedeutung sein können. Insbesondere ist bei vorvertraglichen Beratungsgesprächen jede Irreführung des künftigen Vertragspartners zu vermeiden. Wie auch das Berufungsgericht feststellt, legte der Kläger bei den Vertragsverhandlungen besonderen Wert auf eine gesicherte Rückgabemöglichkeit oder Wiederveräußerlichkeit der zu erwerbenden Anteile, weil er ausdrücklich nicht an einer längerfristigen Kapitalanlage, sondern an einem kurzfristigen Steuersparmodell interessiert war, bei dem er mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen durfte, die erworbenen Anteile nach Ablauf von zwei Jahren problemlos abstoßen zu können. Der Kläger hatte den Zeugen H. vom Anlagenbüro H., dessen sich die Beklagte zu 1 zum Absatz der von ihr vertriebenen Anlagen bediente, ursprünglich allein zu dem Zweck zu sich kommen lassen, um wie schon wiederholt in früheren Jahren Anteile an dem gleichfalls exklusiv von der Beklagten zu 1 vertriebenen R. zu erwerben, der seinen Wünschen entsprach, weil er auf die Erzielung einer hohen kurzfristigen Steuerersparnis bei anschließend nahezu unbegrenzter Wiederveräußerlichkeit der gezeichneten Anteile zugeschnitten war. Die hohe Fungibilität dieser auf einem Leasing-Modell basierenden Kapitalanlage war zumindest wirtschaftlich dadurch sichergestellt, daß die Anleger ihre Kommanditbeteiligungen nach Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres an die Gründungskommanditistin, die A. mbH abtreten konnten und überdies die Möglichkeit hatten, ihre Fonds-Anteile der D. GmbH, M. einem führenden Unternehmen der Leasing-Branche anzudienen, die schon vor deren Ausgabe ausdrücklich ihre Bereitschaft zu ihrem jederzeitigen Ankauf erklärt hatte. Da die von dem Kläger gewünschten Anteile an diesem Fonds nicht mehr verfügbar waren, bot der Zeuge dem Kläger statt dessen die ebenfalls von der Beklagten zu 1 vertriebenen Anteile an dem B. an, die jedoch aufgrund der abweichenden wirtschaftlichen Konzeption dieses Fonds mit dem R. in keiner Weise, vor allem nicht im Hinblick auf die Fungibilität seiner Anteile, vergleichbar sind. Im Gegensatz zu dem kurzfristigen Anlagemodell des R. ist der B. als längerfristige Kapitalanlage konzipiert, bei der die Möglichkeit, in den ersten Jahren erhebliche Steuerersparnisse zu erzielen, gegenüber der Chance, an den auf längere Sicht erwarteten Wertsteigerungen teilzuhaben, weitgehend in den Hintergrund tritt. Da die Anteile des B. nicht zur schnellen Wiederveräußerung bestimmt sind, ist diese auch nicht durch ein Ankaufsinteresse der D. oder eines anderen leistungsstarken Unternehmens der Leasing-Branche abgesichert. Die Anleger sind vielmehr bei späteren Wiederverkaufswünschen weitestgehend von der Aufnahmebereitschaft des allgemeinen Kapital- und Anlagenmarktes abhängig.
Da dem Zeugen H. aufgrund des Zweckes seines Besuches und des mit dem Kläger anschließend geführten Verkaufsgesprächs bewußt war, daß der Kläger nicht an einer langfristigen Kapitalanlage, sondern an einem Investitionsmodell interessiert war, bei dem er bei wirtschaftlich gesicherter leichter Wiederverkauflichkeit kurzfristig fühlbare Steuerersparnisse erzielen konnte, hätte es die Erfüllung der dem Kläger gegenüber bestehenden Beratungs- und Aufklärungspflicht geboten, ihn nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß es sich bei dem B., den der Zeuge dem Kläger anstelle des ausverkauften R. anbieten konnte, um ein zwar nach der Beurteilung seiner Initiatoren und Vertreiber ebenfalls lohnendes, aber von dem R. grundlegend verschiedenes, mit ihm in keiner Weise austauschbares Investitionsmodell handelte. Insbesondere wäre der Kläger darüber aufzuklären gewesen, daß er bei dieser Anlageform infolge mangelnder wirtschaftlicher Absicherung der Wiederveräußerlichkeit durch die Ankaufbereitschaft eines großen Unternehmens der Anlagen-Branche anders als bei dem R. nicht darauf vertrauen konnte, seine Anteile jederzeit wieder kurzfristig verkaufen zu können, sondern ein späterer Wiederverkauf nur nach Maßgabe der jeweils gegebenen Aufnahmefähigkeit des freien Kapitalmarktes durchführbar sein würde. An dieser Aufklärungspflicht ändert es nichts, daß der Kläger Rechtsanwalt ist. Die damit verbundene fachliche Qualifikation berechtigte unter den gegebenen Umständen nicht zu der Annahme, der Kläger werde den zwischen beiden Anlagemodellen bestehenden Unterschied auch ohne einen entsprechenden klaren Hinweis ohne weiteres bereits von sich aus erkennen.
Dieser Aufklärungspflicht hat der Zeuge H., wie nach der Beweisaufnahme im wesentlichen unstreitig geworden ist und wovon auch das Berufungsgericht ausdrücklich ausgeht, in keiner Weise genügt. Er hat dem Kläger vielmehr auf dessen ausdrückliche Frage den B. als Nachfolger des ausverkauften R. dargestellt, bei der die jederzeitige problemlose Rückgabe- bzw. Wiederverkaufsmöglichkeit nach Ablauf von zwei Jahren in gleicher Weise und zu den gleichen Bedingungen gesichert sei wie bei dem R. Mit dieser den Tatsachen nicht entsprechenden Auskunft verfehlte der Zeuge H. nicht nur die dem Kläger geschuldete Aufklärung über die in Wahrheit hinter dem B. stehende, mit dem R. gerade hinsichtlich der von dem Kläger gewünschten Fungibilität der Anteile nicht vergleichbare wirtschaftliche Konzeption. Die Angaben des Zeugen waren vielmehr darüber hinaus dazu angetan, auch etwaige Bedenken zu zerstreuen, die sich daraus ergeben konnten, daß die Aussagen des Prospektes für den B. über die Wiederverkäuflichkeit dieser Anlage bei genauem Vergleich inhaltlich hinter den präziseren Aussagen des Emissionsprospekts für den R. zurückblieben. Angesichts der ihm von dem Zeugen H. gegebenen beruhigenden Versicherungen über die Austauschbarkeit und Gleichwertigkeit der Anteile an dem B. mit den Anteilen am R. hinsichtlich ihrer problemlosen Veräußerlichkeit nach zwei Jahren durfte der Kläger darauf vertrauen, daß auch bei dem B. die Zusage der D. oder eines ähnlich leistungsstarken Unternehmens zur Übernahme freiwerdender Anteile im Hintergrund stand, so daß die Wiederverkäuflichkeit dieser Anlage im Ergebnis wirtschaftlich ebenso abgesichert war wie diejenige der bisher von ihm erworbenen Anteile an dem R. Dies gilt um so mehr, als auch im Emissionsprospekt die Rücknahmebereitschaft der A. zumindest angedeutet war und die Beklagte zu 1 in einem in den Händen des Klägers befindlichen Berechnungsbeispiel ausdrücklich mit der Wirtschaftlichkeit des B. auf der Basis eines Wiederverkaufs der Fonds-Anteile nach zwei Jahren zu 85 % des Nominalwertes warb. Dabei geht es nicht darum, ob dem Kläger, was das Berufungsgericht verkennt, ein Rückkauf durch die Beklagte zu 1 nach Ablauf von zwei Jahren rechtlich bindend zugesichert worden ist. Die Übernahme einer förmlichen Rückkaufsverpflichtung durch die Beklagte zu 1 kam, wie auch der Kläger wußte, wenn nicht die steuerliche Anerkennung der Werbungskosten der Anleger gefährdet werden sollte, nicht in Betracht und ist auch von dem Kläger nicht verlangt worden. Es handelt sich vielmehr allein darum, daß der Zeuge H. durch seine unvollständigen und unrichtigen Angaben in dem Kläger das Vertrauen hervorgerufen hat, die ihm als Ersatz für den ausverkauften R. angebotenen Kommanditbeteiligungen an dem B. seien ebenso wie jene nach Ablauf der Wartezeit jederzeit mit Hilfe der Beklagten zu 1 oder der A. ohne Rücksicht auf die wechselnden und unsicheren Verhältnisse am freien Kapital- und Anlagenmarkt tatsächlich problemlos verwertbar, weil ihre Fungibilität wirtschaftlich durch die jederzeitige Ankaufsbereitschaft von hinter dieser Anlage stehenden Unternehmen abgesichert war. Dieses durch die Erklärungen des Zeugen H. bewußt hervorgerufene Vertrauen des Klägers ist enttäuscht worden. Anstelle der von ihm gewünschten Beteiligung an einem kurzfristigen Steuersparmodell mit jederzeitiger leichter Wiederveräußerlichkeit hat er durch das Verhalten des Zeugen eine für seine Zwecke ungeeignete längerfristige Kapitalanlage erworben, die nur in dem Maße und zu dem Preis wiederverkäuflich ist, in dem der freie Kapitalmarkt zum Ankauf derartiger Anteile aufnahmebereit ist.
4. Die von dem Zeugen H. abgegebenen unrichtigen Erklärungen muß sich die Beklagte zu 1 schon deshalb zurechnen lassen, weil sie von ihr in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit veranlaßt worden sind. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die sich auf die Aussagen des Zeugen H. und die von ihm vorgelegten Informationsschreiben der Beklagten zu 1 vom 2. und 6. Dezember 1983 gründen, sollten ihre Anlagenwerber die Anteile an dem B. wegen der bei diesen Beteiligungen angeblich in gleicher Weise wie beim R. gesicherten Wiederveräußerlichkeit gerade den jenigen Kunden zum Kauf empfehlen, die auf die jederzeitige problemlose Veräußerlichkeit Wert legten. Dieses Verkaufsargument wird in beiden Schreiben, wenn auch mit etwas unterschiedlicher Intensität, nachdrücklich herausgestellt und noch dadurch verstärkt, daß jeweils schon in den Überschriften schlagwortartig auf die gesicherte Veräußerbarkeit gerade auch beim B. hingewiesen wird, obwohl die Beklagte zu 1 wußte, daß sie keinerlei Vorkehrungen getroffen hatte, eine solche Veräußerlichkeit durch entsprechende Maßnahmen wirtschaftlich wahrscheinlich zu machen. An diese für ihre Vertreter bestimmten Werbevorgaben der Beklagten zu 1 hat sich der Zeuge H., wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler feststellt, gehalten.
Die Beklagten zu 2 und 3 haften dem Kläger als Initiatoren und persönlich haftende Gesellschafter der den B. tragenden Kommanditgesellschaft. Als solche sind sie durch den Beitritt des Klägers auch persönlich seine Vertragspartner geworden und haben ihm gemäß § 278 BGB für das Verschulden aller Personen einzustehen, deren sie sich bei der Vertragsanbahnung bedienen. Dazu gehört auch die mit ihrem Wissen und Wollen als Vertreiber der Kommanditbeteiligungen eingeschaltete Beklagte zu 1, für deren Verschulden sie mithin wie für eigenes Verschulden einzustehen haben. Die Ausnahme von dieser Haftung, die für Beitrittsverhandlungen gilt, die bei Publikumsgesellschaften im Namen von Anlagegesellschaftern geführt werden (vgl. BGHZ 71, 284, 286), kommt für sie nicht in Betracht.
5. Da sich der dem Kläger unter den vorstehenden Gesichtspunkten zustehende Schadensersatzanspruch nicht auf typisiertes Vertrauen auf unrichtige oder unvollständige Prospektangaben gründet, sondern auf Falschberatung innerhalb von Vertragsverhandlungen, für die die Beklagten einzustehen haben, ist der Anspruch nicht verjährt (grundlegend BGHZ 83, 222, 227; st. Rspr., vgl. auch Urt. v. 1. Oktober 1984 – II ZR 158/84, WM 1984, 1529, 1531).
6. Der durch Verschulden bei Vertragsverhandlungen Geschädigte hat Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden ist, daß er auf die ihm gegebenen unrichtigen Erklärungen vertraut hat. Dieser Schaden ist nicht nach oben hin durch das Erfüllungsinteresse begrenzt (BGHZ 69, 53, 56; 57, 191, 193). Der Kläger ist demnach so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn er nicht auf die ihm zugesicherte jederzeitige Veräußerlichkeit der Anteile vertraut hätte. In diesem Fall hätte er, wie das Landgericht fehlerfrei festgestellt hat und wovon auch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen ist, von dem Kauf der Anteile abgesehen, weil ihm nicht an dem Erwerb einer längerfristigen Kapitalanlage, sondern an einem kurzfristigen Steuersparmodell gelegen war, dessen Wiederveräußerbarkeit nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren wirtschaftlich weitgehend gesichert war. Der ihm entstandene Schaden entspricht damit dem für den Kommanditanteil aufgewendeten Betrag von 200.000 DM einschließlich der für die Finanzierung des Kaufpreises entrichteten, von dem Landgericht ohne Verstoß gegen § 286 ZPO als hinreichend belegt angesehenen Zinsen. Für eine Anrechnung möglicher Steuervorteile, die der Kläger durch den Kauf der Anteile erlangt haben könnte, ist kein Raum. Eine solche Anrechnung käme nur dann in Betracht, wenn feststünde, daß der Kläger durch die im Ergebnis rückabzuwickelnde Anlage ihm endgültig verbleibende so außergewöhnliche Steuervorteile erlangt hätte, daß es unbillig wäre, ihm diese ohne Anrechnung zu belassen (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 12. Februar 1986 – IVa ZR 76/84, WM 1986, 517, 520 m.w.N.), was von den Beklagten als den Schädigern (vgl. BGH a.a.O. sowie BGHZ 84, 141, 149) darzulegen gewesen wäre. An einem substantiierten Vortrag der Beklagten in dieser Richtung fehlt es im vorliegenden Falle. Dies führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Unterschriften
Boujong, Dr. Hesselberger, Röhricht, Dr. Henze, Stodolkowitz
Fundstellen
BB 1990, 12 |
Nachschlagewerk BGH |