Leitsatz (amtlich)
1. Zur Person des Vertragspartners bei sog unternehmensbezogenen Geschäften.
2. Zu Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Rechtsscheinhaftung bei Fortlassung des nach GmbH § 4 Abs 2 vorgeschriebenen Formzusatzes im Geschäftsverkehr.
Orientierungssatz
1. Die Anwendung der Grundsätze über unternehmensbezogenes Handeln (vergleiche stRspr des Senats: BGH, 1974-03-18, II ZR 167/72, BGHZ 62, 216, 219ff; BGH, 1975-02-03, II ZR 128/73, BGHZ 64, 11, 14ff; BGH, 1984-05-07, II ZR 276/83, BGHZ 91, 148, 152; BGH, 1984-10-08, II ZR 223/83, BGHZ 92, 259, 268; BGH, 1981-06-01, II ZR 1/81, WM IV 1981, 873 und BGH, 1983-12-12, II ZR 238/82, NJW 1984, 1347f) hängt allein von dem erkennbaren Unternehmensbezug des Geschäfts, nicht aber von einer firmenrechtlich korrekten Bezeichnung des Unternehmens ab (hier: Unterzeichnung eines Telex mit dem ausgeschriebenen Vor- und Zunamen des geschäftlich Handelnden und einem der vollen Unterschrift vorangestellten, aus den Anfangsbuchstaben des persönlichen Namens bestehendem Kürzel und Anfügung einer Ortsbezeichnung).
2. Der für das Unternehmen Handelnde haftet aus Rechtsschein, wenn er mit einer Firma ohne den nach GmbH § 4 Abs 2 vorgeschriebenen Zusatz zeichnet, aus dem die beschränkte Haftung des Unternehmensträgers hervorgeht. Dabei ist ohne Bedeutung, ob der Firmengebrauch im übrigen unkorrekt oder unzulässig ist. Auch daß sich die wirklichen Verhältnisse aus dem Handelsregister ergeben, ist unbeachtlich. GmbHG § 4 Abs 2 hat Vorrang vor HGB § 15 Abs 2; andernfalls würde der Zweck dieser Vorschrift, die beschränkte Haftung des Unternehmensträgers im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auch ohne vorherige Einsicht in das Handelsregister schon im laufenden geschäftlichen Kontakt aus der Firma erkennen zu lassen, vereitelt (vergleiche BGH, 1974-03-18, II ZR 167/72, BGHZ 62, 216, 222ff; BGH, 1975-02-03, II ZR 128/73, BGHZ 64, 11, 16ff und BGH, 1981-06-01, II ZR 1/81, WM IV 1981, 873).
3. Die Rechtsscheinhaftung bedeutet, daß nach Maßgabe des zurechenbar verursachten Rechtsscheins gehaftet wird. Sie ist keine subsidiäre Ausfallhaftung für den wirklichen Unternehmensträger; sie setzt daher nicht die vorherige Feststellung von dessen Zahlungsunfähigkeit voraus. Nur wenn im Einzelfall der wirkliche Unternehmensträger neben demjenigen, der den Rechtsschein zurechenbar verursacht hat, für die Verbindlichkeit einzustehen hat, haften beide dem Vertrauenden als Gesamtschuldner (Klarstellung BGH, 1975-02-03, II ZR 128/73, BGHZ 64, 11, 18 – dort im Konkurs der unternehmenstragenden GmbH) mit der Folge, daß dieser nach seiner Wahl die Leistung von dem einen oder dem anderen fordern kann, ohne Gefahr zu laufen, mit Prozeßkosten belastet zu werden, nur weil er den „falschen” Beklagten in Anspruch genommen hat. Bei Inanspruchnahme des Handelnden ist es dessen Sache, im Innenverhältnis Ausgleich von dem wirklichen Rechtsträger zu verlangen; das bedeutet zugleich, daß er – vor allem wenn dieser nur eine beschränkte Haftungsmasse besitzt – auch dessen Insolvenzrisiko zu tragen hat.
4. Die die Haftung aus Rechtsschein ausschließende Kenntnis des Vertragspartners von den wahren Verhältnissen darzulegen und zu beweisen ist Sache desjenigen, der durch Verstoß gegen GmbHG § 4 Abs 2 den Rechtsschein erzeugt hat und dessen Rechtsfolgen nicht gegen sich gelten lassen will (vergleiche BGH, 1975-02-03, II ZR 128/73, BGHZ 64, 11, 18f und BGH, 1981-06-01, II ZR 1/81, NJW 1981, 873).
Tatbestand
Im April/Mai 1986 organisierte der Konzertmanager B. eine Deutschland-Tournee des Sängers C.. Zu deren Vorfinanzierung nahm B. bei dem Kläger ein Darlehen von 160.000 DM auf. Wegen der Veranstaltung der in Dü. und Do. geplanten Konzerte setzte sich B. mit dem Beklagten in Verbindung, der Gesellschafter und Geschäftsführer der H. S. GmbH (im folgenden H. GmbH) ist. Geschäftsgegenstand dieser Gesellschaft ist u.a. die Organisation und Durchführung von Musikveranstaltungen. Die zwischen B. und dem Beklagten getroffenen Vereinbarungen sind in einem Telex des Beklagten vom 19. März 1986 sowie in einem Schreiben von B. vom 20. März 1986 festgehalten. In dem Telex bestätigte der Beklagte gegenüber B., daß er diesem als Anteil an den Einspielerlösen aus den beiden Konzerten einen Betrag von insgesamt 110.000 DM garantiere. Das Telex enthielt als Absenderangabe den Vermerk:
- „m.f.G.
- H.-Köln (so abgekürzt im Original)
- H.-P. S. (voller Vor- und Zuname des Beklagten).
In dem an den Beklagten persönlich gerichteten Schreiben vom 20. März 1986 erklärte B., er nehme das Angebot des Beklagten an und trete seine Garantieansprüche unwiderruflich an den Kläger ab. Der Beklagte unterzeichnete seinerseits im Rechtsanwaltsbüro des damaligen Bevollmächtigten des Klägers einen auf dieses Schreiben gesetzten Zusatz, wo nach er von der Abtretung an den Kläger Kenntnis genommen habe und sich unwiderruflich verpflichte, die Garantiebeträge ausschließlich an den Kläger zu zahlen.
Der Kläger nimmt den Beklagten persönlich als örtlichen Veranstalter der Konzerte in Dü. und Do. auf Zahlung der Garantiesumme von 110.000 DM mit der Behauptung in Anspruch, von dem Bestehen der H. GmbH hätten weder er noch B. Kenntnis gehabt. Der Beklagte meint, Vertragspartner von B. und damit Schuldner der Garantiesumme sei nicht er, sondern allein die H. GmbH geworden. Außerdem sei die Abtretung an den Kläger unwirksam, weil, wie unstreitig ist, B. seinen Einnahmeanteil bereits am 18. Februar 1986 an Rechtsanwalt Dr. Sch. abgetreten habe, der den Anteil überdies am 6. Juni 1986 für einen Dr. Ba., einen anderen Gläubiger des B., pfänden und zur Einziehung habe überweisen lassen. Demgegenüber beruft sich der Kläger darauf, Rechtsanwalt Dr. Sch. habe für sich und Dr. Ba. die Abtretung der Forderung an den Kläger genehmigt, weil er mit Schreiben vom 11. Juni 1987 und 10. Februar 1988 auf die Rechte an der abgetretenen bzw. gepfändeten Forderung verzichtet habe.
Hilfsweise rechnet der Beklagte mit einer Gegenforderung in Höhe von insgesamt 420.000 DM auf. Nach seiner Ansicht bedeutet der von ihm auf dem Schreiben vom 20. März 1986 unterzeichnete Zusatz keinen Einwendungsverzicht, weil er diesen Zusatz mit Schreiben vom 15. Mai 1986 angefochten habe.
Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Einen eigenen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht verneint, weil in dem vom Beklagten auf das Schreiben vom 20. März 1986 gesetzten Zusatz, wonach sich der Beklagte unwiderruflich verpflichtet, die Garantiebeträge ausschließlich an den Kläger zu zahlen, kein abstraktes Schuldanerkenntnis i.S. des § 781 BGB zu sehen ist. Im Streitfall liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, daß der Beklagte eine vom Grundgeschäft losgelöste Verbindlichkeit gegenüber dem Kläger eingehen wollte. Die ausdrückliche Erwähnung des Garantiebetrages in seiner Erklärung spricht gegen eine solche Selbständigkeit. Die Revision hat die Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu auch nicht angegriffen.
II. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger auch keinen Anspruch gegen den Beklagten aus einer ihm von B. abgetretenen Forderung erworben. Die hierzu angestellten Erwägungen sind jedoch nicht frei von Rechtsirrtum, soweit das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten auch aus veranlaßtem Rechtsschein ablehnt.
1. Allerdings geht das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision zu Recht davon aus, daß Vertragspartner des Zedenten B. und damit Schuldner der Garantiebeträge die H. GmbH und nicht der Beklagte persönlich geworden ist. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, die Vertragsbeziehungen des Zedenten B. seien mit der H. GmbH zustande gekommen, zutreffend auf den Grundsatz über unternehmensbezogenes Handeln. Nach dieser vom Senat in ständiger Rechtsprechung angewandten Auslegungsregel (vgl. BGHZ 62, 216, 219ff.; 64, 11, 14ff.; 91, 148, 152; 92, 259, 268; Urt. v. 1. Juni 1981 – II ZR 1/81, WM 1981, 873 = NJW 1981, 25, 69; v. 12. Dezember 1983 – II ZR 238/82, NJW 1984, 1347f.) geht bei unternehmensbezogenen Geschäften der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, daß Vertragspartei der Inhaber des Unternehmens und nicht der für das Unternehmen Handelnde werden soll. Dies gilt auch dann, wenn der Inhaber falsch bezeichnet wird oder über ihn sonst Fehlvorstellungen bestehen. Der Revision ist zwar einzuräumen, daß dieser Grundsatz nur dann Anwendung findet, wenn der Handelnde sein Auftreten für ein Unternehmen hinreichend deutlich macht. Diese Voraussetzung ist jedoch entgegen den dagegen gerichteten Angriffen der Revision im vorliegenden Fall als erfüllt anzusehen. Das Berufungsgericht hat dazu sinngemäß ausgeführt, der Wille des Zedenten B. sei nicht dahin gegangen, mit dem Beklagten ein Geschäft in dessen privater Sphäre abzuschließen. B. habe sich vielmehr an den Beklagten gewandt, weil er dessen Unternehmen H. Köln kannte und sich dessen Erfahrung in der Durchführung derartiger Veranstaltungen und dessen organisatorische Möglichkeiten zunutze machen wollte. Auch die von dem Beklagten abgegebenen Erklärungen hätten von B. nur da hingehend verstanden werden können, daß der Beklagte im Rahmen des örtlichen Konzertveranstalters H. Köln, also eines Unternehmens, handeln wollte. Dies ergebe sich bereits aus der Absenderangabe des Telex vom 19. März 1986 und der Bezugnahme auf die in dem Telex genannten Ansprüche in der Erklärung vom 20. März 1986. Auch für einen unbefangenen Betrachter sei eindeutig, daß es sich bei der Verwendung der Anfangsbuchstaben des Vor- und Nachnamens des Beklagten mit dem Zusatz Köln um den Handelsnamen, nicht um den bürgerlichen Namen des Beklagten handelte. Diese Ausführungen sind als tatrichterliche Auslegung der abgegebenen Erklärungen möglich, wenn nicht sogar naheliegend, und lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Es ist entgegen der Ansicht der Revision in der Tat wenig wahrscheinlich, daß jemand, der nicht im Rahmen einer unternehmerischen Betätigung, sondern in seiner Privatsphäre handeln will, ein Telex nicht nur mit seinem ausgeschriebenen Vor- und Zunamen, sondern darüber hinaus noch mit einem seiner vollen Unterschrift vorangestellten aus mehreren Buchstaben bestehenden Kürzel unter Hinzufügung einer Ortsbezeichnung zeichnet. Vielmehr spricht ein solches Vorgehen, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausführt, deutlich dafür, daß der Beklagte damit sein Auftreten für ein auf diese Weise bezeichnetes Unternehmen, das als Veranstalter der in Frage stehenden Musikdarbietung auftreten sollte, kenntlich machen wollte. Ohne Bedeutung ist es dabei, ob ein solches Kürzel als Geschäftsbezeichnung oder Firma eines Unternehmens in Betracht kommen konnte. Die Anwendung der Grundsätze über unternehmensbezogenes Handeln hängt allein von dem erkennbaren Unternehmensbezug des Geschäfts, nicht aber von einer firmenrechtlich korrekten Bezeichnung des Unternehmens ab.
Eine andere Beurteilung wäre im vorliegenden Fall nur dann in Betracht gekommen, wenn sich die Parteien darüber einig gewesen wären, daß gerade der Beklagte persönlich Vertragspartner des Zedenten B. werden sollte. Die Grundsätze zum unternehmensbezogenen Handeln greifen nicht ein, wenn die Parteien die Einschaltung des Vertreters im eigenen Namen gewollt haben (vgl. Sen.Urt. v. 12. Dezember 1983 – II ZR 238/82, NJW 1984, 1347, 1348). Entgegen der Verfahrensrüge der Revision hat das Berufungsgericht den in dieser Richtung angebotenen Beweis des Klägers jedoch zu Recht nicht erhoben. Denn der Vortrag des Klägers ist in mehrfacher Hinsicht unsubstantiiert. Zum einen legt der Kläger keine Tatsachen dar, die es verständlich machen könnten, warum B. gerade auf eine persönliche Verpflichtung des Beklagten Wert gelegt und diese ausdrücklich vereinbart haben sollte. Zum anderen wäre der Wunsch, gerade mit dem Beklagten privat abzuschließen, nur dann plausibel, wenn er bei Eingehung der Vereinbarung von einem von diesem personenverschiedenen Unternehmen gewußt hätte. Eben dies aber wird von dem Kläger nachdrücklich bestritten. Bei dieser Sachlage läßt der Vortrag des Klägers für die besondere Vereinbarung einer persönlichen Verpflichtung des Beklagten keinen Raum, so daß das unter Beweis gestellte gegenteilige Vorbringen des Klägers nur als eine der Beweiserhebung nicht zugängliche Zußerung einer Rechtsansicht verstanden werden kann.
2. Die Revision muß jedoch Erfolg haben, soweit sie sich dagegen wendet, daß das Berufungsgericht auch eine Haftung des Beklagten aus Rechtsschein abgelehnt hat. Tritt der Vertreter des Unternehmensträgers gegenüber einem Geschäftspartner oder allgemein im Geschäftsverkehr in der Weise auf, daß er den Eindruck erweckt, er sei selber oder zusammen mit anderen der Träger des Unternehmens, der dieses in unbeschränkter persönlicher Haftung betreibt, so muß er sich gegenüber dem auf den damit zurechenbar gesetzten Schein gutgläubig Vertrauenden so behandeln lassen, als entspräche der Schein der Wirklichkeit. Ein solches Auftreten liegt stets dann vor, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH im Geschäftsverkehr auftritt, ohne deutlich zu machen, daß der Unternehmensträger, für den er handelt, eine GmbH, also ein rechtliches Gebilde mit beschränkter Haftungsmasse ist, bei dem keine der beteiligten natürlichen Personen persönlich haftet. In Ermangelung einer solchen Verdeutlichung der beschränkten Haftung des Unternehmensträgers darf der gutgläubige Geschäftspartner darauf vertrauen, daß ihm dieser persönlich und nicht nur mit einer begrenzten Haftungsmasse für die Erfüllung des Geschäfts einzustehen hat. Hat der für das Unternehmen Auftretende durch sein Verhalten den Eindruck erweckt, er selber sei der Inhaber des Unternehmens, so haftet er schon aus diesem Grunde persönlich, andernfalls, weil er das unrichtige Vertrauen hervorgerufen hat, der von ihm verschiedene Inhaber hafte persönlich. Ein solcher Vertrauenstatbestand kann mit den bezeichneten Rechtsfolgen, wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat (vgl. BGHZ 62, 216, 222ff.; 64, 11, 16ff.; Urt. v. 1. Juni 1981 – II ZR 1/81, aaO), auch dadurch begründet werden, daß der für das Unternehmen Handelnde unter Verstoß gegen § 4 Abs. 2 GmbHG mit einer Firma zeichnet, ohne den gesetzlich vorgeschriebenen Zusatz hinzuzufügen, der klarstellt, daß der Firmeninhaber eine GmbH ist. Ohne Bedeutung ist dabei, ob der Firmengebrauch auch im übrigen unkorrekt oder unzulässig ist. Das durch den Verstoß gegen § 4 Abs. 2 GmbHG verursachte Vertrauen in die unbeschränkte persönliche Haftung des Firmeninhabers wird auch nicht dadurch zerstört, daß sich die wirklichen Verhältnisse aus dem Handelsregister ergeben. Der Zweck des § 4 Abs. 2 GmbHG, die beschränkte Haftung des Unternehmensträgers im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auch ohne vorherige Einsicht in das Handelsregister schon im laufenden geschäftlichen Kontakt aus der Firma erkennen zu lassen, würde vereitelt, hätte nicht § 4 Abs. 2 GmbHG Vorrang vor § 15 Abs. 2 HGB (vgl. Urt. v. 1. Juni 1981 aaO m.w.N.).
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte den Formzusatz, durch den er deutlich gemacht hätte, daß er mit B. nicht im eigenen Namen in unbeschränkter persönlicher Haftung, sondern nur in Vertretung „seiner” GmbH abschließen wollte, nicht nur bei dem ersten telefonischen Kontakt (vgl. Sen.Entscheidung v. 1. Juni 1981 aaO), sondern auch in der folgenden schriftlichen Korrespondenz fortgelassen. Da der Vertrag, wie sich aus der Erklärung des Zedenten B. vom 20. März 1986, er nehme das Angebot des Beklagten an, ergibt, erst mit der schriftlichen Bestätigung wirksam geworden ist, jedenfalls aber mit dem Inhalt, wie er sich aus den schriftlichen Bestätigungen ergab, zustande gekommen ist, durfte B., seine Gutgläubigkeit im übrigen vorausgesetzt, mithin darauf vertrauen, daß ihm auf der Gegenseite keine nur beschränkt haftende GmbH, sondern der Beklagte persönlich in unbeschränkter persönlicher Haftung gegenüberstehe.
Die Haftung des Beklagten aus Rechtsschein hängt nicht davon ab, daß zuvor die Zahlungsunfähigkeit der GmbH festgestellt worden ist. Sollte das Berufungsgericht von der gegenteiligen Rechtsansicht ausgegangen sein, wie aus seiner Bemerkung entnommen werden könnte, eine Haftungsbeschränkung der H. GmbH sei nicht geltend gemacht worden, so könnte dem nicht gefolgt werden. Die Rechtsscheinhaftung bedeutet im Ergebnis, daß nach Maßgabe des zurechenbar verursachten Rechtsscheins gehaftet wird. Sie ist keine subsidiäre Ausfallhaftung für den wirklichen Unternehmensträger. Wenn der Senat in seinem Urteil vom 3. Februar 1975 (BGHZ 64, 11, 18) ausgesprochen hat, eine Vertrauenshaftung des Geschäftsführers der GmbH wegen des von ihm geschaffenen Rechtsscheins einer persönlichen Haftung werde jedenfalls dann begründet, wenn das für die Haftung tatsächlich zur Verfügung stehende beschränkte Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung letzten Endes nicht ausreiche, so beruht dies allein darauf, daß der Senat in dem damals zu entscheidenden Fall keinen Anlaß hatte, sich mit einem anders gelagerten Sachverhalt auseinanderzusetzen: Die unternehmenstragende GmbH befand sich im Konkurs. Hat mithin der wirkliche Unternehmensträger im Einzelfall neben demjenigen, der den Rechtsschein zurechenbar verursacht hat, für die Verbindlichkeit einzustehen, so haften beide dem Vertrauenden als Gesamtschuldner, mit der Folge, daß dieser nach seiner Wahl die Leistung von dem einen oder dem anderen fordern kann, ohne Gefahr zu laufen, mit Prozeßkosten belastet zu werden, nur weil er „den falschen Beklagten” in Anspruch genommen hat. Bei Inanspruchnahme des Handelnden ist es dessen Sache, im Innenverhältnis Ausgleich von dem wirklichen Rechtsträger zu verlangen, was zugleich bedeutet, daß er – vor allem wenn dieser nur eine beschränkte Haftungsmasse besitzt – auch dessen Insolvenzrisiko zu tragen hat. Diese Risikoverteilung ist angemessen.
Allerdings setzt die Rechtsscheinhaftung weiter voraus, daß B. die wahren Verhältnisse nicht gekannt und sich im Vertrauen auf die unbeschränkte Haftung seines Vertragspartners auf das Rechtsgeschäft eingelassen hat. Dies darzulegen und zu beweisen ist Sache des Beklagten als desjenigen, der durch Verstoß gegen § 4 Abs. 2 GmbHG den Rechtsschein erzeugt hat und dessen Rechtsfolgen nicht gegen sich gelten lassen will (vgl. BGHZ 64, 11, 18f.; Urt. v. 1. Juni 1981 – II ZR 1/81, aaO). Das Berufungsgericht hat hierzu – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen. Der Beklagte hat in den Vorinstanzen eine entsprechende Kenntnis des Zedenten B. behauptet und diesen als Zeugen benannt. Der Kläger hat eine solche Kenntnis stets bestritten. Dieses Bestreiten ist substantiiert, so daß darüber noch Beweis zu erheben ist.
III. Die Revision kann auch nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 563 ZPO.
Der Kläger hat die genannte Forderung des B. gegen den Beklagten aus Rechtsschein – soweit diese, was in der Revisionsinstanz zu unterstellen ist, entstanden sein sollte – durch Abtretung erworben und ist damit aktivlegitimiert.
1. Die in dem Schreiben vom 20. März 1986 enthaltene Abtretungserklärung des Zedenten B. richtet sich zwar ihrem Wortlaut nach nur auf die vermeintlich erworbenen Garantieansprüche gegen den Beklagten, deren Schuldner aber tatsächlich – wie ausgeführt – die H. GmbH ist. Die Abtretung erstreckt sich aber ohne weiteres auch auf die Forderung des Zedenten B. gegen den Beklagten aus Rechtsschein, da die Abtretungserklärung dahin zu verstehen ist, daß B. alle aus dem Geschäft mit dem Beklagten erworbenen Forderungen an den Kläger abtreten will. Der Kläger ist damit durch die Abtretung nicht nur Gläubiger der Forderung des B. gegen die H. GmbH, sondern darüber hinaus auch Gläubiger der Forderung des B. gegen den Beklagten aus Rechtsschein geworden.
2. Das Berufungsgericht hat weiterhin Bedenken gegen einen Forderungserwerb des Klägers durch Abtretung geäußert, weil nach seiner Auffassung die Vorausabtretung an Rechtsanwalt Dr. Sch. wirksam gewesen sei und zum anderen auch der später von Rechtsanwalt Dr. Sch. mit Schreiben vom 11. Juni 1987 und vom 10. Februar 1988 erklärte Verzicht auf den Anspruch gegen die H. GmbH bzw. gegen den Beklagten nicht zu einem Forderungserwerb des Klägers habe führen können. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Die wirksame Vorausabtretung einer künftigen oder aufschiebend bedingten Forderung ist für den Veräußerer vom Augenblick ihrer Vornahme ab insofern bindend, als er den späteren Erwerb der Forderung durch den Abtretungsempfänger nicht mehr durch gegenteilige Verfügungen – also durch weitere Abtretungen – beeinträchtigen kann (BGHZ 32, 367, 370; 88, 205, 206f.). Verfügt er trotzdem über sie durch eine neue Abtretung, so handelt es sich bei der Zweitabtretung um die Verfügung eines Nichtberechtigten, die der Berechtigte (der Erstzessionar) nach § 185 Abs. 2 BGB mit der Wirkung genehmigen kann, daß die bisher unwirksame Zweitabtretung zur vollen Wirksamkeit erstarkt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist kein Grund ersichtlich, warum die zweite Abtretung gegenstandslos und eine nachträgliche Zustimmung des Erstzessionars nicht möglich sein soll. Wie § 408 BGB zeigt, geht das Gesetz selber von der Möglichkeit einer mehrfachen Abtretung einer Forderung aus.
Im vorliegenden Fall ergibt sich die Genehmigung der Abtretung an den Kläger sowohl aus dem Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Sch. vom 11. Juni 1987, in dem es heißt: „Wir (d.h. die Sozietät, der Dr. Sch. angehört) verzichten auf den Anspruch gegen die Fa. H.-Promotion auf die Einspielerlöse aus dem C.-Konzert in Düsseldorf und Dortmund”, als auch aus dem Schreiben vom 10. Februar 1988, mit dem Rechtsanwalt Dr. Sch. bestätigt, daß „sich der Verzicht vom 11. Juni 1987 auch gegen die streitgegenständliche Forderung gegenüber Herrn H.-P. S. bezieht.” Dabei kann der in den Schreiben verwandte Begriff „Verzicht” nicht als Erlaß der Forderung i.S.d. § 397 BGB mit der Folge gewertet werden, daß die Forderung gegen den Beklagten insgesamt erloschen wäre. Dies wird deutlich durch Abs. 3 des Schreibens vom 11. Juni 1987, in dem Rechtsanwalt Dr. Sch. ausführt, die Verzichtserklärungen gälten „nur im Verhältnis zu dem Kläger”. Der Bestand der abgetretenen Forderung soll durch den „Verzicht” damit gerade nicht angetastet werden; vielmehr verzichten Rechtsanwalt Dr. Sch. und Dr. Ba. nur auf ihre Rechte an der abgetretenen bzw. gepfändeten Forderung zugunsten des Klägers.
b) Dem widersprechen auch nicht – wie der Beklagte offenbar meint – die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in BGHZ 56, 339; 100, 36. Diese Urteile betreffen nämlich Fälle, in denen die abgetretene Forderung später von einem Dritten gepfändet wurde, der Zessionar sodann aber auf die Abtretung verzichtete. Bei einem solchen Sachverhalt hat der Bundesgerichtshof keinen Raum für eine entsprechende Anwendung des § 185 Abs. 2 BGB gesehen. Die Entscheidung in BGHZ 56, 339ff. ist, wie die dortigen Ausführungen auf S. 351 zeigen, ausschließlich mit der Erwägung begründet, daß die ins Leere gehende Forderungspfändung gegen den Zedenten ein nichtiger Staatsakt ist, der nicht durch privatrechtliche Genehmigung geheilt werden kann. Das Urteil in BGHZ 100, 36 stützt sich im wesentlichen darauf, daß eine Anfechtung der ersten Abtretung nach dem Anfechtungsgesetz diese nicht mit dinglicher Wirkung entfallen läßt (aaO S. 42ff.). Beide Entscheidungen sind mithin für die Frage nach der Genehmigungsfähigkeit einer im Hinblick auf eine erste Abtretung unwirksamen Zweitabtretung einer Forderung nicht einschlägig.
c) Der Aktivlegitimation des Klägers steht auch nicht die von Dr. Ba. bewirkte Pfändung der hier in Rede stehenden Forderung entgegen. Denn zum Zeitpunkt der Pfändung waren entweder Rechtsanwalt Dr. Sch. oder der Kläger Inhaber der Forderung, so daß die Pfändung ins Leere ging und damit unwirksam war. Hinzu kommt, daß auch Dr. Ba. der Abtretung der Forderung an den Kläger nachträglich zugestimmt hat.
3. Schließlich kann auch die vom Beklagten schon in erster Instanz hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von insgesamt 420.000 DM keinen Erfolg haben.
a) Der Beklagte leitet diese Gegenforderung aus zwei von dem Notar Dr. P. am 10. Januar 1986 beurkundeten notariellen Schuldanerkenntnissen über 270.000 DM und 145.000 DM her, in denen B. bekennt, den Betrag von insgesamt 420.000 DM den „Herren C. H. und H.-P. S. in Gesellschaft bürgerlichen Rechts” zu schulden. Geht man von der Richtigkeit dieser Erklärungen aus, so gehört die Gegenforderung zum Gesellschaftsvermögen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie steht damit der Gesellschaft zur gesamten Hand zu, so daß eine Aufrechnung durch den Beklagten schon am Fehlen der nach § 387 BGB erforderlichen Gegenseitigkeit scheitern muß. Der Gesamthänder kann, jedenfalls wegen einer eigenen nicht gesellschaftsbezogenen Schuld, nicht mit einer Forderung der Gesamthand aufrechnen (vgl. Weber in BGB-RGRK 12. Aufl. § 387 Rdnr. 10).
b) aa) Im übrigen hat der Beklagte, der sich vorliegend in Kenntnis der bestehenden Aufrechnungslage vorbehaltlos zur Zahlung an den Kläger verpflichtete, gegenüber dem Kläger auf die Aufrechnung mit ihm bekannten Gegenforderungen verzichtet. Daß eine solche einem Neugläubiger gegenüber abgegebene Schuldbestätigung die Wirkung eines Verzichts des Erklärenden zumindest auf die ihm bekannten Einwendungen haben kann, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkennt (vgl. Urt. v. 16. März 1983 – VIII ZR 346/81, NJW 1983, 1903, 1904 m.w.N.).
bb) Die vom Beklagten mit Schreiben vom 15. Mai 1986 erklärte und mit Schreiben von Rechtsanwalt S. vom 5. Juni 1986 wiederholte Anfechtung dieser Schuldbestätigung kann keinen Erfolg haben. Der Beklagte begründet die Anfechtung in seinem Schreiben damit, er sei bei der Unterzeichnung der Schuldbestätigung nicht davon ausgegangen, daß ihm dadurch auch die Aufrechnung mit Gegenforderungen verwehrt werde. Der Beklagte hat sich mithin nicht über den Inhalt seiner Willenserklärung als solcher geirrt, sondern allenfalls über deren Rechtsfolgen, nämlich über das Ausmaß des damit verbundenen Einwendungsverzichts. In diesen Fällen kommt ein nach § 119 Abs. 1, 1. Alt. BGB beachtlicher Inhaltsirrtum nur dann in Betracht, wenn das Rechtsgeschäft nicht die erstrebten, sondern davon wesentlich verschiedene Rechtsfolgen erzeugt; dagegen ist § 119 BGB unanwendbar, wenn das Rechtsgeschäft, wie im vorliegenden Fall, außer den erstrebten Wirkungen noch andere, nicht gewollte Nebenfolgen hervorbringt (Kramer in MünchKomm., 2. Aufl. § 119 Rdnrn. 69, 70).
IV. Nach alledem läßt sich nicht ausschließen, daß dem Kläger ein Anspruch aus Rechtsscheinhaftung wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 GmbHG gegen den Beklagten zusteht. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt somit davon ab, ob B. Kenntnis von dem wahren Verhältnis hatte. Dies bedarf – wie oben ausgeführt – noch einer Sachaufklärung, so daß das an gefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
Fundstellen
BB 1990, 653 |
NJW 1990, 2678 |
GmbHR 1990, 212 |