Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Vertrauensschadens aus unvollständiger Auskunft über Umsatzsteueroptionsrisiko eines Erwerbermodells mit Entschädigungsgarantie des Veräußerers
Leitsatz (amtlich)
Zur Berechnung des Vertrauensschadens aus einer unvollständigen Auskunft.
Leitsatz (redaktionell)
Die Verjährung für Schadensersatzforderungen bei Eintritt des Garantiefalls von Entschädigungszahlungen an die Erwerber nach Nichtanerkennung der Umsatzsteueroption im Rahmen eines Erwerbermodells mit gewerblicher Zwischenvermietung beginnt mit dem Ergehen der Steuerbescheide.
Normenkette
BGB §§ 249, 676; StBerG §§ 68, 72 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Köln (Urteil vom 22.12.1993; Aktenzeichen 27 U 185/92) |
LG Köln (Urteil vom 16.09.1992; Aktenzeichen 20 O 456/91) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Teil- und Grundurteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Dezember 1993 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, deren Geschäftsanteile u.a. von der W. L. (im folgenden: WestLB) gehalten werden, verlangt von der Beklagten, die bis 1991 unter anderer Firma als Steuerberatungsgesellschaft tätig war, Schadensersatz, weil diese für den Fehlschlag einer Umsatzsteueroption im Rahmen eines Erwerbermodells verantwortlich sei.
Im Jahr 1985 wollte die Klägerin 47 Eigentumswohnungen in K. durch die I. T. Finanz- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH (fortan: I. T.) veräußern. Diese bestand gegenüber der Klägerin darauf, daß bei einer steuerbegünstigten Vermarktung die Erwerber, die ihre Wohnungen der Klägerin als gewerbliche Zwischenmieterin überlassen sollten, von dieser bei Nichtanerkennung der Umsatzsteueroption entschädigt werden sollten; als Treuhänderin im Rahmen des Erwerbermodells schlug die I. T. die Beklagte vor. Am 15. Juli 1985 legte die Klägerin ihrem Aufsichtsrat ein Schreiben der Beklagten an die Klägerin von demselben Tage vor und bat, dem Vorhaben zuzustimmen. Dieses Schreiben wurde wie folgt eingeleitet:
„Beurteilung der Risiken der Umsatzsteueroption für das Erwerbermodell „R.-R. K.”
Sehr geehrter Herr Dr. E.,
Sie haben uns darum gebeten, zur Anerkennung des gewerblichen Zwischenmietverhältnisses und damit der Umsatzsteueroption beim o.g. Erwerbermodell Stellung zu nehmen und die wirtschaftlichen Risiken für den Fall einer Nichtanerkennung aufzuzeigen. Dieser Bitte kommen wir gerne nach.
Nach Ausführungen zur „Gewinnmarge auf der Ebene des gewerblichen Zwischenmieters” und den wirtschaftlichen Risiken bei einer Aberkennung der Umsatzsteueroption schloß das Schreiben mit folgender „Empfehlung”:
Um der T. als gewerblichem Zwischenmieter von vornherein eine Rohgewinnmarge sicherzustellen, empfehlen wir, die Garantiemiete um 0,60 – 0,80 DM/qm/Monat zu reduzieren. Bei entsprechend reduzierten Anfangsmieten und gleichzeitiger Vereinbarung von Staffelmietverträgen ist das Risiko der Nichtanerkennung des Zwischenmietverhältnisses sehr gering.
Wir hoffen, sehr geehrter Herr Dr. E., daß Sie anhand unserer Überlegungen in Ihrer Entscheidungsfindung unterstützt werden. Wir würden uns sehr freuen, bei der Realisierung dieses Projektes mit Ihnen zusammenarbeiten zu dürfen.
„In Ergänzung” dieser Mitteilung schrieb die Beklagte am 17. Juli 1985 dem zuständigen Sachbearbeiter der WestLB für das Projekt der Klägerin u.a. folgendes:
Die von der T. gegenüber der I. T. bzw. deren Kunden geforderte Freistellungserklärung für den Fall des Scheiterns der Umsatzsteuer-Option ist für die Beurteilung des gewerblichen Zwischenmietverhältnisses unschädlich. Eine Garantieerklärung dieser Art ist nicht anders zu beurteilen als eine verschärfte Prospekthaftung und läßt hinsichtlich der Beurteilung des gewerblichen Zwischenmietverhältnisses keinerlei Überlegung zu. Ebenso hat diese Garantieerklärung keinerlei Auswirkungen auf die einkommensteuerliche Anerkennung der Werbungskosten.
Zusammenfassend möchten wir festhalten, daß unter Berücksichtigung der von uns vorgeschlagenen Mietreduzierung nach unserer Auffassung und unseren Erfahrungen im Rahmen der zahlreichen Betriebsprüfungen in unserem Hause wir das Risiko der Nichtanerkennung des gewerblichen Zwischenmietverhältnisses nicht mehr sehen.
Wir hoffen, sehr geehrter Herr B., daß wir Ihre letzten Bedenken in dieser Hinsicht ausräumen konnten …
Nachdem der Aufsichtsrat dem Vorhaben der Klägerin zugestimmt hatte, teilte diese der I. T. am 23. Juli 1985 folgendes mit:
wir bestätigen Ihnen wunschgemäß, daß auf der Grundlage der bisherigen Konzeption eine vorläufige USt.-Prüfung des o.a. Objekts bereits erfolgt ist und mit positivem Ergebnis abgeschlossen wurde, so daß insoweit die Voraussetzungen für die Anerkennung der USt.-Option gegeben sind.
Sollte wider Erwarten die Anerkennung nicht erfolgen, verpflichten wir uns, den Investoren dadurch entstehende Schäden zu ersetzen.
Die Eigentumswohnungen der Klägerin wurden in dem vorgesehenen Erwerbermodell durch die I. T. veräußert; die Beklagte war Treuhänderin der Erwerber.
Nach einer Außenprüfung im Juli/August 1990 erhielten die Erwerber Ende 1990/Anfang 1991 Bescheide des Finanzamtes, in denen die Umsatzsteueroption nicht anerkannt wurde, weil die Einschaltung der Klägerin als gewerbliche Zwischenmieterin ein Gestaltungsmißbrauch gemäß § 42 AO sei. Daraufhin verlangten die Erwerber von der Klägerin einen Schadensausgleich, den diese nach ihrer Behauptung bisher in Höhe von etwa 1,3 Mio DM geleistet hat. Diesen Schaden soll die Beklagte ihr ersetzen.
Das Landgericht hat durch Teilurteil der Zahlungsklage gegen die Beklagte in Höhe von 85.889,10 DM nebst Zinsen stattgegeben, den Klageanspruch auf Freistellung von Ersatzansprüchen bestimmter Erwerber abgewiesen „mit Ausnahme des Freistellungsbegehrens … des Dr. S. in Höhe von 27.846 DM” und den Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der Nichtanerkennung der Umsatzsteueroption abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin Ersatz weiterer Zahlungen an die Erwerber in Höhe von 1.352.386,24 DM, Freistellung von einem Ersatzanspruch des Erwerbers Sch. in Höhe von 24.194,86 DM, Feststellung einer Ersatzpflicht der Beklagten bezüglich der Steuernachteile fünf weiterer Erwerber und Ersatz von Anwalts- und Steuerberaterkosten in Höhe von 590.789,85 DM begehrt. Das Oberlandesgericht hat durch Teil- und Grundurteil ausgesprochen, daß die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist; außerdem hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte weiter ihren Antrag, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache.
I.
1. a) Die Revision rügt mit Recht, daß das Grundurteil nicht ergehen durfte, weil das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, daß die bezifferten Klageforderungen mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe bestehen (vgl. BGHZ 111, 125, 133). Dafür genügen nicht die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Klägerin habe Vermögensschäden erlitten, weil sie aufgrund einer fehlerhaften Auskunft der Beklagten die Garantie zugunsten der Wohnungserwerber abgegeben habe, aus der die Klägerin in Anspruch genommen werde. Daran ändert – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung – die rechtskräftige Verurteilung der Klägerin zur Schadloshaltung der Erwerber S. schon deswegen nichts, weil dieser Umstand einen Klageanspruch betrifft, dessen Bescheidung sich das Landgericht vorbehalten hat.
Wegen einer Falschauskunft haftet die beklagte Steuerberatungsgesellschaft, die die Anerkennung der Umsatzsteueroption nicht garantiert hat (vgl. dazu BGHZ 116, 209, 214), der Klägerin – nur – für den Nachteil, der ihr durch das Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft entstanden ist. Die Beklagte hat die Klägerin so zu stellen, wie diese bei pflichtgemäßem Verhalten stünde (§ 249 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 7. Mai 1991 – IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1305). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung trägt insoweit nicht die Beklagte, sondern die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast, die gemäß § 287 ZPO und durch den Anscheinsbeweis erleichtert sein kann (BGHZ 123, 311, 313 ff; BGH, Urt. v. 9. Juni 1994 – IX ZR 125/93, ZIP 1994, 1555, 1558 f, z.V.b. in BGHZ 126, 217).
Die Revision macht zutreffend geltend, die Klägerin habe bisher nicht schlüssig dargelegt, daß sie durch ihr Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft einen Schaden erlitten habe, der bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten nicht eingetreten wäre. Nach ihrem Vorbringen hätte die Klägerin, wenn die Beklagte sie vertragsgerecht darauf hingewiesen hätte, daß die Anerkennung der Umsatzsteueroption unsicher sei, nicht den Erwerbern garantiert, sie für den Fall der Nichtanerkennung schadlos zu stellen (GA I 182, II 357). Zwar hätte die Klägerin dann nicht die eingeklagten Verluste infolge ihrer Inanspruchnahme aus der Garantie gehabt. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist aber nicht auszuschließen, daß der Klägerin bei ordnungsmäßiger Auskunft der Beklagten ein gleicher Vermögensnachteil aus der Verwertung der Wohnungen entstanden wäre. Dazu hat die Klägerin vorgetragen, sie hätte dann ihr Objekt nicht im Rahmen eines Erwerbermodells mit Umsatzsteueroption verwertet, sondern die Wohnungen an Eigennutzer oder Kapitalanleger ohne zusätzliche Steuervorteile veräußern oder das Erwerbermodell ändern können, etwa durch Nachverhandlung der den Erwerbern zugesagten Mieten oder einen Hinweis auf die Unsicherheit der Umsatzsteueroption (GA II 371). Die wirtschaftlichen Folgen aus einer solchen Verwertung ihres Objekts hat die Klägerin jedoch nicht substantiiert dargelegt, so daß nicht nachvollzogen werden kann, ob sie dann – im Vergleich zu dem tatsächlich erzielten Erlös abzüglich der Aufwendungen zur Entschädigung der Erwerber wegen des ausgefallenen Vorsteuerabzugs – keinen oder einen geringeren Vermögensverlust erlitten hätte. Daran ändert – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung – nichts, daß die Klägerin Bezug genommen hat auf ihr Schreiben an den Generalbevollmächtigten der WestLB vom 28. Juni 1985; der darin errechnete „Mehrerlös von DM 361.000”, der bei einer Verwertung durch die I. T. erwartet wurde, war u.a. davon abhängig, daß die Erwerber bei Nichtanerkennung der Umsatzsteueroption entschädigt wurden (GA II 475). Nach dem Vorbringen der Beklagten, das mangels anderer tatrichterlicher Feststellungen im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist, hätte eine Veräußerung der Wohnungen ohne Steuervorteile unannehmbare Nachteile verursacht, weil die hohen Preise nur im Erwerbermodell – wegen des Auslaufens der Umsatzsteueroption bis zum Ende des Jahres 1985 – hätten erzielt werden können; Änderungen des Erwerbermodells durch ein Nachverhandeln der den Erwerbern zugesagten Mieten hätten zur Unverkäuflichkeit des Objekts geführt (GA II 419).
Da die Klägerin auf die unschlüssige Darlegung eines Vertrauensschadens hätte hingewiesen werden müssen (§§ 139, 278 Abs. 3 ZPO), ist ihr noch Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag zu ergänzen.
b) Es kann dahinstehen, ob das Berufungsurteil, soweit das unbezifferte Feststellungsbegehren dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wurde, obwohl dieses einem Grundurteil unzugänglich ist (BGH, Urt. v. 9. Juni 1994 – IX ZR 125/93 aaO 1556 m.w.N.), gemäß der Ansicht der Revisionserwiderung dahin ausgelegt werden kann, daß dem Feststellungsantrag durch Teilendurteil (§ 301 Abs. 1 ZPO) stattgegeben wurde. Auch ein solches Urteil hätte keine tragfähige Grundlage, da ein Schaden der Klägerin bisher nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist.
2. Die Revision beanstandet weiterhin zu Recht, daß im angefochtenen Urteil die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts zurückgewiesen wurde.
Bei der Verurteilung der Beklagten, an die Klägerin 85.889,10 DM nebst Zinsen zu zahlen, ist das Landgericht ausgegangen von dem Vorbringen der Klägerin, sie habe an fünf Wohnungserwerber im Wege einer vergleichsweisen Abgeltung von Ansprüchen wegen des Ausfalls des Vorsteuerabzugs insgesamt 85.889,10 DM gezahlt; die einzelnen Vergleichsbeträge hätten in der Regel der Hälfte des Erwerberschadens entsprochen. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Berufung der Beklagten sei sachlich nicht gerechtfertigt, und hat dazu auf seine übrigen Erwägungen verwiesen.
Es kann dahinstehen, ob, wie die Revision meint, eine Begründung im Sinne des § 551 Nr. 7 ZPO fehlt. Erkennbar ist, welche rechtlichen Erwägungen zum Rechtsgrund des Klageanspruchs maßgebend waren. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klage sei dem Grunde nach gerechtfertigt, weil die Klägerin einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen schuldhafter Vertragsverletzung habe. Da aber ein Schaden der Klägerin bisher nicht rechtsfehlerfrei festgestellt wurde, kann das Urteil auch insoweit keinen Bestand haben.
II.
Da das Berufungsurteil danach auf Rechtsfehlern beruht, ist es aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren wird auf folgendes hingewiesen:
1. Die Revision rügt erfolglos die tatrichterliche Feststellung, daß die Beklagte ihre steuerrechtlichen Auskünfte vom 15./17. Juli 1985 aufgrund eines Vertrages mit der Klägerin erteilt hat.
Ein Auskunftsvertrag zwischen Geber und Empfänger der Auskunft kann stillschweigend geschlossen worden sein, wenn diese für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will; dies gilt vor allem dann, wenn der Auskunftgeber für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig ist oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt (BGHZ 74, 103, 106; BGH, Urt. v. 11. Oktober 1988 – XI ZR 1/88, WM 1988, 1828, 1829 m.w.N.). Entscheidend ist, ob die Gesamtumstände mit Rücksicht auf die Verkehrsauffassung den Rückschluß zulassen, daß beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben (BGH, Urt. v. 11. Oktober 1988 – XI ZR 1/88 aaO).
Dies hat das Berufungsgericht aufgrund einer möglichen – und naheliegenden – Auslegung der beiden Schreiben der Beklagten in Verbindung mit einer – unbeanstandeten – Würdigung des Ergebnisses seiner Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei festgestellt. Danach sollte die beklagte Steuerberatungsgesellschaft der Klägerin auf vertraglicher Grundlage Auskunft erteilen über die steuerlichen Auswirkungen des – von der I. T. vorgeschlagenen – Konzepts zur Verwertung der Eigentumswohnungen nach dem Erwerbermodell, soweit es sich um die Anerkennung der Umsatzsteueroption unter Einschaltung der Klägerin als gewerbliche Zwischenmieterin und um die wirtschaftlichen Risiken für den Fall einer Nichtanerkennung handelte. Diesen Gegenstand und Umfang der von der Klägerin erbetenen Auskunft hat die Beklagte in ihren beiden Schreiben dargelegt. Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat die Beklagte erkannt, daß ihre Auskunft für die Klägerin von erheblicher wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung war und Grundlage der Entscheidung sein sollte, ob die Eigentumswohnungen in dem Erwerbermodell, das eine Garantie der Klägerin zur Schadloshaltung der Erwerber bei Nichtanerkennung der Umsatzsteueroption vorsah, verwertet werden sollten. Die Kenntnis der Beklagten, daß eine solche Garantie Teil des Vermarktungsplans der I. T. war, hat das Berufungsgericht – entgegen der Verfahrensrüge der Revision – rechtsfehlerfrei festgestellt aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 17. Juli 1985 und der Aussage des Zeugen Dr. K. – früherer Geschäftsführer der Beklagten –. Außerdem hatte die Beklagte nach unbeanstandeter tatrichterlicher Feststellung ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse an einer Verwertung des Objekts in dem vorgesehenen Modell, weil die Beklagte darin Treuhänderin der Erwerber werden wollte und sollte.
2. Die Revision wendet sich weiterhin vergeblich gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihre Vertragspflicht verletzt, weil die Auskunft unvollständig gewesen sei und deswegen nicht die Schlußfolgerung im Schreiben vom 17. Juli 1985 gestützt habe, nach der vorgeschlagenen Erhöhung der Gewinnspanne des gewerblichen Zwischenmieters bestehe das Risiko einer Nichtanerkennung der Umsatzsteueroption nicht mehr.
a) Die Auskunft war schon unvollständig, weil – darauf hat das Berufungsgericht zu Recht hingewiesen – die Beklagte die entscheidende Frage, ob die Finanzbehörde in der vorgesehenen Einschaltung der Klägerin als gewerbliche Zwischenmieterin den Mißbrauch einer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit gemäß § 42 AO sehen und deswegen den Erwerbern den Vorsteuerabzug versagen könne (vgl. dazu BGH, Urt. v. 2. Juli 1992 – IX ZR 268/91, WM 1992, 1738, 1741, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 119, 69), im Kern dahin verkürzt hat, ob die Klägerin als gewerbliche Zwischenmieterin eine Rohgewinnmarge von 10 % der Endmiete erwirtschafte. In dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 27. Juni 1983 (IV A 3-S7198-21/83, BB 1983, 1201), das die Beklagte ihrer Auskunft zugrunde gelegt hat, wird § 42 AO als maßgeblicher Bewertungsmaßstab herausgestellt und ausgeführt, Anlaß zur Prüfung, ob ein Gestaltungsmißbrauch vorliege, sei immer dann gegeben, wenn der Eigentümer mit der Zwischenvermietung lediglich den Vorsteuerabzug erreichen wolle und für die Zwischenvermietung wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe nicht erkennbar seien. Nur als ein möglicher Anhaltspunkt dafür wird in dem behördlichen Schreiben der Fall erörtert, daß der Zwischenmieter keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet; dazu heißt es, dies könne insbesondere angenommen werden, wenn mit der Anmietung und Weitervermietung keine Gewinnchancen verbunden seien. Lediglich in diesem Zusammenhang wird in diesem Schreiben – zu der von der Beklagten in den Vordergrund gerückten Frage – ausgeführt, von der Prüfung, ob angemessene Gewinnchancen des Zwischenmieters vorliegen, könne abgesehen werden, wenn die Rohgewinnmarge mindestens 10 % der Endmiete (ohne Nebenkosten) betrage. Da die Beklagte ihre Auskunft auf diesen untergeordneten Gesichtspunkt konzentriert hat, ist darin – gemäß der rechtsfehlerfreien Feststellung des Berufungsgerichts – nicht genügend herausgestellt worden, daß die Finanzbehörde nach der ministeriellen Anleitung die Einschaltung der Klägerin als gewerbliche Zwischenmieterin auch dann als Gestaltungsmißbrauch bewerten konnte, wenn diese eine solche Gewinnspanne erzielte. Infolgedessen hatte das im Schreiben vom 17. Juli 1985 zusammengefaßte Ergebnis der Auskunft, nach der vorgeschlagenen Gewinnverbesserung sei das Risiko der Nichtanerkennung des gewerblichen Zwischenmietverhältnisses nicht mehr zu sehen, keine tragfähige Grundlage.
b) Das Berufungsgericht hat weiterhin im Ergebnis zutreffend darauf hingewiesen, daß die Beklagte in ihrer Auskunft auf die – nach dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen ergangenen – einschlägigen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ab 15. Dezember 1983 hätte eingehen müssen, in denen die Einschaltung eines gewerblichen Zwischenmieters und -vermieters gemäß § 42 AO als Gestaltungsmißbrauch zur Steuerumgehung bewertet und deswegen der Vorsteuerabzug versagt wurde (Urt. v. 15. Dezember 1983: BFHE 140, 354-363-369-375; Urt. v. 29. November 1984, BStBl II 1985, 269 = BB 1985, 511). Der Bundesfinanzhof hat dazu ausgeführt, für die Abgrenzung einer zulässigen von einer zu mißbilligenden Rechtsgestaltung sei maßgeblich, ob diese von verständigen Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und Ziels gewählt werden würde oder nicht; in Zweifelsfällen müsse deshalb für rechtliche Gestaltungsformen, die vom Normalbild abweichen, dargetan werden, daß sie auf vernünftigen Erwägungen beruhten, die dem angestrebten wirtschaftlichen Zweck angemessen seien (BFHE 140, 354, 362; BStBl II 1985, 269, 270). Eine Stellungnahme zum Standpunkt dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung gehörte in eine erschöpfende Auskunft, die der Klägerin als Entscheidungsgrundlage dienen sollte. Zu Recht hat das Berufungsgericht für unerheblich gehalten, ob der Klägerin – gemäß der Behauptung der Beklagten – diese Urteile bekannt waren, weil es darauf ankam darzulegen, welche Schlüsse daraus für das vorgesehene Verwertungsmodell zu ziehen waren. Nur dann konnte sich die Klägerin einen umfassenden, für eine sachgerechte Entschließung erforderlichen Gesamteindruck von den Chancen und Gefahren der damit verbundenen Umsatzsteueroption verschaffen.
c) Danach kann dahinstehen, ob – gemäß den von der Revision beanstandeten Ausführungen des Berufungsgerichts – die Auskunft der Beklagten weitere Fehler enthält.
3. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, daß die geltend gemachten vertraglichen Schadensersatzansprüche nicht gemäß §§ 68, 72 Abs. 1 StBerG verjährt sind.
Nach diesen Vorschriften hat die Verjährungsfrist von drei Jahren mit der Anspruchsentstehung begonnen, also mit dem Eintritt des behaupteten Schadens der Klägerin. Dieser war noch nicht mit der Auskunft der Beklagten vom 15./17. Juli 1985 oder mit der Garantieerklärung der Klägerin vom 23. Juli 1985 entstanden, wie die Revision meint. Die fehlerhafte Auskunft der Beklagten allein hatte noch keinen Vermögensverlust der Klägerin zur Folge, sondern begründete nur das Risiko eines Schadens (vgl. BGHZ 100, 228, 231 f; 114, 150, 152 f; 119, 69, 70 ff). Dies gilt auch für die Garantie, der der Aufsichtsrat der Klägerin nach der rechtsfehlerfreien Feststellung des Berufungsgerichts aufgrund der Auskunft der Beklagten zugestimmt hat. Aufgrund dieser Verpflichtung hatte die Klägerin die Erwerber für den Ausfall des Steuervorteils zu entschädigen, falls die Umsatzsteueroption nicht anerkannt wurde. Dieser Garantiefall ist erst eingetreten mit den entsprechenden Bescheiden des Finanzamtes, die Ende 1990/Anfang 1991 – aufgrund der Außenprüfung im Juli/August 1990 – ergangen sind. Diese Beurteilung des Verjährungsbeginns entspricht dem Senatsurteil vom 3. Dezember 1992 (IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141). Danach entsteht der Schaden, der sich aus einer Verpflichtung zur Erstattung der Steuerschulden eines Dritten ergibt, regelmäßig nicht vor Erlaß des Steuerbescheids. Ausnahmsweise wurde in jenem Falle der Erstattungsschuldner schon mit seiner Verpflichtung geschädigt, weil er darin auch eine Sicherheitsleistung durch eine Bankgarantie übernommen hatte, für die er fortlaufende Aufwendungen zu erbringen hatte. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Die Verjährung wurde spätestens unterbrochen (§§ 209, 217 BGB), indem der Schriftsatz der Klägerin vom 3. März 1993, der die nunmehr maßgeblichen Klageanträge enthielt (GA II 337, 339 f), der Beklagten bis zum 11. März 1993 zugestellt wurde, wie sich aus deren Erwiderung von demselben Tage ergibt (GA II 392, 393).
4. Entgegen der Ansicht der Revision entfällt ein Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 2 BGB. Das Berufungsgericht hat aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 17. Juli 1985 rechtsfehlerfrei festgestellt, diese habe damals gewußt, daß die Klägerin eine – in diesem Schreiben erwähnte – „Garantieerklärung” zugunsten der Erwerber im Rahmen des beabsichtigten Vermarktungsmodells abgeben sollte.
Fundstellen