Leitsatz (amtlich)
1. Eine in der Bundesrepublik Deutschland nicht rechtsfähige ausländische Unternehmung, die hier im Grundbuch als Grundstückseigentümerin eingetragen ist, ist für die gegen sie gerichtete Klage des Vormerkungsberechtigten auf Zustimmung zur Eintragung einer Sicherungshypothek und auf Duldung der Zwangsvollstreckung parteifähig.
2. Eine privatrechtliche Einzelpersonenanstalt liechtensteinischen Rechts ist bei Verlegung des Verwaltungssitzes in die Bundesrepublik Deutschland hier nur unter der Voraussetzung einer den Vorschriften des GmbH-Gesetzes entsprechenden Neugründung rechtsfähig.
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 1984 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Für die R. AG, V., wurde am 13. März 1975 in die das Haus B. straße 263 in F. betreffenden Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher eine Vormerkung auf Eigentumsübertragung eingetragen. Es ist streitig, ob die Beklagte identisch ist mit der R. AG. Am 10. Dezember 1976 wurde die Beklagte als Wohnungs- und Teileigentümerin eingetragen. Zwischenzeitlich, am 25. August 1975, erwirkte der Kläger durch eine einstweilige Verfügung gegen den Voreigentümer H. die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerker-Sicherungshypothek in Höhe von 76 784,08 DM nebst 8,5 % Zinsen seit dem 1. Februar 1975. Zur Zahlung eines Werklohns in dieser Höhe (mit Zinsen von 10 %) wurde H. rechtskräftig verurteilt.
Entsprechend dem Klageantrag hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, die Umschreibung der Vormerkung in eine Sicherungshypothek zu bewilligen und die Zwangsvollstreckung aus der einzutragenden Hypothek „in die Wohnungsgrundbücher” zu dulden.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der Revision will die Beklagte Abweisung der Klage erreichen. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die Beklagte als parteifähig angesehen. Ihre passive Parteifähigkeit ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 50 Abs. 2 ZPO schon deshalb, weil die Beklagte in den Grundbüchern als Berechtigte desjenigen Wohnungs- und Teileigentums eingetragen ist, an dem zugunsten des Klägers die Vormerkung auf Einräumung einer Sicherungshypothek besteht. Denn nur von der Beklagten als der eingetragenen Eigentümerin kann er gemäß § 888 Abs. 1 BGB die zur Eintragung des vorgemerkten Rechts nach § 19 GBO notwendige Zustimmung verlangen; ebenso gilt bei der Verfolgung des Rechts aus der Hypothek zugunsten des Klägers die unwiderlegliche Vermutung, daß die eingetragene Beklagte tatsächlich Eigentümerin ist (§ 1148 BGB). Gegenüber diesen Ansprüchen muß sie daher in Anbetracht der Grundbuchlage als parteifähig behandelt werden.
II. Die Klageansprüche auf Einwilligung in die Eintragung der vorgemerkten Sicherungshypothek und sodann auf Duldung der Zwangsvollstreckung hält das Berufungsgericht für begründet. Nach seiner Auffassung ist die Beklagte nicht rechtsfähig. Der Schwerpunkt ihrer Verwaltung liege nicht in L., sondern in der B. D. Dem somit maßgebenden deutschen Recht aber sei die Rechtsform einer Einzelpersonenanstalt, unter der die Beklagte im Handelsregister des Fürstentums L. eingetragen sei, fremd. Mangels Rechtsfähigkeit und bei dem daraus folgenden Mangel der Einigung habe die Beklagte weder einen Anspruch aus der für die R. „AG” eingetragenen Auflassungsvormerkung noch aus der späteren Eigentumsumschreibung erlangen können.
Diese Ausführungen beanstandet die Revision zu Recht.
Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, beurteilt sich die Frage, ob die Beklagte rechtsfähig ist, nach demjenigen Recht, das am Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes gilt (BGHZ 51, 27, 28; 53, 181, 183; 78, 318, 334; ebenso die herrschende Ansicht im Schrifttum, vgl. Kegel, Internationales Privatrecht 4. Aufl. § 17 II 1; MünchKomm/Ebenroth, EGBGB Nach Art. 10 Rdn. 153 ff; Staudinger/Großfeld, BGB 12. Aufl. Internationales Gesellschaftsrecht Rdn. 61 ff). Dieses Personalstatut ist entgegen dem Standpunkt der Revision auch dann maßgebend, wenn die Beklagte zwar bei ihrer Gründung den Sitz in L. hatte, ihn später aber in die B. D. verlegt haben sollte. Wäre das der Fall, so hätte sich die in L. erworbene Rechtsfähigkeit nicht einfach in der B. fortgesetzt (BGHZ 25, 134, 144). Es käme dann vielmehr darauf an, ob die Beklagte nach 1 Recht trotz der Sitzverlegung fortbesteht und ob sie auch nach deutschem Recht rechtsfähig ist; denn mit einer solchen Znderung löst sich die Gesellschaft aus dem Rechtskreis, von dem sie ihre Rechtsfähigkeit ableitet, so daß nunmehr deutsches Recht darüber entscheidet, ob sie im Inland die Fähigkeit zu rechtsgeschäftlichem Handeln hat (Kegel aaO § 17 II 2; MünchKomm/Ebenroth aaO Rdn. 171 ff; Staudinger/Großfeld aaO Rdn. 371 – 373; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, 1980, Bd. 1 S. 870 f; Scholz/Winter, GmbHG 6. Aufl. Einl. Rdn. 153 ff; OLG Frankfurt NJW 1964, 2355). Daraus ergäbe sich folgerichtig, daß die Beklagte selbst dann, wenn sie als Einzelpersonenanstalt 1 Rechts mit einer deutschen (Einmann-) GmbH vergleichbar wäre, nur durch eine den Vorschriften des GmbH-Gesetzes entsprechende Neugründung als GmbH und durch Eintragung in das Handelsregister an dem deutschen Sitz der Gesellschaft (§ 11 Abs. 1 GmbHG) Rechtsfähigkeit hätte erlangen können (herrsch. Auff., vgl. Karl, AcP 159, 293, 307 f; MünchKomm/Ebenroth aaO Rdn. 176; Staudinger/Großfeld aaO Rdn. 372, 373; Scholz/Winter aaO Rdn. 157; Kaligin, Betrieb 1985, 1449, 1455 a.E.; vgl. auch OLG Nürnberg RIW-AWD 1985, 494). Diese Voraussetzung liegt nicht vor.
Ausschlaggebend ist somit, ob die Annahme des Berufungsgerichts rechtlich zutrifft, daß die Beklagte ihren Verwaltungssitz in der B. D. hat. Maßgebend dafür ist der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (Sandrock in Festschrift für Beitzke 1979 S. 669, 683; Staudinger/Großfeld aaO Rdn. 167).
Dazu stellt das Berufungsgericht fest, die Beklagte existiere in L. nur als „Briefkastenfirma” und werde tatsächlich von der B. aus verwaltet, und zwar durch die „Hausverwaltung Heims” in D.-G., der die Vermietung und Verwaltung der Eigentumswohnungen B. straße 263 (F) übertragen worden sei. Diese Feststellung stützt das Berufungsgericht im wesentlichen auf die Aussage des die Beklagte satzungsmäßig vertretenden Verwaltungsrats Dr. G. in einem früheren Prozeß. Insoweit rügt die Revision zu Recht, daß der Tatrichter jene Aussage nur bruchstückhaft berücksichtigt und nicht ihren ganzen Inhalt gewürdigt hat.
Wenn das Berufungsgericht die Aussage des Verwaltungsrats Dr. G. dahin versteht, daß er die Beklagte nicht verwalte, weil nur er in V. ein Treuhandbüro mit Angestellten habe, nicht hingegen die Beklagte, so stellt dieses Verständnis nur auf einen Teil der Aussage ab. Er hat nämlich, worauf die Revision zutreffend hinweist, weiter bekundet (BA 96): „die Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen, der Schriftverkehr und die Leitung der Geschäfte” (der Beklagten) „erfolgt durch mich als Verwaltungsrat dieser Firma”.
Es ist nicht auszuschließen, daß der Tatrichter bei Berücksichtigung dieses Teils der Parteiaussage zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Denn wenn Dr. G. als Vertretungsorgan der Beklagten tatsächlich deren Geschäfte von V. aus führt, dann kann nicht von Bedeutung sein, ob er das in einem eigenen oder in einem Büro der Beklagten tut. Auch der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, daß die Beklagte im Fürstentum I keine „Betriebsstätte” habe, besagt für sich allein nichts über den Ort ihres Verwaltungssitzes.
Soweit das Berufungsgericht die „Hausverwaltung H.” in D.-G. als die hier maßgebliche Verwaltungsstelle der Beklagten deshalb ansieht, weil diesem Unternehmen die Vermietung und Verwaltung der in F., B. straße 263, gelegenen Eigentumswohnungen übertragen worden sei, verweist die Revision mit Recht auf die Aussage von Dr. G. (BA 96 R), wonach die Beklagte noch weitere Grundstücke erworben habe. Ist das aber richtig, dann ist jedenfalls ohne nähere Feststellungen nicht die Annahme möglich, daß eine mit der Verwaltung lediglich eines (in Wohnungseigentum aufgeteilten) Hauses betraute Unternehmung die gesamte Tätigkeit der Beklagten leitet.
Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Da die Frage, ob die Beklagte ihren effektiven Verwaltungssitz in der B. hat, weiterer Sachaufklärung bedarf, ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Alsdann hat die Beklagte Gelegenheit, auch ihre sonstigen Bedenken gegen die bisherigen tatrichterlichen Feststellungen vorzutragen.
Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß der Kläger für die behauptete Rechtsunfähigkeit der Beklagten beweispflichtig ist. Sollte sich ein Verwaltungssitz in der B. nicht feststellen lassen, so wäre bei Zugrundelegung dieses Sitzes in L. von der dort anerkannten Rechtsfähigkeit der Beklagten auszugehen (RGZ 83, 367; BGHZ 25, 134, 144; BGH Urt. v. 28. Februar 1980, III ZR 165/78, NJW 1980, 1567 – insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 76, 375). Außerdem wird das Berufungsgericht auf eine sachdienliche Fassung des auf (künftige) Duldung der Zwangsvollstreckung gerichteten Klageantrages hinwirken müssen, weil nicht – wie im bisherigen Antrag und im Landgerichtsurteil formuliert – die „Wohnungsgrundbücher” Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein können.
Fundstellen
Haufe-Index 650080 |
BGHZ 97, 269 |
BGHZ, 269 |
NJW 1986, 2194 |
ZIP 1986, 643 |
JZ 1986, 651 |
IPRspr. 1986, 19 |