Leitsatz (amtlich)
Der Ehefrau des Erblassers stehen keine Pflichtteilsergänzungsansprüche hinsichtlich solcher Schenkungen zu, die der Erblasser vor der Eheschließung gemacht hat.
Normenkette
BGB §§ 2325, 2329
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 23.11.1970) |
LG Berlin |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts vom 23. November 1970 aufgehoben und das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 19. Januar 1970 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist die zweite Frau des am 29. September 1966 verstorbenen Privatiers Wilhelm L. (Erblasser). Kinder sind aus dieser am 5. Juli 1965 geschlossenen Ehe nicht hervorgegangen.
Der Beklagte ist das einzige Kind des Erblassers aus dessen erster Ehe.
Auf Grund der gemeinschaftlichen Testamente des Erblassers mit seiner ersten Ehefrau vom 15. September 1948 und 24. Januar 1955 und nach der Erbausschlagung des Beklagten und seines Sohnes ist der Erblasser allein von seiner Enkelin, einer Tochter des Beklagten, beerbt worden.
Am 17. Mai 1965 schloß der Erblasser mit dem Beklagten einen als „Grundstückschenkungsvertrag” bezeichneten notariellen Vertrag, in dem der als „Schenker” bezeichnete Erblasser dem als „Beschenkten” bezeichneten Beklagten drei Grundstücke übertrug. In dem Vertrag heißt es unter anderem: „Gefahr, Nutzungen und Lasten, gehen mit Wirkung vom 1. Juni 1965 auf den Beschenkten über, welcher in Ansehung der geschenkten Grundstücke ab 1. Juni 1965 im Verhältnis zum Schenker, aber auch zu Dritten die Rechtsstellung eines Alleinerben nach dem Schenker einnehmen soll. Wir sind uns darüber einig, daß das Eigentum an den Grundstücken auf den Beschenkten übergehen soll und beantragen, die Eigentumsüberschreibung im Grundbuch einzutragen.” Die Grundstücke waren im Zeitpunkt der Übertragung unbelastet.
Am selben Tage schlossen der Erblasser und der Beklagte einen weiteren als „Unterhaltsvertrag” bezeichneten notariellen Vertrag. In diesem Vertrag verpflichtete sich der Beklagte, dem Erblasser ab 1. Juni 1965 auf Lebenszeit eine monatliche Unterhaltsrente von 1.000,– DM zu zahlen. Bis zum Tode des Erblassers zahlte der Beklagte an ihn 16.000,– DM als Unterhaltsrente.
Als die Klägerin sich wegen ihres Pflichtteilsanspruches an die Erbin des Erblassers wandte, erhob diese die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin nunmehr einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegenüber dem Beklagten geltend. Sie hat hierzu vorgetragen:
Sie sei berechtigt, von dem Beklagten Herausgabe der ihm vom Erblasser geschenkten Grundstücke zur Befriedigung ihres Pflichtteilsergänzungsanspruches zu verlangen, weil ein Haftungsgegenstand für einen Pflichtteilsanspruch gegen die Alleinerbin nicht vorhanden sei und diese die Dürftigkeitseinrede erhoben habe. Der Erblasser habe die Grundstücke, die zum Zeitpunkt der Schenkung einen Wert von 601.000,– DM gehabt hätten, dem Beklagten geschenkt. Sie selbst habe vom Erblasser Geschenke im Werte von 8.360,– DM erhalten. Als Nachlaßwert seien daher der Wert der Grundstücke und der Wert ihrer Geschenke zugrunde zu legen, woraus sich ihr Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/8 des Nachlaßwertes auf 76.170,– DM berechne. Hiervon sei der Wert ihrer Geschenke in Höhe von 8.360,– DM abzuziehen, so daß sich ein Anspruch von 67.810,– DM ergebe.
Dementsprechend hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, wegen einer Forderung von 67.810,– DM nebst Zinsen die Zwangsvollstreckung in die dem Beklagten übertragenen, näher bezeichneten Grundstücke zu dulden.
Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten.
Er ist der Ansicht, daß ein Pflichtteilsergänzungsanspruch dann nicht bestehe, wenn der beim Erbfall Pflichtteilsberechtigte im Zeitpunkt der Schenkung noch nicht pflichtteilsberechtigt gewesen sei. Davon abgesehen hat er in Abrede gestellt, daß ihm die Grundstücke geschenkt worden seien. Es habe sich vielmehr um einen Altenteilsvertrag gehandelt. Im weiteren hat er noch eine Reihe von Tatsachen vorgetragen, die, wie er meint, dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch dem Grunde, zumindest aber der Höhe nach entgegenstehen.
Das Landgericht hat den Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klägerin dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Klägerin bittet, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Klägerin gegen den Beklagten dem Grunde nach ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß den §§ 2325, 2329 BGB zusteht.
Selbst wenn man wie das Landgericht und das Oberlandesgericht davon ausgeht, daß die Grundstücke dem Beklagten in vollem Umfang geschenkt worden sind und die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses durchgreift, muß die Revision Erfolg haben.
Die Schenkung, aufgrund deren die Klägerin die Ergänzung ihres Pflichtteils fordert, ist vollzogen worden, bevor der Erblasser und die Klägerin die Ehe geschlossen haben. In dem als „Grundstücksschenkungsvertrag” bezeichneten notariellen Vertrag vom 17. Mai 1965 sind die Grundstücke dem Beklagten aufgelassen worden. Bereits damit und nicht erst mit der Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch ist die Schenkung vollzogen (BGB RGRK 11. Aufl. § 518 Anm. 4; Staudinger/Ostler, Kommentar zum BGB, 11. Aufl. § 518 Rn. 7).
Das Berufungsgericht hat angenommen, der Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klägerin nach den §§ 2325, 2329 BGB sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie im Zeitpunkt der Schenkung noch nicht pflichtteilsberechtigt gewesen sei. Nach § 2325 Abs. 3 BGB blieben nur die Schenkungen unberücksichtigt, hinsichtlich deren zur Zeit des Erbfalls 10 Jahre seit der Leistung verstrichen seien. Es komme nicht darauf an, wann der beim Erbfall Pflichtteilsberechtigte pflichtteilsberechtigt geworden sei. Die gesetzliche Regelung sei eindeutig und entspreche dem Sinne des Ergänzungsanspruchs, den Berechtigten vor Verkürzungen des Pflichtteils zu bewahren.
Dieser Auslegung des § 2325 BGB vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.
Zwar spricht die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften für die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung des Gesetzes. Die dem § 2325 BGB entsprechende Vorschrift des ersten Entwurfs (§ 2009 E-BGB) gab den Anspruch nur den Pflichtteilsberechtigten, die zur Zeit der Schenkung schon vorhanden und entweder pflichtteilsberechtigt waren oder im Falle des Wegfalls einer oder mehrerer Personen pflichtteilsberechtigt werden konnten (vgl. dazu Motive V S. 458 f.). Die Mehrheit der Kommission lehnte diese Beschränkung ab und machte geltend, ein bestimmter Teil des Nachlasses solle nach dem Willen des Gesetzgebers den nächsten Angehörigen gesichert werden. Damit nun nicht dieser Teil des Kapitals, auf welchen die Familie mehr oder minder angewiesen sei, verloren gehe, gewähre das Gesetz gegen solche Schenkungen, die das Recht des Pflichtteilsberechtigten tatsächlich vereiteln würden, eine Art Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem entspreche es, daß hinsichtlich der Frage, welchen Personen der außerordentliche Pflichtteil zustehen solle, der Zeitpunkt des Erbfalls bestimmend sein müsse, nicht der der Schenkung (Protokolle V S. 586 f.). Danach ging der Gesetzgeber davon aus, daß das vorhandene Vermögen einer Person der Familie in den durch das Pflichtteilsrecht gezogenen Grenzen, d.h. den nächsten Angehörigen, zur Hälfte erhalten bleiben sollte, und zwar auch soweit das Familienband erst später begründet wurde. Eine Begrenzung schien dem Gesetzgeber nur insoweit geboten, als Schenkungen, die zur Zeit des Erbfalls länger als 10 Jahre zurücklagen, keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch begründen sollten. Eine Ausnahme wurde hiervon nur für Schenkungen an die Ehefrau gemacht. Hier rechnet die 10-Jahresfrist erst von der Auflösung der Ehe.
Diese Regelung hat ihren Grund in den sozialen Verhältnissen des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Das Bürgerliche Gesetzbuch ist, wie Coing ausgeführt hat, für eine Gesellschaft geschaffen worden, die im wesentlichen noch von der Landwirtschaft und hier besonders von der bäuerlichen Wirtschaft geprägt war. Vererbliches Vermögen bestand in erster Linie noch in Grundbesitz, daneben in Unternehmungen mittlerer Größe und Handwerksbetrieben sowie Handelsfirmen (Coing, Empfiehlt es sich, das gesetzliche Erbrecht und Pflichtteilsrecht neu zu regeln? S. A 13, in Verhandlungen des 49. Deutschen Juristentages, Band I. Gutachten 1972).
Solange die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches gegebenen sozialen Verhältnisse im wesentlichen weiterbestanden, konnte und hat sich auch die Gesetzesauslegung weitgehend an den sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Gesichtspunkten orientiert. So erklärt sich, daß Rechtsprechung und rechtswissenschaftliches Schrifttum einhellig den Standpunkt eingenommen haben, der Pflichtteilsergänzungsanspruch könne auch auf Schenkungen gegründet werden, die der Erblasser zu einer Zeit gemacht hat, als derjenige, der den Anspruch jetzt geltend macht, noch nicht pflichtteilsberechtigt war. Diese Auffassung wird auch jetzt noch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum allgemein vertreten (BGB RGRK 11. Aufl. § 2325 Anm. 5; Staudinger/Ferid, BGB 10./11. Aufl. § 2325 Rn. 29; Soergel/Siebert, BGB 9. Aufl. § 2325 Rn. 2; Planck, BGB 4. Aufl. § 2325 Anm. 4; Erman/Bartholomeyczik, Handkommentar zum BGB, 4. Aufl., Vorbemerkung vor §§ 2325 bis 2331 Ziffer 2 c). Auch im sonstigen rechtswissenschaftlichen Schrifttum finden sich – soweit ersichtlich – keine gegenteiligen Meinungen. Diese Rechtsansicht wird jedoch ohne jede Begründung nur unter Berufung auf die Entscheidungen RGZ 54, 241; 58, 124; 80, 135 und OLG 6, 335 gestützt. Alle diese Entscheidungen können jedoch – abgesehen davon, daß sie schon in den Jahren 1903, 1904 und 1912 ergangen sind – für die hier in Rede stehende Auslegungsfrage nichts hergeben. In ihnen geht es mit einer Ausnahme um Pflichtteilsergänzungsansprüche von Abkömmlingen des Erblassers aus einer zur Zeit der Schenkung schon bestehenden Ehe. Entschieden ist nur, daß diese Ansprüche auch wegen solcher Schenkungen geltend gemacht werden können, die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gemacht worden sind. Nur die Entscheidung OLG 6, 335 berührt die hier in Rede stehende Auslegungsfrage. Dort handelte es sich um eine Ehefrau, die zur Zeit der Schenkung mit dem Erblasser schon verheiratet, nach dem damaligen Recht aber nicht pflichtteilsberechtigt war. Ihr Pflichtteilsrecht war erst mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstanden. In der Entscheidung ist – allerdings auch ohne jede Begründung – ausgesprochen: Auch die nach der Schenkung hinzugetretenen Pflichtteilsberechtigten können den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB geltend machen, wenn sie nur zur Zeit des Erbfalls pflichtteilsberechtigt sind. Es könne keinen Unterschied machen, ob sich der Kreis der Pflichtteilsberechtigten nach dem Zeitpunkt der Schenkung durch rein tatsächliche Umstände erweitert habe, indem Personen zu dem Erblasser durch Geburt, Adoption udgl. in ein ein Pflichtteilsrecht bedingendes Verhältnis getreten seien, oder ob der Kreis sich dadurch erweitert habe, daß eine veränderte Gesetzgebung noch andere mit einem Pflichtteilsrecht ausstatte.
Der Wortlaut der Gesetzesvorschrift ist nicht eindeutig. Er läßt auch eine andere Auslegung zu. Die bisher vertretene Auslegung der Bestimmung ist nicht gerechtfertigt. Der eigentliche Zweck der §§ 2325 ff BGB ist darin zu sehen, den Erblasser zu hindern, die Ansprüche der Pflichtteilsberechtigten dadurch zu verkürzen, daß er Teile seines Vermögens zu seinen Lebzeiten verschenkt. Auch der Gesetzgeber hat dieses, wie die Motive und Beratungen ergeben, als ein sehr wesentliches Anliegen angesehen. Dort, wo von einer solchen Beeinträchtigung nicht die Rede sein kann, müssen auch die Belange des Beschenkten Berücksichtigung finden. Der Gesetzgeber hat sich über sie auch nicht ganz hinwegsetzen wollen, wie die in § 2325 Abs. 3 BGB vorgesehene zeitliche Schranke ergibt. Dazu ist bei den Beratungen ausgeführt worden: Für die Annahme dieser Frist spreche schon die billige Rücksicht auf den Beschenkten. Es bestehe aber auch ein innerer Grund für die Fristbestimmung darin, daß während einer längeren Zwischenzeit zwischen der Vornahme der Schenkung und dem Tode des Erblassers nicht nur der letztere selbst, sondern auch seine pflichtteilsberechtigten Angehörigen sich in den durch die eingetretene Vermögensminderung geschaffenen Zustand eingewöhnt hätten. Die ganze Lebenshaltung der Familie werde sich inzwischen den veränderten Verhältnissen angepaßt, die Pflichtteilsberechtigten würden andere Verhältnisse gar nicht gekannt haben. Der Umstand, daß bei solchen Schenkungen der Erblasser selbst deren Folgen zu tragen habe, biete zugleich eine Sicherheit dafür, daß er bei der Vornahme der Schenkung sich von guten Gründen und nicht von der Absicht habe leiten lassen, die Pflichtteilsberechtigten zu benachteiligen (Protokolle Bd. V S. 587 f.).
Zumindest das gleiche trifft auch dann zu, wenn eine beim Erbfall pflichtteilsberechtigte Person zur Zeit der Schenkung zwar vorhanden, aber noch nicht pflichtteilsberechtigt war, weil der Erblasser sie erst in späterer Zeit geheiratet oder an Kindes Statt angenommen hat. Ihr Pflichtteilsrecht ist dann erst zu einer Zeit entstanden, als sich die Vermögenslage des Erblassers infolge der Schenkung bereits verändert hatte. Solche Personen hatten es nicht einmal nötig, sich veränderten Vermögensverhältnissen anzupassen und sich in diese einzugewöhnen. Sie kannten keine anderen. Hinsichtlich des Erblassers kann aber in diesen Fällen der Umstand, daß er bei der Schenkung in erster Linie selbst deren Folgen zu tragen hat, um so mehr Sicherheit dafür bieten, daß er sich von guten Gründen leiten ließ. Die Absicht, das Pflichtteilsrecht dieser Personen zu verkürzen, kann bei ihm nicht bestanden haben.
Augenfällig ist die Unbilligkeit einer Auslegung, die es beim Pflichtteilsergänzungsanspruch allein auf das Pflichtteilsrecht im Zeitpunkt des Erbfalls abstellt, in den Fällen, in denen für den Erblasser und den Beschenkten kein Anhaltspunkt dafür vorlag, daß beim Erbfall überhaupt ein Pflichtteilsberechtigter vorhanden sein könnte. Unter den heutigen sozialen Verhältnissen besteht kein gerechtfertigter Grund, den Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen Pflichtteilsergänzungsansprüche bezüglich solcher Schenkungen zuzuerkennen, die vor Eingehung der Ehe gemacht worden sind.
Die hier abgelehnte Gesetzesauslegung würde schließlich in den Fällen zu groben Unbilligkeiten führen, in denen der Erblasser, der seinen Ehegatten und eventuell auch seine Abkömmlinge aus guten Gründen beschenkt hat, sich scheiden läßt und erneut heiratet. Die zweite Ehefrau, die möglicherweise Anlaß für die Auflösung der Ehe gegeben hat, könnte unter Umständen noch bis zur Hälfte an allen Geschenken teilhaben, die der Erblasser während oder vor der Ehe seiner ersten Ehefrau gemacht hat. Ebenso ist nicht einzusehen, warum nichteheliche Abkömmlinge Pflichtteilsergänzungsansprüche haben sollen bezüglich aller Schenkungen, die ihr Vater vor ihrer Geburt seiner Ehefrau und die er in den letzten 10 Jahren anderen Personen gemacht hat.
Pflichtteilsergänzungsansprüche können gerechterweise nur solche Schenkungen auslösen, die zu einer Zeit gemacht worden sind, als das rechtliche Verhältnis, das den Pflichtteilsanspruch begründet oder aus dem der Pflichtteilsberechtigte hervorgegangen ist, schon bestand. Danach kann der Ehegatte keine Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen wegen Schenkungen, die vor Eingehung der Ehe gemacht worden sind. Ebenso können die ehelichen Abkömmlinge Pflichtteilsergänzungsansprüche nur aus Schenkungen herleiten, die ihre Eltern nach Eingehung der Ehe gemacht haben. Sind eheliche Abkömmlinge schon vor Eingehung der Ehe erzeugt, so ist dieser Zeitpunkt maßgebend. Adoptivkinder können Pflichtteilsergänzungsansprüche nur auf Schenkungen gründen, die der Elternteil nach der Adoption gemacht hat und nichteheliche Abkömmlinge können solche Ansprüche nur auf Schenkungen stützen, die ihre Eltern gemacht haben, nachdem sie bereits erzeugt waren.
Soweit danach ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB nicht besteht, kann auch der Beschenkte nach § 2329 BGB nicht in Anspruch genommen werden. Die Rechtsnatur des Pflichtteilsergänzungsanspruchs wird nicht dadurch verändert, daß er sich nach § 2329 BGB gegen den Beschenkten richtet. Der Anspruch gegen den Beschenkten setzt voraus, daß überhaupt die Ergänzung des Pflichtteils nach § 2325 BGB verlangt werden kann. Nur in diesen Fällen und wenn der Erbe selbst zur Ergänzung nicht verpflichtet ist, kann der Beschenkte auf Herausgabe des Geschenkes zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrages nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung in Anspruch genommen werden.
Da die Klägerin die Ehe mit dem Erblasser erst geschlossen hat, nachdem die Schenkung bereits vollzogen war, kann sie deswegen keine Ergänzung des Pflichtteils fordern und auch den Beklagten nicht in Anspruch nehmen. Auf die Revision des Beklagten ist daher das Berufungsurteil aufzuheben und auf seine Berufung das Urteil des Landgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.
Unterschriften
Johannsen, Dr. Pfretzschner, Dr. Reinhardt, Dr. Bukow, Dr. Buchholz
Fundstellen
Haufe-Index 1535267 |
BGHZ |
BGHZ, 210 |
NJW 1973, 40 |
Nachschlagewerk BGH |
DNotZ 1973, 101 |
MDR 1973, 207 |