Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsgrund: Zustellung des Berufungsurteils fünf Monate nach Verkündung
Leitsatz (amtlich)
Ein Revisionsgrund nach § 551 Nr. 7 ZPO liegt nicht deshalb vor, weil das Berufungsurteil erst fünf Monate nach seiner Verkündung in vollständiger Form zugestellt worden ist.
a) Wird ein Vermerk des Berichterstatters, in dem das Ergebnis einer Beweisaufnahme (hier: mündliche Erläuterung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens) festgehalten wird, den Parteien nicht besonders mitgeteilt, so wird dadurch ihr Recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht verletzt, wenn das Urteil noch am Tage der Beweisaufnahme verkündet worden ist (Abgrenzung zu BGH, Urt.v. 5. Juli 1972 – VIII ZR 157/71 – NJW 1972, 1673).
b) Die Ablehnung des Antrages einer Partei, ihr einen beweiswürdigenden Schriftsatz nachzulassen, verletzt grundsätzlich nicht ihr Recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs.
a) Zur Bewertung einer Arztpraxis bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs, insbesondere im Hinblick auf die „latente Steuerlast” aus §§ 16, 18 Abs. 3 EStG.
b) Einkommen- und Kirchensteuern entstehen erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums. Wenn der maßgebende Stichtag vor diesem Zeitpunkt liegt, können sie daher bei der Feststellung des Anfangs- oder Endvermögens nicht als Verbindlichkeiten berücksichtigt werden.
c) Ein Pkw, der im Alleineigentum eines Ehegatten steht, unterliegt grundsätzlich dem Zugewinnausgleich.
Normenkette
ZPO § 551 Nr. 7, §§ 161, 285 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 1375 Abs. 1, § 1376; ZPO § 315 Abs. 2, § 160 Abs. 3 Nr. 4; BGB § 1376 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 10.05.1989) |
AG Lünen |
Tenor
Die Revision des Antragsgegners gegen das Urteil des 12. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Mai 1989 wird zurückgewiesen, soweit er zur Zahlung von 60.000 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Im Übrigen wird das Urteil auf die Revisionen beider Parteien aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien haben am 24. Juni 1977 geheiratet und sich im Juli 1983 getrennt. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin) ist dem Ehemann (Antragsgegner) am 15. Dezember 1983 zugestellt worden. Nach vergleichsweiser Regelung des nachehelichen Unterhalts und des Versorgungsausgleichs hat das Amtsgericht – Familiengericht – die Ehe vor einer Entscheidung über den von der Ehefrau rechtzeitig begehrten Zugewinnausgleich geschieden; der Scheidungsausspruch ist seit dem 29. Mai 1984 rechtskräftig.
Am 15. Dezember 1983 war der Ehemann, von Beruf Arzt für Orthopädie, hälftiger Teilhaber einer in der Innenstadt von L. gelegenen Gemeinschaftspraxis für Orthopädie. Die Teilhaber hatten diese Praxis am 1. April 1982 von dem früheren Inhaber erworben, wobei sie für deren ideellen Wert 175.262,90 DM bezahlt hatten.
In erster Instanz hat die Ehefrau als Zugewinnausgleich die Zahlung von 182.500 DM nebst Zinsen begehrt; der Ehemann hat die Auffassung vertreten, daß der Anspruch vollständig unbegründet sei. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen D. über den Praxiswert den Ehemann unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Ehefrau 133.798,50 DM nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen hat der Ehemann Berufung eingelegt mit dem Ziel der völligen Abweisung des Anspruchs. Die Ehefrau hat sich dem Rechtsmittel angeschlossen mit dem Antrag, den Ehemann zur Zahlung weiterer 37.000 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Das Oberlandesgericht hat zur Bewertung des Praxisanteils des Ehemannes den Sachverständigen D. erneut gehört und als weiteren Gutachter den Sachverständigen E. zugezogen. Es hat die Verurteilung des Ehemannes auf einen Betrag von 108.142,83 DM herabgesetzt und die Anschlußberufung der Ehefrau zurückgewiesen.
Mit der – zugelassenen – Revision verfolgen beide Parteien ihre Prozeßziele der Vorinstanz weiter.
Entscheidungsgründe
1. Beide Parteien rügen auf der Grundlage von § 551 Nr. 7 ZPO, daß das am 10. Mai 1989 verkündete Berufungsurteil erst am 10. Oktober 1989 vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle übergeben worden sei. Deswegen sei der erforderliche Zusammenhang der Urteilsbegründung mit der mündlichen Verhandlung und Beratung nicht mehr gegeben.
Die Rügen dringen nicht durch. Den Akten ist nicht eindeutig zu entnehmen, wann das vollständig abgefaßte Berufungsurteil im Sinne von § 315 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Geschäftsstelle übergeben worden ist. Da die Zustellung an beide Parteien am 10. Oktober 1989 bewirkt werden konnte, muß dies spätestens an diesem Tage geschehen sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 29. Oktober 1986 – IVa ZR 119/85 – NJW 1987, 2446 mit umfassenden Nachweisen) ist ein Revisionsgrund nach § 551 Nr. 7 ZPO gegeben, wenn die Gründe des Berufungsurteils fünf Monate nach dessen Verkündung (spätester Beginn der Revisionsfrist nach § 552 ZPO) noch nicht vorliegen. Das war hier nicht der Fall, da jedenfalls der letzte Tag dieser Frist eingehalten worden ist. Die genannte Rechtsprechung, die § 551 Nr. 7 ZPO bereits über seinen Wortlaut hinaus anwendet, beruht auf dem Gedanken, daß eine Partei nicht gezwungen sein soll, zur Fristwahrung Revision einzulegen, ohne die Gründe des Berufungsurteils zu kennen. Sie gilt auch, wenn der Partei die Gründe zwar erst nach Ablauf der fünf Monate bekannt werden, aber noch so zeitig, daß die gemäß § 552 ZPO in Lauf gesetzte einmonatige Frist zur Einlegung der Revision noch eingehalten werden kann. Denn es soll verhindert werden, daß der Partei entgegen der Intention des Gesetzes weniger als ein Monat Zeit zur Überlegung verbleibt, ob Revision eingelegt werden soll. Auf eine Fallgestaltung wie die vorliegende, bei der das vollständige Berufungsurteil exakt fünf Monate nach seiner Verkündung zugestellt worden ist, treffen diese Erwägungen nicht zu. Die Parteien waren weder gezwungen, Revision ohne Kenntnis der Gründe einzulegen, noch ist die ihnen gesetzlich zustehende Überlegungsfrist verkürzt worden. Der Senat sieht auch aus Gründen der Rechtssicherheit, der feste Regeln, wie ein Abstellen auf die Fünf-Monats-Frist des § 552 ZPO, dienlich sind (vgl. BGH a.a.O.), nicht für gerechtfertigt an, den Revisionsgrund des § 551 Nr. 7 ZPO auf einen solchen Fall auszudehnen.
2. Bei der Feststellung des Endvermögens (§ 1376 Abs. 2 BGB) hat das Berufungsgericht abweichend vom Amtsgericht den Wert des Praxisanteils des Ehemannes nicht nach der Ertragswertmethode ermittelt, sondern es hat eine von der Ständigen Konferenz der Rechtsberater der Landesärztekammern erarbeitete „Richtlinie zur Bewertung von Arztpraxen” zugrunde gelegt (veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt 1984 B 671 – im folgenden „Richtlinie”), die empfiehlt, den Substanzwert und den ideellen Wert (goodwill) gesondert festzustellen, und zwar letzteren grundsätzlich nach einer Quote des um einen kalkulatorischen Arztlohn bereinigten Bruttoumsatzes. Hierzu hat es im wesentlichen erwogen:
Bei der Ertragswertmethode werde der Wert ermittelt, den ein potentieller Erwerber bereit sei auszugeben, um sein Kapital in der Zukunft mit einer von ihm gewünschten Rendite verzinst zu erhalten. Dabei werde vorausgesetzt, daß der bisherige Inhaber für die tatsächliche Weiterführung der Praxis einen angemessenen Unternehmerlohn erhalte. Bei der „Substanzwertmethode” werde ein verkauf der Praxis unterstellt und danach gefragt, welches Entgelt dadurch zu erzielen sei. Der bereits in erster Instanz zugezogene Sachverständige D. vertrete die Ansicht, die Substanzwertmethode sei für die Bewertung einer freiberuflichen Praxis ungeeignet, wenn diese tatsächlich nicht veräußert, sondern fortgeführt werde. Das Gericht halte dennoch die Substanzwertmethode für sachgerecht, und zwar in der Ausgestaltung, die sie in der Richtlinie eines Gremiums der zuständigen Standesorganisation gefunden habe. Die Ertragswertmethode sei von der Betriebswirtschaftslehre zur Bewertung großer Unternehmen entwickelt worden. Schon deshalb bestünden Zweifel, ob sie geeignet sei, bei der Bewertung einer Arztpraxis mit ihren starken personalen Bezügen eine zutreffende Lösung zu bieten. Weiter sei zu berücksichtigen, daß eine Bewertung nach dieser Methode die Feststellung von Daten voraussetze, die in Arztpraxen in der Regel nicht erfaßt würden. Ausschlaggebend sei letztlich, daß die Praxis den Wert von Arztpraxen tatsächlich nach dem in der Richtlinie vorgeschlagenen Verfahren ermittele. Das zeige u.a. ein vom Ehemann vorgelegtes Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung H. vom 27. Oktober 1987, in dem berichtet werde, daß beim Verkauf von sieben orthopädischen Praxen der Wert aus dem Sachwert und dem ideellen Wert gebildet worden sei, wobei Grundlage für den ideellen Wert ca. 25 % des Umsatzes im Jahre vor der Praxisabgabe gewesen sei. Auch der Ehemann und sein Teilhaber hätten für die im Jahre 1982 erworbene Praxis einen Preis gezahlt, der auf vergleichbare Weise gebildet worden sei. In der Richtlinie werde die Anwendung ausdrücklich auch für den Fall empfohlen, daß der Praxiswert für die Berechnung des Zugewinnausgleichs zu ermitteln sei („Fortführungswert”). Der so ermittelte Wert spiegele auch die tatsächlichen Marktverhältnisse wieder. Daß die Richtlinie nicht förmlich verabschiedet, sondern lediglich vom Vorstand der Bundesärztekammer beraten und zustimmend zur Kenntnis genommen worden sei, stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Sie stelle eine Weiterentwicklung in den Jahren 1965 und 1978 beschlossener ähnlicher Empfehlungen dar, die bereits in einer Vielzahl von Fällen befolgt worden seien. Einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Oktober 1976 (IV ZR 104/74 – FamRZ 1977, 38, 40) könne entnommen werden, daß es zulässig sei, für die Berechnung des Zugewinnausgleichs den Wert einer freiberuflichen Praxis danach zu bestimmen, welcher Kaufpreis erzielbar gewesen sei, wenn der Inhaber die Praxis am maßgebenden Stichtag an einen Nachfolger veräußert hätte.
Die Revision der Ehefrau macht sich demgegenüber die Auffassung des Sachverständigen D. zu eigen, daß eine Bewertung nach der Substanzwertmethode ungeeignet sei, wenn eine freiberufliche Praxis fortgeführt werde und die Veräußerung nicht einmal geplant sei. Der Fortführungswert müsse zwangsläufig höher sein als der Veräußerungswert. Es sei daher rechtsfehlerhaft, vorliegend die Ertragswertmethode nicht anzuwenden. Die Revision des Ehemannes macht geltend, daß diese Methode jedenfalls für die Bemessung des ideellen Werts nicht tauglich sei, weil vom Bruttoumsatz und nicht vom Nettoertrag ausgegangen werde. Die Richtlinie sei auf einem Bundesärztetag nicht verabschiedet worden, weil sie eine differenzierte und genaue Berechnung nicht zulasse.
Diese Angriffe stellen den Bestand des angefochtenen Urteils nicht in Frage. Ziel der Wertermittlung nach § 1376 Abs. 2 BGB ist es, den Praxisanteil des Ehemannes mit seinem „vollen, wirklichen” Wert anzusetzen. Grundsätze darüber, nach welcher Methode das im einzelnen zu geschehen hat, enthält das Gesetz nicht. Sie sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwenden, ist Sache des – sachverständig beratenen – Tatrichters. Seine Entscheidung kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1986 – IVb ZR 42/85 – FamRZ 1986, 776, 779). Derartige Fehler zeigen die Revisionen nicht auf.
Was das von der Ehefrau bevorzugte Ertragswertverfahren betrifft, besteht in den mit der Unternehmensbewertung befaßten Fachkreisen und der Betriebswirtschaftslehre keineswegs Einigkeit darüber, daß es die allein richtige Methode sei (vgl. etwa Rid NJW 1986, 1317 m.w.N.; s.a. BGHZ 83, 61, 69). Bei der Bewertung freiberuflicher Praxen spricht gegen sie, daß sich eine Ertragsprognose kaum von der Person des derzeitigen Inhabers trennen läßt (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht § 1376 Rdn. 19), andererseits die Erwartung künftigen Einkommens, die der individuellen Arbeitskraft des Inhabers zuzurechnen ist, nicht maßgebend sein kann, weil es beim Zugewinnausgleich nur auf das am Stichtag vorhandene Vermögen ankommt (vgl. für Unselbständige Senatsurteil BGHZ 101, 225). Bewertungsobjekt können daher nur solche Ertragsmerkmale sein, die auf einen potentiellen Erwerber übertragbar sind. Auch in Anbetracht der Meinungsvielfalt in diesen Fragen erscheint es durchaus sachgerecht, daß sich das Berufungsgericht letztlich für eine Methode entschieden hat, die in Form der Richtlinie von einem Gremium der zuständigen Standesorganisation empfohlen und die – wie festgestellt – in der Praxis verbreitet angewendet wird (für eine Mitwirkung der Standesorganisation bei der Bewertung freiberuflicher Praxen treten ein MünchKomm/Gernhuber BGB 2. Aufl. § 1376 Rdn. 22; Kotzur NJW 1988, 3239, 3240; zur praktischen Anwendung s.a. OLG Koblenz FamRZ 1988, 950). Daß eine „Verabschiedung” der Richtlinie beabsichtigt, aber nicht zustandegekommen sei, wird in den Ausführungen der Revision des Ehemannes nicht weiter belegt. Dieser formale Gesichtspunkt hat auch wenig Gewicht. Bei der Bemessung des ideellen Werts empfielt die Richtlinie die Berücksichtigung eines kalkulatorischen Arztlohnes und einer Reihe von Gesichtspunkten, die eine objektivierte, von der Person des derzeitigen Inhabers abgelöste Beurteilung sicherstellen sollen (dazu näher unten 8). Daß dabei vom Bruttoumsatz ausgegangen werden soll, hat der Bundesgerichtshof für die Bewertung einer Anwaltspraxis bereits mit der Erwägung gebilligt, das Nettoeinkommen könne durch zu viele sich bei der Besteuerung verschieden auswirkende Faktoren beeinflußt werden (Urteil vom 26. Oktober 1972 – VII ZR 232/71 – NJW 1973, 98, 100). Insgesamt ist vorliegend weder die Anwendung der Ertragswertmethode zwingend rechtlich geboten, wie die Revision der Ehefrau meint, noch erfüllt die in der Richtlinie vorgeschlagene Methode nicht die rechtlich an sie zu stellenden Anforderungen, wie die Revision des Ehemannes geltend macht.
3. Den Zeitwert der Einrichtungsgegenstände der Gemeinschaftspraxis am 15. Dezember 1984 (§ 1384 BGB) hat das Berufungsgericht aufgrund des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen E. vom 11. März 1989, das dieser in der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 1989 mündlich erläutert hat, auf insgesamt 849.144 DM veranschlagt.
a) Die Revision des Ehemannes rügt als Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs, daß das Berufungsgericht in dieser mündlichen Verhandlung einen Antrag des Ehemannes abgelehnt hat, ihm einen beweiswürdigenden Schriftsatz nachzulassen. Wäre dem Antrag stattgegeben worden, hätte er ein „Gegengutachten” des von ihm beauftragten Sachverständigen F. vorgelegt, das u.a. bei der Bewertung eines Röntgengeräts (Anschaffung im Februar 1983 für 156.618 DM – angenommener Zeitwert 149.643 DM) und einer EDV-Anlage (Anschaffung im April 1983 für 131.939 DM – angenommener Zeitwert 119.750 DM) zu erheblich geringeren Beträgen gelange (Zeitwert nur 117.463 DM bzw. 105.550 DM). Es sei nicht auszuschließen, daß das Gericht bei Berücksichtigung dieses Gutachtens zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
Die Rüge ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat den fraglichen Antrag abgelehnt, weil dem Ehemann das schriftliche Gutachten des Sachverständigen E. bereits im März 1989 zugeleitet worden sei, so daß er bis zur mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 1989 hinreichend Zeit zur Stellungnahme gehabt habe. Tatsächlich hat der Ehemann vor der Verhandlung bereits einen beweiswürdigenden Schriftsatz vom 2. Mai 1989 eingereicht, dem auch Bewertungstabellen des Privatgutachters F. anlagen. Das Berufungsgericht hat sie dem Sachverständigen E. in der Verhandlung vorgehalten und in seinem Urteil ausführlich dargelegt, warum es den Ansätzen des gerichtlich bestellten Gutachters gefolgt ist. Das nunmehr in der Revisionsinstanz vorgelegte vollständige „Gegengutachten” datiert vom 27. April 1989; sieben von acht seiner Bewertungstabellen sind identisch mit denjenigen, die dem Schriftsatz vom 2. Mai 1989 anlagen. Diese Umstände sprechen dafür, daß es bereits damals in dieser vollständigen Fassung dem Berufungsgericht hätte vorgelegt werden können.
Hiervon abgesehen ist der Tatrichter keineswegs immer genötigt, einer Partei im Anschluß an eine Beweisaufnahme einen beweiswürdigenden Schriftsatz nachzulassen. Wie sich den §§ 278 Abs. 2 Satz 2, 285 Abs. 1 ZPO entnehmen läßt, soll sich die Verhandlung über das Ergebnis einer Beweisaufnahme, soweit irgend möglich, unmittelbar dieser selbst anschließen (vgl. Stein/Jonas/Leipold ZPO 20. Aufl. § 285 Rdn, 3). Aus Gründen des rechtlichen Gehörs, das auch das Recht der Partei zu einer hinreichend vorbereiteten Stellungnahme gewährleistet (vgl. Maunz/Dürig GG Art. 103 Rdn. 90), kann sich allerdings im Einzelfall etwas anderes ergeben; so hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß im Arzthaftungsprozeß einer medizinisch nicht sachkundigen Partei Gelegenheit zu geben ist, zu dem mündlich erstatteten Gutachten des Sachverständigen über schwierige medizinische Fragen nach Vorliegen des Vernehmungsprotokolls nochmals Stellung zu nehmen, etwa nachdem sie sich anderweitig sachverständig hat beraten lassen (vgl. Beschluß vom 12. Januar 1982 – VI ZR 41/81 – NJW 1982, 1335 und Urteil vom 17. April 1987 – VI ZR 220/82 – NJW 1984, 1823). Vorliegend ist nicht ersichtlich, daß die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen E. gegenüber seinem schriftlichen Gutachten wesentlich neue Beurteilungen enthalten hätten. Der im Arzthaftungsprozeß zu beachtende Grundsatz der Waffengleichheit spielte keine Rolle; die Sachkenntnis der Ehefrau über die Beweisfragen war derjenigen des Ehemannes nicht überlegen. Insgesamt zeigt die Revision nicht auf, daß in der Verweigerung des Schriftsatznachlasses ein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs gesehen werden könnte.
b) Die Revision des Ehemannes sieht einen weiteren Verstoß gegen dieses Gebot darin, daß das Ergebnis der mündlichen Anhörung des Sachverständigen E. entgegen § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO nicht protokolliert, sondern in einem – den Parteien nicht mitgeteilten – Berichterstattervermerk festgehalten worden sei, der erst rund fünf Monate nach dem Termin zu den Akten gelangt sei. Auch damit dringt sie nicht durch. Eine an sich erforderliche Protokollierung von Zeugen- und Sachverständigenaussagen kann durch eine von der Beweiswürdigung getrennte Darstellung im Urteil oder durch einen Berichterstattervermerk über das Ergebnis der Beweisaufnahme, auf den im Urteil Bezug genommen wird, ersetzt werden (vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 1956 – II ZR 153/55 – NJW 1956, 1878, vom 5. Juli 1972 – VIII ZR 157/71 – NJW 1972, 1673 und vom 29. November 1988 – VI ZR 231/87 – VersR 1989, 189). Letzteres ist hier geschehen, wobei der Berichterstattervermerk am 6. Oktober 1989 unterzeichnet und zusammen mit dem Urteil den Parteien am 10. Oktober 1989 zugestellt worden ist. In der Entscheidung vom 5. Juli 1972 (a.a.O.) ist die unterlassene Mitteilung eines solchen Vermerks an die Parteien als Verletzung des rechtlichen Gehörs beurteilt worden, weil das Urteil erst rund ein Jahr nach einer Zeugenvernehmung und der Fertigung des Berichterstattervermerks darüber verkündet worden war. Unter diesen Umständen war nämlich anzunehmen, daß die im Urteil vorgenommene Beweiswürdigung wegen der zwischenzeitlich verblaßten Erinnerung der Richter wesentlich auf der Auswertung des Berichterstattervermerks beruhte, ohne daß aber den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu dessen Inhalt gegeben worden war. Der vorliegende Fall liegt insoweit anders. Das Berufungsurteil ist noch am Tage der Anhörung des Sachverständigen E. verkündet worden, so daß bei der Urteilsfällung die Würdigung seiner Angaben auf dem frischen Eindruck der beteiligten Richter fußte, nicht auf dem weit später angefertigten Aktenvermerk. Wird mit der Urteilsverkündung wie hier verfahren, was zulässig ist (§ 315 Abs. 2 Satz 1 ZPO), im Normalfall sogar dem Beschleunigungsgebot entspricht, ist eine besondere Mitteilung des Berichterstattervermerks nicht aus Gründen des rechtlichen Gehörs geboten, weil die Parteien durch eine Stellungnahme keinen Einfluß mehr auf die Urteilsfällung nehmen können (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1957 – VIII ZR 286/56 – ZZP 71, 104, 105). In einem solchen Fall ist der Berichterstattervermerk nur Grundlage dafür, die tatsächlichen Feststellungen des Urteils ggf. in der Revisionsinstanz zu überprüfen. Die Parteien stehen nicht anders, als wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme im Tatbestand des Urteils dargestellt worden wäre.
c) Im übrigen sind Rechtsfehler bei der hier erörterten Wertfeststellung nicht gerügt und auch nicht ersichtlich.
4. Den Betrag der am 15. Dezember 1983 offenen Honorarforderungen hat das Berufungsgericht mit insgesamt 308.433,75 DM festgestellt, wovon 17.147,27 DM auf solche gegen Privatpatienten entfallen. Es geht davon aus, daß neben dem eigentlichen Substanzwert auch die Forderungen abzüglich der Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind.
a) Die Revision des Ehemannes erhebt in diesem Zusammenhang zunächst grundsätzliche Bedenken. Die der Bewertung zugrunde gelegte Richtlinie enthalte unter B. den Passus, daß ausstehende Forderungen, wenn nicht anders vereinbart, dem Praxisveräußerer zuzuordnen seien und sich daher auf die Höhe des Substanzwerts einer Praxis nicht auswirkten. Wenn die Forderungen gleichwohl werterhöhend berücksichtigt würden, könne dies nicht zum Nominalbetrag geschehen, sondern nur unter dessen Kürzung um die voraussichtlich darauf entfallenden Steuern. Der Ehemann unterliege einem Steuersatz von 50 %.
Diese Bedenken sind unbegründet. Was die Richtlinie betrifft, so übersieht die Revision, daß bei einer gedachten Veräußerung des Praxisanteils zum Stichtag der Ehemann in der Rolle des Veräußerers wäre, also desjenigen, dem im Sinne des angeführten Passus die ausstehenden Forderungen „zuzuordnen” wären.
Die Außenstände einer freiberuflichen Praxis, also die Forderungen für bereits geleistete Arbeiten, gehören zu deren Sachwert (vgl. Piltz Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung 2. Aufl. S. 220). Bei der Ermittlung von Unternehmenswerten spielt die Einkommensteuer als personenbezogene Steuerlast im allgemeinen keine Rolle; wäre das anders, müßte ein Unternehmen je nach den steuerlichen Vorteilen, die ein Unternehmer genießt, unterschiedlich bewertet werden (vgl. etwa Gast NJW 1959, 2100 f).
Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs sind Geldforderungen nach einhelliger Auffassung im Schrifttum sowohl in das Anfangs-, als auch in das Endvermögen grundsätzlich mit ihrem Nennwert aufzunehmen (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger a.a.O. Rdn. 9; Soergel/Lange BGB 12, Aufl. Rdn. 15; Staudinger/Thiele BGB 12. Aufl. Rdn. 36; MünchKomm/Gernhuber 2. Aufl. Rdn. 15, jeweils zu § 1376; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts 2. Aufl. Teil VII Rdn. 58). Das ist mit eine Folge des hierbei geltenden Stichtagsprinzips, das der Berücksichtigung erst künftig eintretender Umstände grundsätzlich entgegensteht. Die Revision macht demgegenüber geltend, an der Steuerpflichtigkeit der Außenstände bestehe kein Zweifel. Da es darum gehe, den Wert des Praxisanteils des Ehemannes zu ermitteln, könne nicht auf die Grundsätze abgehoben werden, die sonst für die Berücksichtigung persönlicher Steuerschulden von Ehegatten beim Zugewinnausgleich gälten (dazu näher unten 10). Die Steuerlast sei hier als „Kehrseite der Einkünfte” zu berücksichtigen.
Dem kann nicht gefolgt werden. Auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise können zunächst Außenstände nicht so behandelt werden wie bereits zugeflossene Einkünfte, wie die Revision meint. Steuerbar sind weiterhin auch nicht die Einkünfte selbst, sondern der Gewinn, d.h. der Überschuß der gesamten Einkünfte eines Jahres über die Betriebsausgaben (vgl. § 4 Abs. 3 EStG). Den einzelnen Honorareinnahmen kann wegen des möglichen Einflusses verschiedenster steuerlicher Tatbestände, die vor Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 25 Abs. 1 EStG) noch eintreten können, keine bestimmte Steuerlast zugeordnet werden, sofern es überhaupt – wegen bereits vor dem Stichtag gemäß § 37 EStG bezahlter Vorauszahlungen – zu einer solchen kommt. Da im vorliegenden Fall der 15. Dezember 1983 Stichtag ist, würden andernfalls auch Lasten berücksichtigt, die frühestens am 1. Januar 1985 entstehen (§ 36 Abs. 1 EStG) können. Das wäre mit dem Stichtagsprinzip schlechthin nicht mehr vereinbar. Nach allem ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit den Sachverständigen D. und E. die offenen Honorarforderungen mit ihrem Nennwert angesetzt hat.
b) Die Revision des Ehemannes macht weiter geltend, auf die Forderungen gegen Privatpatienten sei jedenfalls ein Abschlag von 10 % wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Ausfälle vorzunehmen. Das Berufungsgericht habe verabsäumt, durch eine Befragung des Sachverständigen zu klären, ob ein Abschlag in dieser Höhe, den der Ehemann begehrt habe, den Erfahrungswerten entspreche.
Damit kann sie ebenfalls nicht durchdringen. Der Ehemann hat im Prozeß eine „Wertberichtigung” von 10 % verlangt, ohne zu begründen, worauf diese beruhen soll, insbesondere ohne Vortrag von Erfahrungswerten. Die Ehefrau hat das Fehlen jeglicher Substantiierung gerügt; sachdienliche Ausführungen sind auch daraufhin nicht nachgeholt worden. Danach war das Berufungsgericht schon Verfahrensrechtlich nicht gehalten, diesen Punkt durch eine Befragung des Sachverständigen zu klären. Es hat auch mit Recht erwogen, daß Privatpatienten im allgemeinen krankenversichert seien, so daß nicht anzunehmen sei, daß es in nennenswertem Umfang zu Ausfällen komme. Ob Unsicherheiten in der Realisierung von Forderungen überhaupt berücksichtigt werden können (dafür offenbar Schwab a.a.O. u. Rdn. 41), kann daher offenbleiben.
c) Die Revision der Ehefrau, die für von ihr geschätzte höhere Forderungen gegen Privatpatienten Beweis durch Parteivernehmung des Ehemannes angetreten hat, macht geltend, daß diesem Beweisangebot zu Unrecht nicht nachgegangen worden sei. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, es handele sich insoweit um eine unzulässige Ausforschung, weil die Ehefrau ihre Behauptung offensichtlich ins Blaue hinein aufgestellt habe.
Dieser Rüge kann der Erfolg nicht versagt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Ablehnung eines Beweisantrags wegen unzulässiger Ausforschung strenge Anforderungen zu stellen. Der beweisbelasteten Partei ist nicht verwehrt, auch von ihr nur vermutete Tatsachen unter Beweis zu stellen, insbesondere dann, wenn sie, wie hier die Ehefrau, über den Sachverhalt keine genaue Kenntnis haben kann. Wenn bestimmte Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung vorgebracht werden oder sonst bestehen, gilt dies in besonderem Maße (vgl. z.B. Urteile vom 19. September 1985 – IX ZR 138/84 – NJW 1986, 246, 247 und vom 27. März 1987 – IVa ZR 224/85 – BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Beweisantrag, Ablehnung 2 m.w.N.). Hier hatte die Ehefrau als Indiz für ihre Behauptung darauf verwiesen, daß der Ehemann mündlich geäußert habe, allein im Dezember 1983 Honorarforderungen gegen Privatpatienten in Höhe von ca. 23.000 DM besessen zu haben. Ferner stünden derartige Forderungen erfahrungsgemäß bis zu fünf Monaten offen, weil zunächst die Abwicklung mit der Krankenkasse durchgeführt werde. Der Ehemann hatte mit Schriftsatz vom 14. November 1988 nur Forderungen in einer Gesamthöhe von 6.051,30 DM eingeräumt. Das Berufungsgericht bezieht sich auf eine von ihm als zuverlässig angesehene Auskunft der privatärztlichen Verrechnungsstelle vom 23. Februar 1989, die die einschlägigen Außenstände mit 17.147,27 DM beziffert hat, hat aber nicht zusätzlich festgestellt, daß die Gemeinschaftspraxis Honorarforderungen gegen Privatpatienten ausschließlich über diese Verrechnungsstelle abgewickelt hat. Die Nichterhebung des angebotenen Beweises begegnet danach durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5. Die flüssigen Mittel der Praxis hat das. Berufungsgericht mit insgesamt 144.200,92 DM festgestellt, wobei für ein Konto bei der Sparkasse L. 11.187 DM angesetzt sind.
Soweit die Revision des Ehemannes den Ansatz von 11.187 DM mit der Begründung bekämpft, die Parteien hätten den auf Blatt 19 des schriftlichen Gutachtens E. angegebenen geringeren Betrag von 4.873 DM unstreitig gestellt, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die von ihr angezogene Erklärung der Ehefrau im Schriftsatz vom 3. Mai 1989, daß die Anschlußberufung in erster Linie auf die neuen Werte nach dem Gutachten E. gestützt werde, kann nicht auf diesen für sie nachteiligen Wert bezogen werden. Dem weiteren Angriff der Revision, angesichts der Divergenz zwischen den Gutachten E. und D. in diesem Punkt habe der Sachverständige E. befragt werden müssen, wie er zu seinem geringeren Ansatz gelangt sei, kann jedoch der Erfolg nicht versagt werden (§ 286 ZPO). Da ein Beleg insoweit nicht vorgelegt worden ist und beide Sachverständige ihre Feststellungen nicht näher erläutert haben, war eine weitere Aufklärung durch das Gericht veranlaßt, zumal auch die Aufstellung des Steuerberaters J. vom 13. Dezember 1983 insoweit den Betrag von 4.872,86 DM enthält und das Berufungsgericht im übrigen durchweg dem Gutachten E. gefolgt ist.
6. Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, als ein Aktivum der Praxis den Nutzungsvorteil zu berücksichtigen, der sich am Stichtag daraus ergeben hat, daß die Raummiete für den vollen Monat Dezember bereits bezahlt war. Es hat offengelassen, ob ein solcher Vorteil berücksichtigungsfähig sei, weil die Ehefrau diesen Posten jedenfalls nicht geltend gemacht habe. Die gegen diese Ausführungen gerichtete Rüge der Revision der Ehefrau hat Erfolg. Die am 15. Dezember 1983 bestehende Möglichkeit, die Praxisräume bis zum Ende des Monats ohne weitere Gegenleistung zu benutzen, stellte eine vorteilhafte Rechtsposition dar, die mit ihrem geschätzten Wert in die Ausgleichsbilanz einzustellen war (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 1983 – IX ZR 56/82 – FamRZ 1983, 881, 882; Schwab a.a.O. Teil VII Rdn. 36). Da aus dem gesamten Vorbringen der Ehefrau hervorging, daß sie ihren Zahlungsanspruch auf alle sich aus dem Sachverhalt ergebenden rechtlichen Gesichtspunkte stützen wollte, bedurfte es keiner besonderen Geltendmachung dieser Rechtsposition.
7. Die am Stichtag bestehenden Verbindlichkeiten der Praxis hat das Berufungsgericht mit insgesamt 1.067.491,20 DM veranschlagt.
a) In Höhe eines Teilbetrages von 17.773 DM handelt es sich um eine Forderung der Kassenärztlichen Vereinigung W.-L. auf Rückzahlung von Kassenleistungen für das vierte Quartal des Jahre 1983. Die Revision der Ehefrau macht geltend, über das Rückzahlungsverlangen, das insgesamt die Zeit vom vierten Quartal 1983 bis zum dritten Quartal 1985 umschlossen hat, sei erst im September 1986 eine vergleichsweise Einigung zustande gekommen. Am Stichtag sei daher die Rückforderung noch nicht fällig gewesen; ein Anspruch sei erst durch den Vergleich geschaffen worden. Dieser Angriff geht fehl. Für die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten beim Zugewinnausgleich kommt es grundsätzlich nicht auf die Fälligkeit, sondern auf die Entstehung an (vgl. etwa Schwab a.a.O. Rdn. 42). Da § 2313 BGB auch nicht entsprechend anwendbar ist (vgl. BGHZ 87, 367), belastet auch eine bedingte oder betagte Verbindlichkeit das zugewinnausgleichspflichtige Vermögen (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 – IVb ZR 62/84 – FamRZ 1986, 37, 38). Wenn das Berufungsgericht geschätzt hat, daß für die Zeit vor dem Stichtag ein Rückforderungsanspruch der Kassenärztlichen Vereinigung in Höhe von 17.773 DM berechtigt war, kann dies daher nicht aus Gründen mangelnder Fälligkeit beanstandet werden. Die Umstände sprechen dafür, daß der Vergleich den Rückforderungsanspruch insgesamt nicht erst geschaffen, sondern nur der Höhe nach modifiziert hat. Es ist von einer bereits entstandenen und lediglich betagten Forderung auszugehen; der Höhe nach wird die Schätzung nicht angegriffen.
b) Die langfristigen Verbindlichkeiten der Praxis hat das Berufungsgericht aufgrund von detaillierten Angaben des Sachverständigen E. mit 991.600 DM angesetzt. Entgegen der Auffassung der Revision des Ehemannes bestand nicht deswegen Anlaß zu weiterer Aufklärung, weil in der vorläufigen Gewinnermittlung des Steuerbevollmächtigten H. vom 8. Mai 1984 insoweit der Betrag von 1.000.000 DM eingesetzt war. Hierbei handelte es sich offenbar um einen gerundeten Betrag. Die Feststellung des Berufungsgerichts stimmt im Übrigen mit Daten überein, die bereits in einer Aufstellung des Steuerbevollmächtigten J. vom 13. Dezember 1983 enthalten sind.
c) Die schriftlichen Gutachten der Sachverständigen D. und E. weichen insoweit voneinander ab, als im ersteren ein Posten „sonstige laufende Verbindlichkeiten 13.595 DM” enthalten ist, im letzteren aber nicht, ohne daß dies näher erläutert ist. Das Berufungsgericht, das einen derartigen Ansatz abgelehnt hat, stützt sich in diesem Punkt u.a. darauf, daß der Ehemann nicht substantiiert vorgetragen habe, wie sich solche Verbindlichkeiten zusammengesetzt hätten. Die Revision des Ehemannes rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht diesen Widerspruch zwischen den beiden Gutachten durch geeignete Rückfragen hätte aufklären müssen. Der Berichterstattervermerk über die Anhörung des Sachverständigen E. ergibt nicht, daß dies geschehen ist. Auf das Fehlen eines substantiierten Vertrags des Ehemanns durfte nicht abgestellt werden, weil die Darlegungs- und Beweislast insoweit nicht ihn trifft, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend darlegt. Weiter muß insoweit berücksichtigt werden, daß es die Tatsachenermittlung auch sonst weitgehend den Sachverständigen überlassen hat.
d) Das Berufungsgericht hat Lieferantenverbindlichkeiten von insgesamt 47.518,45 DM festgestellt, auf die sich der Ehemann unter Vorlage einer beim Finanzamt eingereichten Zusammenstellung erstmals mit Schriftsatz vom 2. Mai 1989 berufen hat. Daß dieser von der Ehefrau bestrittene Vortrag nicht als verspätet zurückgewiesen worden ist, ist unangreifbar (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 1983 – IVb ZR 14/82 – FamRZ 1984, 37, 38 m.w.N.). Die Revision der Ehefrau macht geltend, zu diesem Punkt hätte, wie sie mit ihrem Schriftsatz vom 3. Mai 1989 beantragt habe, der Sachverständige E. befragt oder eine anderweite Begutachtung vorgenommen werden müssen. Dem kann nicht gefolgt werden. Da der zugrundeliegende Sachverhalt dem zur Schlußverhandlung geladenen Sachverständigen E. unbekannt war, ist nicht ersichtlich, inwiefern dessen Befragung ein sachdienliches Ergebnis versprochen hätte. Zudem handelt es sich um einen Sachverhalt, dessen beweismäßige Aufklärung keines Sachverständigengutachtens bedurfte. Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß es Sache der für die Höhe ihrer Ausgleichsforderung darlegungs- und beweispflichtigen Ehefrau war, substantiierte Angaben des Ehemannes zu diesem Punkt zu widerlegen. Da sie sich darauf beschränkt hat, sie als zu pauschal und als verspätet zu bezeichnen, hilfsweise eine Anhörung des Sachverständigen E. zu beantragen, war es verfahrensrechtlich berechtigt, seine Feststellungen zu diesem Punkt auf die hinreichend konkreten Angaben des Ehemannes und die von ihm vorgelegte steuerliche Zusammenstellung zu gründen.
8. Den ideellen Wert (goodwill) der Gemeinschaftspraxis hat das Berufungsgericht mit 140.400 DM bemessen. Es hat den durchschnittlichen Bruttoumsatz der Jahre 1982/83 mit 850.000 DM ermittelt und davon als kalkulatorischen Arztlohn für beide Inhaber den Betrag von 148.000 DM abgesetzt. Von dem Restbetrag,(702.000 DM) hat es eine Quote von 1/5 gebildet und den sich so ergebenden Betrag als maßgebend angesehen. Hierbei ist es von der in der Richtlinie empfohlenen Quote von 1/3 abgewichen, weil umstände vorlägen, die es geboten erscheinen ließen, den ideellen Wert geringer als im Normalfall anzusetzen.
Im einzelnen hat es als positiv bewertet, daß die Praxis in modern eingerichteten neuen Räumen in guter Lage, nämlich in der Innenstadt von L. und dort in der Fußgängerzone, betrieben werde. Daß im Dezember 1983 Fußgängerzone und Praxisgebäude noch nicht fertiggestellt gewesen seien, sei unerheblich, da der Abschluß der Arbeiten absehbar gewesen sei. Wie die Umsatzentwicklung zeige (Anstieg auf 1.130.000 DM im Jahre 1983 gegenüber 571.000 DM im Jahre 1982), habe sich auch nicht nachteilig ausgewirkt, daß die Praxisräume im April 1983 in ein neu errichtetes Gebäude in derselben Straße verlegt worden seien. Positiv sei weiter das mit der Praxis verbundene Belegarztrecht zu werten. Es sei nicht erkennbar, daß dieses Recht nicht übertragbar sei. Die hohe Arztdichte in L., auf die der Ehemann verweise, sei kein wertmindernder Faktor; eine solche könne nämlich junge Ärzte veranlassen, die Beteiligung an einer bestehenden Praxis einer Neugründung vorzuziehen. Ähnliches gelte für vom Ehemann behauptete Auswirkungen des Kostendämpfungsgesetzes. Andererseits könne die Umsatzsteigerung des Jahres 1983 entgegen der Auffassung der Ehefrau nicht überbewertet werden. Eine solche könne für Interessenten auch ein Indiz dafür sein, daß im Ort ein hoher Bedarf an Orthopäden bestehe und daß sich deswegen die Neugründung einer Praxis lohne.
Als Umstand, der für eine gegenüber dem Normalfall geringere Bewertung spreche, hat das Berufungsgericht vor allem angesehen, daß die Gemeinschaftspraxis am Stichtag erst ein Jahr und achteinhalb Monate bestanden habe. Wenn eine neu gegründete Praxis weniger als drei Jahre bestanden habe, werde die Berücksichtigung eines ideellen Werts beim Verkauf regelmäßig als nicht gerechtfertigt angesehen (so auch Narr in MedR 1984, 121, 123). Nur weil die Praxis des Vorgängers schon lange bestanden habe, ihr Durchschnittsumsatz in den letzten fünf Jahren ihres Bestehens bei 700.000 DM gelegen habe und die Steigerung des Umsatzes im Jahre 1983 zeige, daß der Patientenstamm habe gehalten werden können, könne im vorliegenden Fall anderes angenommen werden. Auch hätte ein potentieller Erwerber der Praxisbeteiligung des Ehemannes jedenfalls die Fortführung durch einen der bisherigen Inhaber berücksichtigt. Trotzdem müsse davon ausgegangen werden, daß bei einem erneuten Praxisverkauf im Dezember 1983 nach dem Erwerb erst im April 1982 eine Einbuße gegenüber dem Entgelt eingetreten wäre, das im April 1982 für den goodwill bezahlt worden sei.
Die Revisionen beider Parteien führen keine Angriffe dagegen, daß das Berufungsgericht der Gemeinschaftspraxis überhaupt einen ideellen Wert beigelegt hat, der durch Veräußerung am Stichtag hätte realisiert werden können. Sie bezweifeln lediglich, daß das Berufungsgericht diesen Wert sachgerecht bemessen hat, wobei die Ehefrau eine höhere, der Ehemann eine niedrigere Bewertung erstrebt.
Soweit beide Parteien Bedenken gegen die vom Berufungsgericht angewandte Bemessungsmethode erheben, kann zunächst auf die Ausführungen oben zu 2. verwiesen werden. Die vom Berufungsgericht herangezogene Richtlinie empfielt für die Ermittlung des goodwill, von einem Drittel des den kalkulatorischen Arztlohn übersteigenden durchschnittlichen Jahresumsatzes auszugehen und das Ergebnis je nach den Gegebenheiten des Einzelfalles durch Zuschläge oder Abschläge zu korrigieren. Daß das Berufungsgericht dem gefolgt ist, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Auch soweit geltend gemacht wird, das Berufungsgericht habe diese Methode nicht korrekt angewendet, bleiben die Angriffe ohne Erfolg.
a) Die Revision der Ehefrau will einen höheren Umsatz als 850.000 DM zugrunde gelegt wissen. Insoweit ist aber das Berufungsurteil rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Richtlinie (unter D.) ist die Entwicklung einer Praxis in den drei letzten Kalenderjahren vor dem Kalenderjahr des Bewertungsfalles zu ermitteln und daraus ein durchschnittlicher Jahresumsatz zu bilden. Da die Gemeinschaftspraxis weit kürzere Zeit als drei Jahre bestanden hatte, hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen D. die Umsätze der Jahre 1982/83 addiert und daraus einen Mittelwert von 850.000 DM gebildet. Das trägt den Besonderheiten des Falles in rechtlich bedenkenfreier Weise Rechnung. Allein das hohe Ergebnis des Jahres 1983 zugrunde zu legen, ist entgegen der Auffassung der Revision rechtlich ebensowenig geboten wie die Heranziehung von Umsätzen des Vorgängers Dr. S..
b) Die Revision des Ehemannes will einen höheren kalkulatorischen Arztlohn als 148.000 DM berücksichtigt wissen. Auch insoweit hat sich das Berufungsgericht an das Gutachten des Sachverständigen D. gehalten. Die Richtlinie sieht einen variablen Ansatz des kalkulatorischen Arztlohns nur bei Umsatzgrößen zwischen 50.000 DM und 300.000 DM vor, wobei das volle Gehalt eines Oberarztes nach 1 b BAT einem Umsatz „ab” 300.000 DM entspricht. Wenn ein Umsatz von 425.000 DM zu berücksichtigen ist, sind danach nicht 130 % dieses Gehalts anzusetzen, wie die Revision meint.
c) Die Revision der Ehefrau hält es nicht für gerechtfertigt, daß das Berufungsgericht statt der in der Richtlinie für den Normalfall empfohlenen Quote von 1/3 eine solche von 1/5 als angemessen angesehen hat. Diese Abweichung ist aber rechtlich bedenkenfrei. Da die Richtlinie Zu- oder Abschläge „je nach den Gegebenheiten des Einzelfalles” vorsieht, wird insoweit ein entsprechender Beurteilungsspielraum eingeräumt. Ihn auszufüllen ist Sache des Tatrichters, wobei das Ergebnis seiner Würdigung in der Revisionsinstanz nach allgemeinen Grundsätzen nur beschränkt nachprüfbar ist. Das Berufungsgericht hat hier, wie die ausführlichen Darlegungen seines Urteils erweisen, die insoweit bedeutsamen Umstände erschöpfend berücksichtigt und sorgfältig gegeneinander abgewogen. Soweit die Revision einzelne Umstände anders gewichtet wissen will, versucht sie, an die Stelle der Würdigung des Tatrichters eine eigene zu setzen; das ist revisionsrechtlich nicht zulässig.
Die Revision verweist weiter darauf, daß das Berufungsgericht bei der Beurteilung dieser Frage von dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen D. abgewichen ist. Auch damit deckt sie keinen Rechtsfehler auf. Das Gericht hat Sachverständigengutachten sorgfältig und kritisch zu würdigen (§ 286 ZPO). Eine abweichende Überzeugung muß es allerdings begründen, wobei diese Begründung erkennen lassen muß, daß seine Beurteilung nicht durch einen Mangel an Sachkunde beeinflußt ist (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 27. Mai 1982 – III ZR 201/80 – NJW 1982, 2874). Der Sachverständige D. hat den Ansatz der Quote von 1/3 weder näher begründet noch zu erkennen gegeben, daß er ihn anhand der gegebenen Umstände überprüft hat, wie es die Richtlinie vorsieht. Daß die Darlegungen des Berufungsgerichts demgegenüber auf einem Mangel an Sachkunde beruhen, wird von der Revision nicht aufgezeigt.
9. Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, die Ertragssteuern, die gemäß §§ 16, 18 Abs. 3, 34 Abs. 1, Abs. 1 Nr. 1 EStG bei einer Veräußerung des Praxisanteils des Ehemannes anfallen würden, als wertmindernde Belastung zu berücksichtigen, weil der Ehemann einen Praxisverkauf tatsächlich nicht beabsichtige. Dies wird von der Revision des Ehemannes zu Recht angegriffen.
Nicht nur in den mit Unternehmensbewertung befaßten Fachkreisen (vgl. etwa Gratz DB 1987, 2421, 2425 f; Kotzur NJW 1988, 3239, 3240), sondern auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß insoweit eine „latente Steuerlast” bestehen kann, die wertmindernd ins Gewicht fällt (vgl. für die Pflichtteilsberechnung BGHZ 98, 382, 389 m.w.N.; für die Bewertung nach §§ 1477 Abs. 2, 1478 BGB Senatsurteil vom 7. Mai 1986 – IVb ZR 42/85 – FamRZ 1986, 776, 779; für die Berechnung des Zugewinnausgleichs Senatsurteil vom 27. September 1989 – IVb ZR 75/88 – FamRZ 1989, 1276, 1279). Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dies gelte nur in Fällen, in denen eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist. Es handelt sich vielmehr um eine Konsequenz der Bewertungsmethode. Soweit der Wert danach ermittelt wird, was bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, darf nicht außer Betracht bleiben, daß wegen der damit verbundenen Auflösung der stillen Reserven dem Verkäufer wirtschaftlich nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt; insoweit handelt es sich mit um unvermeidbare Veräußerungskosten (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. März 1982 – IVa ZR 27/81 – FamRZ 1982, 571, 573; OLG Düsseldorf FamRZ 1989, 1181, 1184; Johannsen/Henrich/Jaeger a.a.O. § 1376 Rdn. 15). Hier hat sich das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Substanzwerts und des ideellen Werts an dem Entgelt orientiert, das ein Arzt für die Übernahme des Praxisanteils des Ehemannes am Stichtag zu bezahlen bereit gewesen wäre. Soweit das Entgelt die Buchwerte der erfaßten Vermögensgegenstände Übersteigt, wären daraus nach der Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes berechnete Steuern angefallen. Den Betrag dieser besonderen Steuern hätte das Berufungsgericht daher schätzen und wertmindernd berücksichtigen müssen (zur Schätzung vgl. auch BGH, Urteil vom 26. April 1972 – IV ZR 114/70 – NJW 1972, 1269, 1270).
10. Der Ehemann hat u.a. einen Steuerbescheid vom 23. Januar 1985 vorgelegt, wonach beide Ehegatten für das Jahr 1983 Einkommen- und Kirchensteuern von insgesamt 34.903 DM nachzuzahlen hatten, und hat verlangt, diesen Betrag von seinem Endvermögen abzusetzen. Dies hat das Berufungsgericht mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um Jahressteuern, die erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres entstünden. Sie seien daher am 15. Dezember 1983 noch keine berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten gewesen. Es hat sich dabei der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Auffassung zu dieser Frage angeschlossen (vgl. OLG Hamburg FamRZ 1983, 168, 169; OLG Düsseldorf FamRZ 1984, 699, 703; OLG München FamRZ 1984, 1096, 1097; Johannsen/Henrich/Jaeger a.a.O. § 1374 Rdn. 15; MünchKomm/Gernhuber a.a.O. § 1375 Rdn. 15; Palandt/Diederichsen BGB 49. Aufl. § 1375 Anm. 2 b; Schwab FamRZ 1984, 429, 432).
Soweit die Revision des Ehemannes dessen Standpunkt weiterverfolgt, hat sie keinen Erfolg. Vor dem Ablauf eines Veranlagungszeitraums besteht insoweit keine aufschiebend bedingte Verbindlichkeit, wie sie meint, nicht einmal eine zweifelhafte i.S. von § 2313 Abs. 2 Satz 1 BGB (so zutreffend Gast NJW 1959, 2100 f; s.a. BGH, Urteil vom 24. April 1972 a.a.O. S. 1269; Staudinger/Ferid/Ciesla a.a.O. § 2311 Rdn. 73). Die Einkommen- und Kirchensteuerschuld entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkünfte bezogen wurden (§§ 25 Abs. 1, 36 Abs. 1, 51 a EStG), und ist erst dann eine betagte Schuld, die schließlich nach der Bekanntgabe des Steuerbescheides (§ 36 Abs. 4 EStG) fällig wird. Wie oben zu 7 a) bereits dargelegt wurde, kommt es beim Zugewinnausgleich auf den Zeitpunkt der Entstehung einer Verbindlichkeit an. Vor dem Ablauf eines Jahres entstehen für den Freiberufler lediglich Verpflichtungen zu Steuervorauszahlungen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 EStG), die, soweit sie nicht schon erfüllt sind, im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen sind. Wegen dieser Vorauszahlungen, die nach dem Gesetz der voraussichtlichen Steuerschuld entsprechen sollen (Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift), kommt es in der Regel auch dann zu keiner wirtschaftlichen Verzerrung des Zugewinnausgleichs, wenn der Stichtag, wie hier, kurz vor dem Ablauf des Veranlagungszeitraums liegt, künftige Steuerfestsetzungen für die Zeit vor dem Stichtag aber nicht berücksichtigt werden. Liegt es im Einzelfall anders, handelt es sich um eine Folge des Stichtagsprinzips, die nach der typisierenden und schematischen Regelung des Zugewinnausgleichs hingenommen werden muß (vgl. etwa BGHZ 82, 145, 147). Es würde auch zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, wenn das Gericht die fraglichen Steuern des laufenden Jahres fiktiv ermitteln und bei der Aufteilung auf die Zeit vor und nach dem Stichtag gegebenenfalls dem Einfluß erst nach dem Stichtag eingetretener steuerlicher Tatbestände nachgehen müßte. Bei den oben zu 9. behandelten Ertragssteuern nach § 16 EStG liegt es anders: Es handelt sich um nur gedachte Steuern, die tatsächlich nicht entstehen und nicht festgesetzt werden. Dabei wird keineswegs eine künftige persönliche Verbindlichkeit berücksichtigt, sondern die Steuer ist ein Faktor der Bewertung des Vermögensgegenstandes.
11. Das Berufungsgericht hat im Endvermögen des Ehemannes u.a. dessen Pkw „Porsche 911 SL” einschließlich Autotelefon nach dem Zeitwert unter Abzug des noch offenen Anschaffungskredits mit 17.811 DM angesetzt. In erster Instanz war unstreitig, daß auch der Ehefrau am Stichtag ein Pkw, nämlich ein „Golf”, gehörte; lediglich die Wertangaben der Parteien differierten insoweit (Ehemann: 12.000 DM; Ehefrau: 8.000 DM). Das Fahrzeug der Ehefrau hat das Berufungsgericht bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs unberücksichtigt gelassen, weil der Ehemann sein erstinstanzliches Vorbringen zu diesem Punkt nicht weiterverfolgt habe. Ein Pkw sei auch nur dann beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen, wenn er von dem Ehegatten, dem er gehöre, überwiegend beruflich genutzt werde. Es sei nicht vorgetragen und nicht erkennbar, daß der Pkw „Golf” überwiegend den beruflichen Zwecken der Ehefrau, die Lehrerin sei, gedient habe.
Diese Ausführungen sind von Rechtsirrtum beeinflußt und halten einer Verfahrensrüge der Revision des Ehemannes nicht stand.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Gegenstände, die nach der HausratsVO verteilt werden können, vom Zugewinnausgleich auszunehmen (BGHZ 89, 137, 145). Ein Pkw ist aber schon nach der Verkehrsanschauung nur ausnahmsweise Hausratsgegenstand, nämlich dann, wenn er von den Ehegatten gemeinschaftlich zum Zwecke der Haushalts- und privaten Lebensführung benutzt wird (vgl. z.B. BayObLG FamRZ 1982, 399; OLG Zweibrücken FamRZ 1983, 615, 616; Schwab/Maurer a.a.O. Teil VIII Rdn. 126). Es ist nicht vorgetragen worden, daß der Pkw „Golf” von den Parteien gemeinschaftlich genutzt worden sei; dagegen spricht auch, daß jede einen Pkw besaß. Es kommt hinzu, daß Gegenstände, die einem Ehegatten allein gehören, nach § 9 Abs. 1 HausratsVO nur unter engen Voraussetzungen dem anderen Ehegatten zugeteilt werden können. Daraus folgt, daß solche Gegenstände grundsätzlich dem Zugewinnausgleich unterliegen (vgl. BGHZ a.a.O. S. 146; Schwab a.a.O. Teil VII Rdn. 25). Hier war unstreitig, daß der Pkw „Porsche” im Eigentum des Ehemannes, der Pkw „Golf” im Eigentum der Ehefrau stand. Es liegen auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, auch nicht im Prozeßverhalten der Parteien, daß sie sich dahin geeinigt hätten, der Pkw „Golf” solle vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden (vgl. dazu BGHZ a.a.O. 147). Auf das Ausmaß der beruflichen oder privaten Nutzung kommt es nicht an.
b) Mit Recht rügt die Revision des Ehemannes in diesem Zusammenhang weiter eine Verletzung des § 278 Abs. 3 ZPO. Das Amtsgericht hatte in seiner Entscheidung beide Pkw beim Ausgleich unberücksichtigt gelassen, weil keine Umstände dargetan seien, die deren Behandlung als Hausrat widersprächen. Dies hat zwar keine der Parteien angegriffen. Nachdem aber der Sachverständige E. den Pkw „Porsche” in das Endvermögen des Ehemannes einbezogen hatte, hatte dieser schriftsätzlich die – allerdings unzutreffende – Auffassung vertreten, nur der „Betriebsanteil” seines Pkw in angegebener Höhe von 37 % könne dem Zugewinnausgleich unterliegen. Auch im Hinblick auf die Entscheidung der Vorinstanz zu dieser Frage hätte das Berufungsgericht bei dieser Sachlage gemäß § 278 Abs. 3 ZPO auf seine Absicht hinweisen müssen, den Pkw des Ehemannes voll, denjenigen der Ehefrau aber nicht in den Ausgleich einzubeziehen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 13. März 1981 – I ZR 65/79 – MDR 1982, 29). Auf einen derartigen Hinweis hin wäre der Ehemann, wie die Revision darlegt, auf seinen schon in erster Instanz vertretenen Standpunkt zurückgekommen, auch der Pkw der Ehefrau sei in den Ausgleich einzubeziehen, und zwar mit einem Wert von 12.000 DM. Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, daß die Entscheidung des Berufungsgerichts zu diesem Punkt auf der Unterlassung eines nach § 278 Abs. 3 ZPO gebotenen Hinweises beruht.
12. Eine von der Ehefrau beantragte Parteivernehmung des Ehemannes über ihre Behauptung, er habe am Stichtag über liquide Privatmittel von mindestens 30.000 DM verfügt, hat das Berufungsgericht als Ausforschung abgelehnt. Es hat Privatmittel des Ehemannes in Höhe von 4.144,67 DM festgestellt und dazu ausgeführt: Nach den vorgelegten Bankbelegen sei am 2. November 1983 von einem Konto des Ehemannes bei der Volksbank B. ein Betrag von 34.983,99 DM abgebucht worden. Die Verwendung dieses Betrages habe der Ehemann aber nachvollziehbar dargelegt. Er habe belegt, daß er den Betrag auf ein Konto bei der Deutschen Bank überwiesen habe, das ein Negativsaldo aufgewiesen habe, so daß dort am 7. November 1983 noch ein Guthaben von 17.578,53 DM vorhanden gewesen sei. Für 13.000 DM habe er am 17. November 1983 Einrichtungsgegenstände erworben. Ferner sei am 13. Dezember 1983 ein Scheck von 560 DM eingelöst worden, dessen Gegenwert nach Angaben des Ehemannes für den allgemeinen Lebensbedarf verwendet worden sei. Danach sei glaubhaft, daß am Stichtag nur das berücksichtigte Guthaben von 4.144,67 DM vorhanden gewesen sei. Die Behauptung der Ehefrau, der Ehemann habe über höhere Mittel verfügt, sei ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt worden.
Die Revision der Ehefrau rügt auch hier zu Recht, daß ihrem Beweisantrag hätte nachgegangen werden müssen. Oben zu 4 c) wurde bereits dargelegt, daß ein solcher nur unter engen Voraussetzungen als unzulässige Ausforschung abgelehnt werden kann. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, daß der Ehemann von seinem Vortrag, er habe 13.000 DM für Einrichtungsgegenstände ausgegeben, mit dem späteren Schriftsatz vom 5. Oktober 1988 selbst abgerückt ist; hier heißt es zu der fraglichen Anschaffung, einen Teil der Waren in einem Gesamtwert von 6.000 DM habe er weder gekauft noch erhalten. Schließlich fehlen bei den vom Ehemann vorgelegten Kontoauszügen der Deutschen Bank insgesamt 17 Blatt zwischen dem 7. November 1983 und dem 13. Dezember 1983. Die Ehefrau hatte also hinreichend Anhaltspunkte dafür, daß die Angaben des Ehemannes zumindest nicht vollständig waren. Ihre Verfahrensrüge muß daher durchgreifen.
13. Ein Leistungsverweigerungsrecht nach der Härteklausel des § 1381 BGB, auf das sich der Ehemann berufen hat, hat das Berufungsgericht abgelehnt und hierzu ausgeführt:
Es könne dahingestellt bleiben, ob die Ehefrau, wie der Ehemann behaupte, im März 1983 ehebrecherische Beziehungen zu einem Kollegen aufgenommen habe. Daß ein solches Fehlverhalten in die Zeit gefallen wäre, in der der Ehemann seine Praxis aufgebaut habe, gebe ihm noch kein die Anwendung des § 1381 BGB rechtfertigendes Gewicht. Es sei nämlich nicht erkennbar, daß der Aufbau der Praxis durch das Verhalten der Ehefrau tatsächlich gefährdet oder auch nur erheblich erschwert worden sei. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Ehemann auch dann, wenn sein Vortrag zuträfe, Belastungen ausgesetzt gewesen sei, die über das Maß derjenigen hinausgingen, die mit dem Scheitern jeder Ehe verbunden seien.
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision des Ehemannes ohne-Erfolg. Die Beurteilung, ob das Fehlverhalten eines Ehegatten so schwerwiegend ist, daß ein Zugewinnausgleich i.S. von § 1381 BGB grob unbillig wäre, ist wesentlich Sache des Tatrichters. Vorliegend ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht angenommen hat, das behauptete Fehlverhalten der Ehefrau rechtfertige im Ergebnis die Anwendung der Härteklausel nicht (vgl. etwa Senatsurteil vom 9. Juli 1980 – IVb ZR 531/80 – FamRZ 1980, 877 f).
14. Soweit der Senat im Vorangegangenem auf Verfahrensrügen nicht ausdrücklich eingegangen ist, hat er sie geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet, § 565 a ZPO. Soweit begründete Rügen erhoben worden sind, ist der Senat zu einer abschließenden Entscheidung nicht in der Lage, da noch tatrichterliche Feststellungen zu treffen sind. Die Sache ist deshalb auf die Rechtsmittel beider Parteien zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurückzuverweisen; teilweise – in Höhe von 60.000 DM nebst Zinsen – ist die Verurteilung des Ehemannes aufrechtzuerhalten, da das weitere Verfahren seine Zahlungspflicht in dieser Höhe nicht mehr berühren kann.
Unterschriften
Lohmann, Blumenröhr, Krohn, Zysk, Knauber
Fundstellen
BB 1991, 311 |
NJW 1991, 1547 |
FamRZ 1991, 43 |
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