Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinweispflicht des Steuerberaters bei Erwerb einer Unternehmensbeteiligung seines Mandanten
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Diplom-Kaufmann und Steuerberater, von einem Interessenten, der sich an einem Unternehmen beteiligen will, als Berater hinzugezogen, und stellt er bei seiner Prüfung fest, daß in diesem Unternehmen keine ordnungsmäßige Buchhaltung vorhanden ist, so ist er verpflichtet, seinen Auftraggeber auf die sich hieraus ergebenden Bedenken hinzuweisen.
2. Das gleiche gilt dann, wenn er feststellt, daß in dem zu beurteilenden Unternehmen kein Eigenkapital vorhanden ist.
Normenkette
BGB § 675; StBerG § 33
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 24.03.1982; Aktenzeichen 25 U 165/81) |
LG Hagen (Urteil vom 30.04.1981; Aktenzeichen 16 O 130/80) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. März 1982 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 30. April 1981 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Verurteilungsbetrag 45.485,25 DM beträgt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Tatbestand
Der Kläger wurde Anfang 1978 arbeitsunfähig. Er beabsichtigte, sein Vermögen von ca. 50.000,– DM gewinnbringend anzulegen, und zwar nach Möglichkeit so, daß er damit eine neue berufliche Tätigkeit verbinden konnte. Nachdem er eine Zeitungsanzeige der Firma G KG in Lü gelesen hatte, in der diese eine finanzielle Beteiligung suchte, setzte er sich mit dem Geschäftsführer dieser Firma, dem Zeugen H, in Verbindung. Obwohl die Firma G bereits nahezu zahlungsunfähig war, spiegelte ihm H – der inzwischen rechtskräftig wegen Betruges verurteilt worden ist – vor, die Firma sei im Kern gut und benötige lediglich zur Überbrückung eines augenblicklichen finanziellen Engpasses einen größeren Betrag. Nachdem der Kläger zunächst mit dem Zeugen S gesprochen hatte, setzte er sich mit dem Beklagten, der als Steuerberater und Rechtsbeistand für Gesellschaftsrecht zugelassen ist, in Verbindung. In der Folgezeit kam es zu mehreren Besprechungen zwischen den Parteien und dem Zeugen H, bei denen die Frage einer Beteiligung des Klägers an der Firma G erörtert wurde. Der Beklagte fertigte mehrere Vertragsentwürfe, u.a. für einen Darlehensvertrag über einen Betrag von DM 50.000,–. Der Entwurf enthielt u.a. folgende Bestimmung:
„Zur Sicherheit tritt die Firma G
Herrn S alle Aktivwerte, vor allen Dingen die Vorräte und die Kundenforderungen uneingeschränkt bis zur vollen Befriedigung ab. Außerdem duldet Herr H als Geschäftsführer der Firma G die sofortige Vollstreckung in das gesamte Vermögen der Firma G”.
Diesen Entwurf übersandte er an den Kläger und an den Zeugen H. In dem an H gerichteten Begleitschreiben vom 6. Februar 1978, von dem der Kläger eine Abschrift erhielt, heißt es u.a.:
„Falls Sie in den nächsten Tagen die noch fehlenden Unterlagen:
- die Bestätigung der C-Bank über das Darlehen von DM 60.000,–
- die Inventurwerte zum 1.11.1978
- die Ertragsaussichten für das Jahr 1978
zur Verfügung stellen, steht dem Abschluß des Darlehensvertrages nichts mehr im Wege.”
Am 20. Februar 1978 unterzeichneten der Kläger und H den Vertrag; kurz darauf unterschrieben sie weitere Verträge.
Nach den getroffenen Abmachungen sollte der Kläger Prokurist und Betriebsleiter der Fa. G werden. Der Kläger zahlte zunächst DM 45.000,– auf das Konto der Firma G und wurde in dieser Firma betriebsleitend tätig. Als er feststellte, daß die Firma bereits zahlungsunfähig war und daß sein Geld nicht abredegemäß verwandt wurde, gelang es ihm noch, den Restbetrag von DM 5.000,– zurückzubehalten. Versuche, den Betrag von DM 45.000,– zurückzubekommen, scheiterten; die Firma G ist in Konkurs gefallen. Die Parteien sind sich darüber einig, daß das Geld verloren ist.
Der Kläger behauptet, er habe den Zeugen S darauf hingewiesen, daß er wegen der von ihm erwogenen Beteiligung an der Firma G dringend eines Rates bedürfe, da er von diesen Dingen nichts verstehe. Herr S habe ihm daraufhin den Beklagten als für diese Aufgabe besonders qualifiziert empfohlen. Er habe auch den Beklagten angerufen und ihn über die Wünsche und Absichten des Klägers unterrichtet, insbesondere auch darüber, daß der Kläger eine Beratung, vor allem hinsichtlich des mit der Beteiligung verbundenen Risikos, benötige. Am folgenden Tage habe der Beklagte beim Kläger angerufen und bestätigt, daß er über Herrn S den Beratungsauftrag erhalten habe; er habe, um die Beratung ordnungsgemäß durchführen zu können, bereits mit Herrn H einen Besprechungstermin vereinbart. Bei der Unterzeichnung des Darlehensvertrages sei der Beklagte zugegen gewesen. Er habe erklärt, dieser Vertrag sei so formuliert, daß der Kläger die größtmögliche Sicherheit habe und ihm kein Nachteil entstehen könne; dies sei „hundertprozentig sicher”. Die Frage des Klägers, ob der Darlehensvertrag nicht einer notariellen Beurkundung bedürfe, habe der Beklagte verneint.
Mit seiner Klage hat der Kläger mehrere Schadensposten geltend gemacht, u.a. auf Ersatz des verlorenen Darlehensbetrags sowie auf Erstattung eines Betrages von 1.768,51 DM, den der Kläger während seiner Tätigkeit bei der Fa. G an die Fa. N in E gezahlt hatte.
Das Landgericht hat den Kläger mit mehreren Einzelansprüchen abgewiesen. Den Anspruch auf Ersatz des Darlehensbetrages hat es in voller Höhe, den Anspruch auf Ersatz des an die Firma N. gezahlten Betrages zur Hälfte für begründet angesehen; es hat demgemäß den Beklagten zur Zahlung des errechneten Betrages nebst 4% Zinsen seit dem 8. April 1980 verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
1. Das Berufungsgericht ist – ebenso wie das Landgericht – davon überzeugt, daß der Kläger den Beklagten beauftragt hatte, ihn hinsichtlich der von ihm geplanten Beteiligung an der Firma G zu beraten. Diese tatrichterliche Würdigung läßt keinen Rechtsirrtum – auch keinen Verstoß gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze – erkennen und ist daher für das Revisionsgericht verbindlich.
2. Das Landgericht hat angenommen, daß der Beklagte die sich aus den vertraglichen Beziehungen zu dem Kläger ergebenden Pflichten schuldhaft verletzt habe. Dabei könne es letztlich dahinstehen, ob ihm im einzelnen genau bekannt gewesen sei, wie schlecht die wirtschaftliche Situation der Firma G war. Wenn er noch keinen Überblick über die finanzielle Situation gehabt habe, sei es pflichtwidrig gewesen, den Kläger nicht deutlich davon in Kenntnis zu setzen, daß er, der Beklagte, noch nicht überprüft hatte, ob die Firma gesund war und ob eine finanzielle Beteiligung an ihr eine sichere Kapitalanlage sein konnte. Diese Überlegungen sind in rechtlicher Hinsicht zutreffend.
3. Dagegen halten die Ausführungen, mit denen im Berufungsurteil die gegenteilige Auffassung begründet wird, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht meint, der Beklagte wäre nur dann verpflichtet gewesen, den Abschluß des Darlehensvertrages zu verhindern, wenn er bei Vertragsschluß anwesend gewesen wäre; es geht also davon aus, daß er vorher zu irgendwelchen Warnungen, Hinweisen und Belehrungen nicht verpflichtet gewesen sei (BU Bl. 5 letzter Absatz Bl. 6 erster Absatz). Allen Beteiligten sei klar gewesen, „daß nur der Zeuge H Angaben über die Firma G machen konnte, da der Beklagte nicht Steuerberater dieser Firma war und aus eigener Kenntnis keine Angaben über sie machen konnte”. Wenn das richtig wäre, würde sich die Frage stellen, welchen Sinn überhaupt der dem Beklagten erteilte Beratungsauftrag haben sollte. Tatsächlich war jedoch die Beauftragung des Beklagten keineswegs sinnlos. Von ihm als Diplom-Kaufmann und Steuerberater konnte man die buchhaltungstechnischen Kenntnisse erwarten, die erforderlich waren, um die Geschäftsbücher und Geschäftsunterlagen eines Unternehmens zu prüfen und daraus Schlüsse auf dessen wirtschaftliche Lage zu ziehen; der Kläger, der früher Maurer und später Kunststoffspritzer war, war hierzu nicht in der Lage. Bei der Firma G konnten allerdings solche Feststellungen nicht getroffen werden, da bei dieser Firma ein ordnungsmäßiges Rechnungswesen nicht vorhanden war. Gerade dieser Umstand hätte aber den Beklagten veranlassen müssen, dem Kläger dringend von einer Beteiligung abzuraten. Er hätte darauf hinweisen müssen, daß bei dem Zustand des Rechnungswesens der Firma G über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und damit über die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft nichts Zuverlässiges ausgesagt werden konnte, daß die ständige Vernachlässigung der handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Buchführungspflicht gewichtige Zweifel an der geschäftlichen Zuverlässigkeit und den kaufmännischen und unternehmerischen Fähigkeiten des Geschäftsführers und Alleingesellschafters H. begründeten. Er hätte den Kläger darüber belehren müssen, daß die Beteiligung an einem solchen Unternehmen – und zwar sowohl in der Form eines Darlehens als auch in der Form einer Kommanditeinlage – ein außergewöhnlich riskantes Unterfangen war, von dem dringend abgeraten werden müsse.
4. Das Berufungsgericht meint weiterhin, H habe eine Erklärung über den Vermögens- und Schuldenstand zum 1. Januar 1978 abgegeben, die, was auch der Kläger erkennen konnte, eine Überschuldung von 65.000,– DM ausgewiesen habe. Die vom Beklagten daraufhin aufgestellte „Planbilanz” sei zwar ausgeglichen gewesen, weil hierin, anders als in der Vermögensaufstellung, Sachanlagen im Werte von 65.000,– DM enthalten gewesen seien. Aus dem Schreiben des Beklagten an H vom 6. Februar 1978 habe der Kläger ersehen können, daß noch die Bestätigung der C-Bank über das Darlehen von 60.000,– DM, die Inventurwerte zum 1. Januar 1978 und die Ertragsaussichten für das Jahr 1978 ausstanden. Aus alledem habe der Kläger entnehmen können und entnehmen müssen, daß die Prüfung einer Beteiligung an der Firma G noch nicht abgeschlossen gewesen sei und daß insbesondere noch eine genauere Klärung der Sachwerte, die die Bilanz ausgeglichen machten, notwendig gewesen sei. Auch diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Wenn die Erklärung des Geschäftsführers H über den Vermögens- und Schuldenstand der Firma G zum 1. Januar 1978 eine Überschuldung erkennen ließ, wäre der Beklagte erst recht zu einer Warnung an den Kläger verpflichtet gewesen. Er durfte sich nicht mit der Überlegung beruhigen, der Kläger werde schon selbst in der Lage sein, die Überschuldung zu erkennen. Die Bedeutung derartiger Zahlenaufstellungen wird von Personen, denen, wie dem Kläger, jede kaufmännische und betriebswirtschaftliche Schulung fehlt, leicht mißverstanden. Sie sind nicht in der Lage, aus dem Zahlenwerk Schlüsse auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu ziehen. Der Kläger hatte ja gerade deshalb, weil ihm nach seiner Überzeugung die Fähigkeit zur Beurteilung solcher Fragen fehlte, den Beklagten als Berater zugezogen.
In der Tat wies jedoch die Aufstellung keine Überschuldung auf. Das Berufungsgericht hat die Bedeutung dieses Schriftstücks – dessen Wortlaut unstreitig ist, auf das im Tatbestand des Berufungsurteils (Seite 5 erster Absatz) verwiesen wird und das daher nach § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu den tatsächlichen Grundlagen der revisionsrechtlichen Prüfung gehört – mißverstanden. In ihm wird lediglich der Wert der Vorräte sowie die Höhe der Verbindlichkeiten und der Forderungen aus Leistungen und Lieferungen angegeben. Es konnte sich deshalb nicht um eine vollständige Aufstellung der Aktiven und Passiven der Gesellschaft handeln. Es fehlten Angaben über das Anlagevermögen, das bei einer – produzierenden – Metallwarenfabrik vorhanden sein mußte. Dies war dem Kläger bekannt, da er sich bereits vor Abschluß des Darlehensvertrages in der Fabrik umgesehen und betätigt hat.
b) Selbst wenn die in der sogenannten Planbilanz enthaltenen Zahlen zutreffend ermittelt worden wären, hätte der Beklagte allen Anlaß gehabt, den Kläger vor einer Beteiligung an der Gesellschaft zu warnen. Die Bilanz war, wie das Berufungsgericht zutreffend bemerkt, „ausgeglichen”, d.h. sie wies weder ein Eigenkapital noch ein Minuskapital auf. Es ist eine Erfahrungstatsache, daß zum erfolgreichen Betrieb eines Unternehmens in der Regel ein gewisses Eigenkapital erforderlich ist; ein Unternehmen ohne Eigenkapital ist unter normalen Umständen nicht kreditwürdig. In besonders gelagerten Einzelfällen mag eine Ausnahme von dieser Regel gelten; dafür, daß hier ein solcher Ausnahmefall vorlag, fehlte jedoch jeder Anhaltspunkt.
Es kommt hinzu, daß die Firma G-Sch GmbH & Co. KG früher Eigenkapital gehabt haben muß. Ihre Komplementär-GmbH mußte nach dem früheren Recht mindestens ein Eigenkapital von 20.000,– DM haben. Da das Aktivvermögen einer Komplementär-GmbH regelmäßig im Gesellschaftsanteil an der Kommanditgesellschaft besteht und da die Kommanditisten ebenfalls Gesellschaftseinlagen zu erbringen hatten, mußte der Beklagte davon ausgehen, daß das Eigenkapital der GmbH & Co ursprünglich 20.000,– DM überstieg. Wenn dieses Kapital verwirtschaftet worden war, mußte der Geschäftsgang in den vergangenen Jahren sehr schlecht gewesen sein. Auch dieser Umstand sprach gegen eine Beteiligung des Klägers an der Gesellschaft.
c) Nach alledem kann es nicht entscheidend sein, daß noch diejenigen Unterlagen ausstanden, die der Beklagte in seinem Schreiben vom 6. Februar 1978 erwähnt hatte und anhand derer er die Ansätze in der „Planbilanz” nachprüfen wollte. Selbst wenn bei dieser Prüfung sich alle Ansätze in der „Planbilanz” als richtig herausgestellt hätten, hätte dies eine positive Beurteilung der beabsichtigten Beteiligung des Klägers nicht gerechtfertigt. Im übrigen ist es unerfindlich, inwieweit die erwähnten Unterlagen zu einer „genaueren Klärung der Sachwerte” hätten beitragen können. Wie der Geschäftsführer H die Ertragsmöglichkeit im Jahre 1978 einschätzte, war ohne jeden objektiven Erkenntniswert; diese Einschätzung wäre auch dann, wenn sie auf einer zutreffenden Bewertung aller in Frage kommenden Faktoren beruhte, für die Feststellung der Sachwerte per 1. Januar 1978 ohne Bedeutung gewesen. Bei den „Inventurwerten” hätte es sich wiederum um eigene Angaben des Geschäftsführers H gehandelt; sie wären also kein geeignetes Mittel gewesen, um die Richtigkeit der vorher von H aufgestellten Behauptungen nachzuprüfen. Auch hätte mit Hilfe einer Inventur lediglich der Umfang der vorhandenen Vorräte festgestellt werden können; Aufschlüsse über den tatsächlichen Wert des Anlagevermögens – den größten Aktivposten – hätte sie nicht gegeben. Die Auskunft der C-Bank hätte zwar dem Beklagten die Gewissheit verschaffen können, daß die Schulden der Firma G gegenüber dieser Bank nicht höher waren, als sie von H angegeben wurden; entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hätte dies aber nicht zur Klärung der Sachwerte beitragen können.
5. Dem Beklagten ist als weitere schuldhafte Verletzung seiner Beratungspflicht vorzuwerfen, daß er bei dem Kläger durch die Übersendung eines Darlehensvertragsentwurfs ein falsches Gefühl von Sicherheit hervorgerufen hat. Da der Beklagte nicht nur als Steuerberater, sondern auch als Rechtsbeistand für Gesellschaftsrecht zugelassen war, war ihm an sich die Anfertigung des Entwurfs gestattet; er hat jedoch dabei nicht mit der gebotenen Sorgfalt gehandelt. Der Vertrag enthielt in § 4 eine Klausel, die beim Kläger den Eindruck erwecken mußte, das von ihm der Firma G zu gewährende Darlehen sei ausreichend abgesichert. Danach sollten dem Kläger zur Sicherheit „alle Aktivwerte, vor allen Dingen die Vorräte und die Kundenforderungen uneingeschränkt bis zur vollen Befriedigung” abgetreten werden. Selbst wenn diese Vertragsbestimmung rechtlich wirksam gewesen wäre, hätte der Kläger dadurch nur eine zweifelhafte Sicherung erlangt. Der Beklagte ging selbst davon aus, daß Bankschulden in einer Größenordnung von 80.000,– DM und Lieferantenschulden in einer Größenordnung von 75.000,– DM vorhanden waren. Ihm mußte aufgrund seiner beruflichen Erfahrung bekannt sein, daß Banken in der Regel dem Unternehmen keine ungesicherten Kredite geben; er mußte also auch damit rechnen, daß die Aktivwerte der Firma G zu einem wesentlichen Teil bereits zur Absicherung des Bankkredits verwandt worden waren. Hierauf hätte er den Kläger hinweisen müssen. Er hätte ihn ferner darüber unterrichten müssen, daß sich Lieferanten heute regelmäßig das Eigentum an der gelieferten Ware bis zur Bezahlung des Kaufpreises vorbehalten und häufig auch einen verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbaren. Er hätte ihn darüber belehren müssen, daß den Umständen nach nicht damit zu rechnen war, daß die Firma G über Vermögenswerte verfügte, die sie als Sicherungsmittel für das vom Kläger zu gewährende Darlehen einsetzen konnte. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, daß dem Beklagten die Formulierung der Sicherungsabrede auch rechtstechnisch mißglückt ist.
6. Nach alledem halten die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine schuldhafte Vertragsverletzung verneint hat, schon aus materiell-rechtlichen Gründen der Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte hat auch dann schuldhaft gegen seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verstoßen, wenn er, wie er behauptet, bei der Unterzeichnung des Vertrages nicht zugegen gewesen sein sollte. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Annahme des Berufungsgerichts, die Anwesenheit des Beklagten bei der Unterzeichnung des Darlehensvertrages sei nicht hinreichend erwiesen, durch Rechtsfehler beeinflußt ist.
II.
Eine weitere Sachaufklärung ist nicht erforderlich. Eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht ist demnach nicht geboten; das Revisionsgericht kann vielmehr selbst die abschließende Entscheidung treffen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
1. Der Beklagte hat, wie unter Ziffer I dargelegt wurde, bereits nach dem unstreitigen Sachverhalt die ihn nach dem Beratungsvertrag treffenden Pflichten schuldhaft verletzt; er wäre verpflichtet gewesen, den Kläger vor einer Beteiligung an der Firma G. zu warnen. Dafür, daß der Kläger diese Warnungen in den Wind geschlagen hätte, wäre der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig (BGH Urteil vom 30. September 1981 – IVa ZR 288/80 – ZIP 1981, 1213 mit weiteren Nachweisen). Hierfür ergeben sich aus dem von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt keine Anhaltspunkte; der Beklagte hat in dieser Hinsicht auch keinen Beweis angetreten. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß der Kläger von einer Beteiligung Abstand genommen hätte, wenn ihn der Beklagte pflichtgemäß davor gewarnt hätte. Zwischen dem vertragswidrigen Verhalten des Beklagten und dem Verlust der Darlehensvaluta besteht daher ein adaequater Kausalzusammenhang.
Ein mitwirkendes Verschulden könnte den Kläger nur dann treffen, wenn er den Darlehensvertrag in Abwesenheit des Beklagten abgeschlossen haben sollte. In diesem Falle hätte man ihm zum Vorwurf machen können, daß er vor dem Vertragsschluß nicht beim Beklagten Rückfrage gehalten hat; denn aus dem Schreiben des Beklagten vom 6. Februar 1978 das zwar an H. gerichtet, dem Kläger aber abschriftlich mitgeteilt worden war, hätte der Kläger entnehmen können, daß der Beklagte zwar grundsätzlich die Beteiligung des Klägers an der Firma G positiv beurteilte, daß er aber vor seiner endgültigen Stellungnahme noch gewisse Unterlagen überprüfen wollte; es wäre daher für den Kläger geboten gewesen, diese Stellungnahme abzuwarten. Der Kläger behauptet jedoch, daß der Beklagte bei der Vertragsunterzeichnung zugegen gewesen sei und ihm, dem Kläger sogar zugeredet habe. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist diese Sachdarstellung zwar nicht voll erwiesen. Es stützte sich dabei vor allem darauf, daß der Zeuge H bei der Vernehmung vor dem Berufungsgericht keine zuverlässige Erinnerung an die damaligen Vorgänge gehabt habe. Seine Ausführungen lassen jedoch erkennen, daß es die Behauptung des Klägers keinesfalls als widerlegt angesehen hat. Damit ist der Beklagte für den Einwand des mitwirkenden Verschuldens beweisfällig geblieben.
Das Landgericht hat demnach den Beklagten zu Recht zur Erstattung der verlorenen Darlehensvaluta in Höhe von 45.000,– DM verurteilt.
2. Auch die vom Kläger bewirkte Zahlung von 1.768,51 DM an die Firma N in E steht mit der fehlerhaften Beratung durch den Beklagten in einem adäquat-ursächlichen Zusammenhang. Hätte der Kläger sich nicht an der Firma G beteiligt, so hätte er keine Veranlassung gehabt, diesen Betrag zu bezahlen. Nach der Auffassung des Landgerichts trifft den Kläger jedoch in dieser Hinsicht ein erhebliches Mitverschulden. Da der Kläger das landgerichtliche Urteil, soweit es für ihn nachteilig war, nicht angefochten hat, ist hiervon auch in der Revisionsinstanz auszugehen. Mehr als 50% dieses Schadens braucht jedoch der Kläger keinesfalls zu tragen. Bei der Abwägung des gegenseitigen Verschuldens ist zu berücksichtigen, daß der Beklagte in besonders grober Weise gegen seine berufliche Sorgfaltspflicht verstoßen hat. Auch wenn man mit dem Landgericht annimmt, daß dem Kläger ebenfalls eine erhebliche Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt vorzuwerfen ist, könnte sich daraus für den Beklagten keine geringere Schadensquote als 50% ergeben.
3. Das Landgericht wollte ersichtlich dem Beklagten zur Zahlung von 45.000,– DM und 485,25 DM, insgesamt 45.485,25 DM verurteilen (vgl. Seite 11 des Urteils vom 30. April 1981); dieser Betrag erscheint auch im Verkündungsprotokoll (Bl. 115 R, 136). In der Urteilsurschrift lautet der Verurteilungsbetrag dagegen auf 45.489,25 DM. Diesen offensichtlichen Schreibfehler kann auch das Revisionsgericht berichtigen.
Fundstellen