Leitsatz (amtlich)
›1. Die Abtretung einer Forderung auf künftigen Grundstücksmietzins ist erst mit dem Beginn des jeweiligen Nutzungszeitraums beendet.
2. Die Gewährung einer inkongruenten Deckung ist ein Beweisanzeichen für die Gläubigerbenachteiligungsabsicht sowie deren Kenntnis unabhängig davon, ob die Deckung schon vor einer drohenden Zahlungseinstellung gewährt wird.
3. Der Wirtschaftsberater eines Gläubigers ist in der Regel nicht eine diesem nahestehende Person.‹
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main |
Brandenburgisches OLG |
Tatbestand
Die A. GmbH B. (nachfolgend: Gesamtvollstreckungsschuldnerin oder Schuldnerin) hatte Grundstücke vermietet. Der Beklagten schuldete sie aus Warenlieferungen mehr als 245.000 DM. Die Beklagte hielt 8, 96 % der Gesellschaftsanteile der Schuldnerin. Am 20. Januar 1992 unterzeichnete der Geschäftsführer der Schuldnerin - zugleich Wirtschaftsberater der Beklagten - zwei Urkunden, in denen die Mietzinsansprüche der Schuldnerin gegen die beiden Mieter sicherungshalber an die Beklagte abgetreten wurden. In den Urkunden hieß es jeweils:
"Die Gläubigerin kann die Abtretung gegen die Drittschuldnerin jederzeit anzeigen, jedoch nicht vor dem 1.6.1992, und die monatlichen Mietzahlungen einziehen. "
Aufgrund dieser Abtretungen zog die Beklagte vom 2. Juni bis 1. Dezember 1992 insgesamt 142.286,37 DM an Mietzinsen bei den Mietern ein.
Am 27. März 1992 wurde die Auflösung der Schuldnerin beschlossen, spätestens am 8. Dezember 1992 die Gesamtvollstreckung über ihr Vermögen beantragt. Nach der Verfahrenseröffnung am 1. April 1993 hat der Kläger die Abtretung mit der Behauptung angefochten, die Schuldnerin sei schon 1991 zahlungsunfähig geworden. Seine Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Rückabtretung sowie Zahlung von 142.286,37 DM weiter.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Anfechtungsgründe lägen nicht vor. Die Abtretung sei nicht unentgeltlich im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO. Es lasse sich auch nicht feststellen, daß die Rechtshandlungen innerhalb der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO vorausgesetzten Jahresfrist vor Eröffnung der Gesamtvollstreckung erfolgt seien. Die Beklagte habe die Abtretungen angenommen und der darlegungsbelastete Kläger den Zeitpunkt der Annahme nicht mitgeteilt. Unerheblich sei, daß die von der Beklagten eingezogene Miete sich auf solche Zeiträume beziehe, die innerhalb der Jahresfrist lägen; denn die Mietzinsforderungen seien bereits mit Abschluß der Mietverträge entstanden, und nur ihre Fälligkeit sei nach Zeitabschnitten eingetreten. Ferner sei für eine Zahlungseinstellung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO schon im Januar 1992 nicht hinreichend vorgetragen. Endlich lägen die Voraussetzungen einer Absichtsanfechtung (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO) nicht vor. Zwar habe die Beklagte eine inkongruente Deckung erhalten. Ein Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners und die Kenntnis des Empfängers sei das aber nur, wenn die inkongruente Deckung bereits während der nach außen hin erkennbar gewordenen krisenhaften Liquiditätsentwicklung gewährt werde.
II. Die Ausführungen zu § 10 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 1 GesO beruhen, wie die Revision zutreffend rügt, auf Rechtsirrtum.
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO kann eine Rechtshandlung - unter weiteren Voraussetzungen - angefochten werden, wenn sie nach der Zahlungseinstellung "vorgenommen" wurde.
a) Kommt es, wie hier, auf den Zeitpunkt einer angefochtenen Handlung an, so ist maßgeblich, wann ihre rechtlichen Wirkungen eintreten (BGHZ 86, 340, 346; Senatsurt. v. 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2080 = WM 1996, 2250, m.w.N.; vgl. auch § 140 Abs. 1 InsO). Im Falle der Vorausabtretung einer künftigen Forderung entscheidet deshalb das Entstehen dieser Forderung (BGHZ 30, 238, 240; 64, 312, 313; Senatsurt. v. 16. März 1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 999 unter B. II. 2; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rdn. 76 m.w.N.). Zwar ist die Verfügung selbst bereits mit Abschluß des Abtretungsvertrages beendet; der Rechtsübergang tritt aber erst mit dem Entstehen der Forderung ein (BGHZ 88, 205, 206 f). Nur wenn der Abtretungsempfänger schon vor Konkurseröffnung eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen Forderung erhalten hatte, bleibt die Vorausabtretung konkursfest (vgl. MünchKomm-BGB/Roth, 3. Aufl. § 398 Rdn. 80).
aa) Bei Dauerschuldverhältnissen ist deshalb maßgeblich, ob das Recht auf die Leistung bereits mit Abschluß des Vertrages "betagt" oder gemäß §§ 163, 158 Abs. 1 BGB erst mit der Inanspruchnahme der jeweiligen Gegenleistung entsteht, bei Mietverträgen also nicht vor dem Anfangstermin des jeweiligen Zeitraums der Gebrauchsüberlassung. Überwiegend wird angenommen, daß der Mietvertrag nur ein "befristetes" Rechtsgeschäft im letztgenannten Sinne ist (Palandt/Heinrichs, BGB 55. Aufl. § 163 Rdn. 2; AK-BGB/Ott, § 163 Rdn. 2; vgl. auch BGH, Urt. v. 5. April 1965 - VIII ZR 10/64, WM 1965, 628, 630). Dementsprechend gehen Rechtsprechung und Rechtslehre davon aus, daß Mietzinsraten als Entgelt für die periodische Gebrauchsüberlassung im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 KO jeweils neu entstehen (RGZ 40, 120, 125; Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 55 Rdn. 6; zu § 54 VerglO ferner BGHZ 86, 382, 385). Auch hinsichtlich des Zinses für Kapitalüberlassung liegt dem § 63 Nr. 1 KO die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, daß derartige Forderungen nicht im Sinne von § 3 Abs. 1 KO schon zur Zeit der Verfahrenseröffnung begründet gewesen seien (Materialen zur Konkursordnung, S. 270, zu § 56); deshalb ist dem Konkursgläubiger die Aufrechnung gegen eine Forderung aus Verzinsung einer Kapitalforderung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 KO verwehrt, soweit die Zinsforderung in der Zeit nach Eröffnung des Konkursverfahrens entstanden ist (BGHZ 110, 47, 80 f). Der Anspruch auf die Vergütung für geleistete Dienste entsteht ebenfalls nicht vor der Dienstleistung (RGZ 142, 291, 295).
Andererseits hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß Leasingraten für bewegliche Gegenstände in der festgelegten Grundmietzeit regelmäßig betagte - nicht befristete - Forderungen sind. Zur Begründung hat er entscheidend auf den Finanzierungszweck des Leasingvertrages sowie auf dessen im voraus festgelegte Zahlungsmodalitäten verwiesen (BGHZ 109, 368, 372 f; 111, 84, 94 f; 118, 282, 290).
bb) Im vorliegenden Falle hatte die Gesamtvollstreckungsschuldnerin, soweit dargetan, als Vermieterin gewöhnliche Grundstücksmietverträge abgeschlossen. Die Besonderheiten des Leasingvertrages fehlen: Es ist nicht ersichtlich, daß die Schuldnerin das Grundstück angeschafft hätte, um es für die Mieter als Investitionsobjekt zeitlich vorzufinanzieren. Die Parteien haben nicht einmal vorgetragen, ob die Mietverträge auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen waren.
Jedenfalls bei einem normalen Mietvertrag über Grundstücke hat derjenige, der sich Mietzinsansprüche im voraus abtreten läßt, keine gesicherte Rechtsposition, bis der Zeitraum, für den die jeweilige Rate geschuldet wird, wenigstens nahe bevorsteht. Abgesehen davon, daß ein solcher Vertrag im Regelfall mit einer bestimmten Frist gekündigt werden kann (§ 565 BGB) - was das Entstehen weiterer Mietzinsraten verhindern würde -, ist gerade die Wirkung von Vorausverfügungen über den Mietzins zeitlich beschränkt: Nach § 573 Abs. 1 BGB ist sie im Falle des Eigentumswechsels grundsätzlich insoweit unwirksam, als sie sich auf den Mietzins für Kalendermonate nach dem Eigentumsübergang bezieht. Diese Beschränkung wirkt nach § 57 b ZVG auch in einer Zwangsversteigerung des Grundstücks (vgl. BGHZ 37, 346, 350 f) sowie gemäß § 21 Abs. 2 KO in einem Konkurs über das Vermögen des Vermieters.
Der Abtretungsempfänger von Mietzinsansprüchen für die Überlassung eines Grundstücks erwirbt danach eine gesicherte Berechtigung erst im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Nutzungszeitraum. Dies rechtfertigt es, die abgetretenen Ansprüche als befristet im Sinne von § 163 BGB anzusehen. Sie entstehen nicht vor dem Anfangstermin des jeweiligen Zeitraums der Nutzungsüberlassung.
b) § 21 Abs. 2 KO und § 9 Abs. 3 GesO hindern die Anfechtung einer danach an sich wirksamen Vorausverfügung nicht (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 21 Rdn. 13). Das Berufungsgericht hätte somit hier prüfen müssen, ob die Gesamtvollstreckungsschuldnerin zwischen dem 1. Juni und 1. Dezember 1992 zahlungsunfähig war. Zu dieser Zeit war unstreitig schon ihre Liquidation beschlossen. Im übrigen hat der Kläger dazu vorgetragen, die Schuldnerin sei im Laufe des Jahres 1991 insolvent geworden, die Gläubiger seien über die bestehende Zahlungsunfähigkeit unterrichtet worden; Rechnungen seien nicht mehr gezahlt und gegenüber den Gesellschaftern sei um Stundung fälliger Forderungen aus Lieferungen und Leistungen nachgesucht worden. Der frühere Geschäftsführer habe bereits 1991 gegenüber der Gesellschafterversammlung - an der die Beklagte teilnehmen konnte - angeregt, ein Gesamtvollstreckungsverfahren zu beantragen. Die Bilanz zum Jahresende 1991 habe eine Überschuldung in Höhe von fast 2,4 Mio. DM ausgewiesen. 1992 habe der Liquidator die Gläubiger schriftlich darauf hingewiesen, daß "Maßnahmen in der Einzelzwangsvollstreckung ... sinnlos seien, weil sie fruchtlos verlaufen müßten".
Mit einer solchen Erklärung könnte der Liquidator möglicherweise die Zahlungseinstellung zum Ausdruck gebracht haben. Das Berufungsgericht ist darauf nicht eingegangen.
Demgegenüber hat die Beklagte nur erklärt, es "möge sein, daß die Gemeinschuldnerin im Laufe des Jahres 1991 insolvent geworden sei und die Gläubiger über die bestehende Zahlungsunfähigkeit unterrichtet worden seien". Auch wenn das nicht als Zugeständnis einer Zahlungsunfähigkeit gemeint war, fehlt es jedenfalls an einem Bestreiten; dies ist zugleich bei den Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat die Beklagte auch nicht hinreichend dargetan, daß eine im Jahre 1991 eingetretene Zahlungsunfähigkeit im ersten Halbjahr 1992 wieder beseitigt worden sei. Dazu genügt nicht schon ein Wechsel des Geschäftsführers und die zuversichtlichere Beurteilung der Geschäftslage durch ihn. Erforderlich ist vielmehr, daß der Schuldner seine Zahlungen jedenfalls im allgemeinen und nicht nur ganz vorübergehend wie der aufnimmt (vgl. RGZ 132, 281, 283 f; RG JW 1892, 238, 239; LZ 1908, Sp. 703, 704; Jaeger/Henckel, aaO. § 30 Rdn. 32); derartiges ergibt sich hier nicht aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 15. November 1991.
Zugleich ist nichts dafür ersichtlich, daß die angeführten tatsächlichen Umstände der Beklagten - als Gesellschafterin der Schuldnerin - nicht hätten bekannt sein müssen.
2. Auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO verneint hat, ist rechtsfehlerhaft.
a) Zutreffend hat es zwar angenommen, daß die Beklagte durch die Abtretung der Mietzinsforderung eine inkongruente Deckung erlangt hat; denn ihr Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB gab ihr nicht das Recht auf diese bestimmte Art der Sicherung und Tilgung. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht aber, die Gewährung einer inkongruenten Deckung sei erst dann ein Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners sowie deren Kenntnis durch den Anfechtungsgegner, wenn jene "während der nach außen hin erkennbar gewordenen krisenhaften Liquiditätsentwicklung gewährt" werde.
Der Grund dafür, daß Rechtsprechung und Rechtslehre die Gewährung einer inkongruenten Deckung nahezu einhellig als Beweisanzeichen im genannten Sinne verstehen (vgl. BGHZ 123, 320, 326; Senatsurt. v. 11. Mai 1995 - IX ZR 170/94, WM 1995, 1394, 1397, jeweils m.w.N., BAGE 20, 11, 21 f; Kilger/Karsten Schmidt, KO 16. Aufl. § 31 Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 31 Rdn. 9 a; Jaeger/Henckel, aaO. § 31 Rdn. 4, 13 f, 18), liegt darin, daß nach allgemeiner Erfahrung im Geschäftsverkehr Schuldner regelmäßig nicht bereit sind, anderes oder gar mehr zu leisten als sie schulden. Tun sie das dennoch, so müssen dafür im allgemeinen besondere Beweggründe vorliegen. Dies weiß auch der Leistungsempfänger; eine solche Begünstigung muß in ihm den entsprechenden Verdacht wecken. Zugleich liegt es auf der Hand, daß wegen der Bevorzugung einzelner Gläubiger über das Maß des ihnen von Rechts wegen Zustehenden hinaus für andere Gläubiger entsprechend weniger übrigbleibt. Auf die gesicherte und zweifelsfreie Zahlungsfähigkeit jedes beliebigen Schuldners vertraut heute erfahrungsgemäß niemand ohne weiteres. Von einer Liquiditätskrise des Schuldners hängt diese Beweiserleichterung nicht ab. Nur wenn er trotz der Gewährung einer inkongruenten Deckung ausnahmsweise annahm, mit Sicherheit alle seine Gläubiger befriedigen zu können, fehlt ihm jede Benachteiligungsabsicht (vgl. BGH, Urt. v. 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, WM 1990, 1588, 1590, insoweit nicht in BGHZ 112, 136). Derartiges stellt das Berufungsgericht hier nicht fest. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung greift der Grundsatz der Privatautonomie insoweit nicht ein: Auch wenn es den Beteiligten freisteht, ihre Vereinbarungen zu ändern, kann gerade die abändernde Vereinbarung gegenüber der ursprünglichen inkongruent sein. Endlich ist das Senatsurteil BGHZ 128, 196 - anders als die Revisionserwiderung meint - hier nicht einschlägig; es betrifft allein die Anfechtung gemäß § 30 KO, nicht die Absichtsanfechtung.
Die Ansicht des Berufungsgerichts verknüpft zu Unrecht den Anfechtungstatbestand der Zahlungseinstellung (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO) mit demjenigen der Absichtsanfechtung (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO). Daß dies nicht richtig ist, ergibt ohne weiteres der Umstand, daß die Anfechtung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AnfG keine (allgemeine) Zahlungseinstellung voraussetzt; dennoch gilt auch dort die Gewährung einer inkongruenten Deckung als Beweisanzeichen in dem aufgeführten Sinne (BGH, Urt. v. 23. Mai 1985 - IX ZR 124/84, WM 1985, 923, 924 f; Jaeger, - Gläubigeranfechtung 2. Aufl. § 3 Rdn. 8, 12; Kilger/Huber, AnfG 8. Aufl. § 3 Anm. I 5 und 13, jeweils m.w.N.).
b) Im übrigen hat das Berufungsgericht auch insoweit seiner Beurteilung einen falschen Zeitpunkt zugrunde gelegt. Es genügt, wenn die Benachteiligungsabsicht zur Zeit der Vollendung der angefochtenen Rechtshandlung vorliegt (BGH, Urt. v. 18. Februar 1993 - IX ZR 129/92, WM 1993, 738, 739 m.w.N.; v. 11. Mai 1995 - IX ZR 170/94, WM 1995, 1394 unter II). Entsprechendes gilt für die Kenntnis des Anfechtungsgegners. Deshalb ist in diesem Zusammenhang ebenfalls auf das Entstehen der abgetretenen einzelnen Mietzinsraten abzustellen. Zu dieser Zeit könnte die Gesamtvollstreckungsschuldnerin schon zahlungsunfähig gewesen sein (siehe oben 1 b).
III. 1. Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO). Andererseits kann der Senat nicht in der Sache selbst abschließend entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Da erst in der Revisionsinstanz der Zeitpunkt des Entstehens der einzelnen Mietzinsforderungen als maßgeblich herausgestellt worden ist, müssen die Parteien Gelegenheit erhalten, zum Vorliegen einer Zahlungseinstellung (siehe oben II 1 b) und einer Benachteiligungsabsicht (oben II 2) gerade zu jener Zeit näher Stellung zu nehmen.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß eine Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ausscheidet. Dieser hat nicht dargetan, daß die Beklagte eine der Gesamtvollstreckungsschuldnerin nahestehende Person war. Der Senat hat bereits - in Übereinstimmung mit § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO - entschieden, daß dafür eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung nur ausreicht, wenn der Anfechtungsgegner zu mehr als einem Viertel am Kapital des Schuldners beteiligt ist (Senatsurt. v. 23. November 1995 - IX ZR 18/95, WM 1996, 136 f, z.V.b. in BGHZ 131, 189).
Der Beklagten kann aufgrund des Vorbringens des Klägers zudem nicht die Stellung des späteren Geschäftsführers W. der Gesamtvollstreckungsschuldnerin zugerechnet werden. Zwar ist § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO auch im Hinblick auf § 138 Abs. 2 Nr. 2 und 3 InsO auszulegen (BGHZ 129, 236, 244 ff). Danach könnte W. allenfalls dann als eine zugleich der Beklagten nahestehende Person behandelt werden, wenn er ihr in einer "vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung" verbunden gewesen wäre wie ein Mitglied des eigenen Vertretungs- oder Aufsichtsorgans, und wenn sie aufgrund dessen die Möglichkeit gehabt hätte, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu unterrichten. Dazu genügt eine Stellung als freiberuflicher Wirtschaftsberater des Anfechtungsgegners im allgemeinen nicht. Zwar besteht zwischen beiden regelmäßig ein Dienstvertrag, der auf die Leistung von Diensten höherer Art gerichtet ist. Die Vertragsbeziehung zu einem selbständigen Freiberufler ist aber durchweg nicht intensiv genug, als daß sie dem Vertrag mit dem Mitglied eines Vertretungs- oder Aufsichtsorgans gleichgestellt werden könnte. Die Pflichten des Wirtschaftsberaters sind inhaltlich begrenzt. Er ist nicht kraft seines Vertrages gehalten, dem Auftraggeber Dinge mitzuteilen, die er - der Berater - als Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft erfahren hat; dieser gegenüber wäre er dazu vertraglich keinesfalls befugt. Typischerweise darf der Auftraggeber von einem bloßen Wirtschaftsberater nicht eine so weitgehende Unterrichtung erwarten.
Fundstellen
Haufe-Index 2993457 |
DB 1997, 1024 |
KTS 1997, 292 |
WM 1997, 545 |
ZIP 1997, 513 |
DtZ 1997, 156 |
InVo 1997, 148 |
MDR 1997, 562 |
RAnB Nr. 93/97 |