Verfahrensgang
OLG Bamberg (Urteil vom 24.05.1988) |
LG Schweinfurt (Urteil vom 01.06.1982) |
Tenor
I. Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Schlußurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24. Mai 1988 teilweise aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Schweinfurt vom 1. Juni 1982 teilweise weiter abgeändert:
- Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Auszahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schweinfurt unter HL 46/84 hinterlegten Betrages von 200.000 DM in Höhe weiterer 7.291,63 DM zuzüglich anteiliger Hinterlegungszinsen an Frau G.-B., L. Straße …, Ba., zuzustimmen.
- Die Beklagte wird ferner verurteilt, der Auszahlung des unter HL 47/84 hinterlegten Betrages von 18.123,31 DM zuzüglich Hinterlegungszinsen an die S. sparkasse Ba. zuzustimmen.
Abschnitt IV. 1. des Tenors des Berufungsurteils erhält folgende Fassung:
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, 8 % Zinsen aus 101.078,21 DM für die Zeit vom 17. Dezember 1980 bis zum 14. April 1981 und aus 84.711,21 DM seit dem 15. April 1981 zu zahlen.
Dem Kläger bleibt vorbehalten, die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlaß geltend zu machen.
II. Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des ersten Rechtszuges und des ersten Revisionsverfahrens tragen der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 5/8 und die Beklagte 3/8. Von den Kosten des zweiten Revisionsverfahrens tragen der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Geschwister. Alleinerbin des im Jahre 1971 vorverstorbenen Vaters der Parteien war ihre am 30. November 1975 nachverstorbene Mutter (Erblasserin). Sie wurde gemäß Erbvertrag mit dem Kläger vom 12. März 1973 allein von diesem beerbt. Aufgrund Übergabevertrages vom 31. Dezember 1973 übertrug die Erblasserin ein bebautes Grundstück in Sch. mit Zubehör und das dort betriebene Hotel mit allen Aktiven und Passiven auf den Kläger und behielt sich den lebenslangen Nießbrauch daran vor.
Am 19. Dezember 1975 schlossen die Parteien einen notariellen Vertrag, in dem es sinngemäß u.a. heißt:
Der Kläger erkenne die Pflichtteils- und die Pflichtteilsergänzungsansprüche der Beklagten nach ihrer Mutter an; beide Vertragspartner gingen davon aus und seien einig, daß diese Ansprüche circa 200.000 DM betrügen. Die Ansprüche würden fällig, wenn das Hotel veräußert werde, spätestens Ende 1978. Bis dahin würden sie zinslos gestundet; falls jedoch in der Zwischenzeit Nettoerträgnisse aus dem Hotel entstünden, erhalte die Beklagte davon die Hälfte als Zinsersatz. Die Ansprüche der Beklagten dürften im Falle der Veräußerung oder Versteigerung des Hotels nicht höher sein als die Hälfte des Nettoerlöses. Falls die Beklagte das Hotel ersteigere, müßten für den Kläger mindestens 200.000 DM verbleiben, so daß die Beklagte einen etwaigen Differenzbetrag gegebenenfalls aufzahlen müsse.
Der Kläger bestellte zwei Eigentümer-Briefgrundschulden von je 50.000 DM an erster und zweiter Rangstelle und eine unabtretbare, brieflose, sofort vollstreckbare und unverzinsliche Grundschuld in Höhe von 200.000 DM an dritter Rangstelle für die Beklagte. Der Kläger sollte die zweitrangige Eigentümergrundschuld über 50.000 DM an die Beklagte abtreten, falls das Hotel nicht bis zum 19. Dezember 1978 veräußert, die Zwangsversteigerung in das Grundstück betrieben wurde und die Grundschuld nicht in bestimmter Weise an einen Gläubiger abgetreten war. Den Brief über diese Grundschuld hatte die Beklagte in Verwahrung. Die Grundschuld über 200.000 DM sollte ausschließlich zur Sicherung der vorgenannten Ansprüche der Beklagten dienen. Nach Durchführung des Vertrages sollten sämtliche gegenseitigen Ansprüche ausgeglichen sein.
Der Kläger errechnete den Pflichtteil der Beklagten auf 30.667,96 DM. Er zahlte darauf am 14. April 1981 16.367 DM. Außerdem erhielt die Beklagte Sachwerte aus dem Nachlaß im Wert von 14.500 DM. Pflichtteilsansprüche stünden der Beklagten daher nicht mehr zu.
Die Beklagte vertrat die Auffassung, aufgrund der getroffenen Abmachungen stünden ihr seit dem 1. Januar 1979 mindestens 200.000 DM zu. Sie betrieb deshalb wegen ihrer Grundschuld die Zwangsvollstreckung in das Grundstück aus der notariellen Urkunde vom 19. Dezember 1975.
Mit der Klage hat der Kläger vor dem Landgericht zuletzt unter anderem beantragt, die Beklagte zur Bewilligung der Löschung ihrer Grundschuld und zur Herausgabe des Briefes über die zweitrangige Eigentümergrundschuld zu verurteilen; ferner festzustellen, daß der Beklagten keine Pflichtteils- und Pfiichtteilsergänzungsansprüche nach der Mutter zustehen, und die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 19. Dezember 1975 für unzulässig zu erklären. Die Beklagte hat Widerklage erhoben und beantragt, den Kläger zu verurteilen, ihr Auskunft über die Erträgnisse des Hotelgrundstücks von 1976–1979 zu erteilen, die zweitrangige Grundschuld an sie abzutreten und 8 % Zinsen auf 200.000 DM seit dem 1. Januar 1979 zu zahlen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und hat den Widerklageanträgen im wesentlichen stattgegeben. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Auf seine Revision ist das erste Berufungsurteil bis auf den Anspruch über die vom Kläger geschuldete Auskunft aufgehoben worden.
Inzwischen ist das Grundstück zwangsversteigert und den Erstehern zugeschlagen worden; dingliche Rechte sind dabei nicht bestehen geblieben. Der Nettoerlös in Höhe von 336.678,87 DM, um den die Parteien jetzt streiten, ist hinterlegt. Der Kläger beansprucht ihn ganz für sich;, die Beklagte hat von ihm weiterhin mindestens 200.000 DM für sich verlangt. Darauf hat das Berufungsgericht auf Antrag des Klägers durch rechtskräftiges Teilurteil festgestellt, der Beklagten stehe nur ein Anspruch auf ein Viertel des Nachlaßwertes der Mutter „als schuldrechtlicher Pflichtteils- wie Pflichtteilsergänzungsanspruch nach den gesetzlichen Bestimmungen” zu.
Danach hat der Kläger vor dem Berufungsgericht zuletzt unter anderem beantragt, die Beklagte zu verurteilen zuzustimmen, daß die hinterlegten Beträge nebst aufgelaufenen Zinsen in vollem Umfang an von ihm im einzelnen bezeichnete Zahlungsempfänger ausgezahlt werden; ferner festzustellen, daß die Beklagte dem Kläger allen bereits entstandenen und künftigen Schaden aus der Zwangsvollstreckung durch die Beklagte zu ersetzen habe; außerdem die Widerklage abzuweisen. Die Beklagte ist den Berufungsanträgen entgegengetreten und hat Zahlungsanträge gestellt sowie begehrt, den Kläger zu verurteilen zuzustimmen, daß 50.000 DM aus dem hinterlegten Erlös an sie ausgezahlt werden.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte nunmehr verurteilt zuzustimmen, daß hinterlegte 107.999,16 DM nach den Anträgen des Klägers ausgezahlt werden, und hat die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Widerklage hat es den Kläger nur noch zu Zinszahlungen und dazu verurteilt zuzustimmen (unter gewissen Einschränkungen), daß hinterlegte 50.000 DM an die Beklagte herausgegeben werden. Mit der Revision wendet der Kläger sich gegen das Berufungsurteil, soweit zu seinem Nachteil erkannt ist. Der Senat hat die Revision teilweise nicht angenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg; sie führt, soweit sie zur Entscheidung angenommen worden ist, teilweise zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
I. Pflichtteil und Pflichtteilsergänzung
Das Berufungsgericht stellt fest, der reale Nachlaß der Erblasserin habe insgesamt höhere Passiva als Aktiva enthalten. Deshalb billigt es der Beklagten der Sache nach keinen Pflichtteilsanspruch gemäß § 2303 BGB, sondern nur einen restlichen Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB in Höhe von 92.002,84 DM zu. Die Berechnung dieses Anspruchs greift die Revision nur noch wegen zweier Posten (Nießbrauch und Pflichtteilsverzicht) an; außerdem beanstandet sie, daß das Berufungsgericht eine Hilfsaufrechnung insoweit nicht hat durchgreifen lassen.
1. Nießbrauch – 29.166,50 DM (BU 56)
Das Berufungsgericht errechnet den für den Pflichtteilsergänzungsanspruch maßgebenden fiktiven Nachlaß gemäß § 2325 BGB im Grundsatz zutreffend, indem es den Wert des dem Kläger geschenkten Hotelgrundstücks in Höhe von 480.000 DM dem Nachlaß hinzuaddiert. Bei der Ermittlung des Grundstückswertes berücksichtigt es rechtsfehlerfrei das sogenannte Niederstwertprinzip des § 2325 Abs. 2 BGB. Von diesem Wert einen Abzug zu machen, weil die Erblasserin den lebenslangen Nießbrauch an dem Hotelgrundstück behalten habe, lehnt das Berufungsgericht aber ausdrücklich ab. Damit weicht es, wie die Revision mit Recht hervorhebt, von der ständigen Praxis des Bundesgerichtshofes ab (vgl. Johannsen in RGRK, 12. Aufl. § 2325 Rdn. 22 a.E.; Staudinger/Ferid/Cieslar, BGB 12. Aufl. § 2325 Rdn. 75f.).
In seiner bisherigen Praxis hat der Senat im Rahmen der Pflichtteilsergänzung Schenkungen, bei denen dem Schenker die Nutzungen des verschenkten Gegenstandes verblieben, lediglich in dem Umfang in Ansatz gebracht, in dem der Wert des weggeschenkten Gegenstandes den Wert der kapitalisierten verbliebenen Nutzungen überstieg. Dies geschah unabhängig davon, ob ein dingliches Nutzungsrecht wie Nießbrauch oder ein Wohnungsrecht zustandegekommen war, oder ob die Nutzungen dem Schenker lediglich schuldrechtlich zugesagt waren. Ebensowenig hat der Senat hierzu einen Unterschied gemacht, ob der Schenker sich den etwaigen Nießbrauch ausdrücklich vorbehalten hatte oder ob dieser wie eine Gegenleistung des Beschenkten oder eine Auflage an ihn formuliert war. Diese Praxis hat namentlich Dieckmann (Soergel, BGB 11. Aufl. § 2325 Rdn. 19) in Frage gestellt. Der Senat hat seine Praxis deshalb einer erneuten Prüfung unterzogen. Er ist jedoch der Auffassung, daß es bei der bisherigen Rechtsprechung verbleiben muß.
Den Bedenken gegen diese Rechtsprechung, denen das Berufungsurteil im Ergebnis Rechnung trägt, ist zuzugeben, daß der Erblasser durch ein entsprechendes Vorgehen, etwa durch eine Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt, erreicht, daß der weggeschenkte Gegenstand seinen Erben vollständig entgeht: Der Beschenkte erlangt zunächst zwar nur das „nackte” (so das Berufungsgericht) Eigentum an dem mit dem Nießbrauch belasteten Geschenk. Das ändert sich aber mit dem Wegfall des Nießbrauchs, also spätestens mit dem Tod des Schenkers. Gleichwohl kann dieser Vorgang nicht in zwei ergänzungserhebliche Schenkungen („nacktes” Eigentum einerseits und Nutzungsbefugnis andererseits) zerlegt werden mit der Folge, daß daraus zwei Pflichtteilsergänzungen abzuleiten wären, die den Pflichtteilsberechtigten im Ergebnis (genau oder annähernd) so stellen, als sei der weggeschenkte Gegenstand unbelastet gewesen. Es macht nämlich einen Unterschied, ob der Beschenkte einen belasteten oder einen unbelasteten Gegenstand erhält. Das ist nicht anders, wenn die Belastung wie bei einem Nießbrauch befristet ist (§ 1061 S. 1 BGB) und infolgedessen ihr Wert im Laufe der Zeit immer mehr zurückgeht, während der Wert des belasteten Gegenstandes in entsprechendem Maße zunimmt (vgl. den Fall BGHZ 85, 274, 286). Dieser Unterschied zwischen einem belasteten und einem unbelasteten Geschenk schlägt sich auch in der Bewertung nieder und muß dementsprechend zu verschieden hohen Pflichtteilsergänzungen führen. Dem Umstand, daß der Beschenkte in Fällen dieser Art nach dem Wegfall des Nießbrauchs im Ergebnis schließlich dennoch das (von dem Nießbrauch entlastete, also) unbelastete Geschenk erhält, nämlich mehr als das sogenannte nackte Eigentum, ist im Rahmen der Ergänzungsrechnung freilich zu berücksichtigen. Indessen geschieht das nach der bisherigen Praxis in ausreichendem Maße: Wird der Wert des weggeschenkten Grundstücks um den Wert der dem Erblasser verbleibenden kapitalisierten Nutzungen vermindert (und zwar unter Berücksichtigung der Lebenserwartung des Nießbrauchers), wie das von der vom Bundesgerichtshof gebilligten Praxis durchweg geschieht, dann ist dadurch zugleich auch der Wert erfaßt, den der künftige Wegfall der Nutzungsmöglichkeiten des Nießbrauchers für den Beschenkten bereits im Zeitpunkt der Schenkung hat.
Ob den Bedenken des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit § 2325 Abs. 3 BGB Rechnung zu tragen ist (etwa im Anschluß an den Vorschlag von Dieckmann aaO), ist hier nicht zu entscheiden.
Demnach ist das angefochtene Urteil wegen dieses Postens teilweise aufzuheben; insoweit ist umgekehrt durchzuerkennen. Demgemäß beträgt der Pflichtteilsergänzungsanspruch der Beklagten nicht 92.002,84 DM, sondern ist um ein Viertel des vom Berufungsgericht festgestellten Wertes des Nießbrauchs von 29.166,50 DM, nämlich um 7.291,63 DM vermindert auf 84.711,21 DM.
Entgegen der Auffassung der Revision ist das angefochtene Urteil nicht rechtsfehlerhaft, soweit es für den Nießbrauch keinen höheren Wert als 29.166,50 DM ansetzt.
Auf das Gutachten Grobe kommt es insoweit schon deshalb nicht an, weil das Berufungsgericht sich im Rahmen der Bewertung des Nießbrauchs nicht auf dieses Gutachten stützt. Es legt vielmehr eigene Angaben des Klägers zum tatsächlich erzielten Ertrag in den Jahren 1971 bis 1974 zugrunde und ermittelt daraus einen Durchschnittsertrag, den es kapitalisiert. Dieses Vorgehen ist angesichts der Unsicherheiten des vorliegenden Falles nicht zu beanstanden. Es trifft auch nicht zu, daß der Kläger vor dem Berufungsgericht schriftsätzlich vorgetragen hätte, die Erblasserin habe nicht zwei, sondern drei Räume für sich genutzt. Dieser Vortrag stammt vielmehr von der Beklagten (Bl. 1706); daß der Kläger ihn sich zu eigen gemacht hätte, ist nicht ersichtlich.
Insgesamt enthält die Bewertung mit nicht mehr als 29.166,50 DM schließlich auch deshalb keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Klägers, weil er selbst den Nießbrauch mit nur 26.470 DM angesetzt hat (Bl. 802, 1401).
Hiernach ist von einem Pflichtteilsergänzungsanspruch der Beklagten in Höhe von 84.711,21 DM auszugehen.
2. Pflichtteilsverzicht – 75.600 DM (BU 64)
Der Kläger hat den Pflichtteilsanspruch, den er nach seinem vorverstorbenen Vater gegen die Mutter hatte, vertraglich aufgegeben. Diesen Erlaß sieht der Kläger als Gegenleistung für die Übereignung des Hotelgrundstücks auf ihn an; er beziffert seinen Wert auf 75.600 DM. Das Berufungsgericht läßt das nicht gelten, weil der Erlaß keine Gegenleistung für die Grundstücksübertragung aufgrund des Vertrages vom 31. Dezember 1973, sondern bereits in dem Erbvertrag vom 12. März 1973 enthalten sei, durch den der Kläger zum Alleinerben seiner Mutter bestimmt worden ist.
Hierzu rügt die Revision Übergehung von Klägervortrag, wonach der Kläger mit seiner Mutter abgemacht haben soll, daß er „für den Verzicht auf den Pflichtteil ihr Alleinerbe (habe) werden und das Hausgrundstück (habe) erhalten” sollen.
Indessen ist diese Rüge unbegründet.
War der Verzicht auf den Pflichtteil nach dem Vater bereits Gegenstand des Erbvertrages, durch den die Mutter den Kläger zu ihrem Alleinerben einsetzte, dann handelte es sich, wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt, um einen entgeltlichen Erbvertrag. Wenn der Kläger dartun wollte, daß der Pflichtteilsverzicht gleichwohl nicht (oder nicht in vollem Umfang) ein Entgelt für die Erbeinsetzung war, sondern für die spätere Übertragung des Hotelgrundstücks durch den Vertrag vom 31. Dezember 1973, der darüber nichts aussagt, dann hätte es dazu eines näheren Vortrages über entsprechende konkrete Vorgänge bedürft, denen eine solche abweichende Vereinbarung hätte entnommen werden können. Der von der Revision als übergangen gerügte Vortrag reicht hierzu nicht aus.
Damit bleibt es bei einem Pflichtteilsergänzungsanspruch von 84.711,21 DM.
3. Aufrechnung – 315.000 DM (BU 72)
Der Kläger hat gegen etwa noch bestehende Pflichtteilsansprüche mit angeblichen Gegenansprüchen aus entgangenen Erträgen in Höhe von 315.000 DM aufgerechnet. Das Berufungsgericht hält diese Aufrechnungsforderung nicht für begründet, weil die vorgelegten Unterlagen nicht ergäben, daß der monatliche Nettoüberschuß aus der Bewirtschaftung des Hotels seit Beginn der Zwangsverwaltung ab Juli 1980 über 5.000 DM betragen habe. Hierzu rügt die Revision, daß das Berufungsgericht die bei den Akten befindlichen Bescheinigungen Bl. 1142 und Bl. 1144 verwechselt hat.
Das verhilft der Revision nicht zu einem Erfolg, weil die Aufrechnungsforderung bereits dem Grunde nach nicht besteht.
Der Kläger beansprucht hier Schadensersatz, weil die Beklagte aus ihrer Grundschuld zu Unrecht vollstreckt habe. Dieser Ausgangspunkt ist jedoch nicht haltbar.
Wie oben unter I. 1., 2. begründet ist, hatte die Beklagte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von 84.711,21 DM. Dieser Anspruch war durch eine vollstreckbare Grundschuld gesichert. Der Kläger hatte sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Grundstück sogar ausdrücklich unterworfen. Daß die Beklagte wegen dieses Betrages gleichwohl nicht aus der Grundschuld hätte vorgehen und nicht in das Grundstück hätte vollstrecken dürfen, hat das Berufungsgericht mit Recht nicht angenommen. Das gilt auch dann, wenn man in Betracht zieht, daß der Kläger der Beklagten Abfindungen in Höhe von bis zu 175.000 DM, zu zahlen in fünf Raten, angeboten hat. Diese Vorschläge sind unter anderem daran gescheitert, daß die Beklagte glaubte, noch höhere Ansprüche zu haben. Sie war aber nicht gehindert, an ihrer Auffassung festzuhalten und ihre vermeintlichen, darüber hinausgehenden Ansprüche gegebenenfalls gerichtlich klären zu lassen. Daraus ergab sich für sie jedoch keine Pflicht, von der Vollstreckung für die Dauer des vorliegenden Verfahrens (oder auch nur für einen Teilabschnitt davon) gänzlich abzusehen. Infolgedessen erweist sich die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung im Nachhinein, soweit sie wegen eines Anspruchs in Höhe von 84.711,21 DM betrieben worden ist, als rechtmäßig. Soweit die Beklagte darüber hinaus wegen des ganzen Grundschuldbetrages von 200.000 DM vollstreckt hat, ist sie über das, was ihr materiell zustand, zwar hinausgegangen. Es ist jedoch nicht vorgetragen, daß dem Kläger gerade hieraus Nachteile entstanden sein könnten.
Daher ist der Aufrechnungsanspruch seinem vollen Umfang nach unbegründet.
4. Demgemäß hat die Revision, soweit es sich um den Berufungsantrag zu 1. c) – Hinterlegungssache 46/84 – handelt, teilweise Erfolg. Der Kläger hat insoweit Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zur Auszahlung an Frau George-Bauer nicht nur in Höhe von 57.997,16 DM, sondern auch in Höhe von weiteren 7.291,63 DM nebst anteiliger Hinterlegungszinsen.
II. Auszahlung 50.000 DM (BU 73) und 68.555,56 DM (BU 76)
Bei dem Amtsgericht Schweinfurt sind 50.000 DM aus dem Versteigerungserlös hinterlegt (HL 44/84), die an die Stelle der zweitrangigen Grundschuld getreten sind. Das Berufungsgericht hat dem Kläger ein Recht auf diesen Betrag abgesprochen, weil der Kläger sich verpflichtet habe, die Grundschuld an die Beklagte abzutreten. Die vertraglichen Voraussetzungen für die Pflicht zur Abtretung, zu denen auch das Betreiben der Zwangsversteigerung gehört, lägen vor.
Insoweit muß das Berufungsurteil bestehen bleiben. Wie der erkennende Senat in dem ersten Revisionsurteil ausgesprochen hat, kann sich die Beklagte auf die von ihr selbst betriebene Zwangsversteigerung nicht berufen, wenn sie nicht berechtigt war, aus der ihrer Sicherheit dienenden Grundschuld vorzugehen. Indessen steht mit dieser Entscheidung inzwischen fest, daß die Beklagte berechtigt war, aus ihrer Grundschuld wegen einer Pflichtteilsergänzung von 84.711,21 DM vorzugehen. Deshalb muß die Revision auch insoweit zurückgewiesen werden.
Das gilt auch für die auf diese Grundschuld entfallenden Zinsen, die unter HL 45/84 hinterlegt sind.
III. Zahlung von 18.123,31 DM an die Sparkasse (BU 77)
Das Berufungsgericht versagt dem Kläger ein eigenes Recht, die Zustimmung der Beklagten zur Zahlung hinterlegter 18.123,31 DM an die Sparkasse zu verlangen, weil er an der Hinterlegung insoweit nicht beteiligt sei. Diese Bedenken teilt der Senat nicht, weil der Kläger diesen Anspruch in berechtigter Prozeßstandschaft geltend macht. Eine entsprechende Ermächtigung der Sparkasse liegt vor (Bl. 1689). Deshalb muß die Revision insoweit Erfolg haben.
IV. Sonstige Ansprüche des Klägers
Auch wegen der Abweisung der Berufungsanträge zu 4 (Feststellung), 5 (Zahlung von 74.830,92 DM) und 6 (Zahlung von 41.550 DM) muß das Berufungsurteil bestehen bleiben. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht recht, wenn es die Berechtigung der Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der Grundschuld bejaht, das Recht des Klägers auf die unter HL 44/84 und 45/84 hinterlegten Beträge verneint und ein Verschulden der Beklagten wegen der Nichtfreigabe der dem Kläger zustehenden Teile des unter HL 46/84 hinterlegten Betrages ausschließt.
V. Widerklage (BU 90)
1. Das Berufungsgericht hat der Beklagten 8 % Zinsen aus 108.369,84 DM für die Zeit vom 17. Dezember 1980 bis zum 14. April 1981 und aus 92.002,84 DM seit dem 15. April 1981 zugesprochen. Die genannten Beträge vermindern sich infolge der Ermäßigung des Pflichtteils wegen des Nießbrauchs auf 101.078,21 DM und 84.711,21 DM.
Was die Revision im übrigen gegen den Zinsanspruch vorbringt, ist nicht begründet. Daß die Beklagte seinerzeit keine Anlage mit einem Zinssatz von 8 % erzielt hätte, war (Bl. 304 d.A.) angesichts des damaligen Zinsniveaus nicht ausreichend bestritten. Entgegen der Auffassung der Revision befand sich der Kläger jedenfalls seit dem 17. Dezember 1980 mit der Erfüllung des Zahlungsanspruchs der Beklagten in Verzug. Daß die Beklagte unbegründete Mehrforderungen geltend gemacht hatte, steht dem nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 9. April 1981 – IVa ZR 144/80 – LM BGB § 284 Nr. 22).
Erfolg hat die Revision zu diesem Posten jedoch auch, soweit sie sich gegen die Versagung des vom Kläger gewünschten Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung wendet.
2. Wie bereits unter II. dargelegt ist, hat nicht der Kläger, sondern die Beklagte den an die Stelle der zweitrangigen Grundschuld getretenen Hinterlegungsbetrag von 50.000 DM zu beanspruchen. Auch insoweit kann die Revision daher keinen Erfolg haben.
Unterschriften
Bundschuh, Dehner, Dr. Schmidt-Kessel, Dr. Zopfs, Dr. Ritter
Fundstellen
NJW-RR 1990, 1158 |
DNotZ 1991, 902 |