LfSt Niedersachsen, Schreiben vom 26.8.2020, S 7100 - 658 - St 175
Eine Biogasanlage dient der Erzeugung von Biogas aus Biomasse. Hierzu werden verschiedene Rohstoffe (z. B. Mais, Bioabfall, Gülle, Klärschlamm, Fette oder Pflanzen) in einen luftdicht verschlossenen Fermenter eingebracht. Dort entsteht durch Gär- oder Fäulnisprozesse Biogas. Das gewonnene Gas wird in der Regel zur dezentralen Strom- und Wärmeerzeugung in einem Blockheizkraftwerk genutzt. Als Nebenprodukt fällt bei der Biogasproduktion Gär- oder Restsubstrat an, welches als Dünger verwendet werden kann. Dieses nehmen im Regelfall die anliefernden Landwirte ab. Es ist jedoch auch möglich, dass es vom Betreiber der Biogasanlage an Dritte veräußert oder diesen unentgeltlich überlassen wird.
Leistungsaustauschverhältnisse
Die umsatzsteuerliche Beurteilung der Lieferung der Biomasse und der Abgabe des Gärsubstrats ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls und den regionalen Besonderheiten.
Übergibt ein Landwirt dem Betreiber einer Biogasanlage aufgrund einer zwischen beiden geschlossenen Vereinbarung Biomasse und steht von vornherein fest, dass der Abnehmer einen Teil der übergebenen Biomasse wieder zurückgeben muss, beschränkt sich der wesentliche wirtschaftliche Zweck der Lieferung auf das dem Abnehmer nach dem Inhalt der Leistungsvereinbarungen verbleibende Biogas. Der daraus resultierenden Annahme einer Gehaltslieferung im Sinne des § 3 Abs. 5 UStG steht die Nämlichkeit im Sinne einer bloßen Trennbarkeit der Inhaltsstoffe nicht entgegen, weil entscheidend ist, dass das Biogas aus den Pflanzensubstraten selbst gewonnen wird. Im Fall der Gehaltslieferung sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG nicht erfüllt.
Liegt keine solche mit der Lieferung der Biomasse verbundene Rückgabevereinbarung vor, können bei der Abgabe des Gärsubstrats an den Landwirt ein Tauschumsatz in Form einer Lieferung von Biomasse gegen Lieferung von Gärsubstrat und Baraufgabe, ein tauschähnlicher Umsatz im Rahmen einer Entsorgungsleistung gegen Lieferung werthaltigen Abfalls und Baraufgabe oder eine reine Entsorgungsleistung vorliegen. Gibt der Biogasanlagenbetreiber das Gärsubstrat an Dritte ab, liegen je nach Sachverhalt entweder eine entgeltliche Lieferung oder eine unentgeltliche Wertabgabe vor. Die Wertermittlung richtet sich nach den jeweiligen Grundsätzen des § 10 UStG sowie der Abschnitte 10.5 und 10.6 des UStAE. Von einem wirtschaftlichen Wert des Gärsubstrats ist nur dann auszugehen, wenn es sich dabei um ein in der Region nachweislich gegen Entgelt handelbares Gut handelt.
Steuersatz/Pauschalierung § 24 UStG
Die Umsätze aus einer Biogasanlage unterliegen der Regelbesteuerung, weil sowohl die Herstellung von ungereinigtem oder gereinigtem Biogas als auch die Erzeugung von Energie für Zwecke der Umsatzsteuer nicht im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft erfolgen. Dies gilt auch, wenn die Biogasanlage Teil eines land- und forstwirtschaftlich pauschalierenden Haupt- oder Nebenbetriebs ist, weil bereits die Erzeugung von Biogas aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers der zweiten Bearbeitungsstufe zuzuordnen ist.
Die Lieferung von düngemittelfähigem Substrat aus pflanzlichen und tierischen Rückständen unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Die Lieferung von Pflanzenerde unterliegt – auch wenn sie unter Beimischung des Substrats hergestellt wird – dem allgemeinen Steuersatz.
Liefert ein pauschalierender Landwirt die selbst erzeugte Biomasse an die Biogasanlage, unterliegt diese Lieferung dem Durchschnittssteuersatz von 10,7 %. Gleiches gilt bei einer entsprechenden Gehaltslieferung.
Eine Entsorgungsleistung des Landwirts ist mangels Ermäßigungsvorschrift mit dem allgemeinen Steuersatz zu besteuern.
Diese Karteiverfügung ersetzt meine Karteiverfügung vom 3. August 2020 (Az. S 7100 – 658 – St 175, Kontr.-Nr. 1506).
Normenkette
UStG § 24