Rn 85

Die Höhe des Wertersatzes richtet sich nach den §§ 249 ff. BGB.[272] Danach ist die Insolvenzmasse so zu stellen, wie sie stehen würde, wäre der Gegenstand nicht aus dem Schuldnervermögen ausgeschieden.[273] Da die Rückgewähr des Anfechtungsgegenstands unmöglich ist und damit auch eine Naturalrestitution in aller Regel ausscheidet, bemisst sich der Wertersatz nach § 251 Abs. 1 BGB. Fraglich ist, ob insoweit – ebenso wie im Rahmen der Herausgabe von Nutzungen (vgl. oben Rn. 76 ff.) – allein auf den objektiven Wert des Gegenstands oder aber auf dessen Wert gerade für die Insolvenzmasse abzustellen ist. In aller Regel kann die Frage dahingestellt bleiben; denn grundsätzlich entspricht der objektive Wert des Gegenstands dem durch den Insolvenzverwalter erzielbaren Verwertungserlös.[274] Trotz des schadensersatzrechtlichen Charakters des Wertersatzanspruchs will die h. M. weder Reserveursachen berücksichtigen noch den Grundsatz der (schadensersatzrechtlichen) Vorteilsausgleichung anwenden (siehe auch oben Rn. 13).[275] Dahinter steht wohl das Bestreben, die Durchsetzung des Anspruchs so wenig wie möglich belasten zu wollen. Darüber hinaus findet keine Saldierung mit Gegenansprüchen des Anfechtungsgegners statt (siehe hierzu oben Rn. 12). Zur Aufrechnung gegen den Anspruch siehe oben Rn. 13.

 

Rn 86

Maßgebender Zeitpunkt für die Berechnung des Wertersatzes ist grundsätzlich derjenige der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz des Anfechtungsprozesses.[276] Die Rechtsprechung macht hiervon dann eine Ausnahme, wenn die Rückgewähr in Natur bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich war und sich also bereits in diesem Zeitpunkt der Rückgewähranspruch auf Wertersatz konkretisiert hat. Dann soll es auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ankommen.[277] In der Literatur hat diese Entscheidung im Hinblick auf den schadensersatzrechtlichen Charakter des Wertersatzanspruchs Kritik erfahren. Sie will auch in diesem Falle auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abstellen.[278] Dagegen kommt es auf den Zeitpunkt der Rückgewähr an, wenn der Gegenstand bereits vorprozessual zurückgewährt wurde und nur noch eine Wertänderung gerichtlich in Streit steht.[279]

[272] Kübler/Prütting/Bork-Jacoby, § 143 Rn. 61.
[273] BGH NJW 1980, 1580 (1581) [BGH 20.02.1980 - VIII ZR 48/79]; Kilger-K. Schmidt, KO § 37 Anm. 8; Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 28; Schmidt-Rogge, § 143 Rn. 67.
[274] MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 83; Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 28 m. w. N.
[275] BGHZ 97, 87 (95) = BGH ZIP 1986, 448 [BGH 30.01.1986 - IX ZR 79/85]; HK-Kreft, § 143 Rn. 23; Gerhardt-Kreft, Insolvenzanfechtung, Rn. 598; MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 84; vgl. auch Eckardt, ZInsO 2004, 888, 888 ff.; siehe aber auch BGH ZIP 2001, 80 = EWiR 2001, 185 [BGH 14.11.2000 - VI ZR 149/99] (A.Schmidt); a. A. Kübler/Prütting/Bork-Jacoby, § 143 Rn. 63.
[276] RGZ 106, 163 (166 f.); BGHZ 89, 189 (197 f.) = NJW 1980, 1580 [BGH 20.02.1980 - VIII ZR 48/79]; BGH MDR 1971, 837 (837); Jaeger-Henckel, § 143 Rn. 123; Gerhardt-Kreft, Insolvenzanfechtung, Rn. 614; HK-Kreft, § 143 Rn. 22; Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 28; Gottwald-Huber, § 52 Rn. 14; für Zeitpunkt der Veräußerung BGH WM 1955, 1468 (1471), OLG Celle InVo 1999, 211 (212).
[277] BGHZ 101, 286 (288 f.) = BGH NJW 1987, 2821 = EWiR 1987, 1009 [BGH 09.07.1987 - IX ZR 167/86] (Balz); Nerlich/Römermann-Nerlich, § 143 Rn. 32.
[278] Kilger-K. Schmidt, KO § 37 Anm. 9; MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 85; Schmidt-Rogge, § 143 Rn. 68; Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 28; Gerhardt-Kreft, Insolvenzanfechtung, Rn. 614 f.; Gottwald-Huber, § 52 Rn. 14; Zeuner, Anfechtung, Rn. 329; v. Campe, Insolvenzanfechtung, S. 295; Gerhardt, ZIP 1987, 1429 (1432).
[279] MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 85.

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