Gesetzestext
(1) Auf Antrag des Schuldners oder einer in § 75 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Mehrzahl von Gläubigern und nach Anhörung des Insolvenzverwalters kann das Insolvenzgericht anordnen, daß die geplante Veräußerung des Unternehmens oder eines Betriebs nur mit Zustimmung der Gläubigerversammlung zulässig ist, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, daß eine Veräußerung an einen anderen Erwerber für die Insolvenzmasse günstiger wäre.
(2) Sind dem Antragsteller durch den Antrag Kosten entstanden, so ist er berechtigt, die Erstattung dieser Kosten aus der Insolvenzmasse zu verlangen, sobald die Anordnung des Gerichts ergangen ist.
Bisherige gesetzliche Regelungen: Keine.
1. Allgemeines
Rn 1
Eine vergleichbare Vorschrift war weder in der KO noch in der GesO enthalten. Dort gab es nur die – jetzt in § 161 geregelte – Möglichkeit der vorläufigen Untersagung nach § 135 Abs. 2 KO in den dort aufgeführten Fällen zustimmungspflichtiger Geschäfte. Mit der Aufnahme des § 163 wurde den ursprünglich von Karsten Schmidt geäußerten Bedenken hinsichtlich der mit einer übertragenen Sanierung für die Gläubiger möglicherweise einhergehenden Gefahren Rechnung getragen.
Die vorliegende Norm stellt daher eine Ergänzung zu den in §§ 160–162 vorgesehenen Zustimmungserfordernissen dar. Abweichend von den dort angesprochenen Fallkonstellationen, in denen eine Zustimmungspflicht des zuständigen Gläubigerorgans bereits durch das Gesetz vorgesehen ist, beinhaltet § 163 lediglich die Möglichkeit einer durch das Insolvenzgericht angeordneten Zustimmungspflicht der Gläubigerversammlung, wenn die vom Verwalter geplante Veräußerung für die Insolvenzmasse wirtschaftlich nachteilig ist.
2. Voraussetzungen
2.1 Veräußerung eines Unternehmens oder Betriebs
Rn 2
Die Definition der Begriffe Unternehmen und Betrieb entsprechen denen in § 160 Abs. 2 Nr. 1 (vgl. § 160 Rn. 9). Der Verkauf eines Unternehmens aus der Insolvenz muss häufig sehr schnell erfolgen, da die Investition in den Augen der potenziellen Erwerber mit voranschreitendem Zeitablauf zunehmend weniger attraktiv erscheint. Dies gilt umso mehr, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen bereits vollständig oder in Teilbereichen stilllegen musste. Im Hinblick auf diesen hohen Zeitdruck der konkret geplanten Veräußerung – der Erwerber wird meist nicht bereit sein, eine größere zeitliche Verzögerung hinzunehmen, so dass die Gefahr der Angebotsrücknahme besteht – ist der Begriff weit auszulegen. Längere Streitigkeiten hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine Unternehmens- oder Betriebsveräußerung vorliegt und ob der Antragsteller insoweit seiner Darlegungslast nachgekommen ist, werden so – letztlich im Interesse der Gläubiger – vermieden.
2.2 Antrag
Rn 3
Zunächst muss der Schuldner oder eine Gläubigermehrheit i. S. d. § 75 Abs. 1 Nr. 3 beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit der Veräußerung stellen. Der Antrag kann formlos und ohne Einhaltung einer Frist gestellt werden. Allein im Hinblick auf die im Regelfall umfangreiche Darlegungslast hinsichtlich der geltend gemachten Nachteiligkeit der Veräußerung dürfte ein solcher Antrag jedoch stets schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen sein, soweit er Aussicht auf Erfolg haben soll.
Rn 4
Hat der Gläubigerausschuss bereits seine nach § 160 erforderliche Zustimmung erteilt, so sollte der Antrag vom Antragsteller noch um einen Antrag nach § 161 ergänzt werden, um zu verhindern, dass im Außenverhältnis wegen der Wirkung des § 164 unwiderrufliche Fakten geschaffen werden.
2.3 Glaubhaftmachung einer günstigeren Veräußerungsmöglichkeit
2.3.1 Prozessuale Anforderungen
Rn 5
Ferner muss der jeweilige Antragsteller glaubhaft machen können, dass die Veräußerung des Betriebs oder Unternehmens an einen anderen als den bisher beabsichtigten Erwerber für die Insolvenzmasse günstiger ist. Die Benennung einer anderen Verwertungsart – also z. B. der Einzelveräußerung der jeweiligen Vermögensgegenstände – dürfte nicht ausreichend sein, da das Gesetz in seinem Wortlaut ausdrücklich auf einen anderen Erwerber abstellt.
Glaubhaftmachung ist auch hier (wie z. B. in § 14 Abs. 1) i. S. d. § 294 ZPO zu verstehen. Der Antragsteller kann sich aller prozessualen Beweismittel der ZPO bedienen (also Augenschein, Zeugen, Sachverständige, Urkunden sowie Parteivernehmung). Ergänzend ist darüber hinaus eine Versicherung an Eides statt zulässig und ausreichend. Faktisch dürfte die Vorlage von Sachverständigengutachten, z. B. eines Wirtschaftsprüfers, der häufigste Fall sein, sofern nicht in Extremfällen die Benachteiligung der Insolvenzmasse auf der Hand liegt.