Rn 16
Das Vollstreckungsgericht hat das geringste Gebot i.S. von § 44 Abs. 1 ZVG und die Versteigerungsbedingungen nach Maßgabe der § 45 ff. ZVG festzustellen. Die Feststellung des geringsten Gebots i.S. von § 44 Abs. 1 ZVG begründet das sog. Deckungsprinzip, wonach bei der Versteigerung nur ein solches Gebot zugelassen wird, durch welches die dem Anspruche des Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die aus dem Versteigerungserlöse zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt werden. Das Deckungsprinzip wird rechtstechnisch umgesetzt, indem ein Recht nach § 52 Abs. 1 ZVG insoweit bestehen bleibt, als es bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt und nicht durch Zahlung zu decken ist. Alle vorgehenden Rechte sind mithin bar oder bestehen bleibend in dem geringsten Gebot berücksichtigt.
Rn 17
Im Falle einer durch ihn selbst beantragten Zwangsversteigerung wird der Insolvenzverwalter den Gläubigern nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG im Rang gleichgestellt. Das Deckungsprinzip bewirkt daher, dass in das geringste Gebot nach § 44 Abs. 1 ZVG neben den Kosten des Verfahrens nach § 109 ZVG und den Ansprüchen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZVG alle dinglichen Belastungen des Grundstücks (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG) aufzunehmen, was regelmäßig ein sehr hohes geringstes Gebot zur Folge hat. Dies führt dazu, dass das Grundstück über die beantragte Zwangsversteigerung i.d.R. nicht veräußert werden kann, weshalb die praktische Relevanz dieser Verwertungsmöglichkeit gering ist.
Hinzu kommt noch, dass der Insolvenzverwalter bzw. die Masse (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens zu tragen haben. Der vorrangige Anspruch des Insolvenzverwalters auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Versteigerungsgegenstände nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG ist regelmäßig zu gering, um das vorgenannte Kostenrisikos wettzumachen.
Rn 18
In dem Fall, dass der Insolvenzverwalter die Zwangsversteigerung betreibt, mit der Folge, dass er einem persönlichen Gläubiger der "Rangklasse 5" gleichbehandelt wird (oben Rn. 17), ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein vorrangiges Recht nach § 52 Abs. 1 ZVG bestehen bleibt (oben Rn. 16), freilich ohne Aussicht auf Befriedigung. Dies führt in der Insolvenz dazu, dass die Gläubiger dinglicher Rechte ihren Ausfall nicht nachweisen könne, so wie es §§ 52, 190 Abs. 1 InsO von ihnen für eine Forderungsanmeldung zur Insolvenztabelle verlangen. Deshalb hat der Gläubiger nach § 174 ZVG bis zum Schluss der Verhandlungen über den Zuschlag die Möglichkeit, die Abänderung des geringsten Gebots hinsichtlich der zu berücksichtigenden Rangklasse zu beantragen, ohne dadurch aber selbst die Rolle des beitreibenden Gläubigers zu übernehmen oder dem Verfahren der Zwangsversteigerung beizutreten (zur Möglichkeit des Beitritts unten Rn. 30). Der Antrag des Gläubigers auf Abänderung des geringsten Gebots setzt nach § 174 ZVG voraus, dass er für seine Forderung gegen den Schuldner des Insolvenzverfahrens ein von dem Insolvenzverwalter anerkanntes Recht auf Befriedigung aus dem Grundstücke hat. Dann ist er berechtigt, bis zum Schluss der Verhandlung im Versteigerungstermin zu verlangen, dass bei der Feststellung des geringsten Gebots nur die seinem Anspruche vorgehenden Rechte berücksichtigt werden.
Rn 19
Bei strenger Auslegung des Wortlauts des § 174 ZVG, der voraussetzt, dass "ein Gläubiger für seine Forderung gegen den Schuldner des Insolvenzverfahrens ein von dem Insolvenzverwalter anerkanntes Recht auf Befriedigung aus dem Grundstücke" haben muss, ist der nur dingliche Gläubiger, der nicht zusätzlich auch eine persönliche Forderung gegen den Schuldner hat, nicht berechtigt, einen Antrag auf Abänderung des geringsten Gebots zu stellen.
Rn 20
Liegen die Voraussetzungen des § 174 ZVG vor und wir die Abänderung des geringsten Gebots beantragt, wird das Grundstück sowohl unverändert und als auch mit der verlangten Abänderung des geringsten Gebots angeboten (sog. Doppelausgebot), also einmal so, als ob der Gläubiger selbst beitreibender Gläubiger wäre. Im Ergebnis wird das geringste Gebot i.S. von § 44 Abs. 1 ZVG durch einen Antrag auf Abänderung gesenkt und damit der Anreiz für Bietinteressenten erhöht. Wir auf beide geringsten Gebote ein Gebot abgegeben, kommt es gem. § 77 ZVG zur Einstellung wegen Mangels an Geboten. Wird auf beide geringsten Gebote ein Gebot abgegeben, geht das Gebot auf das nach § 174 ZVG geänderte geringste Gebot vor, sodass der Antragsteller seinen Ausfall nachweisen kann. Im Übrigen ist in dem Fall, dass nur auf eines der geringsten Gebote ein Gebot abgegeben wird, für dieses Gebot der Zuschlag zu erteilen. Das wird in aller Regel ebenfalls das nach § 174 ZVG geänderte geringste Gebot betreffen, sodass der Antragsteller auch in dieser Konstellation seinen Ausfall nachweisen kann.
Rn 21
Gemäß § 174a ZVG hat auch der Verwalter die Möglichkeit der Abänderung des geringsten Gebots i.S. von § 44 Abs. 1 ZVG. Der Antrag des Verwalters nach § 174a ZVG ist bis zum Schluss ...