Rn 93a
Zitat
§ 153b ZVG(1) Ist über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist auf Antrag des Insolvenzverwalters die vollständige oder teilweise Einstellung der Zwangsverwaltung anzuordnen, wenn der Insolvenzverwalter glaubhaft macht, dass durch die Fortsetzung der Zwangsverwaltung eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert wird.
(2) Die Einstellung ist mit der Auflage anzuordnen, dass die Nachteile, die dem betreibenden Gläubiger aus der Einstellung erwachsen, durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse ausgeglichen werden.
(3) Vor der Entscheidung des Gerichts sind der Zwangsverwalter und der betreibende Gläubiger zu hören.
Rn 94
§ 153b ZVG ermöglicht es dem Insolvenzverwalter, die vollständige oder teilweise Einstellung der Zwangsverwaltung zu beantragen. Er ist das Pendant zu § 30d ZVG und wie dieser systematisch dem Insolvenzrecht zuzuordnen (oben Rn. 63). Er soll Kompetenzkonflikte zwischen Insolvenz- und Zwangsverwalter auflösen, die aufgrund der Überschneidungen in dessen Aufgabenbereichen unvermeidbar sind (oben Rn. 36). Vorrangig werden Insolvenz- und Zwangsverwalter stets versucht sein, eine einvernehmliche Lösung im Hinblick auf die Verwertung des Grundstücks zu erzielen.
Rn 95
Die einstweilige Einstellung der Zwangsverwaltung führt jedoch nicht zur deren Aufhebung, sodass die Beschlagnahmewirkungen bestehen bleiben und der Zwangsverwaltungsvermerk im Grundbuch nicht unrichtig wird.
6.3.1 Einstellungsvoraussetzungen
Rn 96
Materielle Voraussetzung der einstweiligen Einstellung der Zwangsverwaltung ist, dass durch die Fortsetzung der Zwangsverwaltung eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert wird. Die wesentliche Erschwernis der wirtschaftlich sinnvollen Nutzung der Insolvenzmasse i.S. von § 153b Abs. 1 ZVG hat der Insolvenzverwalter i.S. des § 294 ZPO glaubhaft zu machen.
Rn 97
Ein solche "wesentliche Erschwernis" kann z.B. angenommen werden, wenn der Zwangsverwalter das betriebsnotwendige Grundstück ungeachtet der Fortführung des schuldnerischen Unternehmens durch den Insolvenzverwalter an einen Dritten vermieten oder verpachten will. Wesentlich erschwert ist die wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Insolvenzmasse aber insbesondere auch dann, wenn die Zwangsverwaltung dem im Berichtstermin festgesetzten Verfahrensziel widerspricht, etwa wenn wegen der Fortführung der Zwangsverwaltung eine übertragende Sanierung des schuldnerischen Unternehmens nicht mehr in Betracht kommt. Aufgrund der Möglichkeit einer nur teilweisen Einstellung der Zwangsverwaltung, also die Beschränkung auf Grundstücksteile oder bestimmtes Grundstückszubehör, muss der Insolvenzverwalter vor seiner Antragstellung stets prüfen, ob die wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Insolvenzmasse tatsächlich eine vollständige einstweilige Einstellung der Zwangsverwaltung erfordert oder nicht.
Rn 98
Nach § 153b Abs. 3 ZVG sind der Zwangsverwalter und der betreibende Gläubiger vor der Entscheidung des Vollstreckungsgerichts zu hören. Erklärt der betreibende Gläubiger hier bloß unverbindlich seine Bereitschaft zur Mitwirkung an einer avisierten Verwertung durch den Insolvenzverwalter, sollte der Insolvenzverwalter gleichwohl am Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsverwaltung festhalten, nicht zuletzt um Haftungsgefahren (§ 60 InsO) zu bannen.
Rn 99
Gegen die stattgebende oder ablehnende Entscheidung des Vollstreckungsgerichts ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO statthaft, aber nur für den die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubiger oder den Insolvenzverwalter. Grund der sofortigen Beschwerde kann auch die Höhe der Auflage nach § 153b Abs. 2 ZVG sein.
6.3.2 Gläubigerschutz
Rn 100
Nach Abs. 2 des § 153 b ZVG ist die einstweilige Einstellung der Zwangsverwaltung mit der Auflage anzuordnen, dass die Nachteile, die dem betreibenden Gläubiger aus der Einstellung erwachsen, durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse ausgeglichen werden (zur Einordnung als Masseverbindlichkeit oben Rn. 78). Die Höhe des Ausgleichs hat das Vollstreckungsgericht für den betreibenden Gläubiger genau zu beziffern. Die nachweisbar erzielten Erlöse der Zwangsverwaltung oder die zu erwartenden Erlöse sind ab dem Zeitpunkt der einstweiligen Einstellung an den Gläubiger aus der ...