Rn 17
Wenn der Plan in die Rechte einer Klasse von Beteiligten eingreift, kann deren Ablehnung nicht durch § 245 in eine Zustimmung verwandelt werden, wenn planmäßig vorgesehen ist, dass ein nachrangiger Gläubiger (§ 39), der Insolvenzschuldner oder eine an letzterem beteiligte Person einen wirtschaftlichen Wert erhalten soll. In das Rangverhältnis i.d.S. werden absonderungsberechtigte Gläubiger nicht einbezogen. Denn die nicht nachrangige Forderung ist dem Absonderungsrecht nicht nachrangig, vielmehr stehen die Absonderungsrechte in gar keinem Rangverhältnis. Schließlich kann die gesicherte Forderung eines Absonderungsrechts auch eine nachrangige Forderung i.S.d. § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sein. § 245 Abs. 2 Nr. 2 regelt also nicht, dass absonderungsberechtigte Gläubiger voll befriedigt werden müssen, bevor der Plan eine Quote für eine Gruppe nicht absonderungsberechtigter Gläubiger vorsieht. Die Vorschrift des § 245 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 untersagt eine Umstrukturierung der gesetzlich vorgesehenen Reihenfolge der Gläubigerklassen und bewirkt so die Wahrung der Prioritäten hinsichtlich der Befriedigung. Es braucht von den Gläubigern einer Gruppe nicht akzeptiert zu werden, dass der Plan ihre Rechte beeinträchtigt, während andere Beteiligte, die ohne einen Plan mit Nachrang zu den Gläubigern dieser Gruppe zu befriedigen wären (und damit i.d.R. sogar leer ausgingen), wirtschaftliche Werte erhalten. Wenn daher der Plan Zahlungen an die nachrangigen Gläubiger vorsieht, so ist darauf zu achten, dass die Rechte der einfachen Insolvenzgläubiger dadurch nicht beeinträchtigt werden.
Rn 18
Weiterhin verbietet sich eine Besserstellung des Schuldners. Wegen des Sinn und Zwecks des Insolvenzplanverfahrens (Entschuldung, ggf. Fortführung) ist ein Verzicht der Gläubiger aber keine Vermögensmehrung des Schuldners, welche die Anwendung des Obstruktionsverbots ausschließt. Verlangt der Plan einem Gläubiger keinen Verzicht ab, ist § 245 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass die Regelung auf ihn nicht anwendbar ist. Die planmäßig vorgesehene Fortführung des Unternehmens durch den Schuldner kann nicht a priori als Zuwendung eines Werts an den Schuldner behandelt werden, obwohl dieser hier die Chance erhält, sein Unternehmen zu erhalten, was ihm nach dem gesetzlichen Abwicklungsmodell nicht möglich wäre. Es bedarf vielmehr sorgfältiger Betrachtung der Umstände des Einzelfalls. Wenn beispielsweise kein Dritter bereit ist, anstelle des Schuldners das Unternehmen zu den im Plan vorgesehenen Bedingungen fortzuführen, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Schuldner durch den Plan einen wirtschaftlichen Wert (es kommt auf den Wert des sanierten Unternehmens nach Bestätigung des Insolvenzplans an) erhält. Vielmehr muss dann die planmäßig zu erbringende Leistung des Schuldners den noch vorhandenen Wert des Unternehmens aufwiegen, so dass dieser den erlangten Vorteil praktisch abbezahlt. Bei dieser Bewertung ist zu hinterfragen, ob es interessierten Dritten überhaupt möglich war, ein besseres Angebot zu unterbreiten als das, was durch Nachschuss von Mitteln seitens der Gesellschafter der Schuldnerin realisiert werden kann. Zu weitgehend ist der Ansatz, wonach das Fehlen dieser Möglichkeit als "exklusives" Recht des Schuldners zur Unternehmensfortführung gewertet wird, welches wiederum per se eine wirtschaftliche Wertzuwendung i.S.v. § 245 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sein soll. Um Fortführungs- und Haftungsrisiken berücksichtigen zu können, sind über die Bilanzaufstellung hinaus nach dem Willen des Gesetzgebers weitergehende Bewertungen zur Wertermittlung erforderlich (vgl. § 229). Ausschlaggebendes Kriterium für die Bewertung der Fortführungsmöglichkeiten im Insolvenzfall ist das Sanierungspotential. Wegen des Planziels die Überschuldung zu beseitigen, ist bei einem Kapitalsaldo von Null und erst recht bei Unterdeckung nicht von einem positiven Vermögenswert auszugehen, den der Schuldner erhält. Erst wenn durch Verzicht oder Entlastung in sonstiger Weise Kapital entsteht, kommt es zu einem Wertzuwachs beim Schuldner. Dem kann entgegengetreten werden, indem verzichtende Gläubiger im Umfang des positiven Kapitals in Form einer stillen Gesellschaft beteiligt werden, aus der sie bei Kündigung der Gesellschaft ausgezahlt werden. Bei Einzelkaufleuten und Personengesellschaften wird man nur von einem dem Schuldner zugewandten Vermögenswert ausgehen können, wenn unter Ertragswertgesichtspunkten bei Ansatz eines angemessenen Unternehmerlohns und bei Berücksichtigung des übernommenen Risikos ein positiver Wert prognostiziert wurde. Wegen des vorhandenen technischen Wissens oder des Kennens von Abläufen wird eine Planlösung vielfach nur bei Mitwirkung des Schuldners/Gesellschafters erreichbar sein. Andererseits fürchten Gläubiger häufig, dass so der "Bock zum Gärtner" gemacht wird. Diesem Dilemma wird man letztlich mit einer wirtschaftlich, wertenden Betrachtu...