Rn 62
Der Versuch der außergerichtlichen Schuldenbereinigung muss innerhalb der letzten sechs Monate vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unternommen worden sein. Maßgebend ist der Eingang des Antrags beim Insolvenzgericht. Zur Fristberechnung und Fristwahrung ist nach § 4 auf die Grundsätze der §§ 221, 222 ZPO abzustellen.
Rn 63
Um die gerichtliche Prüfung zu ermöglichen verlangt "Anlage 2" in Ziff. III. 3. die Angabe des Datums des Scheiterns des außergerichtlichen Planversuchs. Allein die Angabe von Monat oder Jahr ist unzureichend, da das Gericht die Feststellung treffen muss, ob der Antrag rechtzeitig innerhalb der Frist eingereicht wurde. Den Fristbeginn markiert das endgültige Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs. Für den Zeitpunkt des Scheiterns ist nicht schematisch auf die erste oder die letzte Gläubigerrückmeldung abzustellen, sondern maßgeblich ist allein der Zeitpunkt, den die ausstellende Stelle für das Scheitern angibt. Dieser Zeitpunkt muss allerdings nachvollziehbar begründet werden, wenn er sich nicht ohne Weiteres aus den allgemeinen Daten ergibt. Die hM lehnt dies ab und verweist darauf, die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts könne nicht in das Belieben der ausstellenden Stelle gestellt werden. Stattdessen solle auf das Datum des Eingangs der letzten Ablehnung eines Gläubigers beim Schuldner bzw. der Beratungsstelle abgestellt werden, wobei keine Ablehnung älter als sechs Monate sein dürfe. Dabei wird übersehen, dass die Ablehnung eines Gläubigers nicht in allen Fällen mit dem Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs gleichgesetzt werden kann. Es ist nicht auszuschließen, dass Gegner einer gütlichen Einigung bei Zustimmung anderer Gläubiger ihre ablehnende Haltung überdenken und sich einer außergerichtlichen Einigung nicht verweigern.
Rn 64
Das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs wird nach § 305 a InsO gesetzlich fingiert, wenn einer der Gläubiger die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreibt. Die Norm soll im Zusammenspiel mit der erweiterten Rückschlagsperre des § 88 Abs. 2 (§ 312 Abs. 1 Satz 3 a. F.) verhindern, dass die durch den außergerichtlichen Einigungsversuch von der Krise des Schuldners in Kenntnis gesetzten Gläubiger versuchen, im Wege der Einzelzwangsvollstreckung ihre Forderung beizutreiben. Die Gefahr ist real, da das Insolvenzgericht in diesem Verfahrensstadium noch keine Sicherungsmaßnahmen ergreifen kann.
Rn 65
Die Sechsmonatsfrist wird ab dem in der Bescheinigung eingesetzten Datum bis zum Eingang des Antrags beim zuständigen Insolvenzgericht berechnet (Fristende). Nach den auch insoweit geltenden allgemeinen zivilprozessualen Regeln fristgebundener Schriftsätze endet die Frist mit dem Ablauf des Tages des letzten Monats, der seiner Zahl nach dem Tag des endgültigen Scheiterns entspricht (§ 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB). Der Eingang beim unzuständigen Gericht reicht zur Fristwahrung nicht aus. Auch eine nur geringfügige Fristüberschreitung führt zur Unzulässigkeit des gesamten Antrags. Zur gerichtlichen Prüfungskompetenz s.u. Rn. 114 ff.
Rn 66
Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, z. B. bei verspätetem Einsenden des Antrags, ist, da es sich um keine Notfrist handelt, nicht möglich. Es handelt sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist. Eine Nachbesserung/Ergänzung binnen eines Monats nach Aufforderung durch das Gericht ist möglich. Zwar sieht § 305 Abs. 3 Satz 1 nur die Möglichkeit der Ergänzung unvollständiger Erklärungen und Unterlagen vor, nicht aber die Durchführung eines neuen außergerichtlichen Einigungsversuchs, die Norm ist insoweit aber im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck erweiternd auszulegen (vgl. Rn. 118). Ob innerhalb der kurzen Frist ein erneuter Einigungsversuch gelingen kann, dürfte maßgeblich von der Gläubigerstruktur abhängen.
Rn 67
Ist ein erster Verbraucherinsolvenzantrag zurückgenommen oder zurückgewiesen worden, kann der Schuldner im Rahmen einer erneuten Antragstellung die aus dem ersten Verfahren stammende Bescheinigung erneut verwenden, wenn die Frist noch nicht abgelaufen ist. Das vorhergehende Verfahren führt indes nicht zu einer Unterbrechung oder Hemmung der Frist.