Rn 39
Mietverträge des Schuldners über Wohnraum und ehemaligen Gewerberaum bleiben gemäß § 108 InsO bestehen. Für Wohnraum besteht kein Sonderkündigungsrecht (§ 109 Abs. 1 Satz 1, 2 InsO). Der Treuhänder kann aber erklären, dass er den nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist fälligen Mietzins nicht als Masseverbindlichkeit bezahlen werde (§ 109 Abs. 1 Satz 2 InsO). Der Vermieter kann dann einen Schadensersatzanspruch geltend machen (§ 109 Abs. 1 Satz 3 InsO). Durch Art. 8 des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 wurde die Kündigung der Mitgliedschaft von Genossen und Mietern bei Wohnungsgenossenschaften ausgeschlossen.
Rn 40
Unterhaltsansprüche aus der Zeit vor der Eröffnung sind nach § 38 InsO Insolvenzforderungen; aus der Zeit nach der Eröffnung Neuverbindlichkeiten, die grundsätzlich nicht im Insolvenzverfahren berücksichtigt werden. Sie nehmen an der Restschuldbefreiung nicht teil. Es gilt allerdings § 850d ZPO, der bei Unterhaltsansprüchen eine Verringerung der Pfändungsfreigrenze vorsieht. Über den dem Schuldner zu gewährenden Unterhalt beschließt die Gläubigerversammlung (§§ 27, 311 ff., 100 Abs. 1).
Rn 41
Die §§ 850 ff. ZPO und 850g ZPO (Pfändungsschutz) sind grundsätzlich im Insolvenzverfahren gemäß § 4 InsO anwendbar. Für Entscheidungen über einen diesbezüglichen Antrag ist das Insolvenzgericht durch den Rechtspfleger zuständig. Das Gericht hat bei der Entscheidung nach § 850f ZPO eigenständig zu prüfen, wie hoch der Sozialhilfebedarf des Schuldners ist und ist an die (fiktive) Sozialbedarfsbescheinigung des Sozialamts nicht gebunden.
Rn 42
§ 36 Abs. 1 Satz 2 InsO bestimmt konkret, dass die Bestimmungen der §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, 850g bis 850i und 851c und 851 d ZPO entsprechend gelten. Durch § 36 Abs. 4 InsO ist klargestellt, dass für Entscheidungen, ob ein "Gegenstand" diesen Vorschriften unterliegt, das Insolvenzgericht zuständig ist. Es ist streitig, ob auf Antrag des Schuldners der Rechtspfleger in entsprechender Anwendung des § 850f ZPO eine Anhebung des unpfändbaren Anteils des Arbeitseinkommens auf einen höheren Wert als nach der Tabelle des § 850c ZPO vornehmen darf. Das OLG Köln ist unter Hinweis auf das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG dieser Ansicht. Das AG Köln hat entschieden, dass der Streit zwischen Treuhänder und dem Schuldner vor dem Prozessgericht auszutragen ist.
Rn 43
Gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 2 muss der Schuldner den Antrag auf Restschuldbefreiung im Verbraucherinsolvenzverfahren mit der Antragstellung vorlegen (§ 305 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Eine Nachholung ist allerdings, sollte die Aufforderung gem. § 305 Abs. 3 InsO erfolgen, noch innerhalb der Monatsfrist zulässig. Die Frist zum Antrag auf Restschuldbefreiung ist gemäß § 287 Abs. 2 InsO eine gesetzliche und kann nicht verlängert werden. Sie ist spätestens dann zu setzen, wenn der Schuldner es unterlässt, gleichzeitig mit dem Eigenantrag einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen. Wenn ein Gläubiger einen Antrag stellt und der Schuldner nach dem Hinweis nach § 306 Abs. 3 InsO einen Eigenantrag gestellt hat, hat der Schuldner nach Scheitern des obligatorischen außergerichtlichen Einigungsversuchs dann erstmalig und letztmalig Gelegenheit, Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 InsO). Über den Antrag auf Restschuldbefreiung wird im vereinfachten Verfahren und bei vereinfachter Verteilung erst nach Ablauf einer Frist entschieden (§ 314 Abs. 3 Satz 1 InsO). Hat das Insolvenzgericht bei einem Gläubigerantrag die Hinweise über die Möglichkeit der Erlangung der Restschuldbefreiung mit Eigenantragstellung unterlassen oder fehlerhaft, unvollständig oder verspätet erteilt und ist das Insolvenzverfahren auf den Gläubigerantrag hin eröffnet worden, bevor der Schuldner den Eigenantrag stellt, genügt ein Antrag auf Restschuldbefreiung, um dem Schuldner die dahin gehende Aussicht zu erhalten.
Rn 44
Stirbt der Schuldner nach der Eröffnung des vereinfachten Verfahrens, wird dieses ohne Unterbrechung nicht mehr als vereinfachtes Verfahren, sondern als allgemeines Nachlassinsolvenzverfahren fortgeführt. Schuldner ist dann der Erbe. Das Verbraucherinsolvenzverfahren und auch das eröffnete vereinfachte Verfahren werden nicht unzulässig oder nur auf Antrag der Erben als Nachlassinsolvenzverfahren fortgeführt, denn das Verfahren wird nicht unterbrochen, weil die Verweisung des § 4 auf § 259 ZPO in diesem Fall mit dem Beschleunigungsgrundsatz und dem Interesse der Gläubiger an einer raschen Befriedigung unvereinbar ist. Würde man erst einen Nachlasseröffnungsantrag eines Erben abwarten, könnte dies das Verfahren auf unbestimmte Zeit verzögern, vor allem, wenn erst eine Erbenermittlung durchgeführt werden müsste. Das Insolvenzgericht leitet durch einen Aktenvermerk nach Eingang einer Todesanzeige oder Mitteilung des Standesamts das Verfahren in...