Gesetzestext
(1) 1Gehört der Nachlass zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, so kann sowohl der Ehegatte, der Erbe ist, als auch der Ehegatte, der nicht Erbe ist, aber das Gesamtgut allein oder mit seinem Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass beantragen. 2Die Zustimmung des anderen Ehegatten ist nicht erforderlich. 3Die Ehegatten behalten das Antragsrecht, wenn die Gütergemeinschaft endet.
(2) 1Wird der Antrag nicht von beiden Ehegatten gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. 2Das Insolvenzgericht hat den anderen Ehegatten zu hören.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Lebenspartner entsprechend.
Bisherige gesetzliche Regelungen: § 218 KO, § 113 VerglO
1. Allgemeines
Rn 1
Die Vorschrift ergänzt die Regelung des § 317 zur Antragsbefugnis für ein Nachlassinsolvenzverfahren für den Fall, dass der Nachlass, über den ein Insolvenzverfahren eröffnet werden soll, zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft gehört.
Rn 2
Die Befugnis, einen Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu stellen, steht dann nicht nur dem erbenden Ehegatten zu (diese folgt bereits aus § 317), sondern wird erweitert auf den nicht erbenden Ehegatten, der jedoch allein oder gemeinschaftlich mit dem anderen Ehegatten das Gesamtgut verwaltet, § 1421 BGB. Auch dem Ehegatten, der nicht selbst geerbt hat, aber aufgrund seiner (Mit-)Verwaltungsbefugnis für das Gesamtgut auch mit seinem persönlichen Vermögen für die Nachlassverbindlichkeiten haftet (§ 1459 Abs. 2 BGB), soll die Möglichkeit eröffnet werden, durch den Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens eine Beschränkung der Haftung auf den Nachlass zu erreichen.
2. Regelungsinhalt Absatz 1
2.1 Gesamtgut einer Gütergemeinschaft
Rn 3
Die Gütergemeinschaft wird gemäß § 1415 BGB durch einen Ehevertrag begründet, das jeweilige Vermögen der Eheleute wird zu gemeinschaftlichem Vermögen der Ehegatten, dem Gesamtgut, von dem das Sondergut gemäß § 1417 BGB und das Vorbehaltsgut gemäß § 1418 BGB ausgeschlossen ist.
Rn 4
Der Ehevertrag, der die Gütergemeinschaft begründet, soll auch eine Bestimmung enthalten, wem die Verwaltung des Gesamtgutes zusteht. Diese kann sowohl einem einzelnen Ehegatten oder beiden Ehegatten gemeinschaftlich zustehen. Enthält der Ehevertrag keine ausdrückliche Regelung, so verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich, § 421 BGB.
2.2 Haftungskonstellationen
Rn 5
Unabhängig von der Regelung zur Verwaltungsbefugnis ist jeder Ehegatte alleine berechtigt, eine Erbschaft oder ein Vermächtnis anzunehmen oder auszuschlagen, der Zustimmung des anderen Ehegatten bedarf es nicht, § 1432 Abs. 1 BGB. Ist der Nachlass nicht als Sondergut gemäß § 1417 BGB oder als Vorbehaltsgut gemäß § 1418 BGB zu qualifizieren, gehört er zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft.
Rn 6
Das Gesamtgut haftet dann auch für die zum Nachlass gehörenden Verbindlichkeiten, § 1437 Abs. 1, § 1438 Abs. 1 BGB, darüber hinaus haftet der allein oder mit verwaltende Ehegatte auch mit seinem persönlichen Vermögen, § 1437 Abs. 2 BGB.
Rn 7
Aufgrund dieser Haftungskonsequenzen ist für den Fall, dass der ererbte Nachlass zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft gehört, eine Ausdehnung der Antragsrechte gemäß § 317 erforderlich.
2.3 Konstellationen der Antragsbefugnis
Rn 8
Steht die Verwaltung des Gesamtgutes beiden Ehegatten gemeinschaftlich zu, so ist jeder Ehegatte antragsberechtigt, unabhängig davon, wer Erbe ist; für den erbenden Ehegatten folgt die Antragsbefugnis aus § 317, für den anderen, mit verwaltenden Ehegatten aus § 318 Abs. 1.
Steht einem Ehegatten alleine die Verwaltung des Gesamtgutes zu und ist der andere Ehegatte Erbe geworden, so folgt dessen Antragsrecht aus § 317 Abs. 1, der verwaltende Ehegatte hat jedoch ein eigenes Antragsrecht gemäß § 318 Abs. 1.
Rn 9
Ist der allein verwaltende Ehegatte Erbe, so hat nur dieser ein Antragsrecht, welches aus § 317 folgt. Für die letztgenannte Konstellation ist die Schutzbedürftigkeit des nicht erbenden und nicht verwaltenden Ehegatten eingeschränkt, da eine Haftung mit dem persönlichen Vermögen nicht entsteht, § 1437 BGB.
Rn 10
Das Antragsrecht besteht für die Ehegatten jeweils unabhängig, jeder allein kann einen Eröffnungsantrag stellen, ohne dass es der Zustimmung des anderen bedarf.
2.4 Beendigung der Gütergemeinschaft
Rn 11
Die Beendigung der Gütergemeinschaft führt nicht zum Wegfall des Antragsrechts der Ehegatten gemäß § 318, vgl. Abs. 1 Satz. Da sich der Beendigung die Auseinandersetzung der Gemeinschaft anschließt, § 1471 BGB, existiert die Gütergemeinschaft als Liquidationsgemeinschaft zunächst weiter.3 Bis zum Abschluss der Auseinandersetzung verbleibt es auch bei der persönlichen Haftung des (mit) verwaltenden Ehegatten für Verbindlichkeiten, die bis zur Beendigung entstanden sind. Fällt der Erbfall in die Zeit zwischen Beendigung und Abschluss der Auseinandersetzung, ist § 318 nicht mehr anwendbar, da der Nachlass dann nicht mehr Gesamtgut werden kann.