Gesetzestext

 

(1) Erlangt ein Insolvenzgläubiger durch Zwangsvollstreckung, durch eine Leistung des Schuldners oder in sonstiger Weise etwas auf Kosten der Insolvenzmasse aus dem Vermögen, das nicht im Staat der Verfahrenseröffnung belegen ist, so hat er das Erlangte dem Insolvenzverwalter herauszugeben. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung gelten entsprechend.

(2) Der Insolvenzgläubiger darf behalten, was er in einem Insolvenzverfahren erlangt hat, das in einem anderen Staat eröffnet worden ist. Er wird jedoch bei der Verteilung erst berücksichtigt, wenn die übrigen Gläubiger ihm gleichgestellt sind.

(3) Der Insolvenzgläubiger hat auf Verlangen des Insolvenzverwalters Auskunft über das Erlangte zu geben.

Bisherige gesetzliche Regelungen: Art. 102 EGInsO

1. Allgemeines

 

Rn 1

§ 342 entspricht von der Zielrichtung Art. 20 EuInsVO[1] und dient wie diese Norm dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung[2].

 

Rn 2

Gemäß § 341 Abs. 1 kann jeder Gläubiger seine Forderungen mehrfach, also sowohl im Hauptinsolvenzverfahren und in jedem Sekundärinsolvenzverfahren anmelden.

 

Rn 3

Nach der Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens ist es den Gläubigern nicht gestattet, sich individuell aus zur Masse gehörenden und sich in anderen Staaten befindlichem Schuldnervermögen zu befriedigen.

 

Rn 4

§ 342 normiert eine Herausgabepflicht des Gläubigers für erlangte Sondervorteile (§ 342 Abs. 1), wie eine mehrfach angemeldete Forderung bei der Verteilung zu berücksichtigen ist (§ 342 Abs. 2) und einen Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegenüber dem Gläubiger (§ 342 Abs. 3).

[1] BegrRegE, BT-Drs. 15/16, S. 21.
[2] HK-Stephan, § 342 Rn. 3.

2. § 342 Abs. 1

2.1 § 342 Abs. 1 Satz 1

 

Rn 5

Der Gläubiger hat erlangte Sondervorteile gemäß § 342 Abs. 1 an den Insolvenzverwalter herauszugeben. Darauf, ob auch die lex fori concursus einen derartigen Herausgabeanspruch vorsieht, kommt es nicht an.[3]

 

Rn 6

Der Herausgabeanspruch kommt nur dann zur Anwendung, wenn ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde; denn nur dieses erfasst das weltweite Vermögen des Schuldners.[4]

 

Rn 7

Der Gläubiger muss desWeiteren etwas auf Kosten der Masse erlangt haben.Was zur Insolvenzmasse gehört, richtet sich gemäß § 335 nach der lex fori concursus.

 

Rn 8

Erforderlich ist, dass sich der Gläubiger

  • durch Zwangsvollstreckung,
  • durch eine Leistung des Schuldners oder
  • in sonstiger Weise

befriedigt hat.

 

Rn 9

Eine weitere Voraussetzung für den Herausgabeanspruch nach § 342 Abs. 1 ist, dass das Vermögen, aus dem sich der Gläubiger befriedigt hat, in einem anderen Staat als dem Staat der Verfahrenseröffnung belegen ist.

 

Rn 10

In Anlehnung an die Regelung des Art. 20 EuInsVO muss die Befriedigung außerdem nach der Eröffnung[5] des Insolvenzverfahrens erfolgt sein.[6]

 

Rn 11

Herauszugeben ist das Erlangte. An wen das Erlangte herauszugeben ist, richtet sich danach, ob das Erlangte in die Insolvenzmasse des Hauptinsolvenzverfahrens oder in die Masse des Territorialinsolvenzverfahrens fällt.[7] Es ist also entweder an den Hauptinsolvenzverwalter oder u.U. an den Sekundärinsolvenzverwalter herauszugeben.

 

Rn 12

Ein dinglich gesicherter Gläubiger wird i.d.R. das behalten dürfen, was er aus der Verwertung seiner Sicherheit im Ausland erlangt hat[8] (vgl. dazu auch die Regelung des Art. 20 Abs. 1 EuInsVO). Er wird regelmäßig die bevorzugte Befriedigung auch im ausländischen Verfahren beanspruchen können, so dass er nicht auf Kosten der Insolvenzmasse bereichert ist.[9]

[3] Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, Art. 20 Rn. 20.
[4] MünchKomm-Reinhart, Art. 20 EuInsVO Rn. 2; BegrRegE, BT-Drs. 15/16, S. 21.
[5] Vor der Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens kommen die Regeln der Insolvenzanfechtung zur Anwendung, HK-Stephan, § 342 Rn. 8.
[6] HK-Stephan, § 342 Rn. 8.
[7] MünchKomm-Reinhart, Art. 20 EuInsVO Rn. 2.
[8] BegrRegE, BT-Drs. 15/16, S. 21; HK-Stephan, § 342 Rn. 7. Zur Regelung der EuInsVO vgl. auch Breutigam/Blersch/Goetsch-Pannen, Art. 20 EuInsVO Rn. 4.
[9] BegrRegE, BT-Drs. 15/16, S. 21.

2.2 § 342 Abs. 1 Satz 2

 

Rn 13

Insbesondere zum Schutz der Gläubiger, die in Unkenntnis der Verfahrenseröffnung im Ausland eine (teilweise) Befriedigung erlangt haben, verweist § 342 Abs. 1 Satz 2 auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung.

3. § 342 Abs. 2

 

Rn 14

Hat der Gläubiger jedoch seine Forderung im ausländischen Verfahren angemeldet und dort eine Quote erhalten, so muss er gemäß § 342 Abs. 2 Satz 1 das Erlangte nicht an den Insolvenzverwalter herausgeben.[10] Um dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gerecht zu werden, hat er sich allerdings die anteilige Befriedigung in dem ausländischen Verfahren anrechnen zu lassen.[11]

 

Rn 15

Der Gläubiger wird bei der Verteilung gemäß § 342 Abs. 2 Satz 2 erst dann berücksichtigt, wenn die übrigen Gläubiger mit ihm gleichgestellt sind. Zu den vier Regeln der Berechnung von derartigen konsolidierten Quoten vgl. Breutigam/Blersch/Goetsch-Pannen, Art. 20 EuInsVO Rn. 7–10.[12]

 

Rn 16

Dabei kann es vorkommen (wenngleich es bei einfachen Insolvenzforderungen eher unwahrscheinlich ist), dass dieselbe in zwei unterschiedlichen Ins...

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