Rn 4
Der Drittschuldner muss zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an den Schuldner geleistet haben. Ob und in welchem Umfang eine Leistung zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erbracht wurde, bestimmt sich nach dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis.
Rn 5
Die Leistung des Drittschuldners muss im Inland getätigt worden sein. Maßgebend ist, dass der Leistungsort, also der Ort, an dem die Leistung erbracht werden muss (§ 269 BGB), im Inland liegt. Bei einer Warenlieferung oder einer Geldleistung ist ausreichend, dass die Absendung im Inland erfolgte.
Rn 6
§ 350 ist nicht einschlägig, wenn der Drittschuldner seine Leistung im Staat der Verfahrenseröffnung oder einem anderen Staat getätigt hat. Zu welcher Zeit und an welchem Ort der Schuldner seine Leistung erbringen muss, ergibt sich aus dem Vertragsstatut. Bei Leistungen im Eröffnungsstaat bestimmt sich nach der lex fori concursus, ob eine Befreiung von der Leistungspflicht auch dann eintritt, wenn der gutgläubige Drittschuldner nach der Eröffnung des ausländischen Verfahrens und in Unkenntnis der Verfahrenseröffnung noch an den Schuldner leistet.
Rn 7
In zeitlicher Hinsicht muss der Drittschuldner seine Leistung nach der Eröffnung eines ausländischen Verfahrens erbracht haben, das unter Berücksichtigung der Regelungen in § 343 Abs. 1 im Inland anerkannt wird. Dabei kann es sich nur um ein eröffnetes Hauptverfahren handeln. Allein einem Hauptverfahren kommt universelle Wirkung zu, so dass auch auf Forderungen zugegriffen werden kann, die in einem anderen Staat zu erfüllen sind. Für die Bestimmung des Zeitpunktes der Eröffnung des Verfahrens ist das Insolvenzstatut des Eröffnungsstaates ausschlaggebend.
Rn 8
Die Leistung hätte zudem an den ausländischen Verwalter erbracht werden müssen. Ob die Verbindlichkeit von dem Insolvenzbeschlag erfasst wird – so dass die Leistung in die ausländische Insolvenzmasse hätte erfolgen müssen – und ob der ausländische Verwalter die Empfangszuständigkeit für die Leistung inne hat, ergibt sich wiederum aus der Anwendung der lex fori concursus.
Rn 9
Schließlich ist Voraussetzung für den Eintritt der schuldbefreienden Wirkung, dass der Drittschuldner im Zeitpunkt der Leistung gutgläubig war. Die Bösgläubigkeit des Leistenden ist dann zu bejahen, wenn er positive Kenntnis von der Eröffnung des ausländischen Verfahrens hatte. Fahrlässige – auch grob fahrlässige – Unkenntnis schadet nicht.
Rn 10
Liegen die Voraussetzungen für eine befreiende Leistung vor, kann der ausländische Verwalter die Leistung nicht nochmals zur Insolvenzmasse fordern. Der Drittschuldner ist davor geschützt, dass er durch den ausländischen Verwalter noch einmal auf die Leistung in Anspruch genommen wird.
Rn 11
Einen weitergehenden Schutz gewährt § 350 nicht. Das wird dann deutlich, wenn zwischen den Parteien streitig ist, ob der Drittschuldner tatsächlich die vertraglich geschuldete Leistung erbracht hat. Die Frage, ob es sich überhaupt um eine schuldbefreiende Leistung handelte, ist unter Anwendung des heranzuziehenden Vertragsrechts zu lösen.