Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsnichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Klärungsbedürftigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Darlegung des Vorliegens grundsätzlicher Bedeutung als Revisionsgrund erfordert, dass der Beschwerdeführer zunächst die im Erfolgsfall vom Revisionsgericht zu entscheidende Rechtsfrage klar und unmissverständlich bezeichnet. Zudem muss u.a. dargetan werden, dass die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig ist. Dazu sind Ausführungen erforderlich, inwieweit die Beantwortung der Frage zweifelhaft ist und diese im angestrebten Revisionsverfahren vom BSG notwendig zu beantworten sein wird (st.Rspr.; vgl. BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17, § 160a Nrn. 7, 11, 13, 31, 59, 65).
2. Maßgeblich ist im Rahmen der Klärungsbedürftigkeit allein, ob die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien und Grundsätze zur Auslegung einer Norm ausreichend sind, um einen konkreten Einzelfall zu entscheiden.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Urteil vom 13.03.2002) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. März 2002 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger begehrt im Hauptverfahren von der Beklagten die Feststellung, dass seine vom 1. Mai 1978 bis 30. Juni 1990 in der DDR zurückgelegten Beschäftigungszeiten als Zugehörigkeitszeiten zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG) festzustellen seien. Mit diesem Begehren hatte der Kläger vor dem SG Erfolg. Das LSG hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil vom 13. März 2002.
Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), nicht in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Der Kläger macht vorrangig eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Sein Vorbringen genügt insoweit nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Die Darlegung einer solchen grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Beschwerdeführer zunächst die im Erfolgsfall vom Revisionsgericht zu entscheidende Rechtsfrage klar und unmissverständlich bezeichnet. Zudem muss ua dargetan werden, dass die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig ist. Dazu sind Ausführungen erforderlich, inwieweit die Beantwortung der Frage zweifelhaft ist und diese im angestrebten Revisionsverfahren vom BSG notwendig zu beantworten sein wird (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59 und 65).
Den Ausführungen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, welche klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage vom Revisionsgericht im Falle der zugelassenen Revision zu beantworten wäre. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang nicht einmal im Ansatz eine Frage geschweige denn eine „Rechts-”Frage aufgeworfen. Diese ist unter Zugrundelegung der einschlägigen bundesrechtlichen Normen zu formulieren, die allein Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung sein könne (§ 162 SGG). Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, das Vorbringen eines Beschwerdeführers darauf zu untersuchen, ob sich aus ihm evtl eine Rechtsfrage herausfiltern ließe. Hierfür trägt allein der Kläger die Darlegungslast, der er in seiner Beschwerdebegründung nicht genügt hat.
Darüber hinaus genügt sein Vorbringen auch nicht den Anforderungen, die an die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage zu stellen sind. Insoweit bezieht er sich auf die „Leitentscheidung” des erkennenden Senats vom 12. Juni 2001 (B 4 RA 107/00 R) und trägt vor, dass das LSG die Vorgaben des BSG in dieser Entscheidung auf seinen konkreten Fall nicht zutreffend angewandt habe; dagegen habe das SG diese Entscheidung zutreffend umgesetzt; eine „Interpretation der Leitentscheidung” lasse ohne weiteres die Feststellung der Zugehörigkeitszeiten zu.
Damit gibt der Kläger zu erkennen, dass bereits auf Grund der von ihm selbst benannten höchstrichterlichen Rechtsprechung mögliche Rechtsfragen hinreichend geklärt sind und sich anhand der höchstrichterlichen Kriterien auch der vorliegende Einzelfall entscheiden lässt. Sein Hinweis, das BSG habe bislang nicht einen vergleichbaren Fall wie den seinen entschieden, begründet keinen weiteren Klärungsbedarf. Denn maßgeblich ist im Rahmen der Klärungsbedürftigkeit allein, ob die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien und Grundsätze zur Auslegung einer Norm ausreichend sind, um einen konkreten Einzelfall zu entscheiden. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass der Kläger sich auch mit der weiteren Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Anwendungsbereich des AAÜG (§ 1 AAÜG) hätte auseinander setzen müssen.
2. Den Zulassungsgrund der Divergenz hat der Kläger gleichfalls nicht in der gebotenen Weise bezeichnet.
Von einer Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG kann nur bei einem Widerspruch im Rechtssatz gesprochen werden. Ein solcher Widerspruch liegt vor, wenn tragende Rechtsgrundsätze, die zwei Urteilen zugrundegelegt worden sind, nicht übereinstimmen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 65).
Der Kläger hat lediglich vorgetragen, die Entscheidung des Berufungsgerichts weiche von der „Leitentscheidung” des BSG vom 12. Juni 2001 ab. Er hat nicht dargelegt, welche abstrakten Rechtssätze jeweils das LSG und BSG aufgestellt und ihrer Entscheidung zugrundegelegt haben, worin sich diese Rechtssätze (abstrakt) widersprechen und dass das Urteil des LSG auf diesem Widerspruch beruht.
3. Auch der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmangel führt nicht zur Zulassung der Revision.
Der Kläger macht geltend, das Berufungsgericht habe es auf Grund einer „fehlerhaften” Interpretation der Entscheidung des BSG vom 12. Juni 2001 unterlassen, seinem Beweisangebot zur Vernehmung des ehemaligen Betriebsleiters K. … O. … nachzukommen. Er rügt damit eine unzureichende Sachaufklärung durch das LSG und damit eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Einen solchen Verfahrensmangel kann er nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn er sich ua auf einem im Berufungsverfahren gestellten und den Anforderungen der Zivilprozessordnung genügenden Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Insoweit muss er sich zunächst auf einen für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren Beweisantrag beziehen.
Der Kläger hat nicht vorgetragen, wann und wo er den behaupteten Beweisantrag im Berufungsverfahren gestellt hat. Bereits insoweit ist er nicht seiner Darlegungspflicht nachgekommen. Im Übrigen ist aus seinem Vorbringen nicht ersichtlich, warum sich das LSG zu einer weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen. Wie er selbst vorträgt, hat das LSG es auf Grund seiner fehlerhaften Interpretation der Entscheidung des BSG vom 12. Juni 2001 unterlassen, die „beantragte” Sachaufklärung durchzuführen. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einer „fehlerhaften” Interpretation der höchstrichterlichen Rechtsprechung beruht, begründet jedoch keinen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Verfahrensmangel. Maßgebend ist allein, ob sich das Berufungsgericht unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung – gleichgültig, ob sie zutreffend ist oder nicht – zu einer weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen. Hierzu lassen sich dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte entnehmen.
4. Die Beschwerdebegründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen