Verfahrensgang
Thüringer LSG (Urteil vom 23.02.2017; Aktenzeichen L 2 R 1956/11) |
SG Gotha (Entscheidung vom 07.11.2011; Aktenzeichen S 19 R 5441/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 23. Februar 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Das Thüringer LSG hat im Urteil vom 23.2.2017 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.
Die Klägerin macht mit ihrer beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil Verfahrensmängel geltend.
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom 25.6.2017 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn sie hat einen Verfahrensmangel (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht.
Diese rügt zunächst, das LSG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) verletzt, weil es trotz Zahlung des angeforderten Kostenvorschusses ohne weitere Begründung von der Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG abgesehen habe. Damit habe es eine Überraschungsentscheidung getroffen.
Mit diesem Vorbringen kann eine Gehörsrüge schon deshalb nicht in zulässiger Weise begründet werden, weil § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG die Berufung auf eine Verletzung des § 109 SGG im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ausschließt. Der Ausschluss einer Rüge der fehlerhaften Anwendung des § 109 SGG gilt umfassend und unabhängig davon, worauf der geltend gemachte Verfahrensmangel im Einzelnen beruht (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 3.12.2013 - B 13 R 447/12 B - Juris RdNr 19 mwN). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang eine Überraschungsentscheidung rügt, weil das LSG kein Sachverständigengutachten nach § 109 SGG eingeholt habe, obwohl es dies "zuvor selbst für geboten" erachtet haben solle, mangelt es an Darlegungen dazu, dass sie alles Erforderliche unternommen habe, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Zudem zeigt die Klägerin nicht auf, dass sie unter keinen Umständen mit der Entscheidung des Berufungsgerichts habe rechnen können (vgl stRspr, zB BSG Beschluss vom 9.1.2017 - B 9 SB 75/16 B - Juris RdNr 6).
Des Weiteren sieht die Klägerin einen Verfahrensmangel darin, dass das LSG die von ihr zu den Gerichtsakten gereichten medizinischen Unterlagen des DM Schneider nicht berücksichtigt habe bzw nicht gutachterlich habe auswerten lassen. Sie versäumt es jedoch vorzutragen, weshalb sich das LSG ausgehend von den von ihm (zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt) festgestellten Gesundheitsstörungen und dem daraus abgeleiteten quantitativen und qualitativen Leistungsvermögen der Klägerin aufgrund der eingereichten, in der Beschwerdebegründung aber nicht näher bezeichneten medizinischen Unterlagen des DM Schneider zu einer weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen. Zudem hat sie - anders als notwendig - nicht dargetan, dass sie einen entsprechenden (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag auf Einholung eines orthopädischen und internistischen Gutachtens zwecks Auswertung der beigebrachten Behandlungsunterlagen des DM Schneider zumindest sinngemäß gestellt und vor dem LSG bis zuletzt aufrechterhalten habe (zu den Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge s zB Senatsbeschluss vom 3.12.2013 - B 13 R 447/12 B - Juris RdNr 11, 13 mwN). Zudem sei darauf hingewiesen, dass die besonderen Anforderungen an die Sachaufklärungsrüge durch ein Ausweichen auf eine Gehörsrüge nicht umgangen werden dürfen, weil andernfalls die Beschränkungen des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG im Ergebnis leerliefen (vgl BSG Beschluss vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - Juris RdNr 8 mwN). Entsprechendes gilt im Übrigen für den pauschalen Vorhalt der Klägerin, dass sich "aus dem Grundsatz eines fairen Verfahrens die Notwendigkeit" ergebe, "die (orthopädischen und internistischen) Gutachter aus dem Verfahren ergänzend persönlich zu hören" (zu den hier schon im Ansatz bereits nicht erfüllten Darlegungsanforderungen an die Gehörsrüge der Verletzung des Fragerechts an Sachverständige s zB Senatsbeschluss vom 26.5.2015 - B 13 R 13/15 B - Juris RdNr 9 f mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen einer Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11022611 |