Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 27. April 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Mit Beschluss vom 27.4.2020 hat das Sächsische LSG einen im Überprüfungsverfahren geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie der erzielten Arbeitsentgelte wegen fehlender betrieblicher Voraussetzungen verneint und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Leipzig vom 7.8.2019 zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie eine Divergenz geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Keiner der in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe wird in der Beschwerdebegründung nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 32 ff).
Der Kläger benennt als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung:
"Wenn nach den Angaben des ehemaligen Betriebsdirektors des VEB Geräte- und Reglerwerks Leipzig der Betrieb zu etwa 60 % produziert hat, reicht diese prozentual überwiegende Produktion aus, um den Betrieb insgesamt als Massenproduktionsbetrieb anzuerkennen?
Reicht es aus, einen Betrieb als Massenproduktionsbetrieb anerkennen zu können, wenn der Betrieb ausschließlich die Steuereinheit produziert hat, die dann weiter geliefert wurde um die restliche bzw. vollständige Lichtsignalanlage fertig stellen zu können?
Ist das Produzieren einer Steuereinheit, die kein anderer Betrieb auf dem DDR-Gebiet hergestellt hat ausreichend dafür, dies als Massenproduktion anzuerkennen?
Muss zwingend eine Lichtsignalanlage im Ganzen als Produkt in einem Betrieb hergestellt werden, um als Massenproduktionsbetrieb klassifiziert werden zu können?"
Der Kläger formuliert damit schon keine aus sich heraus verständlichen abstrakten Rechtsfragen zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen, an der das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl dazu BSG Beschlüsse vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - juris RdNr 15 und vom 4.4.2016 - B 13 R 43/16 B - BeckRS 2016, 68283 RdNr 6; Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 181). Seine Fragen zielen vielmehr auf die Besonderheiten des Einzelfalles.
Zu den betrieblichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech existiert bereits eine umfangreiche Rechtsprechung. Danach ist erforderlich die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens, dh einem VEB, dem die industrielle Fertigung das Gepräge gegeben hat (stRspr; zB zur Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche "Produktion" und "Elektroinstallation" vgl BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 5 RS 3/12 R - juris RdNr 25). Einen erneuten Klärungsbedarf macht der Kläger nur im Hinblick auf einen bestimmten Betrieb geltend. Damit rügt der Kläger in der Sache eine fehlerhafte Rechtsanwendung des LSG, das irrtümlich diese betrieblichen Voraussetzungen einer Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz im Sinne einer fingierten Versorgungsanwartschaft (vgl dazu ua auch BSG Urteil vom 9.4.2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 40 f; BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 29/05 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 9 RdNr 23) für den begehrten Zeitraum verneint habe. Dies folgt auch aus seiner weiteren Begründung, wonach eine Ampelanlage ein Massenprodukt sei, das nicht nach Kundenwünschen angepasst, sondern lediglich verkehrs- bzw ortsbedingt installiert werden müsse. Eine fehlerhafte Subsumtion des LSG rügt der Kläger schließlich auch unter Hinweis auf seine frühere Argumentation in der Berufungsbegründung, wonach das Sächsische LSG bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 fälschlich einen Massenproduktionsbetrieb verneint habe. Die vermeintliche Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall vermag eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache indes nicht zu begründen.
Soweit der Kläger einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG geltend macht, hätte er sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken dürfen, sondern unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den (konkret) gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substanzieller Argumentation darlegen müssen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (stRspr, zB bereits BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 13 f; aus jüngster Zeit BSG Beschluss vom 11.2.2020 - B 10 EG 14/19 B - juris RdNr 11 mwN).
2. Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn der angefochtenen Entscheidung ein abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem zu derselben Rechtsfrage entwickelten abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Darüber hinaus erfordert der Zulassungsgrund der Divergenz, dass die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darzulegen (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Hierzu sind die betreffenden Rechtssätze einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21).
Auch diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Beschwerdebegründung lässt sich schon nicht entnehmen, dass das LSG einen eigenen abstrakten Rechtssatz aufgestellt und selbst rechtliche Maßstäbe entwickelt hat, die von den aus dem Urteil des BSG vom 19.7.2011 (B 5 RS 7/10 R - BSGE 108, 300 = SozR 4-8570 § 1 Nr 18) entnommenen Rechtssätzen abweicht. Das LSG hat auch diese Entscheidung ausdrücklich zitiert und danach geprüft, ob die industrielle Produktion dem Betrieb das Gepräge verliehen hat. Zur Begründung einer Divergenz ist es jedoch nicht ausreichend, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge). Nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (stRspr, zB BSG Beschluss vom 7.5.2020 - B 5 R 46/20 B - juris RdNr 4 mwN).
3. Sollte der Kläger mit seinem Vorbringen, das LSG habe die Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 übernommen, "ohne sich konkret mit den dagegen gestellten Einwendungen auseinanderzusetzen", eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) geltend machen wollen, hat er einen solchen Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Er hat nichts dazu ausgeführt, welchen erheblichen Vortrag das Gericht bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen des Rechtsuchenden dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil auf diesem Sachverhalt beruhen kann (vgl zB BSG Beschluss vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36; aus jüngster Zeit BSG Beschluss vom 27.1.2020 - B 5 RE 3/19 B - juris RdNr 14). Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nicht, dass der Rechtsansicht eines Beteiligten gefolgt wird (vgl BSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 16).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14113906 |