Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 10.05.2017; Aktenzeichen L 19 R 893/12) |
SG Bayreuth (Entscheidung vom 02.10.2012; Aktenzeichen S 16 R 214/12) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Mai 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Prof. Dr. Florian Heinze beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Mit Urteil vom 10.5.2017 hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X abgelehnt und die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth zurückgewiesen.
Für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Abs 1 S 1 Zivilprozessordnung kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein nach § 73 Abs 4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Solche Zulassungsgründe sind nach Prüfung des Streitstoffs nicht ersichtlich.
Es ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das angegriffene Urteil auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache ua nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig und klärungsfähig, dh entscheidungserheblich sein (vgl zum Ganzen BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Zu den Leistungsvoraussetzungen der hier streitigen Renten wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI, insbesondere zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, besteht bereits eine umfangreiche Rechtsprechung des BSG (vgl dazu nur Gürtner in Kasseler Komm, Stand: September 2016, § 43 SGB VI RdNr 10 ff). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind im Verfahren des Klägers nicht ersichtlich.
Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder - anders ausgedrückt - das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.
Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Nach Halbs 2 dieser Bestimmung kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Auch wenn ein Beteiligter - wie hier der Kläger - im Berufungsverfahren nicht rechtskundig vertreten war, muss er darlegen können, einen konkreten Beweisantrag zumindest sinngemäß gestellt zu haben, und deshalb angeben können, welche konkreten Punkte er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten hat und auf welche Beweismittel das Gericht hätte zurückgreifen sollen, um den Fall weiter aufzuklären. Auch unvertretene Kläger müssen dem Berufungsgericht verdeutlichen, dass und ggf aus welchem Grund sie die Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansehen und deshalb im Berufungsverfahren auf die weitere Sachverhaltsaufklärung hinwirken (vgl BSG Beschluss vom 28.5.2013 - B 5 R 38/13 B - BeckRS 2013, 69985 RdNr 8 mwN). Aus den dem Senat vorliegenden Verfahrensakten des LSG lässt sich dies nicht entnehmen. Der Kläger hat im Verfahren vor dem LSG zuletzt schriftlich vorgetragen, der von der Beklagten angenommene Leistungsfall am 16.4.2008 beruhe auf einem fehlerhaften Gutachten des Bezirkskrankenhauses vom 10.6.2008. Ein Begehren dahin gehend, dass das LSG weitere Ermittlungen zur Aufklärung eines möglichen früheren Leistungsfalls durchführen solle, lässt sich den Schreiben des Klägers vom 2.5.2017 und vom 9.5.2017 nicht entnehmen. Auch im Übrigen sind keine Verfahrensmängel zu erkennen. Insbesondere hat sich die Beklagte mit ihrem Antrag, die Klage auf Aufhebung des Gutachtens vom 10.6.2008 als unzulässig zu verwerfen, auf die insoweit geänderte Klage eingelassen (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 99 RdNr 9).
Soweit der Kläger die inhaltliche Richtigkeit des Berufungsurteils angreifen möchte, lässt sich hierauf nach dem eindeutigen Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht stützen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Da dem Kläger PKH nicht zu bewilligen ist, hat er nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO auch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Fundstellen
Dokument-Index HI11205351 |