Verfahrensgang
SG Karlsruhe (Entscheidung vom 11.01.2019; Aktenzeichen S 10 SB 2747/17) |
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 21.04.2020; Aktenzeichen L 3 SB 568/19) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. April 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 30. Den von ihm geltend gemachten Anspruch hat das LSG nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 21.4.2020 verneint. Nach Auswertung der aktenkundigen Befunde und der sachverständigen Zeugenauskunft des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. seien die Behinderungen des Klägers im Funktionssystem "Beine" mit einem Einzel-GdB von 20 und im Funktionssystem "Rumpf" mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Aus diesen Einzel-GdB von 20 und 10 sei nach der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" der Versorgungsmedizin-Verordnung ein Gesamt-GdB von 20 zu bilden. Von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen führten leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingten, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestünden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde am 2.5.2020 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 2.6.2020 beim BSG eingegangenem Schreiben vom 1.6.2020 Beschwerde eingelegt und zugleich Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Klägers wird auf den Inhalt dieses Schreibens Bezug genommen.
II
1. Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH erfüllt. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung allein in Betracht kommende zulässige Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG). Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Das ist hier unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers insbesondere auch in seinem Schreiben vom 1.6.2020 und des weiteren Akteninhalts nicht erkennbar.
Es ist nicht ersichtlich, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 2 und 4 SGG) geltend machen könnte, dass der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zukommt. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der vorgenannten Bestimmung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Solche Rechtsfragen stellen sich im Fall des Klägers aber nicht. Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.
Nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG, außer in den Fällen des § 105 Abs 2 Satz 1 SGG, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören (§ 153 Abs 4 Satz 2 SGG). Dies ist vorliegend geschehen. Ein Einverständnis des Klägers mit einer Entscheidung des LSG im Beschlussverfahren ist nicht erforderlich. Die im pflichtgemäßen Ermessen des LSG stehende Entscheidung, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, kann das BSG als Revisionsgericht nur auf fehlerhaften Gebrauch - dh sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen des LSG - überprüfen (stRspr; vgl zB Senatsbeschluss vom 7.3.2019 - B 9 V 40/18 B - juris RdNr 14; Senatsbeschluss vom 24.5.2018 - B 9 V 52/17 B - juris RdNr 5). Anhaltspunkte dafür sind hier aber nicht ersichtlich.
Der Kläger rügt sinngemäß, das LSG habe zu Unrecht die medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung des begehrten höheren GdB verneint. Mit seinem diesbezüglichen Vorbringen hat er jedoch keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG bezeichnet. Denn die Bemessung des GdB ist eine tatrichterliche Aufgabe (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 3.7.2019 - B 9 SB 37/19 B - juris RdNr 5). Zu deren Erfüllung haben die Gerichte in der Regel ärztliches Fachwissen heranzuziehen, um die zugrunde liegenden Gesundheitsstörungen festzustellen. Dies hat das LSG getan. Dass der Kläger mit der Auswertung und Würdigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen durch das LSG nicht einverstanden und in diesem Zusammenhang insbesondere der Meinung ist, das Berufungsgericht habe in seinem Fall die Einzel-GdB für die Funktionsbereiche "Beine" und "Rücken" und in der Folge auch den Gesamt-GdB zu niedrig bemessen, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich. Denn mit diesem Vortrag wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des LSG (vgl Senatsbeschluss vom 1.6.2017 - B 9 SB 19/17 B - juris RdNr 6). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel aber nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) gestützt werden. Soweit der Kläger eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG in seinem Einzelfall rügen wollte, kann er auch insoweit keine Revisionszulassung erreichen (vgl stRspr; zB Senatsbeschluss vom 27.12.2018 - B 9 SB 3/18 BH - juris RdNr 18).
Aufgrund der Ablehnung des PKH-Antrags entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
2. Da der Kläger, worauf er in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen LSG-Beschlusses hingewiesen worden ist, die Beschwerde wirksam nur durch beim BSG zugelassene Prozessbevollmächtigte einlegen kann (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG), entspricht das vom Kläger persönlich eingelegte Rechtsmittel nicht der gesetzlichen Form.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist daher durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14069855 |