Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Oktober 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens darüber, ob die Beigeladene in ihrer Tätigkeit im Empfangsbereich der Klägerin aufgrund Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Die Beigeladene war für die Klägerin von Februar 2006 bis September 2014 im Empfangsbereich eines Bürogebäudes tätig. Im September 2014 kam es nach Betrugsvorwürfen zu einem Zerwürfnis. Am 17.11.2016 beantragte die Beigeladene bei der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund die Feststellung ihres Versicherungsstatus hinsichtlich ihrer beendeten Tätigkeit für die Klägerin. Die Beklagte stellte fest, dass die Beigeladene in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als Rezeptionistin in der Zeit vom 1.2.2006 bis zum 30.9.2014 abhängig beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen habe (Bescheide vom 31.3.2017; Widerspruchsbescheid vom 22.8.2017). Das SG München hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.9.2018). Das Bayerische LSG hat die Berufung der Klägerin unter Abänderung des SG-Urteils überwiegend zurückgewiesen. Die Beigeladene sei abhängig beschäftigt gewesen, habe aber in den Jahren 2009 und 2010 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unterlegen (Urteil vom 14.10.2021). Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Die Klägerin legt den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar. Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN).
Die Klägerin formuliert auf Seite 2 der Beschwerdebegründung vom 24.2.2022 folgende Fragen:
"a) Ist die Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status im Rahmen eines optionalen Statusfeststellungsverfahrens gem. § 7a SGB IV nach Ablauf von mindestens 10 Jahren seit Beginn des zu beurteilenden Vertragsverhältnisses und/oder nach Ablauf von mindestens zwei Jahren nach Beendigung des zu beurteilenden Vertragsverhältnisses noch zulässig bzw. möglich.
b) Ist die Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status im Rahmen eines optionalen Statusfeststellungsverfahrens gem. § 7a SGB IV zeitlich schrankenlos im Hinblick auf den Beginn und/oder die Beendigung des zu beurteilenden Vertragsverhältnisses zulässig bzw. möglich. Wenn nein: Nach welchem Zeitablauf ist im Hinblick auf den Beginn und/oder die Beendigung des zu beurteilenden Vertragsverhältnisses die Durchführung eines optionalen Statusverfahrens gem. § 7a SGB IV nicht mehr zulässig bzw. möglich."
Die Erwägungen des LSG zur Zulässigkeit der Durchführung des optionalen Statusfeststellungsverfahrens entsprächen nicht der gesetzlichen Lage. Seine pauschale Aussage, wonach allgemein anerkannt sein soll, dass ein optionales Statusverfahren auch bei bereits beendeten Auftragsverhältnisses zulässig durchgeführt werden könne, intendiere die schrankenlose Zulässigkeit in zeitlicher Hinsicht. Die gesetzgeberische Wertung hierzu sei eindeutig eine andere. Hiernach solle das optionale Anfrageverfahren eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage eröffnen und divergierende Entscheidungen verhindern. Ebenso sei die Überlegung des LSG, wonach die Einbeziehung beendeter Auftragsverhältnisse bei optionalen Statusanfragen auch im Hinblick auf den Gesetzeszweck vertretbar erscheine, da Rechtssicherheit im Interesse der Auftragsbeteiligten erzielt werden solle, in ihrer "Schrankenlosigkeit" falsch. In der vorliegenden Konstellation werde die Rechtssicherheit jedoch nicht erreicht. Denn ob die Klägerin als Arbeitgeberin Beiträge (nach)zuzahlen habe, hänge ganz maßgeblich von der Frage der Verjährung und der möglichen Hemmung dieser durch die Einleitung des Statusfeststellungsverfahrens ab.
Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) schon deshalb nicht erfüllt, weil darin keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert wird. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
Die Klägerin legt jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen nicht hinreichend dar. Sie befasst sich bereits nicht ausreichend mit der die Feststellung von Versicherungspflicht im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a SGB IV) einerseits und eines Betriebsprüfungs- (§ 28p SGB IV) oder Einzugsstellenverfahrens (§ 28h SGB IV) andererseits betreffenden Vorschriften und der insoweit bestehenden Regelungssystematik. Mit Blick auf den konkreten Sachverhalt unterlässt die Klägerin insbesondere eine nachvollziehbare Herleitung ihrer Annahme, eine Statusfeststellung komme nur zeitlich begrenzt in Betracht. Die naheliegende Frage, ob und ggf wie eine solche Begrenzung auch im Rahmen einer Betriebsprüfung und/oder in einem Verfahren der Einzugsstellen gelten soll, erläutert sie nicht. Auch benennt sie keine gesetzlichen Regelungen, die die von ihr präferierte Begrenzung im Umfang von zehn bzw zwei Jahren stützen könnten. Hierzu hätte aber Anlass bestanden, weil das SGB IV für die Verjährung von Beitragsansprüchen eine regelmäßige Verjährungsfrist von vier Jahren vorsieht (vgl § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV). In diesem Zusammenhang würdigt die Klägerin auch nicht ausreichend, dass sich Fragen der Verjährung und unter Umständen einer Verwirkung regelmäßig in dem zum Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nachgelagerten Beitragsfestsetzungsverfahren stellen. Warum diese Fragen auf die Statusfeststellung nach § 7a SGB IV übertragen werden müssten, erschließt sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Schließlich befasst sich die Klägerin trotz der ausführlichen Hinweise des LSG auf Seite 12 des angefochtenen Urteils nicht hinreichend mit der bereits ergangenen Rechtsprechung des BSG und der sozialrechtlichen Literatur zum Statusfeststellungsverfahren. Dabei unterlässt sie insbesondere die gebotene Auseinandersetzung mit dem vom LSG ausdrücklich benannten Urteil des Senats vom 4.6.2009 (B 12 KR 31/07 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 3). Darin hat der Senat ausführlich zur Frage einer zeitlichen Begrenzung eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV Stellung genommen und sie verneint (BSG aaO RdNr 28 ff). Die Klägerin legt nicht dar, inwieweit durch die Gründe des von ihr angeführten Beschlusses vom 4.4.2018 (B 12 KR 97/17 B - juris), durch den der Senat eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat, eine erneute Klärungsbedürftigkeit entstanden sein könnte. So führt der Senat in dem genannten Beschluss ausdrücklich aus, dass der Zeitraum von über einem Jahr nach Beendigung der Tätigkeit der Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens nicht entgegen stand (BSG aaO RdNr 17).
Schließlich legt die Klägerin auch die Breitenwirkung der von ihr aufgeworfenen Fragen nicht hinreichend dar. Sie verweist pauschal auf eine große Zahl von Statusfeststellungsverfahren, zeigt aber nicht auf, inwieweit es sich dabei um Sachverhalte handelt, in denen es um die Statusfeststellung bereits beendeter Tätigkeiten geht.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.
Heinz U. Waßer Beck
Fundstellen
Haufe-Index 15225296 |
DStR 2022, 11 |