Beteiligte
Tiefbau-Berufsgenossenschaft |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. März 2000 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klägerin ist Witwe des im Jahre 1954 geborenen und am 1. September 1992 verstorbenen Bohrmeisters G. L. (Versicherter). Am 31. August 1992 führte dieser zusammen mit einem Arbeitskollegen Bohrarbeiten zur Gewinnung von Bodenproben aus. Dabei wird eine Sonde ohne Drehbewegung in den Boden eingebracht. Zum Einschlagen wird das Gesteinsbohrgerät auf die Sonde aufgesetzt. Durch schlagende Bewegung dringt die Sonde in das Erdreich ein. Der sich anschließende Ziehvorgang, der mittels eines mit zwei Hebelstangen ausgestatteten Ziehgeräts ausgeführt wird, ist – ebenso wie das Aufsetzen des 24 kg schweren Gesteinsbohrgerätes auf die Sonde – je nach Tiefe der Bohrung körperlich anstrengend. Als gegen 9.30 Uhr oder 10.00 Uhr die erste Bodenprobe gezogen werden sollte, klagte der Versicherte während des mit dem Arbeitskollegen gemeinsam ausgeübten Hochhebelns der Sonde plötzlich über Schmerzen im Halsbereich. Kurz darauf äußerte er, ihm werde schlecht, klagte über Schwäche, Schwindelgefühl und Kopfschmerzen und wurde sehr bleich. Nachdem nach etwa 10 Minuten keine Besserung eintrat, brachte der Kollege ihn zu einem praktischen Arzt, der die sofortige Verlegung auf die Intensivstation des Kreiskrankenhauses S. veranlaßte.
Dort wurden bei der Aufnahme beschleunigtes Atmen, eine Bewußtseinstrübung und eine starke Verlangsamung beobachtet. Es kam zu mehrmaligem Erbrechen; äußere Verletzungen fanden sich nicht. Nachdem es um 13.45 Uhr zu einem Krampfanfall gekommen war, wurde der Versicherte mit dem Rettungshubschrauber in die Intensivstation I des Bezirkskrankenhauses C. zum Zwecke der Erstellung eines Computertomogramms (CT) wegen des Verdachts auf eine Subarachnoidalblutung (SAB) verlegt. Aufgrund des Schädel-CT wurde vom Facharzt für Radiologie Dr. K. folgende Diagnose gestellt: „Der Befund spricht neben einem schmalen subduralen Hämatom linksseitig für eine SAB-Blutung, besonders basal. Sonst Zeichen der Raumforderung linksseitig sowie Nachweis eines Ödems.” Gegenüber dem Kreiskrankenhaus S. gab die Klägerin noch am Abend des 31. August 1992 an, ihr Mann habe bereits am Vortag während eines Spazierganges über Unwohlsein und starke Kopfschmerzen geklagt. Er habe sich vor etwa drei bis vier Wochen während der Arbeit am Kopf gestoßen. Am 1. September 1992 verstarb der Versicherte im Anschluß an eine Notoperation (Bohrlochtrepanation, Hämatomentleerung), bei der eine ausgedehnte SAB festgestellt wurde.
Mit Schreiben vom 4. September 1992 teilten der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie der Städtischen Kliniken C. Dr. K. und dessen Oberärztin Dr. H. der Beklagten auf Anfrage mit, ein Zusammenhang zwischen einem Trauma und dem zum Tode des Versicherten führenden Leiden sei nicht wahrscheinlich. Dieser sei an einer SAB infolge einer spontanen Ruptur einer Hirnbasisarterie verstorben. Im Autopsiebericht wurde als Todesursache zunächst „Schwere Hirnverletzungen nach Kopfprellung” angegeben. Diese Verletzungen seien frisch entstanden und keinesfalls mit dem von der Klägerin mitgeteilten Ereignis in der letzten Juli-Woche (Stoßen an einem Gegenstand über dem Auge) in Einklang zu bringen. In einer ergänzenden Stellungnahme wurde dann aber von dem Rechtsmediziner, der den Autopsiebericht mitverfaßt hatte, die dort genannte Kopfschwartenblutung der linken Schläfen-Scheitel-Region als Todesursache ausgeschlossen, da sie im Operationsgebiet liege und – abgesehen von der Operation – eine Gewaltanwendung als Ursache nicht in Betracht komme. Todesursächlich sei vielmehr eine Blutung im Bereich der weichen Hirnhäute (SAB) gewesen. Zwar hätten die histologischen Untersuchungen zahlreicher Hirnschnitte kein Aneurysma und auch keine Blutgefäßruptur erkennen lassen, die Befunde hätten jedoch an einigen Stellen auf ein Hämangiom hingedeutet. Durch diese Veränderungen seien wohl die Blutgefäße weniger widerstandsfähig gegenüber plötzlichen Drucksteigerungen im Gefäßsystem gewesen, so daß aufgrund der erheblichen körperlichen Anstrengung beim Hochziehen der Bohrsonde eine Arterie geborsten sei.
Nach weiteren Ermittlungen lehnte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit Bescheid vom 6. April 1993 und Widerspruchsbescheid vom 8. September 1994 ab, weil der Tod des Versicherten nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit gestanden habe. Nach den gesamten Umständen sei es wahrscheinlich, daß die plötzliche und durch vorbestehende Blutgefäßwandschäden hervorgerufene Massenblutung schicksalhafter Natur gewesen sei.
Das Sozialgericht Chemnitz hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Oktober 1996). Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 30. März 2000). Der Versicherte sei nicht durch einen Arbeitsunfall zu Tode gekommen. Zwar bestehe im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinne eine Kausalbeziehung zwischen der vom Versicherten am 31. August 1992 verrichteten Tätigkeit, dem gemeinschaftlichen Hochziehen der Bohrsonde, und den daraufhin aufgetretenen Krankheitserscheinungen, die durch einen Blutdruckanstieg infolge körperlicher Anstrengung bei der Arbeit mit Wahrscheinlichkeit „ausgelöst” worden seien. Diese Verrichtungen seien jedoch für den Eintritt des Körperschadens rechtlich nicht wesentlich gewesen. Denn es stehe aufgrund der Würdigung sämtlicher vorliegender ärztlicher Feststellungen und Einschätzungen fest, daß beim Versicherten eine sogenannte innere (körpereigene) Ursache vorgelegen habe.
Ursache einer SAB, dh einer Blutansammlung im Spalt zwischen den Hirnhäuten, sei überwiegend eine angeborene zerebrale Gefäßmißbildung. Daneben gebe es noch eine Reihe anderer möglicher Ursachen, z.B. die spontane Arterienruptur. Im vorliegenden Fall bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß die SAB durch ein Trauma im Sinne einer Gewalteinwirkung von außen verursacht worden sei. Insbesondere habe die vom Versicherten Ende Juli 1992 erlittene Bagatellverletzung nichts mit einem solchen Geschehen zu tun, da namentlich nach dem Aufnahmebefund des Krankenhauses S. beim Versicherten keine äußeren Verletzungen bestanden hätten. Somit sei von einer operationsbedingten Entstehung der im Sektionsprotokoll genannten Kopfschwartenblutung auszugehen. Dazu passe auch, daß die Angaben der Klägerin, wonach ihr Ehemann bereits am 30. August 1992 während eines Spazierganges über Unwohlsein und Kopfschmerzen geklagt hatte, mit großer Sicherheit dahingehend zu deuten seien, daß es bereits an diesem Tag zu einer spontanen „Warnblutung” gekommen sei. Schließlich seien bei der Obduktion auch Hinweise auf eine Gefäßmißbildung vorgefunden worden.
Der Umstand, daß im vorliegenden Fall das auslösende Ereignis für die SAB und somit eine Ursache iS einer „conditio sine qua non” in der konkreten Situation beim Versicherten mit hoher Wahrscheinlichkeit in der durch die berufliche Anstrengung bedingten vorübergehenden Erhöhung seines Blutdrucks gelegen habe, mache die aus der betrieblichen Sphäre stammenden Umstände noch nicht zu einer rechtlich wesentlichen Bedingung für den Eintritt seines Todes. Vielmehr müsse die beim Versicherten vorhandene Schadensanlage als allein wesentliche Ursache gewertet werden, weil sie so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar gewesen sei, daß es zur Auslösung der SAB keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung aus der versicherten Tätigkeit bedurft hätte, sondern diese Blutung wahrscheinlich auch ohne die beruflichen Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd gleicher Schwere entstanden wäre. So sei der Sachverständige Dr. S. –, ein Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin, zu dem Ergebnis gekommen, daß die im Zeitpunkt des Ereignisses bei den Bohrarbeiten am 31. August 1992 bestehende berufliche Belastung des Versicherten das Risiko einer SAB gegenüber dem während normaler Alltagsbelastung bestehenden nicht wesentlich erhöht habe. Insoweit bestehe auch Übereinstimmung mit den in der Fachliteratur wiedergegebenen Erkenntnissen. Hinzu komme, daß sich am Tag zuvor bereits eine spontane „Warnblutung” ereignet habe und zwar bei einem Spaziergang und somit einer Gelegenheit, bei welcher der Versicherte – soweit ersichtlich – keiner irgendwie gearteten Belastung ausgesetzt gewesen sei. Somit habe es sich bei dem Ziehen der Bohrsonde nur um ein austauschbares Geschehen gehandelt, das die SAB mit Wahrscheinlichkeit lediglich um eine kurze Zeit vorverlegt habe. Dafür spreche auch, daß die Tätigkeit des Versicherten am 31. August 1992 mit einer körperlichen Anstrengung verbunden gewesen sei, die den üblichen Rahmen des beruflichen Einsatzes des Versicherten, eines großen, athletisch gebauten, an körperliche Arbeit gewöhnten Mannes, nicht überschritten habe, zumal nach den Angaben seines Arbeitskollegen der Boden an jenem Tag von durchschnittlicher Struktur gewesen sei und daher das übliche Tagespensum bei 20 bis 25 Bohrungen gelegen habe. Hinzu komme, daß es bereits im Anschluß an die erste stärkere körperliche Belastung des Arbeitstages zu der Blutung gekommen sei.
Nach Schätzung des Sachverständigen habe die durch das Hochhebeln der Bohrsonde entstandene Belastung etwa einer Leistung von 75 bis 100 Watt entsprochen, die für mittelschwere Tätigkeiten, wie Handarbeit, Gartenarbeit und Gehen mit einer Geschwindigkeit von 6 bis 7 km/h aufgewandt werden müsse. Bei lebensnaher Betrachtung sei jedoch ausgeschlossen, daß der Versicherte sich in seiner Freizeit nicht solchen mittleren Belastungen ausgesetzt habe und hätte. Es habe aus seiner Sicht auch kein Anlaß zur körperlichen Schonung bestanden.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 589 Abs 1 und des § 548 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Das LSG habe zu Unrecht entschieden, daß es sich bei dem Ereignis vom 31. August 1992 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Insbesondere sei unzutreffend, daß die innere körpereigene Ursache beim Versicherten allein zur Gehirnblutung geführt habe und die beruflichen äußeren Umstände völlig in den Hintergrund gedrängt worden seien. Hier werde eine Vermutung zur Tatsache gemacht, die weder durch den Sachverständigen im Verfahren noch durch die eingeführte medizinische Literatur eindeutig und zweifelsfrei belegt werde.
Ausweislich des Protokolls habe sich der Sachverständige nicht festlegen wollen. Er habe vielmehr alle Möglichkeiten aufgeführt, die er nach seiner Erfahrung oder aus der Literatur gekannt habe. Nicht anders sei seine Äußerung zu werten: „Manch ein Mensch lebt ewig mit diesen Bedingungen und es passiert nichts”. Auch die Obduktion habe nicht zum Auffinden eines Aneurysma geführt. Dabei sei vage festgestellt worden, daß Befunde erhoben worden seien, die am ehesten einem Hämangiom zuzuordnen seien. Tatsächlich festgestellt habe man bei der Obduktion eine Kopfschwartenblutung, über die sich dann später die Ärzte dahingehend geeinigt hätten, daß dies wohl bei der Operation entstanden sei.
Weiterhin gehe das LSG aufgrund nicht genügender Tatsachen davon aus, daß die Kopfschmerzen am 30. August 1992, also am Tag vor dem Tod, aufgrund einer spontanen Warnblutung entstanden seien. Auch hier beziehe sich das LSG auf die Aussage des Sachverständigen, der sich ausweislich des Protokolls jedoch keinesfalls festgelegt habe. Der Versicherte habe am Vortag überdurchschnittlich stark Alkohol getrunken. Der Sachverständige habe lediglich gemeint, es sei wahrscheinlicher, daß am nächsten Tag dann gleich vormittags Kopfschmerzen aufträten als erst Stunden später. Damit werde aber lediglich ein gewisser Erfahrungssatz des Sachverständigen zitiert, der nicht hinreichend untermauert werde. Auch habe der Sachverständige einschränkend erklärt, es gebe auch Kopfschmerzen, die einfach so am Tage aufträten. Zunächst habe dieser auch ausgeführt, daß es 50 % zu 50 % stehe, daß die Kopfschmerzen von der Feier am Vorabend herstammten. Wenige Sätze später habe er diese Deutung zurücknehmen wollen. Naturwissenschaftlich gesicherte Fakten oder Erfahrungssätze seien dafür nicht geliefert worden. Im übrigen habe der Sachverständige in diesem Zusammenhang „stark angeregt”, einen Neurologen als Gutachter zu befragen. Das LSG habe aber von einer Begutachtung durch einen Neurologen Abstand genommen.
Wenig überzeugend sei auch, wenn das LSG unter Heranziehung von Beispielen aus der medizinischen Literatur von der ausgehenden tödlichen Blutung als einer eindeutigen Gelegenheitsursache ausgehe. Damit stelle das LSG – überspitzt gesagt – den Satz auf, eine Gehirnblutung wie in der vorliegenden Art, die während der Arbeitstätigkeit auftrete, habe nie etwas mit der Arbeitstätigkeit zu tun, da sie auch im Alltag, in der Freizeit und in jeder sonstigen Situation ohnehin auftreten würde. In der Urteilsbegründung werde hervorgehoben, daß diese auslösenden Faktoren nur dann eine Ruptur einer Arterie verursachen könnten, wenn ein Gefäßschaden soweit fortgeschritten sei, daß bereits ein alltäglicher Umstand genüge, damit es zu einer Blutung komme. Dies sei aber beim Versicherten nicht festgestellt worden, nicht einmal mit hinreichenden Indizien. Es werde allein auf Vermutungen aufgebaut.
Eine Vermutung sei auch, daß das Ziehen der Bohrsonde, weil arbeitstypisch und täglich immer wieder angewandt, mit Sicherheit keine besondere Anstrengung im konkreten Moment gewesen sei. Die diesbezüglichen physikalischen Bewertungen im Urteil erschienen fehlerhaft. Aufgrund einer Angabe des Sachverständigen, daß die Leistung etwa 75 bis 100 Watt entsprochen habe, werde dies zugrunde gelegt. Der Sachverständige habe aber diesen Wert in der mündlichen Anhörung frei geschätzt und keine Versuchsreihe aufgebaut. „Gefährlich” werde es dann, wenn diese angebliche Leistung von 75 bis 100 Watt als bei mittelschwerer Tätigkeit entstanden angesehen werde, wie bei Handarbeit, Gartenarbeit und Gehen mit einer Geschwindigkeit von 6 bis 7 km/h. Rein rechnerisch sei möglicherweise richtig, daß Gehen mit einer Geschwindigkeit von 6 bis 7 km/h nach einer gewissen Zeit einer Leistung von 75 bis 100 Watt entspreche. Nur sei dieser physikalische Begriff der Leistung, der sich unter anderem aus dem Faktor Zeit zusammensetze, nicht vergleichbar oder anwendbar auf eine plötzliche Kraftanstrengung wie hier das Ziehen der Bohrsonde, da im letzteren Fall in kurzer Zeit eine hohe Kraft entfaltet werde. Eine solche kurzfristige hohe Kraftentfaltung in kürzester Zeit sei beim Versicherten eher oder nur in Ausübung der beruflichen Tätigkeit aufgetreten, nicht aber im Privatleben, also wie im Urteil begründet, bei Handarbeit, Gartenarbeit und Gehen mit einer Geschwindigkeit von 6 bis 7 km/h.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. März 2000 und das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 30. Oktober 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. April 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. September 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlaß des Todes ihres Ehemannes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
II
Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Das LSG hat nach umfassender Aufklärung des Sachverhalts ohne Rechtsirrtum und in rechtlich nicht zu beanstandender Würdigung der Beweismittel festgestellt, daß der Ehemann der Klägerin nicht infolge eines Arbeitsunfalls iS des § 548 Abs 1 Satz 1 RVO verstorben ist.
Der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da der von ihr geltend gemachte Versicherungsfall am 31. August 1992, also vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997, eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).
Hinterbliebenenleistungen werden gemäß § 589 Abs 1 RVO bei Tod des Versicherten durch Arbeitsunfall gewährt. Arbeitsunfall iS des § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, daß das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist, und daß die Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92). Zunächst muß also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84; BSG Urteil vom 22. August 2000 – B 2 U 18/99 R = HVBG-Info 2000, 2611 mwN).
Daß der Versicherte bei der für seinen Tod verantwortlich gemachten Handlung, dem Hochhebeln der Bohrsonde, nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, ist nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht zu bezweifeln. Auch kann die weitere Voraussetzung, ob diese versicherte Tätigkeit zu einem Unfall des Versicherten geführt hat, nicht deshalb verneint werden, weil es an einer äußeren Einwirkung gefehlt hätte. Der Begriff des Unfalls ist in der RVO nicht bestimmt. Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum im wesentlichen einhellig vertretenen Auffassung ist Unfall ein körperlich schädigendes, zeitlich begrenztes Ereignis (s ua BSGE 23, 139, 141 = SozR Nr 1 zu § 555 RVO; BSG SozR 2200 § 548 Nr 56; Brackmann/Krasney, SGB VII, 12. Aufl, § 8 RdNr 7; Schulin, HS-UV, 1996, § 28 RdNr 1, jeweils mwN; s jetzt auch § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII). Soweit daneben zum Teil auch gefordert wird, das Ereignis müsse „von außen” auf den Menschen einwirken, soll damit lediglich ausgedrückt werden, daß ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis nicht als Unfall anzusehen ist (s BSG SozR 2200 § 548 Nr 56; Brackmann/Krasney aaO § 8 RdNr 10; Schulin aaO § 28 RdNr 5). Wesentlich für den Begriff des Unfalls sind hiernach ein („äußeres”) Ereignis als Ursache und eine Körperschädigung als Wirkung. Die Körperschädigung kann verursacht sein durch körperlich gegenständliche Einwirkungen, aber auch durch geistig-seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum (BSGE 18, 173, 175 = SozR Nr 61 zu § 542 RVO; KassKomm-Ricke, § 548 RVO RdNr 6; s auch BSGE 61, 113, 116 = SozR 2200 § 1252 Nr 6; BSG Urteil vom 2. Februar 1999 – B 2 U 6/98 R – HVBG-Info, 1999, 1099 = VersR 2000, 789, 790).
Hierzu hat das LSG zunächst gestützt auf die Ausführungen der in dieser Sache gehörten medizinischen Sachverständigen, die herangezogenen Befundberichte und den Obduktionsbericht festgestellt, daß der Versicherte an einer Gehirnblutung in Form einer SAB verstorben ist, deren Ursache eine angeborene Gefäßmißbildung und keine traumatische Einwirkung war. Diese Feststellungen sind mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend (§ 163 SGG). Die Rüge der Klägerin, die Obduktion habe nicht zum Auffinden eines Aneurysma geführt, es sei nur vage das Vorliegen von Befunden festgestellt worden, die am ehesten einem Hämangiom zuzuordnen seien, betrifft die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht. Gleiches gilt für die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge, die Kopfschmerzen des Versicherten am 30. August 1992 könnten auch auf Alkoholkonsum zurückzuführen sein. Die vom Tatsachengericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 2 SGG nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Einschluß der Beweisaufnahme nach der Überzeugungskraft der jeweiligen Beweismittel frei vorzunehmende Würdigung steht indes grundsätzlich im Ermessen des Tatsachengerichts. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob das Tatsachengericht bei seiner Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat, und ob es das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt hat (BSG Urteil vom 27. Januar 1994 – 2 RU 3/93 – HVBG-Info 1994, 943 = USK 9422 mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl 1997, III, RdNrn 162 f). Ein solcher Verstoß ist nicht erkennbar. Allgemeine Erfahrungssätze, gegen die das Berufungsgericht verstoßen haben könnte, hat die Klägerin nicht genannt. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nicht schon dann vor, wenn das Gericht eine falsche Folgerung gezogen hat, sondern nur dann, wenn aus dem festgestellten Sachverhalt nur eine Schlußfolgerung gezogen werden kann, jede andere, also auch die, welche das Gericht tatsächlich gezogen hat, nicht „denkbar” ist (BSG Urteil vom 2. Februar 1999, aaO mwN; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 128 RdNr 12 mwN). Dies ist hier nicht der Fall. Die Revision setzt vielmehr im Kern ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG; dies ist im Revisionsverfahren jedoch unzulässig (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31; s auch BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19). Soweit die Klägerin beanstandet, das LSG habe von der vom Sachverständigen angeregten Befragung eines Neurologen Abstand genommen, rügt sie in unzulässiger Weise eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Denn sie legt nicht im einzelnen dar, inwiefern sich das LSG aus seiner Sicht zu der von ihr insoweit für erforderlich gehaltenen weiteren Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen und was dabei hätte ermittelt werden sollen.
Zur Beantwortung der Frage, ob dieser zum Tode führende innere Prozeß durch eine mit dem versicherten Ziehvorgang in Zusammenhang stehende äußere Einwirkung im Sinne der unfallversicherungsrechtlichen Kausalitätslehre verursacht wurde, hat das LSG sodann – gestützt auf die Gutachten der ärztlichen Sachverständigen Dr. G. und Dr. S. – festgestellt, daß es infolge der Tätigkeit des Ziehens der Bohrsonde beim Versicherten zu einem Anstieg des Blutdrucks gekommen und daß dies bei vorbestehender Gefäßmißbildung Auslöser für eine daraufhin aufgetretene SAB gewesen und somit für den Tod des Versicherten jedenfalls als Ursache im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinne anzusehen ist.
Bei dieser Sachlage hat das LSG im Anschluß an seine Feststellungen zutreffend erkannt, daß der Anspruch der Klägerin vor allem davon abhängt, ob die körperliche Belastung durch den Arbeitsvorgang, die als äußere Einwirkung für die für das Vorliegen eines Unfalls erforderliche Körperschädigung ausreichen würde, den Tod des Versicherten auch im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung verursacht hat. Dazu müßte ihr im Vergleich zu der vorbestehenden Gefäßmißbildung als weitere Mitbedingung der Stellenwert einer rechtlich wesentlichen Mitursache für den Tod des Versicherten zukommen. Daran fehlt es, wenn die Gefäßmißbildung so schwer, dh die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, daß die „Auslösung” akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (BSGE 62, 220, 221 = SozR 2200 § 589 Nr 10; BSG Urteil vom 4. Dezember 1991 – 2 RU 14/91 – = HVBG-Info 1992, 586 = Meso B 90/93). Diese ursächliche Bedeutung für den Eintritt des tödlichen Erfolges hat eine Krankheitsanlage zB dann, wenn die akuten Erscheinungen zu derselben Zeit auch ohne äußere Einwirkungen auftreten könnten oder auch jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis die Erscheinungen ausgelöst hätte (BSG Urteile vom 18. März 1997 – 2 RU 8/96 – HVBG-Info 1997, 1279 und vom 2. Februar 1999, aaO).
Von diesen Grundsätzen ist das LSG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats bei der Beurteilung, welcher Stellenwert der körperlichen Belastung beim Hochhebeln der Bohrsonde im Hinblick auf das zum Tode führende innere Geschehen zukommt, ausgegangen. Nach den Feststellungen des LSG bestand bei dem Versicherten wegen einer angeborenen Mißbildung der das Hirn versorgenden Blutgefäße während der beruflichen Tätigkeit wie außerhalb derselben ein derart hohes Risiko einer Gehirnblutung in Form einer SAB, daß eine solche Erscheinung bereits bei jeder mittelschweren Tätigkeit hätte eintreten können, wie bei Handarbeit, Gartenarbeit und Gehen mit einer Geschwindigkeit von 6 bis 7 km/h.
Diese Feststellungen sind gemäß § 163 SGG bindend, da die insoweit erhobenen Rügen der Klägerin keinen Erfolg haben. Das gilt einmal für das Argument, es sei wenig überzeugend, wenn das LSG unter Heranziehung von Beispielen aus der medizinischen Literatur von der ausgehenden tödlichen Blutung als einer eindeutigen Gelegenheitsursache ausgehe und damit – überspitzt gesagt – den Satz aufstelle, eine Gehirnblutung wie in der vorliegenden Art, die während der Arbeitstätigkeit auftrete, habe nie etwas mit der Arbeitstätigkeit zu tun, da sie auch im Alltag, in der Freizeit und in jeder sonstigen Situation ohnehin auftreten würde. Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin ein Überschreiten der freien Beweiswürdigung im oben genannten Sinne nicht dargelegt. Denn das LSG hat seine Entscheidung nicht nur auf die medizinische Literatur, sondern in erster Linie auf ärztliche Sachverständige, Untersuchungsberichte und den Obduktionsbericht sowie auf sonstige Erkenntnisse über den Versicherten selbst gestützt. Außerdem hat es nicht generell eine SAB als Ursache für einen Arbeitsunfall ausgeschlossen, sondern dies nur für den Fall angenommen, daß – wie hier – eine traumatische Einwirkung ausscheidet, eine Gefäßmißbildung vorliegt und die die SAB auslösende Kraftanstrengung im Rahmen der üblichen beruflichen Betätigung liegt. Auch mit dem weiteren Argument, das LSG habe die Kraftanstrengung beim Ziehen der Bohrsonde falsch bewertet, hat die Klägerin ein Überschreiten der freien Beweiswürdigung nicht dargelegt. Insbesondere hat sie nicht hinreichend dargelegt, inwiefern bei Einsatz eines mit zwei Hebelstangen ausgestatteten Ziehgeräts zum Ziehen der Bohrsonde in kürzester Zeit eine hohe Kraftanstrengung erforderlich ist, die nur in Ausübung der beruflichen Tätigkeit, nicht aber im Privatleben auftrete, die also bei gleichem Zeitfaktor erheblich höher liegt als etwa die Anstrengung beim Umgraben eines Gartens.
Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat das LSG damit rechtlich einwandfrei festgestellt, daß die körperliche Belastung des Ehemanns der Klägerin beim Ziehen der Bohrsonde den Eintritt des Todes rechtlich nicht wesentlich mitbestimmt hat, sondern daß die dadurch herbeigeführte Blutdruckerhöhung für dieses Geschehen von völlig untergeordneter Bedeutung war. Es hat damit in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise wertend entschieden, daß die berufsbedingten körperlichen Belastungen nicht wesentliche (Mit-)Ursache des zum Tode führenden SAB waren, sondern daß die Krankheitsanlage allein die wesentliche Ursache des Todes bildete.
Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 600155 |
AuS 2001, 61 |
NJOZ 2001, 1278 |