Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Verlegung eines Patienten in ein anderes Krankenhaus. Vorliegen eines sachlichen Grundes
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Verlegung eines Versicherten bedarf es eines sachlichen Grundes, den das Krankenhaus im Streitfall darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, es sei denn, die Verlegung verursacht für die Krankenkasse keine Mehrkosten.
2. Als sachliche Gründe für eine Verlegung kommen zwingende medizinische Gründe, zwingende Gründe in der Person des Versicherten sowie übergeordnete Gründe der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern in Betracht.
3. Ein übergeordneter Grund der Sicherstellung ist die Verlegung aus einem Krankenhaus einer höheren in ein Krankenhaus einer niedrigeren Versorgungsstufe, wenn und soweit es der besonderen Mittel des Krankenhauses der höheren Versorgungsstufe nicht (mehr) bedarf und die dortigen Versorgungskapazitäten für andere Patienten benötigt werden.
Normenkette
SGB V § 12 Abs. 1, § 69 Abs. 1 S. 3, § 109 Abs. 4 S. 2, § 275 Abs. 1c S. 1 Fassung: 2007-03-26; KHG § 17b Abs. 2 S. 1, § 17c Abs. 1 S. 1 Nr. 2; KHEntgG § 7 Abs. 1 S. 1, § 9; BGB § 280 Abs. 1, § 387; FPVBG § 1; FPVBG 2017 § 1; FPVBG § 3; FPVBG 2017 § 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 7. Oktober 2021 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1447,76 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung sowie die Zahlung einer Aufwandspauschale.
Das klagende Universitätsklinikum behandelte die 1948 geborene und bei der beklagten Krankenkasse (im Folgenden: KK) Versicherte vom 16. bis 18.5.2017 vollstationär wegen eines subakuten Myokardinfarktes der Hinterwand bei koronarer Drei-Gefäß-Erkrankung. Am 18.5.2017 wurde die Versicherte aus dem Universitätsklinikum in ein wohnortnahes Krankenhaus verlegt und dort noch bis zum 26.5.2017 stationär weiterbehandelt. Das Universitätsklinikum stellte der KK für die Behandlung 4319,55 Euro in Rechnung (Fallpauschale DRG F24B) und berücksichtigte dabei einen Verlegungsabschlag iHv 1657,48 Euro. Das wohnortnahe Krankenhaus berechnete für die stationäre Behandlung der Versicherten dort 2806,57 Euro. Die KK beglich die Rechnung des Universitätsklinikums und beauftragte den (damaligen) Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Durchführung eines Prüfverfahrens. Im Ergebnis dieser Prüfung rechnete die KK 1147,76 Euro mit einer anderen unstrittigen Forderung des Universitätsklinikums auf. Zur Begründung der Aufrechnung machte sie geltend, die Verlegung sei medizinisch nicht notwendig gewesen. Die Versicherte hätte im Universitätsklinikum bis zur Entlassung weiterbehandelt werden können. Dann hätte sie (die KK) insgesamt für die stationäre Behandlung in den beiden Krankenhäusern 1147,76 Euro weniger vergüten müssen.
Das SG hat die KK zur Zahlung von 1447,76 Euro (1147,76 Euro zuzüglich 300 Euro Aufwandspauschale) nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 21.9.2018). Das LSG hat die Berufung der KK zurückgewiesen. Der KK habe weder ein öffentlich-rechtlicher Erstattungs- noch ein Schadensersatzanspruch zugestanden. Sie könne nicht geltend machen, die Verlegung in das wohnortnahe Krankenhaus sei medizinisch nicht notwendig gewesen. Für einen solchen Einwand gebe es in den Abrechnungsbestimmungen keine Rechtsgrundlage. Dem Wirtschaftlichkeitsgebot werde durch den in § 3 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2017 geregelten Verlegungsabschlag hinreichend Rechnung getragen. Die im Einklang mit den maßgeblichen Bestimmungen stehende Abrechnung könne auch nicht rechtswidrig im Sinne eines Schadensersatzanspruchs sein. Jedenfalls aber könne die KK einen solchen Anspruch nicht im Wege der Aufrechnung gegen einen Vergütungsanspruch durchsetzen. Schließlich sei auch dem Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 SGB V keine Rechtsgrundlage für die erfolgte Rechnungskürzung zu entnehmen (Urteil vom 7.10.2021).
Mit ihrer Revision rügt die KK die Verletzung von § 12 Abs 1 und § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V sowie § 17c Abs 1 Satz 1 Nr 2 KHG. Zugelassene Krankenhäuser seien im Rahmen ihres Versorgungsvertrages zur stationären Behandlung gesetzlich Versicherter verpflichtet. Gegen diese Pflicht und auch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot habe das Universitätsklinikum verstoßen, indem es die Versicherte ohne sachlichen Grund in ein anderes Krankenhaus verlegt habe, anstatt die Behandlung im Rahmen seines Versorgungsauftrages fortzuführen.
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Die Beklagte beantragt, |
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die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 7. Oktober 2021 und des Sozialgerichts Altenburg vom 21. September 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen, |
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hilfsweise das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 7. Oktober 2021 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen. |
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Die Klägerin beantragt, |
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die Revision zurückzuweisen. |
Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der beklagten KK ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Die vom Universitätsklinikum erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (vgl zB BSG vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R - BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN, stRspr). Der Senat kann jedoch auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden, ob dem Universitätsklinikum der ihm vom SG zuerkannte - unstreitige - Vergütungsanspruch nebst Aufwandspauschale und Zinsen zusteht oder die KK mit einem aus der Behandlung der Versicherten resultierenden Gegenanspruch wirksam aufgerechnet hat (vgl zur Zugrundelegung von Vergütungsansprüchen bei unstrittiger Berechnungsweise BSG vom 26.5.2020 - B 1 KR 26/18 R - juris RdNr 11 mwN, stRspr; vgl zur Aufrechnung BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 9/16 R - SozR 4-5562 § 11 Nr 2 und BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 7/16 R - SozR 4-7610 § 366 Nr 1) und der vom MDK geprüfte, die Behandlung der Versicherten betreffende Vergütungsanspruch einer wirtschaftlichen Minderung unterliegt, die einen Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale ausschließt.
Dem Universitätsklinikum stand zwar der streitige Vergütungsanspruch für die durchgeführte Behandlung der Versicherten zu, sodass die KK die Vergütung nicht ohne Rechtsgrund geleistet hat (dazu 1.). In Betracht kommt aber ein Schadensersatzanspruch gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 280 Abs 1 BGB (dazu 2.), wenn und soweit die Verlegung der Versicherten ohne sachlichen Grund erfolgte und der KK hierdurch Mehrkosten entstanden sind (dazu 3.). Hierzu fehlen Feststellungen des LSG (dazu 4.). Für den Fall, dass ein Schadensersatzanspruch bestand, hat die KK diesen wirksam gegen die unstreitige Vergütungsforderung des Universitätsklinikums aufgerechnet (dazu 5.) und steht dem Universitätsklinikum auch kein Anspruch auf eine Aufwandspauschale zu (dazu 6.).
1. Rechtsgrundlage des von der Klägerin wegen der vollstationären Behandlung der Versicherten geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG). Das Gesetz regelt in diesen Vorschriften die Höhe der Vergütung der zugelassenen Krankenhäuser bei stationärer Behandlung gesetzlich Krankenversicherter und setzt das Bestehen des Vergütungsanspruchs als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht, erforderliche Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V zu gewähren (§ 109 Abs 4 Satz 2 SGB V), dem Grunde nach als Selbstverständlichkeit voraus. Der Anspruch wird durch Vereinbarungen auf Bundes- und Landesebene konkretisiert. Die Zahlungsverpflichtung der KK entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und wenn sie iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (vgl zB BSG vom 19.3.2020 - B 1 KR 20/19 R - BSGE 130, 73 = SozR 4-2500 § 12 Nr 18, RdNr 11; BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, 15; BSG vom 19.11.2019 - B 1 KR 33/18 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 77 RdNr 10 mwN).
a) Die Grundvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses liegen vor. Nach den von der KK nicht angegriffenen, bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die stationäre Behandlung der Versicherten in dem hierfür zugelassenen Universitätsklinikum medizinisch erforderlich. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
b) Zu Recht streiten die Beteiligten auch nicht darüber, dass das Krankenhaus die Höhe der Vergütung auf Grundlage des tatsächlichen Geschehensablaufs zutreffend sachlich-rechnerisch berechnete. Die Krankenhausvergütung bemisst sich nach Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (vgl dazu BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 14 ff). Die Klägerin rechnete den Behandlungsfall nach Maßgabe der Fallpauschale F24B ab (German Diagnosis Related Group Version 2017 ≪G-DRG≫, Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit bestimmten Rekanalisationsverfahren, Alter ≫ 15 Jahre, ohne äußerst schwere CC). Es berücksichtigte dabei einen Verlegungsabschlag iH von 1657,48 Euro (§ 1 Abs 1 Satz 3, Abs 3, § 3 FPV 2017).
c) Darauf, ob die Verlegung der Versicherten in das wohnortnahe Krankenhaus medizinisch notwendig war, kommt es für den Vergütungsanspruch des Universitätsklinikums nicht an.
Eine medizinische Notwendigkeit der Verlegung ist keine zusätzliche Vergütungsvoraussetzung für den Anspruch des aufnehmenden Krankenhauses bei erfolgter Verlegung der oder des Versicherten (BSG vom 16.12.2008 - B 1 KR 10/08 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 14, RdNr 13 ff). Das gilt in gleicher Weise auch für das verlegende Krankenhaus.
aa) Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 16/19 R - SozR 4-5562 § 9 Nr 16 RdNr 17, jeweils mwN). Der Wortlaut der maßgeblichen Regelungen der FPV 2017 macht den Vergütungsanspruch des Krankenhauses im Falle der Verlegung jedoch nicht von deren Notwendigkeit abhängig.
Nach § 1 Abs 1 Satz 2 FPV 2017 rechnet im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab. Diese wird nach Maßgabe des § 3 FPV 2017 um die dort geregelten Abschläge gemindert (§ 1 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 FPV 2017). § 3 FPV 2017 sieht grundsätzlich Abschläge sowohl für das verlegende (Abs 1) als auch für das aufnehmende Krankenhaus (Abs 2) vor. Eine Ausnahme hiervon gilt für Fallpauschalen, die im Fallpauschalen-Katalog als Verlegungs-Fallpauschalen gekennzeichnet sind (§ 1 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 2 iVm Abs 3 FPV 2017). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die DRG F24B ist in der Spalte 12 des Fallpauschalen-Katalogs 2017 nicht als Verlegungs-Fallpauschale gekennzeichnet.
Voraussetzung für die Abrechnung des Behandlungsfalls nach diesen Maßgaben ist eine Verlegung. Der Begriff der Verlegung wird in § 1 Abs 1 Satz 4 FPV 2017 definiert und setzt lediglich voraus, dass der Patient innerhalb von 24 Stunden aus einem Krankenhaus entlassen und in ein anderes Krankenhaus aufgenommen wurde (siehe dazu BSG vom 27.10.2020 - B 1 KR 12/20 R - SozR 4-5562 § 9 Nr 18 RdNr 15 ff; BSG vom 27.10.2020 - B 1 KR 8/20 R - juris RdNr 11 ff). Von weiteren Voraussetzungen machen die vorgenannten Regelungen der FPV 2017 die getrennte Abrechnung eines Verlegungsfalles durch das verlegende und das aufnehmende Krankenhaus nicht abhängig, insbesondere nicht von einer medizinischen Notwendigkeit oder einer Zweckmäßigkeit der Verlegung.
bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelungssystematik (vgl BSG vom 16.12.2008 - B 1 KR 10/08 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 18). § 1 Abs 1 Satz 2 FPV 2017 folgt bewusst nicht dem abweichenden früheren System des § 14 Abs 5 und Abs 11 BPflV (idF der VO vom 9.12.1997, BGBl I 2874), wonach bei Verlegungen im Rahmen einer Zusammenarbeit von Krankenhäusern einheitliche Fallpauschalen berechnet wurden, die zwischen den beteiligten Krankenhäusern "aufzuteilen" waren (vgl BSG vom 19.9.2007 - B 1 KR 39/06 R - BSGE 99, 102 = SozR 4-2500 § 19 Nr 4, RdNr 19 ff).
cc) Zu Recht weist die KK zwar darauf hin, dass zugelassene Krankenhäuser nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V - als Konsequenz des Naturalleistungsprinzips (§ 2 Abs 2 SGB V) - im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur Behandlung gesetzlich Versicherter nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sind (vgl dazu Bockholdt in Hauck/Noftz, SGB V, § 109 RdNr 136, Stand November 2021). Verstöße hiergegen können sich auf den Vergütungsanspruch aber nur auswirken, wenn dieser bei pflichtgemäßem Vorgehen geringer ausgefallen wäre. Pflichtverletzungen des Leistungserbringers, die den Vergütungsanspruch des Krankenhauses nicht tangieren, sondern lediglich an anderer Stelle für die KK höhere Kosten verursachen, rechtfertigen, vorbehaltlich einer gesonderten Regelung, keine allgemeinen Vergütungskürzungen, sondern allenfalls einen (verschuldensabhängigen) Schadensersatzanspruch gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 280 Abs 1 BGB (siehe dazu RdNr 24 ff). Solche Sonderregelungen sind hier nicht einschlägig.
In dem im Universitätsklinikum durchgeführten und von diesem abgerechneten Umfang war die Krankenhausbehandlung dort in jedem Fall erforderlich und wirtschaftlich. Etwas anderes macht auch die KK nicht geltend. Sie beruft sich lediglich darauf, das Universitätsklinikum hätte die Versicherte nicht verlegen, sondern weiter behandeln müssen. In diesem Fall wäre dessen Vergütung aber jedenfalls nicht geringer ausgefallen. Insofern scheidet auch eine Vergütungskürzung nach Maßgabe eines fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens vorliegend aus (vgl dazu zuletzt BSG vom 26.4.2022 - B 1 KR 14/21 R - juris RdNr 13 ff; sowie - zusammenfassend - BSG vom 26.4.2022 - B 1 KR 5/21 R - SozR 4-2500 § 39 Nr 34 RdNr 15 ff mwN). Reduziert hätte sich - wenn die Rückverlegung dorthin unterblieben wäre - allenfalls die an das wohnortnahe Krankenhaus zu zahlende Vergütung.
dd) Schließlich rechtfertigen auch die Regelungen des Vertrages nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - zwischen der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen eV und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen keine Kürzung des Vergütungsanspruchs (in der ab dem 1.10.2015 geltenden Fassung, im Folgenden KBV 2015, abrufbar unter https://www.aok.de/gp/verwaltung/landesgesetze-und-vertraege, im Folgenden: KBV 2015). Dies hat das LSG im Ergebnis zutreffend erkannt. Dabei hat es allerdings versehentlich nicht den Wortlaut des - von ihm zu Recht als einschlägig angesehenen - § 7 Abs 2 Satz 4 KBV 2015 zugrunde gelegt, sondern den hiervon abweichenden Wortlaut der Vorläuferregelung in § 8 Abs 2 Satz 1 des ab dem 1.1.2004 geltenden Vertrages nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV 2004; vgl zur revisionsrechtlichen Überprüfung von Landesverträgen zuletzt BSG vom 18.8.2022 - B 1 KR 30/21 R - juris RdNr 27 ff).
§ 7 Abs 2 Satz 4 KBV 2015 regelt, dass die Verlegung des Versicherten in eines der nächsterreichbaren, geeigneten und nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser unverzüglich zu veranlassen ist, sofern festgestellt wird, dass es medizinisch notwendig ist, die Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus durch- oder fortzuführen. Für den Fall der medizinischen Notwendigkeit wird die Verlegung danach zwingend angeordnet, ohne dass damit zugleich eine Aussage dazu verbunden wäre, ob sie auch in anderen Fällen möglich ist und Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch des Krankenhauses hat.
2. In Betracht kommt indes ein Schadensersatzanspruch der KK gegen das Universitätsklinikum nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 280 Abs 1 BGB (vgl auch - einen Schadensersatzanspruch im konkreten Fall bejahend - LSG Nordrhein-Westfalen vom 19.1.2022 - L 10 KR 142/20 - juris; ferner - einen Schadensersatzanspruch im konkreten Fall verneinend - Sächsisches LSG vom 18.5.2022 - L 1 KR 246/19 - juris RdNr 25 f, Revision anhängig unter B 1 KR 29/22 R).
a) Nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V gelten für die Rechtsbeziehungen (ua) zwischen KKn und Leistungserbringern die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem Vierten Kapitel des SGB V vereinbar sind. Nach § 280 Abs 1 BGB kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
b) Eine erforderliche stationäre Behandlung einer oder eines Versicherten in einem zugelassenen Krankenhaus begründet zwischen seinem Träger und der KK ein gesetzliches öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, auf das § 280 Abs 1 BGB anzuwenden ist (vgl BSG vom 12.11.2013 - B 1 KR 22/12 R - BSGE 115, 11 = SozR 4-2500 § 69 Nr 9, RdNr 9 ff; BSG vom 9.4.2019 - B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 30; vgl ferner BSG vom 16.2.2012 - B 9 VG 1/10 R - BSGE 110, 104 = SozR 4-1300 § 112 Nr 1, RdNr 36).
c) Zu den zentralen Pflichten der Leistungserbringer gegenüber den KKn gehört die Verpflichtung zur Beachtung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots. Nach § 12 Abs 1 Satz 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die KKn nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 Satz 2 sowie § 2 Abs 1 Satz 1, § 4 Abs 3, § 70 Abs 1 SGB V). Nach der Gesetzeskonzeption des SGB V gilt das Wirtschaftlichkeitsprinzip uneingeschränkt auch im Leistungserbringerrecht (vgl § 12 Abs 1 Satz 2 sowie § 2 Abs 1 Satz 1, § 4 Abs 3, § 70 Abs 1 SGB V und dazu BSG vom 19.11.2019 - B 1 KR 6/19 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 81 RdNr 18 mwN). Hierzu gehört die Pflicht des Krankenhauses, bei der Behandlungsplanung auch die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen und die Behandlungsplanung ggf daran auszurichten (vgl BSG vom 27.10.2020 - B 1 KR 9/20 R - juris RdNr 14; BSG vom 26.4.2022 - B 1 KR 14/21 R - juris RdNr 15).
Das Wirtschaftlichkeitsgebot erfordert, dass bei Existenz verschiedener, gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (stRspr; vgl BSG vom 26.4.2022 - B 1 KR 5/21 R - SozR 4-2500 § 39 Nr 34 RdNr 17 mwN). Die Wirtschaftlichkeit einer Krankenbehandlung beurteilt sich bezogen auf das jeweilige nach § 27 SGB V zulässige Behandlungsziel nach ihrer Eignung, ihrem Ausreichen und ihrer Notwendigkeit aus allein medizinischen Gründen sowie bei mehreren gleich geeigneten, ausreichenden und notwendigen Behandlungen nach ihren Kosten für die KK (vgl BSG vom 10.3.2015 - B 1 KR 2/15 R - BSGE 118, 155 = SozR 4-2500 § 39 Nr 23, RdNr 21; BSG vom 26.4.2022 - B 1 KR 5/21 R - SozR 4-2500 § 39 Nr 34 RdNr 18).
d) Aus § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V ergibt sich ferner für zugelassene Krankenhäuser eine gesetzliche Verpflichtung, im Rahmen ihres Versorgungsauftrages gesetzlich Versicherte zu behandeln (siehe oben RdNr 20). Sie dürfen deren Aufnahme nicht ohne sachlichen Grund ablehnen und sie grundsätzlich auch nicht ohne sachlichen Grund in ein anderes Krankenhaus verlegen.
e) Nichts anderes ergibt sich auch aus dem in § 17c Abs 1 Satz 1 Nr 2 KHG geregelten Verbot, Patienten aus wirtschaftlichen Gründen zu verlegen oder zu entlassen.
Nach dieser Vorschrift wirkt der Krankenhausträger durch geeignete Maßnahmen darauf hin, dass eine vorzeitige Verlegung oder Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibt. Der Hintergrund der Regelung besteht darin, dass das DRG-System ökonomische Anreize bietet, stationäre Aufenthalte (insbesondere in dem Korridor zwischen unterer und oberer Grenzverweildauer) möglichst kurz zu halten, etwa indem Patienten möglichst frühzeitig entlassen oder in andere Einrichtungen verlegt werden. § 17c Abs 1 Satz 1 Nr 2 KHG soll insofern verhindern, dass Patienten zu früh ("blutig") entlassen werden (vgl BSG vom 30.6.2009 - B 1 KR 24/08 R - BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 23; BSG vom 19.11.2019 - B 1 KR 6/19 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 81 RdNr 21; Gerlach in BeckOK KHR, KHG, § 17c RdNr 15, Stand 1.11.2022). So soll etwa bei Verlegungen in eine Rehabilitationseinrichtung sichergestellt sein, dass bereits die Rehabilitationsfähigkeit gegeben ist (siehe BT-Drucks 14/6893 S 34).
§ 17c Abs 1 Satz 1 Nr 2 KHG umfasst nach seinem Wortlaut und dem vorgenannten Zweck, wie er auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt, nicht nur die Verlegung in nachgeordnete Versorgungsformen wie Rehabilitationseinrichtungen, sondern auch die Verlegung in ein anderes Krankenhaus zur stationären Weiterbehandlung (vgl Gerlach in BeckOK KHR, KHG, § 17c RdNr 16, Stand 1.11.2022; aA LSG Hamburg vom 19.12.2013 - L 1 KR 108/12 - juris RdNr 23; Thüringer LSG vom 7.10.2021 - L 6 KR 1278/18 - juris RdNr 28). Trotz der in § 1 Abs 1 Satz 3, Abs 3, § 3 FPV 2017 geregelten Vergütungsabschläge (auch) für das verlegende Krankenhaus kann es sich für dieses im Einzelfall lohnen, einen Patienten aus rein ökonomischen Gründen in ein anderes Krankenhaus zu verlegen und etwa das freiwerdende Bett für die (lukrativere) Behandlung eines anderen Patienten zu nutzen (vgl auch Tuschen in Dietz/Bofinger, KHG, BPflV und Folgerecht, § 17c KHG, unter II.3, Stand 4/2016).
Nicht geregelt sind in § 17c Abs 1 KHG allerdings die Folgen einer unwirtschaftlichen vorzeitigen Verlegung. Insofern ist bei einer Verletzung der sich aus § 17c Abs 1 Satz 1 Nr 2 KHG ergebenden Pflicht des Krankenhauses Raum für einen Schadensersatzanspruch gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 280 Abs 1 BGB.
f) Die Anwendbarkeit des § 280 Abs 1 BGB und des Wirtschaftlichkeitsgebots im einzelnen Behandlungsfall wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Vertragsparteien der FPV in §§ 1 und 3 FPV 2017 iVm § 17b Abs 2 Satz 1 KHG Regelungen über die Verlegung vereinbart haben (vgl RdNr 16 ff).
Die FPV regelt auf der Grundlage von § 17b KHG und § 9 KHEntgG nur die Vergütung bei erfolgter Verlegung und macht diese nicht von einschränkenden Voraussetzungen abhängig, insbesondere nicht von einer Notwendigkeit der Verlegung (siehe oben RdNr 14 ff). Ihr lässt sich aber auch nicht entnehmen, dass die Entscheidung über die Verlegung vollständig in das Belieben des Krankenhauses gestellt werden soll (vgl zur Gefahr eines rein ökonomischen "Verlegungstourismus" BSG vom 16.12.2008 - B 1 KR 10/08 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 21). Eine solche Wertung rechtfertigt sich auch nicht allein daraus, dass der Verlegungsabschlag gemäß § 3 FPV 2013 auch dazu dient, Anreizen für eine zu frühe Verlegung entgegenzuwirken (vgl Amtliche Begründung zum Referentenentwurf zur KFPV 2004, zu B. Einzelbegründung zu § 3, recherchiert am 6.3.2023 unter https://www.g-drg.de/archiv/drg-systemjahr-2004-datenjahr-2002).
Die preisrechtlichen Regelungen der FPV 2017 sind im Übrigen auch aufgrund ihrer Stellung in der Normenhierarchie und ihrer rechtssystematischen Verortung außerhalb der GKV nicht in der Lage, aus eigenem Geltungsgrund das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 und des § 70 Abs 1 Satz 2 SGB V einzuschränken. Eine spezifische gesetzliche Ermächtigung zu einer solchen Einschränkung zu Lasten der KKn fehlt den Vertragsparteien des § 17b Abs 2 Satz 1 KHG. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der mit Art 9 Nr 6 Buchst c des Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz - PpSG - vom 11.12.2018, BGBl I 2394) eingefügten Regelung des § 8 Abs 5 Satz 3 KHEntgG. Dies folgt bereits daraus, dass die Regelung nicht die Verlegung, sondern nur die Zusammenführung mehrerer Fälle eines Krankenhauses betrifft; außerdem ist sie auf den vorliegenden Behandlungsfall aus dem Jahr 2017 auch zeitlich schon nicht anwendbar (vgl BSG vom 27.10.2020 - B 1 KR 9/20 R - juris RdNr 17; BSG vom 26.4.2022 - B 1 KR 14/21 R - juris RdNr 18).
g) Die Regelungen des KBV 2015 stehen einem Schadensersatzanspruch - ungeachtet der Reichweite der sich insoweit aus § 112 SGB V ergebenden Regelungskompetenz - ebenfalls nicht entgegen. § 7 Abs 2 Satz 4 KBV 2015 ordnet die Verlegung bei medizinischer Notwendigkeit zwingend an, trifft aber keine Aussage dazu, ob sie auch in anderen Fällen möglich und zulässig ist (siehe oben RdNr 23).
3. Das Gesetz gibt nicht im Einzelnen vor, in welchen Fällen die Verlegung in ein anderes Krankenhaus wegen Unwirtschaftlichkeit unzulässig ist. Maßgeblich hierfür sind die Wertung des § 17c Abs 1 Satz 1 Nr 2 KHG (siehe RdNr 30 ff) sowie die allgemeinen Grundsätze des Wirtschaftlichkeitsgebots (siehe RdNr 27 f).
a) Eine Verlegung führt trotz der Verlegungsabschläge sowohl für das verlegende wie für das aufnehmende Krankenhaus regelmäßig zu höheren Gesamtbehandlungskosten für die KK. Sofern dies der Fall ist, bedarf es für die Verlegung eines sachlichen Grundes (zu Ausnahmen siehe unten RdNr 48). Diesen hat das verlegende Krankenhaus - da es sich um Umstände aus seiner Sphäre handelt - im Streitfall darzulegen und ggf auch zu beweisen (vgl BSG vom 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R - BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40, RdNr 18 ff mwN; BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 43/20 R - SozR 4-2500 § 275 Nr 38 RdNr 22, 32).
b) § 17c Abs 1 Satz 1 Nr 2 KHG (siehe dazu oben RdNr 30 ff) lässt sich zunächst entnehmen, dass Verlegungen nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgen dürfen, dh weil es für das verlegende und/oder das aufnehmende Krankenhaus finanzielle Vorteile bietet. Derartige Gründe scheiden daher als Rechtfertigung für eine Verlegung von vornherein aus.
c) Als sachliche Gründe für eine Verlegung in Betracht kommen zwingende medizinische Gründe (dazu aa), zwingende Gründe in der Person der oder des Versicherten (dazu bb) sowie ferner übergeordnete Gründe der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern (dazu cc).
aa) In erster Linie kommen als Rechtfertigung für eine Verlegung medizinische Gründe in Betracht, etwa, dass eine sich als erforderlich erweisende Behandlung vom Versorgungsauftrag des aufnehmenden Krankenhauses nicht umfasst ist (vgl auch MD Bund, Begutachtungsleitfaden DRG - Version 2022 - Stand 1.2.2022, S 54, abgerufen am 6.3.2023 unter https://md-bund.de). Das entspricht auch der Wertung des § 60 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Halbsatz 2 SGB V. Danach übernimmt die KK bei einer aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlichen Verlegung in ein anderes Krankenhaus die Fahrkosten. Ausgeschlossen werden soll eine Belastung der KK mit den Fahrkosten demgegenüber, wenn die beteiligten Krankenhäuser die Verlegung aus wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen der Zusammenarbeit für erforderlich halten und veranlassen (siehe BT-Drucks 15/1525, 94 f; vgl auch Waßer in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 60 RdNr 93, Stand 3.1.2022). Für den Fall medizinischer Notwendigkeit ordnet § 7 Abs 2 Satz 4 KBV 2015 die Verlegung überdies sogar zwingend an (siehe oben RdNr 37).
bb) Gerechtfertigt sein kann eine Verlegung entsprechend der Wertung von § 73 Abs 4 Satz 3, § 39 Abs 2 und § 60 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Halbsatz 2 SGB V auch durch zwingende Gründe in der Person der oder des Versicherten. Solche zwingenden Gründe können etwa die Entfernung des Krankenhauses von nächsterreichbaren Verwandten oder anderen Bezugspersonen, die Störung des Vertrauensverhältnisses zu dem Krankenhaus, relevante religiöse Bedürfnisse (§ 2 Abs 3 Satz 2 SGB V) sowie ähnliche Belange der oder des Versicherten sein, die einen Verbleib in dem bisherigen Krankenhaus auch in Anbetracht der damit voraussichtlich verbundenen Mehrkosten für die KK als unzumutbar erscheinen lassen (vgl auch BT-Drucks 11/2237, S 177 zu § 38 Abs 2; Wahl in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 39 RdNr 180, Stand 2.3.2021; vgl ferner - zu § 368d Abs 2 RVO - BSG vom 20.1.1982 - 3 RK 72/80 - SozR 2200 § 368d Nr 4 RdNr 15 f). Allein der Umstand, dass das aufnehmende Krankenhaus näher am Wohnort der oder des Versicherten gelegen ist, rechtfertigt die mit einer Verlegung regelmäßig verbundenen erheblichen Mehrkosten für die KK nicht. Insofern müssen weitere Umstände hinzukommen, etwa dass in dem verlegenden Krankenhaus eine erforderliche Betreuung durch die sorgeberechtigten Eltern oder durch eine aus medizinischen Gründen erforderliche Begleitperson nicht möglich oder erheblich erschwert ist (vgl dazu jetzt auch § 44b SGB V iVm der Krankenhausbegleitungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 18.8.2022, BAnz AT vom 11.10.2022 B 1).
cc) In einem mehrstufigen Krankenhausversorgungssystem kann die Verlegung aus einem Krankenhaus einer höheren Stufe (insbesondere Spezialklinik oder Maximalversorger) in ein Krankenhaus einer niedrigeren Stufe (insbesondere Krankenhaus der Grund- oder Regelversorgung) aus übergeordneten Gründen der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern (vgl § 1 Abs 1 KHG) gerechtfertigt sein, wenn und soweit es zur Behandlung der oder des Versicherten der besonderen Mittel des Krankenhauses der höheren Stufe nicht (mehr) bedarf und die dortigen Versorgungskapazitäten für andere Patienten benötigt werden (vgl für Thüringen § 1 Abs 3 Thüringer Krankenhausgesetz sowie 7. Krankenhausplan für den Freistaat Thüringen 2017-2022 S 11, Ziff 3.2.5.1, abgerufen am 6.3.2023 unter https://www.tmasgff.de/; vgl allgemein zu den Versorgungsstufen der Grund- und Regelversorgung der Schwerpunktversorgung und der Maximalversorgung BSG vom 26.4.2022 - B 1 KR 15/21 R - juris RdNr 34 mwN).
Es ist im Interesse aller Versicherten zweckmäßig und damit - bezogen auf die Gesamtkosten der Krankenhausversorgung - auch wirtschaftlich, eine nur für spezielle Erkrankungen und Behandlungen erforderliche besondere personelle und apparative Ausstattung nicht flächendeckend in sämtlichen Krankenhäusern vorzuhalten, sondern nur konzentriert in spezialisierten Krankenhäusern (vgl in diesem Sinne Sächsisches LSG vom 18.5.2022 - L 1 KR 246/19 - juris RdNr 26).
Damit im Einklang steht auch, dass in der Begründung zum Referentenentwurf zur Fallpauschalenverordnung 2004 vom 13.10.2003 (BGBl I 1995) als Beispielsfall die Verlegung eines Patienten nach einer Herzoperation in ein weiterbehandelndes, wohnortnahes Krankenhaus genannt wird (vgl Amtliche Begründung zum Referentenentwurf zur KFPV 2004, zu B, Einzelbegründung zu § 1 Abs 1 Satz 2, recherchiert am 6.3.2023 unter https://www.g-drg.de/archiv/drg-systemjahr-2004-datenjahr-2002).
Allerdings sind auch Spezialkliniken und Maximalversorger von den sich aus dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot sowie aus § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V und § 17c Abs 1 Satz 1 Nr 2 KHG ergebenden Verpflichtungen (siehe oben RdNr 24 ff) nicht entbunden. Eine Verlegung in ein Krankenhaus einer niedrigeren Versorgungsstufe ist deshalb aus übergeordneten Gründen der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten Krankenhausversorgung nur gerechtfertigt, wenn und soweit es zur Behandlung der oder des Versicherten der besonderen Mittel des Krankenhauses der höheren Stufe nicht (mehr) bedarf und die dortigen Versorgungskapazitäten für andere Patienten benötigt werden. Auch dies hat im Streitfall das verlegende Krankenhaus darzulegen und ggf zu beweisen (siehe oben RdNr 42). Dabei kann es auch eine realistische Kapazitätsreserve für nicht planbare Behandlungen berücksichtigen.
dd) Eines besonderen sachlichen Grundes bedarf es dagegen nicht, wenn und soweit durch die Verlegung für die KK ausnahmsweise keine Mehrkosten entstehen. Der KK droht dann kein finanzieller Nachteil durch die Verlegung, das Wirtschaftlichkeitsgebot ist insoweit nicht tangiert. In Betracht kommt dies insbesondere bei einer Rückverlegung, weil und soweit in diesem Fall für das wiederaufnehmende Krankenhaus in § 3 Abs 3 FPV eine Fallzusammenführung angeordnet ist (vgl dazu BSG vom 27.10.2020 - B 1 KR 8/20 R - juris RdNr 10 ff).
ee) Dass bei der Entscheidung über die Verlegung der weitere Verlauf der Behandlung und die damit verbundenen Kosten für das verlegende Krankenhaus regelmäßig noch nicht genau absehbar sind (vgl Sächsisches LSG vom 18.5.2022 - L 1 KR 246/19 - juris RdNr 25), steht einer zumindest überschlägigen prognostischen Schätzung der Mehrkosten nicht entgegen und ist im Übrigen ggf bei der Prüfung des Vertretenmüssens des verlegenden Krankenhauses zu berücksichtigen (§ 280 Abs 1 Satz 2 BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V; zur gesetzlichen Vermutung des Vertretenmüssens und dem dem Schuldner obliegenden Entlastungsbeweis vgl BGH vom 23.2.2018 - V ZR 101/16 - juris RdNr 76 ff; Ulber in Erman, BGB, 16. Aufl 2022, § 280 RdNr 66 ff).
4. Ob danach vorliegend ein Schadensersatzanspruch der KK gegen das Universitätsklinikum besteht, kann der erkennende Senat auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Das LSG hat - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu den Gründen der Verlegung und zu den der KK hierdurch entstandenen Mehrkosten getroffen.
Sofern das LSG ausführt, die Versicherte sei zunächst in dem wohnortnahen Krankenhaus stationär behandelt und am 16.5.2017 in das Universitätsklinikum "verlegt" und dann nach Abschluss der dortigen Behandlung in das wohnortnahe Krankenhaus "zurückverlegt" worden, fehlen dazu die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen. Insbesondere hat das LSG nicht festgestellt, ob die Versicherte vor der "Verlegung" in das Universitätsklinikum tatsächlich bereits in das wohnortnahe Krankenhaus aufgenommen, dh auf der Grundlage einer Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes physisch und organisatorisch in das spezifische Krankenhausversorgungssystem eingegliedert worden ist, oder ob sie von dort - ggf nach einer ambulanten Notfallbehandlung - ohne stationäre Aufnahme sogleich in das Universitätsklinikum weiterverwiesen worden ist (vgl BSG vom 18.5.2021 - B 1 KR 11/20 R - BSGE 132, 137 = SozR 4-2500 § 109 Nr 85, RdNr 10 ff). Für Letzteres spricht, dass die Rechnung des wohnortnahen Krankenhauses keine Fallzusammenführung gemäß § 3 Abs 3 FPV 2017, sondern lediglich den Behandlungszeitraum vom 18. bis 26.5.2017 ausweist (siehe Bl 10 der Verwaltungsakten).
5. Bestand der geltend gemachte Schadensersatzanspruch, so war die KK nicht gehindert, ihn gegen unstreitige Vergütungsforderungen des Universitätsklinikums aufzurechnen.
a) Die Voraussetzungen der Aufrechnung entsprechend § 387 BGB (iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V) waren - das Bestehen des Schadensersatzanspruchs unterstellt - erfüllt. Der (unstreitige) Vergütungsanspruch des Universitätsklinikums und der Schadensersatzanspruch der KK waren gegenseitig und - als Geldleistungsansprüche - gleichartig; der Schadensersatzanspruch war - seine Existenz unterstellt - fällig und der Vergütungsanspruch erfüllbar (vgl zur Aufrechnung BSG vom 28.9.2010 - B 1 KR 4/10 R - SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16; BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 9/16 R - SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 10 ff; BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 7/16 R - SozR 4-7610 § 366 Nr 1 RdNr 11 ff).
Ein gesetzliches Aufrechnungsverbot existierte zum Zeitpunkt der Aufrechnung im Jahr 2018 nicht (vgl nunmehr in Bezug auf Rückforderungsansprüche § 109 Abs 6 SGB V idF des MDK-Reformgesetzes vom 14.12.2019, BGBl I 2789). Soweit § 10 der auf Grundlage des § 17c Abs 2 KHG geschlossenen Prüfverfahrensvereinbarung vom 3.2.2016 (PrüfvV 2016) die Aufrechnung von Erstattungsansprüchen der KK mit unstreitigen Leistungsansprüchen des Krankenhauses regelt (vgl dazu BSG vom 10.11.2021 - B 1 KR 36/20 R - BSGE 133, 126 = SozR 4-2500 § 275 Nr 36, RdNr 22 mwN), lässt sich dem nicht im Umkehrschluss ein Aufrechnungsverbot für sonstige Ansprüche der KK, insbesondere solche aus Schadensersatz, entnehmen. Und auch der KBV 2015 verbietet oder beschränkt solche Aufrechnungen nicht (vgl demgegenüber noch § 14 Abs 2 Satz 3 f KBV 2004; und dazu Thüringer LSG vom 19.8.2021 - L 2 KR 1354/18 - juris, Revision anhängig unter B 1 KR 5/22 R).
Der Geltendmachung und Aufrechnung des Schadensersatzanspruchs stünde - entgegen der Ansicht des LSG - auch nicht entgegen, dass der MDK in dem von der KK eingeleiteten Prüfverfahren nicht berechtigt war, die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs festzustellen. Denn selbst wenn dies - wie vom LSG angenommen - nicht der Fall wäre, ergäbe sich daraus nicht im Umkehrschluss ein Verbot für die KK, einen solchen Schadensersatzanspruch gegen das Krankenhaus überhaupt geltend zu machen oder ihn gegen unstreitige Vergütungsansprüche aufzurechnen (vgl auch - zur Geltendmachung von Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch des Krankenhauses ohne Durchführung eines Prüfverfahrens - BSG vom 22.6.2022 - B 1 KR 19/21 R - juris RdNr 25 ff).
Zudem ergibt sich eine Berechtigung der KK, ein MDK-Prüfverfahren zur Prüfung der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs einzuleiten, vorliegend aus § 17c Abs 1 Satz 2 KHG (iVm § 275 Abs 1 Satz 1 SGB V ≪id hier maßgeblichen Fassung des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vom 16.7.2017, BGBl I 1211, im Folgenden aF≫: "in den gesetzlich bestimmten Fällen", vgl dazu Seifert in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Aufl 2022, § 275 RdNr 6). Danach können die KKn durch Einschaltung des Medizinischen Dienstes die Einhaltung der in Satz 1 genannten Verpflichtungen prüfen und damit auch die in Satz 1 Nr 2 geregelte Verpflichtung, eine vorzeitige Verlegung aus wirtschaftlichen Gründen zu unterlassen (siehe dazu RdNr 30 ff). Im Einklang damit berechtigt § 4 Satz 1 PrüfvV 2016 die KK allgemein auch dann zur Einleitung eines Prüfverfahrens, wenn sie bei Prüfung der zahlungsbegründenden Unterlagen (§ 3 PrüfvV 2016) Auffälligkeiten erkennt, die "eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausleistungen" erforderlich machen.
6. Ob dem Universitätsklinikum die mit der Klage ebenfalls geltend gemachte Aufwandspauschale iHv 300 Euro zusteht, hängt davon ab, ob der KK der in Betracht kommende Schadensersatzanspruch zustand (siehe dazu RdNr 38 ff).
a) § 275 Abs 1c Satz 1 SGB V aF bestimmt: "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten." (vgl zu den Voraussetzungen im Einzelnen BSG vom 22.6.2010 - B 1 KR 1/10 R - BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 12 ff; BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 24/14 R - juris RdNr 9 ff; BSG vom 7.3.2023 - B 1 KR 11/22 R - RdNr 10 ff).
b) Diese Voraussetzungen lagen hier zwar grundsätzlich vor. Die KK hat auf die Schlussrechnung des Universitätsklinikums vom 6.6.2017 den MDK mit der Prüfung der Kodierung sowie der medizinischen Notwendigkeit der Verlegung beauftragt, um eine Verminderung des Rechnungsbetrages zu erreichen. Die Prüfung zog objektiv keine Minderung des Abrechnungsbetrages nach sich (siehe oben RdNr 11 ff; vgl dazu, dass das Ergebnis eines dem MDK-Prüfverfahren nachfolgenden gerichtlichen Rechtsstreits insoweit zu berücksichtigen ist, BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 24/14 R - juris RdNr 10) und verursachte beim Universitätsklinikum einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand durch die erneute Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall.
c) Allerdings ist dem Fall einer Minderung des Abrechnungsbetrages nach dem Sinn und Zweck des § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V aF in entsprechender Anwendung der hier in Rede stehende Fall gleichzustellen, dass zwar nicht der Abrechnungsbetrag selbst unmittelbar gemindert wird, der KK jedoch wegen einer vom Krankenhaus zu vertretenden Pflichtverletzung in dem geprüften Behandlungsfall ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs 1 Satz 2 BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V zusteht. Der Gesetzgeber sah nach der Entstehungsgeschichte lediglich bei missbräuchlichem Vorgehen von KKn bzw bei nahezu routinemäßig erfolgender Prüfungseinleitung im Grenzbereich hin zum Rechtsmissbrauch die Zahlung einer Aufwandspauschale als gerechtfertigt an. Der Zweck der Aufwandspauschale iS des § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V aF ist es, nur sachwidrige Aufträge der KKn an den MDK zu verhindern, die der gezielten Überprüfung von Abrechnungen dienen. Das Gesetz verzichtet dabei auf die Feststellung der Sachwidrigkeit der MDK-Prüfung im Einzelfall. Stattdessen setzt es an deren Stelle den objektiv festzustellenden Erfolg der Abrechnungsprüfung in der Erwartung, dass die KKn nur solche Prüfungen einleiten, bei denen aufgrund von Auffälligkeiten die ernsthafte Möglichkeit einer Minderung des Abrechnungsbetrags im Raum steht. Ein Erfolg der Abrechnungsprüfung ist objektiv dann festzustellen, wenn das Krankenhaus sich nach Einleitung der MDK-Prüfung im dargelegten Sinne mit einem geringeren als dem Rechnungsbetrag begnügt, sei es, dass es ausdrücklich oder konkludent einer Minderung seiner Abrechnung zustimmt oder diese hinnimmt (vgl BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 24/14 R - juris RdNr 10 mwN). Dasselbe muss aber auch in dem Fall gelten, dass - ggf im Ergebnis eines Rechtsstreits - zwar nicht der Abrechnungsbetrag als solcher gemindert wird, die vom MDK festgestellte Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots aber zu einem Schadensersatzanspruch der KK geführt hat. Auch in diesem Fall hatte die Prüfung aus Sicht der KK (objektiv) Erfolg. Dafür, dass der Gesetzgeber auch diesen Fall gesehen, aber bewusst nicht geregelt hat, ist nichts ersichtlich.
7. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und Abs 3 GKG.
Schlegel Scholz Bockholdt
Fundstellen
Haufe-Index 15673650 |
BSGE 2024, 292 |