Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, dessen Beteiligung am Stammkapital der GmbH unter 50% liegt, ist kein Arbeitnehmer iS von § 141b Abs 1 AFG, wenn er die Gesellschaft faktisch beherrscht.
2. Der Bescheid, durch den eine gesetzliche Krankenkasse das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses feststellt, hat für den Anspruch auf Leistungen aus der Konkursausfallgeld-Versicherung rechtlich keine Bedeutung. Dem Antragsteller sind selbst dann keine Leistungen zu gewähren, wenn sein Betrieb auch für ihn Umlage zur Konkursausfallgeld-Versicherung gezahlt hat.
Orientierungssatz
Gesellschafter-Geschäftsführer - Kapitalanteil:
Hat ein Geschäftsführer-Gesellschafter einen geringeren Kapitalanteil als 50 % inne, so kann die Arbeitnehmereigenschaft im Einzelfalle fehlen, sei es, daß er in der Lage ist, aufgrund seines Kapitalanteils nicht genehme Entscheidungen der Gesellschaft zu verhindern, insbesondere wenn eine Sperrminorität besteht (vgl BSG vom 15.12.1971 - 3 RK 67/68 = SozR Nr 68 zu § 165 RVO), sei es, daß sein tatsächlicher Einfluß auf die Gesellschaft wesentlich größer ist als der ihm aufgrund seines Gesellschaftsanteils an sich zustehende Einfluß (vgl dazu BSG vom 5.5.1988 - 12 RK 43/86, vom 24.6.1982 - 12 RK 45/80 = USK 82160 und vom 24.6.1982 - 12 RK 43/81 = USK 82166 sowie vom 23.9.1982 - 10 RAr 10/81 = SozR 2100 § 7 Nr 7).
Normenkette
AFG §§ 182, 141b Abs. 1, § 186b Abs. 1, § 168 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 10.04.1987; Aktenzeichen L 6 Ar 103/86) |
SG Speyer (Entscheidung vom 15.07.1986; Aktenzeichen S 3 Ar 194/85) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Konkursausfallgeld (Kaug) zu gewähren hat.
Der Kläger gründete zusammen mit seiner Frau die Firma M. zum Geschäftsführer der Gesellschaft mit der Maßgabe bestellt, daß er diese auch dann allein vertreten könne, wenn weitere Geschäftsführer bestellt würden. Nach § 9 der Anlage zum Gesellschaftsvertrag waren die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Stammeinlagen am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt. Auf je 100,-- DM eines Geschäftsanteiles entfiel eine Stimme (§ 11 der Anlage). Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung waren mit einfacher Stimmenmehrheit zu fassen, soweit sie nicht eine Änderung des Gesellschaftsvertrages betrafen. Nach § 12 der Anlage war die Gesellschafterversammlung zuständig für die Genehmigung des Jahresabschlusses, die Bestellung, Entlastung und Abberufung von Geschäftsführern, die Erteilung von Prokuren und Handelsvollmachten, für die Zustimmung zur Veräußerung bzw Abtretung oder Verpfändung von Geschäftsanteilen oder Teilen davon, zur Einziehung von Geschäftsanteilen, die Aufnahme weiterer Gesellschafter, die Verschmelzung oder Liquidation der Gesellschaft und die Änderung des Unternehmensgegenstandes.
Am 16. März 1983 übertrug der Kläger, dessen Kapitalanteil sich zu diesem Zeitpunkt auf 51 % des Gesellschaftskapitals belaufen hatte, unter entsprechender Teilung einen Gesellschaftsanteil im Betrage von 2.000,-- DM auf seine Ehefrau. Damit hielt er nur 47 % des Gesellschaftskapitals, zusammen mit der Ehefrau jedoch mehr als 50 %.
Schon vorher, und zwar am 23. September 1981, hatte der Kläger mit der Firma M. einen Arbeitsvertrag geschlossen. Nachdem über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet worden war, beantragte der Kläger am 17. Dezember 1984 beim Arbeitsamt Ludwigshafen die Gewährung von Kaug für die Zeit vom 1. November bis 12. Dezember 1984. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab (Bescheid vom 21. Februar 1985 und Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 1985).
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung ua ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Kaug, weil er nicht Arbeitnehmer gewesen sei (§ 141b Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG-). Zwischen ihm und der Firma M. habe kein Beschäftigungsverhältnis bestanden. Eine Tätigkeit als Arbeitnehmer sei durch Eingliederung in einen fremden Betrieb und durch persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber sowie durch ein umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der zu erbringenden Arbeitsleistung gekennzeichnet. Im Hinblick auf die mögliche Vielgestaltigkeit dienst- und arbeitsvertraglicher Beziehungen komme es auf die Gesamtschau der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an. Diese ergebe aber, daß der Kläger zu keiner Zeit als Arbeitnehmer tätig gewesen sei. Dem stehe nicht entgegen, daß er am 23. September 1981 einen "Arbeitsvertrag" abgeschlossen habe, der außer der Zahlung eines Gehalts Bestimmungen über Verschwiegenheitspflicht, durchschnittliche Arbeitszeit, Urlaubsanspruch und über das Kündigungsrecht enthalten habe. Die persönlichen und sonstigen Umstände der Firmengeschichte, die tatsächliche Handhabung des Arbeitsvertragsverhältnisses, vor allem aber die wirtschaftliche Interessenlage, sprächen ganz überwiegend gegen das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses und die Fremdbestimmtheit der Arbeitsleistung. Daß er zuletzt nicht Mehrheitsanteilinhaber gewesen sei, ändere an dieser Bewertung nichts. Denn er sei bezüglich der Willensbildung und Entscheidungsfindung in der Gesellschaft in einer überragenden Position gewesen, weil er zusammen mit seiner Ehefrau die Mehrheit der Geschäftsanteile in Händen gehabt habe und zudem von der Gesellschaft als Ausdruck seiner hervorgehobenen Position zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer ernannt worden sei. Der Kläger sei als Geschäftsführer entgegen dem auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis hindeutenden Inhalt des "Arbeitsvertrages" auch wie ein selbständiger Betriebsinhaber und Arbeitgeber aufgetreten. Auf den Bescheid der Beigeladenen vom 2. Mai 1983, mit dem diese festgestellt habe, daß er Arbeitnehmer der M. sei, könne er sich nicht berufen. Der Bescheid habe lediglich feststellenden Charakter; denn die Beitragspflichten ergäben sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Das LSG habe die Wirkung von Verwaltungsakten, die die Einzugsstelle iS des § 182 Abs 1 AFG erlassen habe, verkannt. Entgegen der Auffassung des LSG sei er bei der Firma M. Arbeitnehmer gewesen. Daß er als Geschäftsführer mehr Freiheiten als ein normaler Arbeitnehmer gehabt habe, schließe diese Annahme nicht aus. So könnten leitende Mitarbeiter ihre Arbeitszeit in der Regel allein danach ausrichten, wieviel Arbeit zu erledigen sei und wann dies geschehen müsse. Da die Beigeladene gemäß § 182 AFG nicht nur über die Beitragshöhe, sondern auch über die Beitragspflicht entscheide, handele es sich bei der von ihr getroffenen Entscheidung nicht - wie das LSG meine - um eine deklaratorische Feststellung. Aber selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre die Beklagte hier gehindert, die Leistungspflicht jedenfalls mit der Begründung zu verneinen, daß er nicht sozialversicherungspflichtig sei. Dies ergebe sich aus dem gemäß § 182 AFG ergangenen Bescheid. Dieser entfalte als begünstigender Verwaltungsakt der zuständigen Einzugsstelle auch Bindungswirkung für die Beklagte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. April 1987,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 15. Juli 1986 sowie die Bescheide
der Beklagten vom 21. Februar 1985 und 7. Mai 1985 aufzuheben und die
Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Konkursausfallgeld für die Zeit vom 1.
November bis 12. Dezember 1984 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht geltend, der Bescheid der Beigeladenen vom 2. Mai 1983 sei ihr nicht zugestellt worden, so daß eine Bindung nicht habe eintreten können. Das gleiche gelte für den Bescheid vom 6. Februar 1985, auf den sich der Kläger und die Beigeladene jetzt beriefen. Dem Schreiben fehle es bereits an einer Regelung iS von § 31 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB 10). Das Schreiben habe lediglich Mitteilungscharakter. Selbst wenn man das Vorliegen eines Verwaltungsaktes unterstelle, so könne ein solcher Bescheid gegenüber ihr, der Beklagten, keine Bindungswirkung mehr entfalten, da es der Beigeladenen, sobald ein Leistungsverfahren nach dem AFG laufe, verwehrt sei, Entscheidungen über das Bestehen bzw Nichtbestehen der Beitragspflicht mit bindender Wirkung gegenüber der Arbeitsverwaltung zu treffen.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Revision an und führt ua aus: Der Kläger sei zwar kein Arbeitnehmer gewesen. Gleichwohl müsse ihm Kaug zugesprochen werden, weil die Beklagte an den bestandskräftigen Bescheid vom 6. Februar 1985 gebunden sei. Sie habe von der Möglichkeit, gegen den Bescheid vorzugehen, keinen Gebrauch gemacht, obwohl ihr in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise, die Entscheidung per Verwaltungsakt mitgeteilt worden sei.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Die Revision hat keinen Erfolg. Dem Kläger steht kein Kaug zu. Der geltend gemachte Anspruch scheitert schon daran, daß er - wie das LSG zu Recht angenommen hat - in dem streitigen Zeitraum nicht Arbeitnehmer war.
Nach § 141b Abs 1 AFG haben nur Arbeitnehmer Anspruch auf Kaug. Da der Begriff des Arbeitnehmers in den Vorschriften über das Kaug-Recht (§ 141a bis § 141n AFG) nicht geregelt ist, können deshalb für die Abgrenzung der Arbeitnehmer von den Selbständigen die gleichen Gesichtspunkte dienen, die die Rechtsprechung zur Versicherungspflicht der Arbeiter und Angestellten in der Krankenversicherung (§ 165 Abs 1 Nrn 1 und 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO-) und in der Rentenversicherung (§ 1227 RVO, § 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG-) entwickelt hat (BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 mwN und SozR 4100 § 141b Nr 24). Nach § 168 Abs 1 Satz 1 AFG sind beitragspflichtig Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (Arbeitnehmer). Diese Legaldefinition wird ergänzt ua durch § 173a AFG, der für die Beitragspflicht auch der Arbeitnehmer auf die Vorschriften des Sozialgesetzbuches (SGB 4) über die Beschäftigung (§ 7) verweist und die entsprechende Anwendung anordnet. Nach der genannten Vorschrift fällt unter den Begriff "Beschäftigung" die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Versicherungspflichtiger Arbeitnehmer ist danach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist (vgl dazu BSGE 20, 6, 8; 35, 20, 21; 38, 53, 57 und 51, 165, 167). Persönlich abhängig ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb derjenige, der in den Betrieb eingegliedert ist und einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, das Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung umfaßt (BSGE 13, 196, 197, 201 f und 35, 20, 21). Dieses Weisungsrecht kann allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und "zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozeß" verfeinert sein (BSG SozR 2200 § 1227 Nr 19). Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit ist das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über Arbeitsort und Arbeitszeit zu verfügen (BSGE 13, 196, 201 und 38, 53, 57; BSG SozR 2200 § 1227 Nrn 4, 8 und 19). Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die für Abhängigkeit und für Unabhängigkeit sprechen, ist entscheidend, welche Merkmale das Übergewicht haben. Dabei sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen, zB auch die vertragliche Ausgestaltung des Verhältnisses. Bei Abweichung von der vertraglichen Regelung kommt es allerdings entscheidend auf die tatsächlichen Verhältnisse an (BSGE 35, 20, 21; 38, 53, 57; BSG SozR 2200 § 1227 Nrn 4, 8 und 19 sowie 2100 § 7 Nr 7).
Der Geschäftsführer einer GmbH ist kein Arbeitnehmer, wenn er aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgebenden Einfluß auf die Entscheidungen der GmbH hat, daß er jeden Beschluß, insbesondere jede ihm nicht genehme Weisung seines "Dienstherrn", verhindern kann, was bei Gesellschaftern mit mindestens hälftigem Kapitalanteil regelmäßig der Fall ist (BSGE 13, 196, 199; BSG, Urteil vom 5. Mai 1988 - 12 RK 43/86 - mwN). Aber auch wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter einen geringeren Kapitalanteil innehat, kann die Arbeitnehmereigenschaft im Einzelfalle fehlen, sei es, daß er in der Lage ist, aufgrund seines Kapitalanteils nicht genehme Entscheidungen der Gesellschaft zu verhindern, insbesondere wenn eine Sperrminorität besteht (BSG SozR Nr 68 zu §165 RVO), sei es, daß sein tatsächlicher Einfluß auf die Gesellschaft wesentlich größer ist als der ihm aufgrund seines Gesellschaftsanteils an sich zustehende Einfluß (vgl dazu BSG, Urteil vom 5. Mai 1988, aa0; BSG in USK 82160 und 82166 sowie SozR 2100 § 7 Nr 7).
Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), hat der Kläger die Gesellschaft beherrscht. Er hatte zusammen mit seiner Ehefrau mehr als 50 % der Geschäftsanteile und konnte deshalb zusammen mit ihr alle wesentlichen Entscheidungen der Gesellschaft beeinflussen. Denn die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung wurden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt. Daß sein Kapitalanteil nur 47 % betrug, spielt hier keine entscheidende Rolle. Wie das LSG festgestellt hat, haben die Ehefrauen der beiden "Hauptgesellschafter" in keiner Weise in die Betriebsführung eingegriffen und tatsächlich konkretisierbare Arbeitgeberfunktionen ausgeübt. Vielmehr ist der Kläger als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer wie ein Unternehmer und damit als Selbständiger aufgetreten. Seine Tätigkeit bei der Firma MRZ GmbH kann deshalb nicht als die eines Arbeitnehmers gewertet werden.
Der Kläger kann seine Revision auch nicht mit Erfolg auf den Bescheid der Beigeladenen vom 2. Mai 1983 und das Schreiben der Beigeladenen vom 6. Februar 1985 stützen.
Zwar hat die Beigeladene als Einzugsstelle gegenüber der Firma M. mit dem Bescheid vom 2. Mai 1983 festgestellt, daß der Kläger als geschäftsführender Gesellschafter der GmbH mit einer Minderheitsbeteiligung von 47 % in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Es kann dahinstehen, ob dieser Bescheid auch der Beklagten zugestellt und für sie in der Sache bindend geworden ist. Die Bindung könnte sich nur auf den Regelungsinhalt, also auf die Beitragspflicht zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung erstrecken (vgl dazu § 1399 RVO und § 182 AFG). Für die Kaug-Versicherung hat der Bescheid der beigeladenen Krankenkasse wegen der bestehenden Unterschiede auch sonst rechtlich keine Bedeutung. Die Kaug-Versicherung kennt nämlich keine Beitragspflicht der Arbeitnehmer (vgl dazu BSG SozR 4100 § 186b Nr 1). Die Mittel für das Kaug einschließlich der Beiträge nach § 141n AFG, der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten, die mit der Gewährung des Kaug zusammenhängen, werden von den Berufsgenossenschaften jährlich nachträglich aufgebracht (§ 186b Abs 1 AFG). Gemäß § 186c Abs 3 AFG legen die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die See-Berufsgenossenschaft den von ihnen aufzubringenden Anteil nach dem Entgelt der Versicherten in den Unternehmen auf ihre Mitglieder um. Da der Bescheid vom 2. Mai 1983, soweit er die Beklagte betrifft, seine Rechtsgrundlage nur in § 182 Abs 1 AFG finden kann, hat er allenfalls für die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung Bedeutung. Dies ergibt sich schon aus der Stellung der Norm im sechsten Abschnitt des AFG, der die Aufbringung der Mittel für die Arbeitslosenversicherung, nicht aber für die Kaug-Versicherung, regelt. Zwar hat die Zahl der in den Unternehmen Versicherten und die Höhe ihres Entgelts - wie insbesondere § 186c Abs 3 AFG zeigt - Einfluß auf die Höhe des von den gewerblichen Berufsgenossenschaften und der See-Berufsgenossenschaft aufzubringenden Anteils an der Umlage für das Kaug. Es ist jedoch Sache der Berufsgenossenschaften, die Umlage festzusetzen und sie einzuziehen (vgl dazu BSG SozR 4100 § 186b Nr 1 und § 186c Nr 2; Gagel, AFG, Komm, § 186c Rz 3; Krebs, AFG, Komm, § 186b Rz 3 und § 186c Rz 6 und 7). Dies ergibt sich auch aus § 186c Abs 3 Satz 2 AFG. Danach kann die Satzung unterschiedliche Regeln für die Umlage vorsehen. Außerdem bestimmt § 186c Abs3 Satz 3 AFG ausdrücklich, daß im übrigen die Vorschriften über den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend gelten. Ist es aber Sache der gewerblichen Berufsgenossenschaften, die Höhe der Umlage durch Satzung näher zu bestimmen und sie selbst bei den Betrieben einzuziehen, so ist jedenfalls ein Bescheid im Rahmen der Kaug-Versicherung weder bindend noch präjudiziell, der von der für die Einziehung der Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken-, und Rentenversicherung zuständigen Krankenkasse erlassen wird.
Für die Gewährung von Kaug kommt es nicht darauf an, ob für eine bestimmte Person die Umlage gezahlt worden ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob diese Person im Kaug-Zeitraum Arbeitnehmer war. Dies hat die Beklagte anläßlich des Leistungsfalles zu überprüfen. Kommt sie zu dem Ergebnis, daß die Arbeitnehmereigenschaft fehlte, so ist sie verpflichtet, die Gewährung von Leistungen aus der Kaug-Versicherung abzulehnen. Ein nach § 182 AFG erlassener Bescheid über die Beitragspflicht steht dem nicht entgegen. Selbst wenn er bindend geworden ist, führt er nicht dazu, daß aus Gründen des Vertrauensschutzes Kaug gewährt werden müßte, obwohl die Voraussetzungen des §141b Abs 1 AFG nicht vorliegen. Die Kaug-Versicherung kennt nämlich nicht wie das Rentenrecht (vgl dazu § 145 AVG und § 1423 RVO) das Institut der Beitragsbeanstandung. Während dort unwirksame Beiträge im Leistungsrecht berücksichtigt werden müssen, wenn sie nicht in der gesetzlich vorgesehenen Frist beanstandet worden sind (BSG SozR 2200 § 1423 Nrn 1, 2 und 10), hat der Gesetzgeber in den §§ 141a ff AFG das Leistungsrecht strikt von der Regelung über die Umlagepflicht getrennt. Daraus muß geschlossen werden, daß er hier -ohne Rücksicht auf zu Recht oder zu Unrecht erhobene Umlage - einen Anspruch auf Kaug nur gewähren will, wenn die Voraussetzungen für die Leistung selbst erfüllt sind, insbesondere der Antragsteller Arbeitnehmer ist.
Aus den gleichen Gründen kann auch das Schreiben der Beigeladenen vom 6. Februar 1985 an den Kläger die Revision nicht stützen. Abgesehen davon, daß die Beigeladene in diesem Schreiben von ihrer früheren Rechtsauffassung zur Arbeitnehmereigenschaft des Klägers abrückt und feststellt, daß ein abhängiges, die Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege, ist dieses Schreiben auch im übrigen nicht geeignet, einen Vertrauensschutz zu begründen. Die Beigeladene teilte dem Kläger lediglich mit, daß sie den bindenden Bescheid vom 2. Mai 1983 für die Vergangenheit nicht zurücknehmen könne.
Nach alledem war die vorinstanzliche Entscheidung zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
DB 1989, 936 (LT) |
GmbH-Rdsch 1989, 34-35 (ST) |
RegNr, 18043 (BSG-Intern) |
BR/Meuer AFG § 168, 07-09-88, 10 RAr 10/87 (LT1-2) |
EWiR 1989, 109-110 (L1-2) |
KTS 1989, 435-438 (LT) |
NZA 1989, 288-288 (L1-2) |
USK, 88121 (LT1-2) |
ZIP 1988, 1592 |
ZIP 1988, 1592-1593 (KT) |
EzS 89/49 (LT1-2, OT1) |
SozR 4100 § 141b, Nr 41 (LT1-2) |