Beteiligte
… Klägerin und Revisionsklägerin |
Tatbestand
G r ü n d e :
I.
Es ist, streitig, ob die beklagte Ersatzkasse der bei ihr versicherten Klägerin Arzneimittelkosten in Höhe von 4.709,71 DM zu erstatten hat.
Die im Jahre 1936 geborene Klägerin leidet an Multipler Sklerose (MS), einer Erkrankung des Zentralnervensystems, deren Ursache unbekannt ist. Ihr Arzt, Facharzt für Innere Krankheiten in M. Dr. Sch. , der sie seit dem Jahre 1974 behandelt, hat Thymusextrakte in mehreren Kuren verordnet, die jeweils über mehrere Wochen hinweg gespritzt wurden. Es handelt sich hierbei um Extrakte aus der Thymusdrüse, die für die Funktionstüchtigkeit des Immunsystems von Bedeutung ist. Die molekulare Wirksamkeit des Präparats ist ebensowenig bekannt wie die molekulare Regulation des Immunsystems, auf das es regulierend einwirken soll.
Die beklagte Ersatzkasse hatte über längere Zeit hinweg jeweils pauschal einen prozentualen Anteil der Kosten für die Thymusextrakte übernommen. Mit Bescheid vom 2. März 1983 und Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1983 hat sie es (ganz) abgelehnt, die ab 3. November 1980 (bis 27. Januar 1983) angefallenen Rezeptkosten (mit Ausnahme der Kosten des Rezepts vom 15. Juli 1982 über 122,75 DM) zu erstatten (10 Rezepte über insgesamt 4.709,71 DM). Zur Begründung, wurde ausgeführt, daß der bei der Kassenärztlichen Vereinigung gebildete Ausschuß für Untersuchungs- und Heilmethoden "die hier angewandte Behandlungsmethode nicht in den Arzt-/Ersatzkassenvertrag als Kassenleistung aufgenommen" habe, und der "Hinweis auf eine erfolgreiche Anwendung der zur Rede stehenden Behandlung ... die wissenschaftliche Anerkennung nicht begründen" könne.
Die Versicherte hat Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat schriftliche Auskünfte von dem behandelnden Arzt und von der Bundesärztekammer sowie ein Gutachten über die Frage eingeholt, ob Thymus-Präparate eine immunstimulierende Wirkung haben, insbesondere darüber, ob ein Zusammenhang zwischen günstigem Krankheitsverlauf und der Anwendung von Thymusextrakten nachgewiesen, wahrscheinlich, unwahrscheinlich oder widerlegt sei. Durch Urteil vom 7. März 1985 hat das SG unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung wurde ausgeführt: Wegen der in der Unklarheit ihrer Ursachen liegenden Besonderheit der Multiplen Sklerose sei es nicht gerechtfertigt, einen Behandlungsanspruch zu verneinen. Der Schutzzweck der Krankenhilfevorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) gebiete es vielmehr, die Vorschriften in einer die herrschende Ungewißheit berücksichtigenden Weise anzuwenden. Wegen der in der Wissenschaft herrschenden Ungewißheit dürften an die Zweckmäßigkeit einer Behandlung der Multiplen Sklerose nicht ebenso hohe Anforderungen gestellt werden wie bei bekannter Krankheitsursache und wissenschaftlich gesicherten Behandlungsmethoden. Eine solche Behandlung sei vielmehr als zweckmäßig anzusehen, wenn überlegene Heilmaßnahmen nicht, zur Verfügung stünden. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Die Behandlung der Klägerin mit Thymuspräparaten stelle einen durchaus von nachweisbaren Fakten ausgehenden, wissenschaftlich begründbaren und deshalb ernstzunehmenden Heilversuch dar, der frei von den mit anderen Behandlungsarten einhergehenden schädlichen Nebenwirkungen gewesen sei und einen vergleichsweise günstigen Krankheitsverlauf gehabt habe. Mehr könne wegen der in der medizinischen Wissenschaft bestehenden Ungewißheit nicht erwartet werden. Daß die Behandlung dabei wegen zu hoher Kosten unwirtschaftlich gewesen sei, könne bei den streitigen Kosten und damit bei monatlichen Kosten von etwa 340,-- DM, nicht versagt werden.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 26. Juni 1987 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die Wirtschaftlichkeit der Verordnung sei nicht hinreichend belegt. Nach den Arzneimittel-Richtlinien setze die Wirtschaftlichkeit einer Verordnung voraus, daß das verordnete Arzneimittel hinsichtlich seines therapeutischen Nutzens durch den Hersteller ausreichend gesichert sei. Dazu sei die Herstellerin nicht in der Lage gewesen. Es sei nicht die Aufgabe des mit dem Einzelfall befaßten Gerichts, der fehlenden Anerkennung vorzugreifen. Es könne dahingestellt bleiben, ob das vorliegende Gutachten erforderlich war. Jedenfalls habe das Gutachten erbracht, daß ein Zusammenhang zwischen der Thymustherapie und der bei der Klägerin beschriebenen Verhinderung progressiver Schübe zwar als möglich, jedoch nicht als wahrscheinlich anzusehen sei. Das SG verkenne die Grenzlinie zwischen Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit, wenn es einen hinreichend belegten Ursachenzusammenhang zwischen Therapie und behaupteter Besserung herleiten wolle. Nach Ziffer 11 Satz 2 der Arzneimittel-Richtlinien seien Arzneimittelerprobungen auf Kosten des Versicherungsträgers unzulässig. Dies verbiete es, bei dem hier ermittelten Stand der wissenschaftlichen Anerkennung einen - wenn auch ernstzunehmenden - Versuch einer Therapie der Leistungspflicht der Krankenkassen zu unterwerfen. Selbst wenn andere Therapien nicht in befriedigendem Maße zur Verfügung stünden, könnten die Anforderungen an den Wirksamkeitsnachweis hier nicht gesenkt werden. Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, auf die sich das SG beziehe, beschränkten sich auf Untersuchungs- und Heilmethoden außerhalb der Arzneimittelverordnung. Dort könne es geboten sein, stärker auf den Einzelfall und den Heilungsverlauf abzustellen. Im Bereich der Arzneimittelverordnung aber könne auch die Ermittlung des Verlaufs im Einzelfalle nicht den auf klinischen Studien beruhenden Nachweis des allgemeinen Nutzens ersetzen. Ein günstiger Krankheitsverlauf lasse keinen Schluß auf die Wirksamkeit der streitigen Therapie zu. Die Beklagte schulde die Zahlung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Die frühere prozentuale Erstattung habe auf schlichten Verwaltungshandeln beruht; eine bescheidmäßige Zusage für eine längerfristige Kostenübernahme sei nicht erfolgt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das LSG habe sich statt an § 182 RVO allein an den Vorschriften der Arzneimittel-Richtlinien über die Wirtschaftlichkeit des Arzneimittels orientiert. Es hätte auch weiter aufklären müssen, ob und inwieweit das Mittel der Klägerin geholfen habe. Das LSG habe sich auch nicht hinreichend mit der Frage befaßt, ob die Beklagte durch ihr vorangegangenes Verhalten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hatte, da im Zeitpunkt der Änderung ihrer Rechtsauffassung die streitigen Kosten schon angefallen gewesen seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juni 1987 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim von; 7. März 1985 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung begründet.
1. Die Klägerin erhält (als nichtversicherungspflichtiges Mitglied mit einem über der Krankenversicherungspflichtgrenze liegenden Einkommen) von der Beklagten, deren Leistungsbestimmungen mit den hier einschlägigen Bestimmungen des bis 31. Dezember 1988 in Kraft gewesenen § 182 RVO übereinstimmen, die Kosten für privatärztiche Leistungen (in der Höhe, wie sie bei kostenfreier Inanspruchnahme eines Vertragsarztes entstanden wären) erstattet,
2. Als Krankenpflege (- Krankenbehandlung -) ist ua ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln zu gewähren. Sie muß ausreichend und zweckmäßig sein darf das Maß des Notwendigen jedoch nicht überschreiten (§ 182 RVO; vgl §§ 12 Abs 1, 27 Abs 1 des ab 1. Januar 1989 geltenden Sozialgesetzbuches V - SGB V -) Die Beteiligten streiten hier um die Zweckmäßigkeit einer Arzneimittelversorgung, dh darüber, ob das streitige Mittel geeignet war, die Krankheit der Klägerin zu heilen, zu bessern, zu lindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Ob dem streitigen Mittel eine solche Eignung zukommt, ist keine Frage der Wirtschaftlichkeit. Zwar ist jede in diesem Sinne unzweckmäßige Verordnung zugleich auch unwirtschaftlich. Da die unwirtschaftliche Verordnung aber nicht zwingend auch unzweckmäßig ist, beide Rechtsbegriffe sich also nicht decken, bei der Zweckmäßigkeit vielmehr die Verursachung, nicht aber die Frage des geringstmöglichen wirtschaftlichen Aufwandes im Vordergrund steht, kann die Prüfung der Zweckmäßigkeit nicht durch die der Wirtschaftlichkeit ersetzt werden.
3. Ein Arzneimittel ist jedenfalls dann als zweckmäßig iS des § 182 Abs 2 RVO (- § 12 Abs 1 SGB V -) anzusehen, wenn es nach allgemeiner ärztlicher Erfahrung geeignet ist, auf die Krankheit in dem genannten Sinne einzuwirken. Auf der anderen Seite ist die Zweckmäßigkeit aber auch dann zu bejahen, wenn die Eignung des Mittels zwar noch nicht allgemein anerkannt ist, im Einzelfall aber ein positiver Nachweis erbracht wurde (vgl BSGE 52, 70 = SozR 2200 5 182 RVO Nr 72; BSGE 52, 134, 136 f = SozR aaO Nr 76; BSGE 63, 102 = SozR 2200 § 368e Nr 11). Das bedeutet, daß zwar bei einer allgemein anerkannten Geeignetheit des Mittels kein Wirkungsnachweis im konkreten Einzelfall erbracht zu werden braucht, beim Fehlen dieses Umstandes aber doch der konkrete Wirkungsnachweis für den Anspruch des Versicherten ausreichend ist.
4. Ein strenger Nachweis kausaler Wirksamkeit in Einzelfall ist freilich dann kaum zu erbringen, wenn die Krankheitsursache, wie hier bei der Multiplen Sklerose der Klägerin, unbekannt ist. Dehn ein solcher Nachweis würde gerade voraussetzen, daß die Einwirkung des Mittels; auf eine bestimmte - also bekannte - Ursache objektiviert und erfahrbar gemacht werden könnte. Bei Krankheiten unbekannter Ursache kann die Nichterweislichkeit der Wirksamkeit eines therapeutlischen Mittels indessen nicht schlechthin dazu führen, das Mittel von Krankenpflegeanspruch des § 182 RVO ( - Krankenbehandlungsanspruch des § 27 SGB V -) auszuschließen. Eine solche Ansicht würde verkennen, daß gerade bei schweren Erkrankungen unbekannter Genese der Arzt verpflichtet ist, auch solche Behandlungsmöglichkeiten in seine therapeutischen Überlegungen einzubeziehen, die nicht durchgehend anerkannt sind. Das bedeutet aber auch, daß das Vorgehen des Arztes hier einen stark experimentellen Charakter annehmen und die Methode von "Versuch und Irrtum", die er wegen der Ungewißheit therapeutischer Erfolge im Einzelfall ohnehin nicht außer acht lassen darf, in verstärktem Maße anwenden muß. Demnach kann es nicht zweifelhaft sein, daß auch und gerade in einem Krankheitsfall wie dem vorliegenden die Verordnungsfähigkeit eines Mittels jedenfalls nicht völlig ausgeschlossen werden darf. Das hat der Senat schon in seinen oben zitierten Entscheidungen vom 22. Juli 1981 (BSGE 52, 70) und vom 23. März 1988 (BSGE 63, 102), wenn auch nicht mit solcher Deutlichkeit, zum Ausdruck gebracht. Daher verbleibt nur noch die Frage der Abgrenzung, nämlich unter welchen Voraussetzungen die Verordnungsfähigkeit trotz objektiver Nichterweislichkeit der Wirkung zu bejahen ist und wann dies nicht mehr zutrifft.
5. Damit muß der Begriff der Zweckmäßigkeit iS des § 182 Abs 1 Ziffer 2 RVO (- § 12 Abs 1 SGB V -) über die Bedeutung nachweisbarer genereller Wirksamkeit hinaus ausgelegt werden. Eine Verordnung ist in diesem Sinne auch dann zweckmäßig, wenn andere Behandlungsmöglichkeiten aus medizinischen Gründen auszuscheiden haben und bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Möglichkeit eines Behandlungserfolges erfüllt sind. Der Senat hat in dem zitieren Urteil vom 23. März 1988 schon zum Ausdruck gebracht, daß dann, wenn "im Einzelfall keine anderen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen", und ein Therapieerfolg medizinisch-wissenschaftlich wenigstens möglich erscheint, die Anwendung des Mittels "in Betracht zu ziehen" sei. Dies bedarf hier der Fortentwicklung und Verdeutlichung: Bei nicht nachweisbarer genereller Wirksamkeit hängt die Verordnungsfähigkeit davon ab, daß eine wirksame Behandlungsmöglichkeit nicht besteht und durch das Mittel eine Besserung nach ärztlichem, an dem jeweiligen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand orientierten Ermessen (zwar nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, aber doch) mit einer nicht nur ganz geringen Erfolgsaussicht möglich erscheint.
6. Die Arzneimittel-Richtlinien stehen dem nicht entgegen. Als Vorschriften untergesetzlichen Rechts können sie die sich aus § 182 RVO ergebenden Ansprüche der Klägerin jedenfalls nicht einschränken. Demnach kann hier auch dahingestellt bleiben, inwieweit die Arzneimittel-Richtlinien in ihrer Ziffer 11, auf die sich das LSG beruft, obwohl dort ausdrücklich nur von der "Wirtschaftlichkeit" die Rede ist, in Wirklichkeit nicht auch die weitergehende Frage der Zweckmäßigkeit berühren ("Die Wirtschaftlichkeit einer Verordnung setzt voraus, daß das verordnete Arzneimittel in seiner handelsüblichen Zubereitung hinsichtlich seines therapeutischen Nutzens durch den Hersteller ausreichend gesichert ist").
7. Aus dem Berufungsurteil läßt sich - freilich nur im Wege der Auslegung - die Feststellung entnehmen, daß bei der Klägerin eine wirksamere Behandlungsweise nicht bestanden hat (vgl S 8, Mitte des Urteils, letzter Satz des Absatzes). Zu der (weiteren) Frage, ob der behandelnde Arzt nach seinem an dem medizinisch-wissenschaftIlichen Erkenntnisstand orientierten Ermessen bei der Klägerin durch die Verordnung des Thymuspräparats derart mit einem Therapieerfolg rechnen durfte, daß dessen Möglichkeit nicht nur ganz entfernt lag, sondern aufgrund der gegebenen Umstände mit guten - wissenschaftlich ernstzunehmenden - Gründen in Erwägung gezogen werden konnte, liegen keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen durch das LSG vor. Von seinem Rechtsstandpunkt aus, daß nämlich die allgemeine Wirksamkeit des Arzneimittels in jedem Falle, nämlich auch beim Fehlen einer wirksameren Behandlungsweise, voll nachgewiesen sein müsse, war es freilich konsequent, Feststellungen der genannten Art zu unterlassen. Das wird das LSG nun nachzuholen haben. Wenn das LSG sich zB von den Ausführungen des Sachverständigen zu überzeugen vermag, daß einerseits das hier streitige Thymuspräparat eine (labormäßig) nachweisbare Wirkung iS einer Normalisierung, nämlich einer Anhebung der verminderten Anzahl der T-Lymphozyten im Blut hat und daß andererseits bei der Multiplen Sklerose eine verminderte Anzahl von T-Lymphozyten festgestellt wurde, dann kann es (bei dem hier vorliegenden Fehlen einer wirksameren Behandlungsweise) für den Arzt naheliegen, das Präparat als in dem genannten Sinne "zweckmäßig" zu verordnen. Die Unsicherheit darüber, ob es sich bei der Veränderung der T-Zellen-Populationen um eine primäre Krankheitsursache oder nur um eine Begleiterscheinung der Grunderkrankung handelt, läßt die Erwägung des behandelnden Arztes, den Therapieversuch zu unternehmen, nicht als abwegig erscheinen. Hierbei kann nicht außer Betracht bleiben, daß bei der gegebenen Unkenntnis der Krankheitsursache auch dann, wenn ein positiver Wirkungsnachweis eines Mittels erbracht werden könnte, es sich lediglich um einen indirekten Nachweis aus dem Heilerfolg als solchem, nicht aber um die Klärung des eigentlichen Kausalablaufs handeln würde. Unter den gegebenen Umständen jeden therapeutischen Versuch deshalb zu unterlassen, weil ein solcher allgemeiner Wirkungsnachweis nicht erbracht wurde, wäre mit dem Sinn und Zweck ärztlicher Tätigkeit nicht zu vereinbaren. Anhaltspunkte dafür aber, daß das verordnete Mittel jedenfalls - selbst bei vorliegender Zweckmäßigkeit - zu hohe Kosten verursachen würde und daher als unwirtschaftlich anzusehen wäre (vgl Ziffer 10 Satz 2 der ArzneimitteI-Richtlinien: "Die Wirtschaftlichkeit einer Behandlung ist zu beurteilen nach dem Verhältnis ihrer Kosten zum Heilerfolg; ...") liegen hier nicht vor.
8. Soweit das LSG eine auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gestützte Kostenerstattung mit der Begründung abgelehnt hat, die von der Beklagten über längere Zeit hinweg gewährte prozentuale Erstattung habe auf "schlichtem Verwaltungshandeln" beruht, kann seinen Ausführungen nicht gefolgt werden. Mit der jeweiligen Erstattung eines Anteils an den Kosten des hier streitigen Arzneimittels hat die Beklagte durchaus Akte vorgenommen, von denen eine unmittelbare rechtliche Wirkung, nämlich eine sozialrechtliche Leistungsgewährung im konkreten Einzelfall ausging, so daß nicht nur schlichte Verwaltungsäußerungen, sondern Verwaltungsakte vorlagen. Eines förmlichen Bescheides bedurfte es hierfür nicht (§ 33 Abs 2 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - SGB X). Entgegen der Ansicht des LSG wird der genannte Anspruch auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß "eine Zusage für längerfristige oder dauernde Übernahme der betreffenden Kosten nicht erfolgt (ist)". Die Klägerin stützt sich auch gar nicht auf einen über zukünftige Leistungen ergangenen Verwaltungsakt und auch nicht auf eine Zusicherung, daß ein bestimmter Verwaltungsakt später erlassen werde (§ 34 SGB X). Sie meint lediglich, daß die Beklagte durch ihre fortgesetzte Leistungsgewährung einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, der sie verpflichte, auch die streitigen Kosten (jedenfalls in Höhe des früheren Kostenanteils) zu übernehmen. Das LSG hat hierzu keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Es hätte, falls die Klägerin nicht schon mit ihrem Leistungsanspruch als solchem durchdringt, insbesondere aufzuklären, ob der Klägerin im Zeitpunkt der erstmaligen Ablehnung der Leistung die streitigen Kosten bereits entstanden waren.
9. Auf die Revision der Klägerin war demnach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Das LSG wird auch über die Kosten der Revisionsinstanz zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 517963 |
BSGE, 255 |
NJW 1989, 2349 |